Soweit die Klage zurückgenommen wurde, ist das Verfahren einzustellen (§ 92
Abs. 3
VwGO).
Im Übrigen ist die Klage abzuweisen.
Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage analog § 113
Abs. 1 Satz 4
VwGO statthaft, da die Erledigung vor Klageerhebung eingetreten ist. Die Klägerin und die Beigeladene haben sich in dem rechtskräftigen Vergleich vom dem Arbeitsgericht Frankfurt am Main - Az.: 15 Ca 5451/13 - am 04.07.2014 dergestalt geeinigt, dass ihr Arbeitsverhältnis sein Ende gefunden hat, weshalb die Zustimmung des Beklagten zur außerordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Klägerin mit der Beigeladenen keine Wirkung mehr entfalten kann.
Das für diese Klageart erforderliche Fortsetzungsfeststellungsinteresse kann sich vorliegend allein aus dem Gesichtspunkt der Rehabilitationsgefahr ergeben. Ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse aus dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr ist - wovon die Beteiligten unstreitig ausgehen - zu verneinen, da das Arbeitsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen beendet ist. Auch aus dem Gesichtspunkt der Präjudizialität (Vorbereitung eines Amtshaftungsprozesses) ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse nicht zu bejahen, da die Geltendmachung eines solchen Anspruches nicht hinreichend konkret vorgetragen wurde. Der Vertreter der Klägerin hat hierzu im Schriftsatz vom 26.08.2014 lediglich vorgetragen, dass die Beklagte ihren gesetzlichen Schutz- und Sorgfaltspflichten der Klägerin als Schwerbehinderte gegenüber nicht ausreichend nachgekommen sei und daher ggfls. Haftungsansprüche begründet sein könnten.
Das vorliegend allein in Frage kommende Rehabilitationsinteresse kann nur bejaht werden, wenn es sich bei der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Klägerin durch die Beigeladene um einen schwerwiegenden Eingriff in ein Grundrecht der Klägerin handeln würde (
vgl. Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht, Urteil vom 19.02.2008 - 3 A 235/07 - in Juris). Die Klägerin hat hierzu vorgetragen, dass der streitgegenständliche Bescheid sie erheblich in ihrem Grundrecht nach Artikel 12, 2 und 3
GG verletzen würde, da die Beklagte ihre Zustimmung erteilt habe, ohne den Sachverhalt zuvor ausreichend aufgeklärt und geprüft zu haben.
Die erkennende Einzelrichterin hat mehr als große Zweifel am Vorliegen eines Rehabilitationsinteresses, mithin an einem Handeln des Beklagten mit Grundrechtsbezug, da nach
§ 91 Abs. 4 SGB IX bei einer außerordentlichen Kündigung die Zustimmung durch das Integrationsamt erteilt werden soll, wenn die Kündigung nicht in Zusammenhang mit der Behinderung steht (gebundenes Ermessen). Bei unstreitig fehlendem Zusammenhang zwischen dem Kündigungsgrund (Vortäuschen einer Straftat) und der Behinderung (Muskelerkrankung) wie vorliegend, ist die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung in der Regel zu erteilen (so Dau/ Düwell/ Joussen, Sozialgesetzbuch IX, Lehr- und Praxiskommentar, 3. Auflage, 2011, § 87 Rd.
Nr. 24 mit Nachweisen zur Rechtsprechung). Es bedarf dann nach der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichtsbarkeit keiner Prüfung der Kündigungsgründe am Maßstab des § 626
Abs. 1
BGB (
BVerwG vom 02.07.1992 -
5 C 39.90 - BVerwGE 90, 275). Es war daher vorliegend nicht Aufgabe des Beklagten, den Sachverhalt, der der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung zugrunde lag, aufzuklären und zu prüfen.
Die Klage ist unabhängig vom Vorliegen eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses jedenfalls nicht begründet.
Der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 28.06.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.02.2014 war rechtmäßig und verletzte die Klägerin nicht in ihren Rechten (
vgl. § 113
Abs. 1 Satz 4
VwGO).
Rechtsgrundlage für die Zustimmung des Beklagten zur außerordentlichen Kündigung der Klägerin durch die Beigeladene war § 91
i.V.m. den
§§ 85,
89 Abs. 2 SGB IX. Nach § 85
SGB IX bedarf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes. Mit Bescheid des Hessischen Amtes für Versorgung und Soziales Frankfurt vom 12.05.1999 wurde für die Klägerin ein Grad der Behinderung (GbB) von 60 festgestellt. Für sie besteht demnach der vorgenannte besondere Kündigungsschutz des § 85
SGB IX. Das Zustimmungserfordernis besteht nach § 91
Abs. 1
SGB IX auch bei außerordentlichen Kündigungen.
Die Zustimmung zur streitgegenständlichen Kündigung wurde durch die Beigeladene auch fristgerecht beantragt. Nach § 91
Abs. 2 Satz 1
SGB IX ist die Zustimmung innerhalb von 2 Wochen zu beantragen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, indem der Arbeitgeber von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt (§ 91
Abs. 2 Satz 2
SGB IX).
