Aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten konnte das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden (§ 101
Abs. 2
VwGO).
Die Klage ist hinsichtlich des Aufhebungsbegehrens (Klageantrag 1) zulässig, aber unbegründet, da der angefochtene Bescheid des Beklagten vom 10. Juli 2012 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren subjektiven Rechten verletzt (§ 113
Abs. 1 Satz 1
VwGO).
Rechtsgrundlage für die angefochtene Entscheidung sind §§ 85
ff. Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (
Art. 1 des Gesetzes vom 19.6.2001, BGBl I
S. 1046) i.d.F. d.
Bek. vom 22. Dezember 2011 (BGBl I
S. 3057), -
SGB IX.
Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten (oder gleichgestellten) Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber bedarf der Zustimmung des Integrationsamtes (
§ 85 SGB IX). Über die Erteilung der Zustimmung zur Kündigung oder deren Versagung hat das Integrationsamt nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (
§ 88 SGB IX). Diese Entscheidung unterliegt nur einer eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle (§ 114 Satz 1
VwGO). Dem Gericht ist es deshalb versagt, die behördlichen Ermessenserwägungen durch eigene zu ersetzen; es kann die Entscheidung nur auf Ermessensfehler (Ermessensausfall, Ermessensdefizit, Ermessensfehlgebrauch) hin überprüfen. Diese Prüfung erstreckt sich insbesondere auch darauf, ob die Behörde von einem ausreichend ermittelten und zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist und ob sie die gesetzlichen Grenzen des Ermessens beachtet und von der ihr eingeräumten Entscheidungsbefugnis in einer dem Zweck der Ermächtigung entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat (
vgl. BayVGH, U.v. 31.1.2013 -
12 B 12.860 - juris Rn. 27).
Bei seiner Ermessensentscheidung hat das Integrationsamt die widerstreitenden Interessen des schwerbehinderten Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes und das Interesse des Arbeitgebers an der Wahrung seiner Gestaltungsmöglichkeiten gegeneinander abzuwägen. Dabei sind an die Zumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses besonders hohe Anforderungen zu stellen, wenn die Kündigung auf Gründe gestützt werden soll, die mit der Behinderung in Zusammenhang stehen. Das Bundesverwaltungsgericht hat mehrfach betont, dass der Schwerbehindertenschutz an Gewicht gewinnt, wenn die Kündigung des Arbeitsverhältnisses auf Gründe gestützt wird, die in der Behinderung selbst ihre Ursache haben, und dass infolgedessen an die bei der interessenabwägenden Ermessensentscheidung zu berücksichtigende Zumutbarkeitsgrenze für den Arbeitgeber besonders hohe Anforderungen zu stellen sind, um dem im Schwerbehindertenrecht zum Ausdruck kommenden Schutzgedanken der Rehabilitation angemessen Rechnung zu tragen (
vgl. BVerwG, U.v. 19.10.1995 -
5 C 24/93 - BVerwGE 99, 336 - juris Rn. 16
m.w.N.). In Ausnahmefällen kann der Arbeitgeber deshalb sogar verpflichtet sein, den schwerbehinderten Arbeitnehmer "durchzuschleppen" (zu alledem
vgl. BayVGH, U.v. 31.1.2013 - 12 B 12.860 - juris Rn. 28
m.w.N.).
Um die nach §§ 85
ff. SGB IX erforderliche Ermessensentscheidung sachgerecht treffen zu können, muss das Integrationsamt anknüpfend an den Antrag des Arbeitgebers und von ihm ausgehend von Amts wegen all das ermitteln und sodann auch berücksichtigen, was erforderlich ist, um die gegensätzlichen Interessen des Arbeitgebers und des schwerbehinderten Arbeitnehmers gegeneinander abwägen zu können. Die dem Integrationsamt in § 20
SGB X auferlegte Aufklärungspflicht gewinnt ihre Konturen und Reichweite aus dem materiellen Recht. Soweit ein Umstand materiell-rechtlich für die gebotene Interessenabwägung Bedeutung hat, unterliegt er der Aufklärungspflicht (
vgl. BVerwG, U.v. 19.10.1995 - 5 C 24/93 - BVerwGE 99, 336 - juris Rn. 15
m.w.N.; BayVGH, U.v. 31.1.2013 - 12 B 12.860 - juris Rn. 31
m.w.N.).
