Urteil
Außerordentliche Kündigung eines IT-Administrators - Nutzung behördlicher Daten für private Zwecke - Kündigungsschutz eines stellvertretenden Mitglieds der Schwerbehindertenvertretung

Gericht:

LAG Hamm 13. Kammer


Aktenzeichen:

13 Sa 1686/12


Urteil vom:

12.04.2013


Grundlage:

Tenor:

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 02.11.2012 - 2 Ca 1393/12 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten zweitinstanzlich (noch) um die Wirksamkeit zweier außerordentlicher Kündigungen.

Der am 19.11.1972 geborene, seit Ende Oktober 2011 geschiedene Kläger hat drei Kinder. Er trat mit Wirkung ab 01.03.2006 in die Dienste des beklagten Landes und arbeitete zuletzt zu einer durchschnittlichen Bruttomonatsvergütung i.H.v. 3.200,00 EUR als IT-Administrator und IUK-Mitarbeiter bei der Kreispolizeibehörde S1. Der Kläger ist schwerbehindert und war zuletzt stellvertretendes Mitglied der Schwerbehindertenvertretung.

Zu Arbeitsbeginn verpflichtete er sich schriftlich zur Beachtung der einschlägigen Datenschutzbestimmungen (Bl. 93 d.A.). Mit Schreiben vom 19.11.2007 wurde er dann über den Umgang mit administrativen Berechtigungen gesondert belehrt. Hinsichtlich des genauen Inhalts des Schreibens wird verwiesen auf die mit Beklagtenschriftsatz vom 12.09.2002 eingereichte Kopie (Bl. 94 d.A.).

Im Februar 2010 trennte sich der Kläger von seiner Ehefrau. In der Folgezeit kam es zwischen den Eheleuten zu Streitigkeiten, weil die am 02.07.2009 geborene Tochter zunächst beim Kläger verblieben war.

Am 30.04.2010 recherchierte der Kläger im dienstlichen Suchsystem Findus nach Erkenntnissen über den Onkel seiner Ehefrau, B1. Am 11.06.2010 führte er über diese Person eine weitere Recherche durch, und zwar jetzt über das Suchsystem Polas.

Über 1 ½ Jahre später stellte der Kläger dann am 29.12.2011 gegen seine ehemalige Ehefrau bei der Staatsanwaltschaft Arnsberg u.a. einen "Strafantrag" wegen "Erpressung" (Az.: 361 Js 91/12). Darin führte er u.a. aus:

"Während der Trennungsphase 2010 wurde dem AES (= Kläger) bekannt, dass die Mutter seiner Nochehefrau den Bruder Herrn B1 zur Haftentziehung verholfen hat und ihm nun im Ausland auf Haiti mit Geld und technischen Geräten, wie Handy versorgt.

Der Gesuchte wird lt. Polizeiauskunft als äußerst gewalttätig und bewaffnet beschrieben. Er soll Anführer einer Gruppe von Straftätern sein...".

Daraufhin wurde von der Staatsanwaltschaft Arnsberg (Az.: 272 Js 203/12) gegen den Kläger ein Ermittlungsverfahren wegen der Verletzung von Privatgeheimnissen eingeleitet, weil er unbefugt Daten von Herrn B1 abgefragt und in seiner Anzeige vom 29.12.2011 offenbart habe. Das Verfahren wurde mittlerweile nach § 153 a StPO gegen Zahlung eines Geldbetrages i.H.v. 600 EUR eingestellt.

Das beklagte Land erlangte erstmals am 21.06.2012 im Zuge der Einsichtnahme in die genannte Ermittlungsakte Kenntnis von dem Sachverhalt.

Am 26.06.2012 beantragte es beim zuständigen Integrationsamt die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung. Die Zustimmung wurde am 10.07.2012 erteilt und vom Kläger nicht angegriffen.