Entscheidend für die Bestimmung der Frist ist der Vorwurf der sexuellen Belästigung, den die Klägerin im Verhandlungstermin vor dem Arbeitsgericht am 12.06.2013 gegenüber ihrem Vorgesetzten ausgesprochen hat. Auf diesen Sachverhalt stützt die Beigeladene ihren Antrag vom 14.06.2013 auf Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung (Blatt 1 und 2 der Behördenakte). Dass - wie die Klägerin ausführt - dieselbe Anschuldigung betriebsintern schon zu einem früheren Zeitpunkt von ihr erhoben wurde, führt nicht zur Verfristung des Zustimmungsantrages. Die Beigeladene stützt sich maßgeblich auf den Vorfall in der Güteverhandlung am 12.06.2013. Dieser Vorfall hat - wie der Beklagte in seinem Widerspruchsbescheid ausgeführt hat - eine besondere Qualität, da er außerhalb des betrieblichen Bereichs und in der öffentlichen Situation einer Gerichtsverhandlung stattfand, weshalb der 2 Tage später beim Integrationsamt eingegangene Zustimmungsantrag fristgerecht gestellt wurde.
Der Antrag vom 14.06.2013 wurde auch formwirksam entsprechend den Anforderungen des
§ 87 SGB IX gestellt.
§ 87
SGB IX, wonach der Arbeitgeber die Zustimmung zur Kündigung beim zuständigen Integrationsamt schriftlich zu beantragen hat, erfordert nicht die Vorlage einer schriftlichen Vollmacht zum Zeitpunkt der Antragstellung. Wie der Beklagte zutreffend weiter im Klageerwiderungsschriftsatz vom 08.04.2014 ausgeführt hat, wurde die schriftliche Vollmacht als Anlage zum Schreiben vom 24.06.2013 nachgereicht, sodass an der Bevollmächtigung letztlich auch keine Zweifel bestehen.
Weiter ist für die Antragstellung auch nicht ein konkret individualisierbarer Sachvortrag erforderlich. Die Angabe von Gründen, die die Kündigung rechtfertigen, ist kein Wirksamkeitserfordernis für den Antrag (so Kossens/ von der Heide/ Maaß;
SGB IX, Kommentar. 2. Auflage 2006. § 87 Rd.
Nr. 5). Der Antrag muss grundsätzlich nur die Person des Arbeitgebers, die Person des schwerbehinderten Menschen und den Zeitpunkt der beabsichtigten Kündigung erkennen lassen (
vgl. Kossens/ von der Heide/ Maaß;
SGB IX, Kommentar. § 87 Rd.
Nr. 4). Die Beigeladene hat in ihrem Antrag vom 14.06.2013, welcher vom Rechtsanwalt der Beigeladenen ordnungsgemäß unterzeichnet war, den Sachverhalt, auf welchen sich die beabsichtigte außerordentliche Kündigung stützen sollte, benannt. Darüber hinaus hat der Beklagte nach Antragstellung alles weitere zur Sachverhaltsaufklärung eingeleitet (
vgl. Schreiben des Beklagten an die Klägerin und den Bevollmächtigten der Beigeladenen vom 14.06.2013 (Blatt 4 bis 7 der Behördenakten)).
Der Beklagte hat auch nicht - wie von Klägerseite vorgetragen - seine Aufklärungspflicht nach § 20
SGB X verletzt. Dabei ist der Prüfungsmaßstab für die außerordentliche Kündigung gemäß § 91
Abs. 4
SGB IX zugrunde zulegen. In Fällen fehlenden Behinderungszusammenhangs, wie vorliegend, da die Muskelerkrankung der Klägerin nicht in Zusammenhang mit sexuellen Vorwürfen gebracht werden kann, kommt es nicht darauf an, ob die von der Beigeladenen vorgetragenen Kündigungsgründe auch tatsächlich gegeben sind. Maßgeblich ist allein der Arbeitgebervortrag. Eine Prüfung der vom Beigeladenen geltend gemachten Kündigungsgründe am Maßstab des § 626
Abs. 1
BGB findet nicht statt (so Bundesverwaltungsgericht vom 02.07.1992 - 5 C 39.90 - BVerwGE 90, 275).
Vorliegend ist auch kein Raum für ein "Restermessen", welches bei Vorliegen von Umständen angenommen werden könnte, welche den Fall als atypisch erscheinen lassen. Ein solcher atypischer Fall kann nur angenommen werden, wenn die außerordentliche Kündigung den schwerbehinderten Menschen in einer die Schutzzwecke des
SGB IX berührenden Weise besonders hart trifft, ihn im Vergleich zur Gruppe der schwerbehinderten Menschen im Falle einer außerordentlichen Kündigung allgemein zugemuteten Belastungen also ein Sonderopfer abverlangt. Die in der Klagebegründung genannten Umstände, dass die Klägerin schwerlich einen neuen Arbeitsplatz finden könne, der ihr eine behindertengerechte Arbeitsausübung ermögliche, reichen für die Annahme eines solchen Sonderopfers nicht aus.
Die Kostenentscheidung folgt aus dem §§ 154
Abs. 2,
Abs. 1, 162
Abs. 3
VwGO. Die Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162
Abs. 3 Satz 1
VwGO der Klägerin aufzuerlegen, da die Beigeladene erfolgreich einen Antrag gestellt und sich somit einem eigenen Kostenrisiko ausgesetzt hat. Das Verfahren ist gemäß § 188 Satz 2
VwGO i. V. m. Satz 1 gerichtskostenfrei.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167
Abs. 1
VwGO i. V. m. §§ 708
Nr.11, 711
ZPO.