Die zulässige Klage ist begründet.
Der Bescheid des Beklagten vom 16. Juni 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2011 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113
Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO]).
Rechtsgrundlage für eine Zustimmung zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers ist
§ 85 SGB IX. Nach dieser Vorschrift bedarf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes. Das gilt nach
68 Abs. 3 SGB IX auch für behinderte Menschen, die - wie der Kläger - mit schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind.
Die Entscheidung des Beklagten ist materiell rechtswidrig.
Bei der Ausübung des besonderen Kündigungsschutzes trifft das Integrationsamt, soweit wie hier - nicht die besonderen Voraussetzungen des
§ 89 SGB IX oder des
§ 91 Abs. 4 SGB IX vorliegen, seine Entscheidung nach freiem Ermessen.
Dabei ist das Interesse des Arbeitgebers an der Erhaltung seiner Gestaltungsmöglichkeiten gegen das Interesse des schwerbehinderten Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes abzuwägen. Entscheidend für die Berücksichtigung abwägungserheblicher Umstände sind ihr Bezug zur Behinderung und ihre an der Zweckrichtung des behindertenrechtlichen Sonderkündigungsschutzes gemessene Bedeutung.
Sinn und Zweck der Schwerbehindertenschutzvorschriften als Fürsorgevorschriften bestehen vor allem darin, Nachteile eines schwerbehinderten Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszugleichen. Die Vorschriften über den Sonderkündigungsschutz sollen den schwerbehinderten Menschen vor den besonderen Gefahren, denen er wegen seiner Behinderung auf dem Arbeitsmarkt ausgesetzt ist, bewahren und sicherstellen, dass er gegenüber nicht schwerbehinderten Menschen nicht ins Hintertreffen gerät. Dabei gewinnt der Schwerbehindertenschutz an Gewicht, wenn die Kündigung des Arbeitsverhältnisses auf Gründe gestützt wird, die in der Behinderung selbst ihre Ursache haben.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19. Oktober 1995 -
5 C 24/93 -, BVerwGE 99, 336 (339)
m.w.N.; dem folgend etwa Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. April 2009 -
12 A 2431/08 -, juris, Rdn. 21.
Entsprechend ist der Schutz umso geringer, je weniger ein Zusammenhang zwischen Kündigungsgrund und Behinderung feststellbar ist.
Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 18. Juni 2008 -
12 BV 05.2467 -, juris, Rdn. 41.
Andererseits ist auch die unternehmerische Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers mit dem ihr zukommenden Gewicht in die Abwägung einzustellen. Sinn und Zweck des Sonderkündigungsschutzes ist es nicht, eine zusätzliche, zweite Kontrolle der arbeitsrechtlichen Zulässigkeit der Kündigung zu schaffen. Die §§ 85
ff. SGB IX sollen nach ihrer Regelungskonzeption erkennbar keinen umfassenden Schutz schwerbehinderter Arbeitnehmer vor einer Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses bieten.
Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 11. Mai 2006 -
5 B 24/06 -, juris, Rdn. 10 f.; Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Urteil vom 18. Juni 2008 - 12 BV 05.2467 -, juris, Rdn. 41.
Das Integrationsamt hat im Zustimmungsverfahren nach § 85
ff. SGB IX deshalb grundsätzlich nicht zu prüfen, ob die beabsichtigte Kündigung des Arbeitsverhältnisses arbeitsrechtlich
bzw. kündigungsschutzrechtlich zulässig ist.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 19. Oktober 1995 - 5 C 24.93 -, a.a.O.,
S. 340; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 20. April 2009 - 12 A 2431/08 -, juris, Rdn. 30.
Nur wenn die beabsichtigte Kündigung arbeitsrechtlich evident unzulässig ist, darf das Integrationsamt dies bei seiner Ermessensentscheidung berücksichtigen, da es an einer offensichtlich rechtswidrigen Kündigung zum Nachteil des Schwerbehinderten nicht mitwirken soll.
Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 22. Juni 2011 -
3 L 246/09 -, juris, Rdn. 32; Verwaltungsgericht Ansbach, Urteil vom 6. Oktober 2011 -
AN 14 K 11.01275 -, juris, Rdn. 33.
Die dem Integrationsamt hiernach überantwortete Entscheidung nach pflichtgemäßem Ermessen überprüft das Gericht gemäß § 114
VwGO allein darauf hin, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise gemacht wurde. Insbesondere ist zu untersuchen, ob die Behörde alle den Streitfall kennzeichnenden widerstreitenden Interessen eingestellt, die in Frage kommenden maßgeblichen Gesichtspunkte angemessen gewichtet und gegeneinander abgewogen und sich dabei ausschließlich an sachlichen Erwägungen orientiert hat.
Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urteil vom 13. Juli 2012 -
13 K 3548/12 -, juris, Rdn. 89.
Nach diesen Maßstäben erweist sich die von dem Beklagten getroffene Ermessensentscheidung als rechtsfehlerhaft.