Ebenfalls am 26.06.2012 hörte das beklagte Land den Personalrat und die Schwerbehindertenvertretung zur Absicht, eine außerordentliche Kündigung auszusprechen, an (Bl. 148 ff., 154 ff. d.A.). In beiden Fällen wurde ausweislich der Schreiben vom 28.06.2012 keine Zustimmung erteilt (Bl. 583 ff. d.A.).

Am Vormittag des 10.07.2012 war die Vertrauensperson der Schwerbehinderten, G1, nicht im Dienst, weil er als Mandatsträger der Gemeinde S2 Aufgaben wahrzunehmen hatte. Für ihn nahm der Kläger an der Sitzung des Personalrats teil.

Am Nachmittag dieses Tages um 14.35 Uhr ging dann dem Kläger das Kündigungsschreiben vom 10.07.2012 zu.

Im weiteren Verlauf der Ermittlungen erlangte das beklagte Land Kenntnis darüber, dass der Kläger in einer Vielzahl weiterer Fälle über Polas und andere Programme Abfragen z.B. zu Herrn B1 und seiner vormaligen Ehefrau vorgenommen hatte. Im Zuge einer Anhörung erklärte dazu der Kläger mit Schreiben vom 18.07.2012 (Bl. 136 f. d.A.), es habe sich dabei um bloße Testabfragen gehandelt, wobei er in zulässiger Weise auch Rückgriff genommen habe auf Personen im engsten familiären Umkreis.

Daraufhin holte das beklagte Land bei der Direktion Kriminalität - KK2 - und bei seinem Mitarbeiter M1 Stellungnahmen ein (Bl. 141 ff.d.A.).

Anschließend beteiligte das beklagte Land mit Schreiben vom 27.07.2012 den Personalrat und die Schwerbehindertenvertretung zum "beabsichtigten Nachschieben von Kündigungsgründen" und "vorsorglichen Antrag auf Zustimmung" zu einer weiteren außerordentlichen Kündigung (Bl. 166 ff.d.A.).

Anschließend wurde dem Kläger mit Schreiben vom 10.08.2012 "nochmals außerordentlich fristlos mit sofortiger Wirkung" gekündigt (Bl. 37 d.A.).

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, beide Kündigungen seien schon deshalb unwirksam, weil ihm als ständigem Vertreter der Vertrauensperson der Schwerbehinderten nur mit Zustimmung hätte gekündigt werden können. In jedem Fall treffe dies auf die erste Kündigung vom 10.07.2012 zu, weil er an dem Tag als Vertreter tätig geworden sei.

Was die beiden Anfragen vom 30.04. und 11.06.2010 angehe, sei er dazu zugestandenermaßen nicht berechtigt gewesen. Es müsse aber berücksichtigt werden, dass es zum damaligen Zeitpunkt schwerwiegende Streitigkeiten mit seiner Ehefrau gegeben und er Angst um das Leben und die körperliche Unversehrtheit seiner eigenen Person und seiner Kinder gehabt habe. Die von ihm dadurch gewonnenen Erkenntnisse hätten den Bereich der Verwaltung des Landes NRW auch nicht verlassen, weil die Staatsanwaltschaft ebenfalls eine Landesbehörde sei.

Die anderen Abfragen seien allesamt nicht privater Natur gewesen. Aus technischen Gründen habe er Testabfragen durchführen müssen - teilweise sogar im Auftrag anderer polizeilicher Mitarbeiter.

Auch müsse bestritten werden, dass der Personalrat im Vorfeld der zweiten Kündigung ordnungsgemäß beteiligt worden sei.

Soweit noch von Interesse, hat der Kläger beantragt,

1. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 10.07.2012 beendet worden ist;

2. festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis auch nicht durch die außerordentliche fristlose
Kündigung vom 10.08.2012 beendet worden ist.

Das beklagte Land hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es hat die Auffassung vertreten, schon aufgrund der unzulässigen Abfragen am 30.04. und 11.06.2010 sei das Vertrauensverhältnis nachhaltig und endgültig zerstört.