Für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides kommt es im vorliegenden Fall - da kein Widerspruchsverfahren durchgeführt wurde - auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Erlasses der letzten Verwaltungsentscheidung an (
vgl. BVerwG, B.v. 22.1.1993 -
5 B 80/92 - juris Rn. 2; BayVGH, B.v. 29.5.2007 - 12
ZB 06.1134 - juris Rn. 6 f.;
VG München, U.v. 25.1.2006 - M 18 K 05.2039 - juris Rn. 28;
vgl. hierzu auch: BayVGH, U.v. 31.1.2013 - 12 B 12.860 - juris Rn. 26 unter Verweis auf
BVerwG, B.v. 7.3.1991 -
5 B 114/89 - juris).
Hinsichtlich der Überprüfung der Zustimmungsentscheidung des Integrationsamtes zu einer betriebsbedingten Kündigung hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 1. März 2012 -
12 ZB 10.587 - (juris Rn. 9) ausgeführt:
"Das Verwaltungsgericht hat bei seiner Entscheidung beachtet, dass das Integrationsamt zunächst untersuchen muss, ob Kündigungsgründe überhaupt vorliegen (
BVerwG vom 28.11.1958 BVerwGE 8, 46). Das Integrationsamt muss im Rahmen seiner Amtsermittlungspflicht sicherstellen, dass betriebsbedingte Kündigungsgründe tatsächlich bestehen und nicht lediglich vorgeschoben werden (SächsOVG vom 25.8.2003 Behindertenrecht 2004, 81). Da die Organisation und Struktur eines Betriebes aber allein der unternehmerischen Entscheidung unterliegen, können die hierauf bezogenen Entscheidungen des Unternehmens jedenfalls vom Integrationsamt grundsätzlich nicht inhaltlich überprüft werden (
vgl. zum Prüfungsumfang betriebsbedingter Kündigungsgründe durch die Arbeitsgerichte etwa
BAG vom 23.4.2008 Az. 2 AZR 1110.06
m.w.N.). Solche Entscheidungen, die zum Wegfall des Arbeitsplatzes führen, darf das Integrationsamt aber daraufhin überprüfen, ob sie unsachlich oder willkürlich sind (siehe dazu Trenk-Hinterberger, HK-SGB IX, 3. Auflage 2010, § 88 RdNr. 14). Deshalb beschränkt sich die Verpflichtung darauf, ob die arbeitsrechtliche Unwirksamkeit der Kündigung ohne jeden vernünftigen Zweifel in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht offen zu Tage liegt und sich jedem Kundigen geradezu aufdrängt (zu alledem Knittel,
SGB IX, Stand: März 2010, § 85 RdNrn. 73 f. unter Hinweis auf
BVerwG vom 2.7.1992 BVerwGE 90, 275). An einer in diesem Sinne offensichtlich rechtsmissbräuchlichen Antragstellung fehlt es immer dann, wenn die vom Arbeitgeber genannten Gründe geeignet sind, eine ordentliche Kündigung zu tragen. Diese Grenzen der Überprüfung betriebsbedingter Kündigungsgründe gehen einher mit der dazu veranlassten Sachverhaltsaufklärung (
vgl. zu allem BayVGH vom 28.9.2010 Az.
12 B 10.1088 m.w.N.)."
Bei Anwendung obiger Grundsätze begegnet die Entscheidung des Beklagten vom 10. Juli 2012 im Ergebnis keinen rechtlichen Bedenken.
Nach Überzeugung des Gerichts ist der Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass ein betriebsbedingter Kündigungsgrund vorlag und nicht lediglich vorgeschoben wurde.
