II.
Der Antrag gemäß § 80 a
Abs. 3
i.V.m. § 80
Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO) auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den streitgegenständlichen Bescheid vom 20. Dezember 2012 hat in der Sache keinen Erfolg.
1. Der Antrag ist zulässig, insbesondere besteht für ihn ein Rechtsschutzbedürfnis. Denn es ist nicht auszuschließen, dass sich für den Antragsteller aus der begehrten Anordnung der aufschiebenden Wirkung auch nach dem Ausspruch der Kündigung durch die Beigeladene positive (rechtliche) Folgewirkungen ergeben könnten, etwa im Hinblick auf einen vorläufigen arbeitsrechtlichen Weiterbeschäftigungsanspruch. Auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass dem Antragsteller am 26. Februar 2013 eine weitere ordentliche Kündigungserklärung der Beigeladenen zuging (Au 3 K 13.392), ist das Rechtsschutzbegehren also nicht nutzlos. Das ist für die Annahme des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses, welches den Missbrauch prozessualer Rechte verhindern soll, ausreichend (
vgl. BVerwG, U.v. 8.7.2009 - 8 C 4.09 - NVwZ-RR 2009, 980;
vgl. näher auch BayVGH, B.v. 17.12.2009 - 12 CS 09.2691 - juris).
2. Der Antrag ist jedoch unbegründet, denn das Interesse des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung überwiegt nicht das Vollzugsinteresse.
a) Das Gericht hat im Rahmen der Prüfung, ob die durch
§ 88 Abs. 4 des Sozialgesetzbuchs Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (
SGB IX) kraft Gesetzes ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Anfechtungsklage (§ 80
Abs. 2
Nr. 3
VwGO) im Verfahren nach § 80
Abs. 5 Satz 1 Halbsatz 1
VwGO anzuordnen ist, eine eigenständige, umfassende Ermessensentscheidung zu treffen. Bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung sind neben dem öffentlichen Interesse am Sofortvollzug das Interesse des Begünstigten und das Interesse des Drittbetroffenen abzuwägen. Dabei hat das Gericht eine summarische Prüfung der Erfolgsaussicht der Klage vorzunehmen. Lässt sich bei einer vorläufigen Prüfung eindeutig feststellen, dass die angefochtene Zustimmung des Integrationsamtes offensichtlich rechtswidrig ist und den Antragsteller in seinen Rechten verletzt (entsprechend § 113
Abs. 1 Satz 1
VwGO), kann kein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung dieses Verwaltungsakts bestehen. Umgekehrt kann kein schutzwürdiges privates Interesse daran bestehen, von der Vollziehung eines offensichtlich rechtmäßigen Verwaltungsaktes verschont zu bleiben (
vgl. Schmidt in Eyermann,
VwGO, 13. Aufl. 2010, § 80 Rn. 77).
b) Ausgangspunkt der rechtlichen Überlegungen ist § 88
Abs. 4
SGB IX; der Gesetzgeber hat damit grundsätzlich dem Vollzugsinteresse den Vorrang vor dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers eingeräumt und eine Ausnahme zu § 80
Abs. 1
VwGO bestimmt (
vgl. BayVGH vom 21.12.2010 -
12 CS 10.2676 - juris). Ein Aussetzungsinteresse ist in der Regel zu bejahen, wenn offensichtlich ist, dass die Klage gegen die Zustimmung voraussichtlich Erfolg haben wird. Bei summarischer Prüfung kann eine derartige Aussage nicht getroffen werden.
aa) Rechtsgrundlage für die angefochtene Entscheidung sind §§ 85
ff. SGB IX. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten (oder gemäß
§ 2 Abs. 3 SGB IX gleichgestellten) Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber bedarf der Zustimmung des Integrationsamtes (
§ 85 SGB IX). Entgegen des Vortrags des Antragstellers ging das Integrationsamt ausweislich des streitgegenständlichen Bescheides zutreffend davon aus, dass dieser Sonderkündigungsschutz für den Antragsteller Anwendung findet.
bb) Die durch den Bescheid vom 20. Dezember 2012 erteilte Zustimmung zur Kündigung des Antragstellers ist bei summarischer Prüfung nicht verfahrensfehlerhaft zustande gekommen (
§ 87 SGB IX), insbesondere wurde der Antragsteller angehört (§ 87
Abs. 2
SGB IX). Die zwingend als Amtspflicht des Integrationsamtes vorgeschriebene Anhörung umfasst insbesondere das Recht, eigene Erwägungen zur Kündigungsabsicht des Arbeitgebers vorzubringen (
vgl. Düwell, in: Dau/ Düwell/Haines,
SGB IX, 2. Aufl., 2009, § 89 Rn. 12). Der Antragsteller erhielt mit Schreiben des Integrationsamtes vom 4. Dezember 2012 den Zustimmungsantrag der Beigeladenen übersandt und Gelegenheit zur Stellungnahme. Diese Möglichkeit, sich zu den Gründen, die der Arbeitgeber für die Kündigung angeführt hat, zu äußern, reicht aus, um dem Anhörungserfordernis Genüge zu tun (