Einer Zustimmung der Schwerbehindertenvertretung bzw. des Personalrates hätte es nicht bedurft, weil der Kläger im Kündigungszeitpunkt keinen besonderen Kündigungsschutz besessen habe.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 02.11.2012 die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass sowohl der Personalrat als auch die Schwerbehindertenvertretung ordnungsgemäß beteiligt worden seien. Einer Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung hätte es nicht bedurft, weil auch bei der Schwerbehindertenvertretung von keinem Dauervertretungsbedarf auszugehen sei und im Zeitpunkt des Zugangs der ersten außerordentlichen Kündigung kein Vertretungsfall (mehr) vorgelegen habe.

Materiell-rechtlich sei die erste außerordentliche Kündigung vom 10.07.2012 wirksam, weil der Kläger wiederholt mit Hilfe der ihm dienstlich anvertrauten technischen und administrativen Mittel Daten im hochsensiblen und persönlichen Bereich ohne dienstlichen Anlass ausgespäht habe. Entschuldigungsgründe für dieses schwerwiegende Fehlverhalten seien nicht ersichtlich; der Kläger habe sich bei der von ihm geschilderten Bedrohungssituation an die zuständigen Behörden (Polizei, Staatsanwaltschaft) wenden können.

Gegen diese Entscheidung wendet der Kläger sich mit der Berufung.

Er ist der Ansicht, als Schwerbehindertenvertreter habe er besonderen Kündigungsschutz gehabt, so dass ihm nicht ohne Zustimmung hätte gekündigt werden dürfen.

In materiell-rechtlicher Hinsicht behauptet er, am 30.04.2010 sei er massiv von seiner damaligen Ehefrau bedroht worden und habe deshalb in einem Anfall von Panik Recherchen zu Herrn B1 vorgenommen. Am 11.06.2010 sei er wieder von dieser bedroht worden und habe in seiner Not erneut Nachforschungen angestellt.

Alle weiteren Recherchen seien aus dienstlichen Gründen zu Testzwecken erfolgt, so dass nicht von einem nachhaltigen und wiederholten Fehlverhalten die Rede sein könne. Vielmehr liege ein Augenblicksversagen in einer Ausnahmesituation vor, so dass die außerordentlichen Kündigungen ungerechtfertigt seien.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 02.11.2012 - 2 Ca 1393/12 - abzuändern und festzustellen, dass das zwischen den Parteien begründete Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche Kündigung des beklagten Landes vom 10.07.2012 noch durch die außerordentliche Kündigung des beklagten Landes vom 10.08.2012 aufgelöst worden ist.

Das beklagte Land beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Es ist der Meinung, ein Zustimmungserfordernis habe nicht bestanden, weil im maßgeblichen Zeitpunkt des Kündigungszugangs kein Vertretungsfall vorgelegen habe.

Inhaltlich habe der Kläger wiederholt innerhalb von 1 ½ Monaten zwei verbotene Recherchen durchgeführt und diese dann über 1 ½ Jahre später in einer Strafanzeige gegen seine ehemalige Ehefrau verwertet. Darin lägen schwerwiegende Pflichtverletzungen, die die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigten.

Davon abgesehen habe der Kläger auch in der Folgezeit weitere unzulässige Recherchen angestellt.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen ergänzend Bezug genommen.

Rechtsweg:

ArbG Hamm Urteil vom 02.11.2012 - 2 Ca 1393/12

Quelle:

Justizportal des Landes NRW

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Zu Recht ist das Arbeitsgericht nämlich zu dem Ergebnis gelangt, dass bereits die außerordentliche Kündigung des beklagten Landes vom 10.07.2012 rechtswirksam ist.


I. Dem stehen die Bestimmungen des § 96 Abs. 3 Satz 1 SGB IX i.V.m. § 15 Abs. 2 Satz 1 KSchG und § 43 Abs. 2 Satz 1 LPVG NW nicht entgegen.

Danach besitzt die von den schwerbehinderten Arbeitnehmern gewählte Vertrauensperson den gleichen Kündigungsschutz wie namentlich Mitglieder des Personalrates, so dass ihre außerordentliche Kündigung der vorherigen Zustimmung der aus Sicht der erkennenden Kammer (21.01.2011 - 13 TaBV 72/10 - LAGE SGB IX § 96 Nr. 2) zuständigen Schwerbehindertenvertretung bedarf.