In dem Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2011 ist zwar ausgeführt, dass bei der zu treffenden Ermessensentscheidung von besonderer Bedeutung sei, ob der verhaltensbedingte Kündigungsgrund im Zusammenhang mit der anerkannten Behinderung stehe, und dass besonders hohe Anforderungen an die Zumutbarkeit für den Arbeitgeber im Rahmen der Abwägung dann zu stellen seien, wenn die Kündigung auf Gründen beruhe, die in der Behinderung ihre Ursache hätten. Auch heißt es dort, dass nach Auffassung des Widerspruchsausschusses im Falle des Klägers ein Zusammenhang zwischen dem Kündigungsgrund und der anerkannten Behinderung nicht ausgeschlossen werden könne. Dementsprechend wird dann im Weiteren - soweit es um die E-Mail vom 25. März 2011 geht - bei der Würdigung des dem Kläger vorgeworfenen Verhaltens berücksichtigt, dass es nach seinem Vorbringen in Belastungssituationen behinderungsbedingt zu Verhaltensauffälligkeiten kommen könne, und unter Darlegung weiterer fallbezogener Umstände zum Ausdruck gebracht, dass der Behinderung des Klägers im Ergebnis kein besonderes Gewicht zugebilligt werden soll. Diese Erwägungen lassen einen Ermessensfehler nicht erkennen, insbesondere auch was die Berücksichtigung der Frage nach dem Zusammenhang zwischen der Behinderung und der Kündigung angeht.
Das ist jedoch anders, soweit es um den dem Kläger vorgeworfenen Verstoß gegen Datenschutzbestimmungen geht. Hier wird in dem Widerspruchsbescheid die Gewichtung des Fehlverhaltens des Klägers lediglich unter arbeitsrechtlichen Gesichtspunkten erörtert. So wird darauf hingewiesen, dass der Kläger bereits in einem ähnlich gelagerten Fall abgemahnt worden sei, dass das Werkstattpersonal jederzeit ungehindert Zugang zu den in dem Dienstwagen liegenden Ordnern gehabt habe und dass wegen näher dargelegter Umstände erhöhte Anforderungen an die Einhaltung der Datenschutzbestimmungen bestanden hätten. An dieser Stelle wird jedoch nicht - auch nicht ansatzweise - angesprochen, ob ein Zusammenhang mit der Behinderung des Klägers besteht und wie dieser gegebenenfalls im Blick auf den in Rede stehenden Verstoß gegen Datenschutzbestimmungen zu gewichten ist. Dabei handelt es sich jedoch - wie ausgeführt - um einen sich von der Sache her aufdrängenden und daher von Amts wegen in die Ermessenserwägungen einzustellenden maßgeblichen Gesichtspunkt, dessen Nichtberücksichtigung die Rechtswidrigkeit der Entscheidung zur Folge hat. Davon abgesehen hatte der Kläger im Widerspruchsverfahren sogar ausdrücklich geltend gemacht, dass seine Nerven seinerzeit blank gelegen hätten, und so auf einen Zusammenhang zwischen seinem Verhalten und seiner Behinderung hingewiesen. Auch deswegen hätte es nahe gelegen, bei der Entscheidung über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 16. Juni 2011 der Frage nach einem Zusammenhang mit der Behinderung des Klägers ebenfalls insoweit nachzugehen, als um den dem Kläger vorgeworfenen Verstoß gegen Datenschutzbestimmungen geht.
Auf dieses Defizit bei den Ermessenserwägungen käme es für die Frage nach der Rechtmäßigkeit des Widerspruchsbescheides vom 14. Dezember 2011 nicht an, wenn die getroffene Entscheidung alternativ einerseits auf das dem Kläger vorgeworfene Fehlverhalten im Zusammenhang mit der E-Mail vom 25. März 2011 und andererseits auf den ihm vorgehaltenen Verstoß gegen Datenschutzbestimmungen gestützt wäre, also allein schon sein Verhalten im Zusammenhang mit der E-Mail vom 25. März 2011 die Zustimmung zur Kündigung rechtfertigen sollte. Das kann aber den Ausführungen in dem Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2011 nicht entnommen werden. Etwas anderes haben auch weder der Beklagte noch die Beigeladene substantiiert geltend gemacht.
Auf die in dem Ausgangsbescheid vom 16. Juni 2011 getroffene Ermessensentscheidung kommt es hier nicht an, weil Gegenstand der Klage dieser Ausgangsbescheid in der Gestalt ist, die er durch den Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 2011 gefunden hat. Davon abgesehen fehlt es in dem Bescheid vom 16. Juni 2011 ebenfalls an einer ausreichenden Würdigung der Frage, ob und inwieweit - insbesondere auch angesichts des Vorbringens des Klägers - ein Zusammenhang zwischen den vorgeworfenen Pflichtverletzungen des Klägers und seiner Behinderung bestehen und wie dieser Umstand im Blick auf Sinn und Zweck von § 85
SGB X gewichtet werden soll. Darüber hinaus sind auch bestimmte Umstände, wie etwa das Entschuldigungsschreiben des Klägers vom 3. August 2011, in dem Ausgangsbescheid vom 16. Juni 2011 nicht berücksichtigt worden, weil sie sich erst in der Zeit danach ergeben haben.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154
Abs. 1 und 3, 159 Satz 1
VwGO in Verbindung mit § 100 Zivilprozessordnung (
ZPO). Die Gerichtskostenfreiheit ergibt sich aus § 188
VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167
VwGO in Verbindung mit §§ 708
Nr. 11, 709 Satz 2, 711
ZPO.