vgl. BayVGH, B.v. 22.05.2012 -
12 ZB 10.3172 - juris).
cc) Der streitgegenständliche Bescheid ist nach summarischer Prüfung auch in materieller Hinsicht nicht (offensichtlich) rechtswidrig. Über die Erteilung der Zustimmung zur Kündigung oder deren Versagung hat das Integrationsamt nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (§ 88
SGB IX). Diese Entscheidung unterliegt nur einer eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (§ 114 Satz 1
VwGO); die Kammer kann daher die Entscheidung nur auf Ermessensfehler hin überprüfen. Diese Prüfung erstreckt sich insbesondere auch darauf, ob die Behörde von einem ausreichend ermittelten und zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist und ob sie die gesetzlichen Grenzen des Ermessens beachtet und von der ihr eingeräumten Entscheidungsbefugnis in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (
vgl. Düwell, in: Dau/Düwell/Haines,
SGB IX, 2. Aufl., 2009, § 89 Rn. 12). Sinn und Zweck des sozialrechtlichen Sonderkündigungsschutzes ist es nicht, eine zusätzliche, zweite Kontrolle der arbeitsgerichtlichen Zulässigkeit der Kündigung zu schaffen. Das Integrationsamt hat deshalb im Zustimmungsverfahren nach den §§ 85
ff. SGB IX grundsätzlich nicht zu prüfen, ob die beabsichtigte Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen etwa sozial gerechtfertigt ist im Sinn von § 1
Abs. 2
KSchG (
vgl. BVerwG, U.v. 2.7.1992 -
5 C 51/90 - BVerwGE 90, 287). Ist die beabsichtigte Kündigung jedoch nach arbeitsrechtlichen Vorschriften offensichtlich unwirksam, liegt ihre Unwirksamkeit also "ohne jeden vernünftigen Zweifel in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht offen zu Tage", ist der Zustimmungsantrag abzulehnen
bzw. eine erteilte Zustimmung vom Gericht aufzuheben. Denn die Integrationsbehörde soll nicht an einer offensichtlich rechtswidrigen Kündigung zum Nachteil des schwerbehinderten Menschen mitwirken (
vgl. BayVGH, U.v. 18.6.2008 -
12 BV 05.2467 - KommunalPraxis BY 2008, 390).
Bei seiner Ermessensentscheidung hat das Integrationsamt die widerstreitenden Interessen des schwerbehinderten Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes und das Interesse des Arbeitgebers an der Wahrung seiner Gestaltungsmöglichkeiten gegeneinander abzuwägen (
vgl. BVerwG, U.v. 19.10.1995 -
5 C 24.93 - BVerwGE 99, 336). Dabei sind an die Zumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses besonders hohe Anforderungen zu stellen, wenn die Kündigung auf Gründe gestützt werden soll, die mit der Behinderung in Zusammenhang stehen, während die Belange des Schwerbehinderten umso geringer zu gewichten sind, je weniger ein Zusammenhang zwischen Kündigungsgrund und Behinderung feststellbar ist. Bei verhaltensbedingten Kündigungsgründen ist das Zustimmungsermessen regelmäßig zugunsten des Arbeitgebers auszuüben, wenn dem Arbeitnehmer vorgeworfen wird, mit seinem Verhalten gegen arbeitsvertragliche Pflichten verstoßen zu haben und das ihm vorgeworfene Fehlverhalten keine Ursache in seiner Behinderung hat (
vgl. BayVGH, B.v. 6.12.2010 -
12 ZB 09.954 - juris).
Die Frage, ob ein Kündigungssachverhalt vorliegt, aus dem die Beigeladene das ihrem Antrag zugrunde liegende Kündigungsinteresse herleitet, beurteilt sich grundsätzlich nach dem historischen Sachverhalt, der den Kündigungsgrund bildet und bis zum Zugang der Kündigungserklärung vorliegt (
vgl. BVerwG, B.v. 7.3.1991 - 5 B 114/89 - NZA 1991, 511; BayVGH, U.v. 18.6.2008 - 12 BV 05.2467 - Kommunalpraxis BY 2008, 390). Für diesen Zeitpunkt hat die Behörde für ihre Entscheidungsfindung all diejenigen Umstände zu berücksichtigen, die von den Beteiligten an sie herangetragen worden sind oder die sich ihr sonst hätten aufdrängen müssen (
vgl. BayVGH, U.v. 18.6.2008 a.a.O.).