Die Voraussetzungen sind aber beim Kläger nicht erfüllt. Als stellvertretendes Mitglied besaß er nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 96 Abs. 3 Satz 2 SGB IX "nur" während der Dauer der Vertretung die gleiche persönliche Rechtsstellung wie die Vertrauensperson; im Übrigen hatte er die gleiche Rechtsstellung wie ein Ersatzmitglied.

Hier fungierte der Kläger am Morgen des 10.07.2012 während der durch die Mandatsausübung für die Gemeinde S2 bedingten Verhinderung der Vertrauensperson G1 als dessen Vertreter und nahm als solcher an der Sitzung des Personalrates teil. Der Vertretungsfall endete aber, als der Beschäftigte G1 nach Ablauf des Vormittags seinen Dienst und damit seine Amtsgeschäfte im Rahmen der Schwerbehindertenvertretung wieder aufnahm. In dem für das Bestehen von Sonderkündigungsschutz maßgeblichen Zeitpunkts des Zugangs der Kündigung (vgl. zuletzt BAG, 27.09.2012 - 2 AZR 955/11), hier am 10.07.2012 um 14.35 Uhr, war der Kläger also nicht mehr als Vertreter im Amt. Er nahm vielmehr die Rechtsstellung wie ein Ersatzmitglied ein, so dass ihm ohne vorherige Zustimmung außerordentlich gekündigt werden konnte (vgl. § 15 Abs. 2 Satz 2 KSchG).


II. Die ausgesprochene außerordentliche Kündigung vom 10.07.20012 genügt auch den Anforderungen des § 626 Abs. 1 BGB. Danach kann ein Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der einschlägigen (fiktiven) Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

In dem Zusammenhang entspricht es zutreffender Rechtsprechung, dass der Missbrauch von anvertrauten Daten durch einen Arbeitnehmer geeignet ist, die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu rechtfertigen (BAG, 25.11.1981 - 7 AZR 463/79 - AuA 2006, 745; LAG Köln, 14.05.2010 - 4 Sa 1257/09 - NZA-RR 2010, 579; LAG München, 08.07.2009 - 11 Sa 54/09 - CR 2010, 269; ArbG Aachen, 16.08.2005 - 7 Ca 5514/04 - MMR 2006, 702).

Die Voraussetzungen sind in der Person des Klägers schon aufgrund der unstreitig von ihm vorgenommenen Recherchen am 30.04. und 11.06.2010 erfüllt, so dass sich eine Stellungnahme zu den weiteren Fällen einschließlich der daran anknüpfenden weiteren außerordentlichen Kündigung vom 10.08.2012 erübrigt.

Der Kläger war anlässlich der Aufnahme seiner Tätigkeit in der Kreispolizeibehörde S1, die über eine Vielzahl hochsensibler personenbezogener Daten verfügt, schriftlich über die Wahrung des Datengeheimnisses belehrt worden und hatte sich verpflichtet, dieses zu wahren. Mit Schreiben vom 19.11.2007 wurde er dann als IT-Administrator und IUK-Mitarbeiter über den Umgang mit den ihm erteilten administrativen Berechtigungen nochmals gesondert belehrt, wobei namentlich auch auf seine "hohe Vertrauensstellung" angesichts der Zugriffsmöglichkeit auf alle bei der Behörde gespeicherten Daten hingewiesen wurde.

Wenn nun ein derart für die Datenschutzbelange seines Arbeitgebers sensibilisierter Arbeitnehmer in zwei Fällen die dienstliche Stellung ausnutzte, um gezielt aus eigennützigen Motiven personenbezogene Daten zu erheben und später auch zu nutzen, rechtfertigen diese in einer Vertrauensposition wiederholt begangenen groben Pflichtverletzungen die sofortige Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Soweit der Kläger sich in dem Zusammenhang auf eine Bedrohungssituation beruft, kann dies sein Verhalten nicht entschuldigen.