Die vom Beigeladenen in seinem Antrag vom 21. Mai 2012 angegebene Reduzierung der Mitarbeiterstunden aus Kostengründen von 105 Stunden auf 89 Stunden war aufgrund der Sachlage im Zeitpunkt der Behördenentscheidung tatsächlich möglich und - insbesondere auch unter Berücksichtigung der Stellungnahme der Klägerin vom 2. Juni 2012 - nachvollziehbar. Weitergehende Ermittlungen seitens des Beklagten waren daher nicht veranlasst. Hinsichtlich des Vorbringens der Bevollmächtigten der Klägerin, die Kündigung beruhe auf der Erkrankung der Klägerin, ist auszuführen, dass die Abwesenheit der Klägerin lediglich zeigte, dass eine solche Stundenreduzierung möglich war. Der Grund für deren Abwesenheit - vorliegend wohl deren Arbeitsunfähigkeit - war hierbei unerheblich. Entscheidend ist, dass die Stundenreduzierung möglich war und aus Kostengründen durchgeführt werden sollte.
Hinsichtlich der vom Beigeladenen getroffenen Auswahlentscheidung der zu kündigenden Arbeitnehmerin war vom Beklagten lediglich zu prüfen, ob diese Entscheidung nach arbeitsrechtlichen Vorschriften offensichtlich unwirksam ist (
vgl. BVerwG, U.v. 11.11.1999 -
5 C 23/99 - BVerwGE 110, 67 - juris Rn. 20; BayVGH, B.v. 25.11.2008 -
12 ZB 07.2677 - juris Rn. 14 f.; BayVGH, U.v. 20.3.2003 - 12 B 99.1880 - juris Rn. 44;
VG München, U.v. 28.10.2010 -
M 15 K 10.239 - juris Rn. 37
ff.).
Aus dem Rechtsgedanken des
§ 91 Abs. 4 SGB IX ergibt sich, dass es auf einen Zusammenhang zwischen der Behinderung und dem Kündigungsgrund ankommt. Die Auswahlentscheidung ist jedoch nicht Teil des Kündigungsgrundes, sondern setzt diesen vielmehr voraus. Des Weiteren betrifft die Auswahlentscheidung in erster Linie nicht das Verhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem schwerbehinderten Arbeitnehmer, sondern das Verhältnis der Arbeitnehmer zueinander - diese stehen im Rahmen der Auswahlentscheidung in Konkurrenz. Im Rahmen seiner Entscheidung hat das Integrationsamt die widerstreitenden Interessen des schwerbehinderten Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes und das Interesse des Arbeitgebers an der Wahrung seiner Gestaltungsmöglichkeiten gegeneinander abzuwägen (s.o.). Die Interessen anderer Arbeitnehmer sind hingegen nicht unmittelbar Teil dieser Abwägung.
Zu Recht ist der Beklagte in seiner Entscheidung vom 10. Juli 2012 zu dem Ergebnis gekommen, dass für die offensichtliche Unwirksamkeit der Auswahlentscheidung nichts ersichtlich ist. Dabei ist zu berücksichtigen, dass gemäß
§ 23 Abs. 1 Satz 3 Halbs. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) i.d.F. d.
Bek. vom 25. August 1969 (BGBl I
S. 1317), zuletzt geändert durch Gesetz vom 26. März 2008 (BGBl I
S. 444) die Vorschriften des Ersten Abschnitts des Kündigungsschutzgesetzes mit Ausnahme der §§ 4 bis 7 und des § 13
Abs. 1 Satz 1 und 2 hinsichtlich der Klägerin nicht gelten. Zu Recht hat der Beklagte im vorliegenden Fall auch keine Anhaltspunkte dafür erkannt, dass die Klägerin gerade wegen ihrer Behinderung zur Kündigung ausgewählt wurde. Insbesondere aus den Fehlzeiten der Klägerin aufgrund ihrer Arbeitsunfähigkeit lässt sich dies nicht entnehmen (