Die seitens der Beigeladenen ausgesprochene Kündigung des Antragsgegners stützt sich auf dessen Gesprächsverweigerung und den Vorwurf mehrerer Verstöße gegen die Meldepflicht. Nach summarischer Prüfung liegt eine offensichtliche Unwirksamkeit der Kündigung nach arbeitsrechtlichen Gründen (s.o.) jedenfalls nicht vor, weil die vorgetragenen Verhaltensweisen grundsätzlich geeignet sind, eine ordentliche Kündigung zu rechtfertigen (
vgl. BayVGH, B.v. 1.12.2009 -
12 ZB 08.2361 - AE 2010, 91). Das Integrationsamt ist nach vorläufiger Prüfung auch zu Recht davon ausgegangen, dass zwischen den dargelegten Kündigungsgründen und der festgestellten Behinderung kein Zusammenhang besteht. Denn das dem Antragsteller vorgeworfene Verhalten ergibt sich nicht zwanglos aus der bestehenden Funktionsbehinderung der Wirbelsäule (
vgl. BVerwG, U.v. 12.7.2012 -
5 C 16/11 - NJW 2013, 99). Demnach war das Zustimmungsermessen regelmäßig zugunsten der Beigeladenen auszuüben; Ermessensfehler sind jedenfalls nicht offensichtlich.
Den seitens des Antragstellers gegenüber dem Integrationsamt gemachten Einwendungen des Mobbings lassen sich nach vorläufiger Prüfung keine konkreten Umstände entnehmen, aus denen der Antragsgegner den Eindruck gewinnen musste, die Beigeladene habe durch bewusst vertragswidriges oder sogar treuwidriges Verhalten Rechtsstreitigkeiten zwischen den Vertragsparteien oder die Auflösung des Arbeitsverhältnisses provoziert. Insbesondere lässt sich allein aus der Tatsache, dass gegenüber dem Antragsteller zehn Abmahnungen ausgesprochen wurden, kein systematisches Vorgehen der Beigeladenen ableiten, das als Mobbing zu qualifizieren wäre (
vgl. zum Begriff des Mobbings: BayVGH, U.v. 18.6.2008 - 12 BV 05.2467 - Kommunalpraxis BY 2008, 390; bestätigt durch
BVerwG, B.v. 10.11.2008 -
5 B 79/08 - juris). Soweit der Antragsteller pauschal - unter Verweis auf die vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen - vorgetragen hat, die Kündigungsgründe seien konstruiert und die Beigeladene versuche seine Unzuverlässigkeit vorzutäuschen, führt dies zu keiner anderen Beurteilung; zumal nach Aktenlage nicht ersichtlich ist, dass das angeführte Beispiel vom Februar 2012 Anlass für die Kündigung, die Verhaltensweisen ab März aufgreift, gegeben hat. Aus der seitens des Antragstellers vorgetragenen Erkrankung am 10. Juli sowie aus dem Einwand, im maßgeblichen Zeitraum keinen Tag in der Arbeit gewesen zu sein, folgt nicht, dass die weiter vorgetragenen Gesprächsabsagen und Meldepflichtverstöße unzutreffend sind. Nach vorläufiger Prüfung drängten sich also keine Anhaltspunkte auf, die weitere Ermittlungen erfordert hätten. Eine offensichtliche Erfolgsaussicht der Klage ist demnach nicht gegeben.
c) Selbst wenn unter Berücksichtigung der Ausführungen des Antragsgegners, dass nicht maßgeblich sei, ob die vorgetragenen Verstöße des Antragstellers tatsächlich vorlägen - weil es keine Anhaltspunkte dafür gegeben habe, dass der Sachverhalt im Wesentlichen nur vorgeschoben sei - der Ausgang des Verfahrens als offen zu betrachten sein sollte, führt dies zu keinem anderen Ergebnis (
vgl. BayVGH, B. v. 6.7.2011 -
12 CS 11.1025 - juris). Denn im Hinblick auf den Vortrag, die Behauptungen in den Abmahnungen seien unzutreffend, ist nach vorläufiger Prüfung allenfalls von im Tatsächlichen offenen Fragen, nicht aber davon auszugehen, dass das Integrationsamt von einem unzutreffenden Sachverhalt ausging. Die Entscheidung über die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung hängt dann allein davon ab, ob das darauf gerichtete Interesse des Antragstellers das Vollzugsinteresse überwiegt (
vgl. BayVGH, B.v. 6.7.2011 - 12 CS 11.1025 - juris; Schmidt in Eyermann,
VwGO, 13. Aufl. 2010, § 80 Rn. 77). Dies ist nicht der Fall. Eine Begründung des Antrags ist nicht erfolgt; das vom Antragsteller zur Begründung der Klage Dargelegte gibt jedenfalls keinen Anlass, entgegen der gesetzlichen Regel die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen. Für den Fall, dass die Zustimmung nach einem für den Antragsteller negativen Ausgang des arbeitsgerichtlichen Verfahrens rechtskräftig aufgehoben würde, hätte er die Möglichkeit, im Wege der Restitutionsklage die Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils zu erreichen (
vgl. BAG, U.v. 26.09.1991 -
2 AZR 132/91 - NZA 1992, 1073/1077). Im Übrigen ist vorliegend nicht ersichtlich, dass der Antragsteller nicht oder nur schwer rückgängig zu machende Vollzugsfolgen befürchten muss. Bei dieser Sachlage bleibt es bei der gesetzlich bestimmten Vollziehbarkeit der Zustimmung.
3. Nach allem ist der Antrag mit der Kostenfolge aus §§ 154
Abs. 1, 162
Abs. 3
i.V.m. § 154
Abs. 3 und § 188 Satz 2
VwGO abzulehnen.