Sollte am 30.04.2010 tatsächlich die damalige Ehefrau das Leben und die Gesundheit des Klägers und seiner Tochter in aggressivster Weise bedroht haben, sofern er Informationen über Herrn B1 weitergeben würde, wäre es dessen Aufgabe gewesen, sich an die zuständigen Stellen der Polizei (ggfs. im eigenen Haus) oder der Staatsanwaltschaft zu wenden, wie er es dann ja auch - viel zu spät - erst am 29.12.2011 getan hat. Wenn er stattdessen unter offensichtlicher Verletzung der ihm als Arbeitnehmer obliegenden Pflichten das Suchsystem Findus nutzte, um über einen Zeitraum von mehr als 40 Minuten nach Erkenntnissen über Herrn B1 zu suchen, hat er damit das in ihn gesetzte Vertrauen als Administrator und IUK-Mitarbeiter in gröblicher Weise verletzt.

Selbst wenn man nun zu dem Ergebnis käme, dass dieses erstmalige Fehlverhalten angesichts der konkreten Einzelfallumstände noch keine außerordentliche Kündigung rechtfertigen würde, so sind die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB aber in jedem Fall dadurch erfüllt worden, dass der Kläger schon sechs Wochen später am 11.06.2010 wiederum seine Vertrauensstelle ausnutzte, um jetzt im Suchsystem Polas zu privaten Zwecken erneut Recherchen zur Person B1 anzustellen.

Spätestens als der vom Kläger behauptete weitere Drohanruf seiner damaligen Ehefrau am 11.06.2010 eingegangen war, hätte er sich an seinen von ihm in der Sache zuvor im Mai/Juni 2010 bereits kontaktierten Vorgesetzten M1, den Kreispsychologischen Dienst oder an die zuständigen Ermittlungsbehörden wenden können und müssen, statt ohne jede Berechtigung in einem mit hochsensiblem Datenmaterial ausgestatteten polizeilichen Fahndungssystem nach Erkenntnissen für den privaten Gebrauch zu suchen.

Tatsächlich machte er sich dann auch die von ihm angestellten Recherchen über 1 1/2 Jahre später im Rahmen eines am 29.12.2011 angestrengten Strafverfahrens gegen seine zu diesem Zeitpunkt geschiedene Ehefrau nutzbar, in dem er sich in seinem "Strafantrag" darauf berief, Herr B1 werde "lt. Polizeiauskunft" als äußerst gewalttätig und bewaffnet beschrieben. Dies führte dann folgerichtig auch zu einem Ermittlungsverfahren gegen ihn wegen Verletzung von Privatgeheimnissen als Amtsträger bzw. als für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteter, das gegen Zahlung von 600 EUR nach § 153 a StPO eingestellt wurde.

Das dargestellte gravierende Fehlverhalten dokumentiert, dass der Kläger nicht mehr das gerade für eine Tätigkeit als IT-Administrator und IUK-Mitarbeiter bei einer Kreispolizeibehörde unverzichtbare Vertrauen rechtfertigt, zukünftig nur dienstlich zugängliche, hochsensible personenbezogene Daten ausschließlich zweckbestimmt und nicht auch privat zu nutzen.

Im Rahmen der gebotenen Interessenabwägung ist zwar zu berücksichtigen, dass der jetzt 40 jährige Kläger gegenüber drei minderjährigen Kindern Unterhalt zu erbringen hat und im Kündigungszeitpunkt bereits über sechs Jahre für das beklagte Land tätig war. Trotzdem ist der im Abstand von sechs Wochen zwei Mal begangene gravierende Verstoß gegen die gerade für eine Polizeibehörde besonders wichtige arbeitsvertragliche Pflicht zur Einhaltung aller einschlägigen Datenschutzbestimmungen so einschneidend, dass wegen des damit verbundenen Vertrauensverlustes eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.

Referenznummer:

R/R6213


Informationsstand: 18.06.2014