vgl. BAG, U.v. 28.4.2011 -
8 AZR 515/10 - NJW 2011, 2458).
Die Anhörung der Klägerin entsprach den Anforderungen des
§ 87 Abs. 2 SGB IX, eine erneute Anhörung der Klägerin zum Schreiben des Beigeladenen vom 30. Juni 2012 war nicht - auch nicht zur weiteren Sachverhaltsaufklärung - erforderlich. Eine Anhörung nach § 87
Abs. 2
SGB IX erfordert im Wesentlichen, dass dem schwerbehinderten Menschen Gelegenheit gegeben wird, sich zur Kündigungsabsicht des Arbeitgebers und zu den übrigen für die Entscheidung des Integrationsamtes erheblichen Tatsachen zu äußern (BayVGH, B.v. 17.12.2009 -
12 CS 09.2691 - juris Rn. 20). Dies ist vorliegend geschehen. In seinem Schreiben vom 30. Juni 2012 führte der Beigeladene nämlich keine entscheidungserheblich neuen Tatsachen an, sondern erläuterte lediglich seinen im Antrag vom 21. Mai 2012 angegebenen Kündigungsgrund. Ihre zeitweilige Arbeitsunfähigkeit brachte die Klägerin im Übrigen selbst bereits in ihrer Stellungnahme vom 2. Juni 2012 vor. Hinsichtlich des Vorbringens der Bevollmächtigten der Klägerin, diese sei zur Erbringung ihrer arbeitsvertraglich vereinbarten und geschuldeten Leistung trotz ihrer Schwerbehinderung in der Lage, ist anzuführen, dass der Beklagte bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen (Seite 4 des angefochtenen Bescheides) ein etwaiges Fehlen dieser Fähigkeit nicht zu Lasten der Klägerin berücksichtigte.
Insoweit die Klägerin in ihrer Stellungnahme vom 2. Juni 2012 geltend machte, die Situation in der Praxis habe sich nicht innerhalb von wenigen Tagen derart verändern können, dass 16 Wochenstunden in Wegfall hätten kommen sollen, ist anzuführen, dass der Beigeladene auch nicht als Kündigungsgrund angab, dass 16 Wochenstunden an Arbeit innerhalb von wenigen Tagen weggefallen seien, sondern dass er diese Reduzierung der Mitarbeiterstunden durch eine "Leistungsverdichtung" zu erreichen beabsichtige (Behördenakte Bl. 2). Zu Recht hat der Beklagte dieses Argument der Klägerin nicht zu deren Gunsten berücksichtigt. Der Umstand, dass neben zwei Vollzeit- und einer Teilzeitkraft eine weitere Teilzeitkraft beschäftigt wurde, bedeutet nicht, dass die vorhandene Arbeit nicht auch durch zwei Vollzeit- und eine Teilzeitkraft hätte erledigt werden können. Die Entscheidung des Beigeladenen für die Stundenreduzierung durch "Leistungsverdichtung", kann aber als unternehmerische Entscheidung grundsätzlich nicht inhaltlich überprüft werden (s.o.)
Der Beklagte ist in seiner Entscheidung - zutreffend - von einem betriebsbedingten Kündigungsgrund, jedoch - unzutreffend (s.o.) - von einer teilweise behinderungsbedingten Auswahlentscheidung ausgegangen. Er setzte bei der Abwägung der widerstreitenden Interessen im Rahmen seiner Ermessensentscheidung unzutreffend - aber zu Gunsten der Klägerin - einen höheren Maßstab an die Zulässigkeit der Kündigung an. Seine Entscheidung war daher zwar ermessensfehlerhaft, aber dennoch im Ergebnis rechtmäßig. Des Weiteren wurde die Klägerin durch die Anwendung des für sie zu günstigen Maßstabs auch nicht in ihren subjektiven Rechten verletzt (§ 113
Abs. 1 Satz 1
VwGO).
Hinsichtlich des Klageantrags 2 ist die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.
Die Klage war nach alledem abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154
Abs. 1, § 154
Abs. 3 Halbs. 1, § 162
Abs. 3, § 188 Satz 2 Halbs. 1
VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen waren aus Billigkeitsgründen der Klägerin aufzuerlegen, weil sich der Beigeladene durch Stellung eines Sachantrags einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (Kopp/Schenke,
VwGO, 18. Aufl. 2012, § 162 Rn. 23).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167
VwGO i.V.m. § 708
Nr. 11, § 711
ZPO.