Urteil
Keine Zulassung der Berufung gegen Kündigungszustimmung wegen fehlender ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils - kein Weiterbeschäftigungsanspruch - fehlende Qualifikation - rechtmäßige Durchführung der Sozialauswahl durch den Arbeitgeber

Gericht:

VGH Hessen 10. Senat


Aktenzeichen:

10 A 107/14.Z | 10 A 107.14.Z


Urteil vom:

09.09.2014


Tenor:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 12. Dezember 2013 - 7 K 2511/13.F - wird abgelehnt.

Die Klägerin hat die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens zu tragen mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.

Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Rechtsweg:

VG Frankfurt am Main Urteil vom 17.12.2013 - 7 K 2511/13.F

Quelle:

Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH)

Gründe:

Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das im Tenor genannte Urteil des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main vom 12. Dezember 2013 ist zulässig, insbesondere statthaft sowie nach am 2. Januar 2014 erfolgter Zustellung des angefochtenen Urteils am 13. Januar 2014 beim Verwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz vom 9. Januar 2014 gestellt und mit am 17. Januar 2014 beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingegangenem Schriftsatz vom 12. Februar 2014 begründet worden, so dass sowohl die Rechtsmittelfrist von einem Monat nach § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO als auch die Begründungsfrist von zwei Monaten nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO gewahrt sind. Der Antrag ist jedoch nicht begründet.

Nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO sind innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zugelassen ist. Hieraus folgt, dass der Senat allein die fristgerecht geltend gemachten und vorgetragenen Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 VwGO zu prüfen und seiner Beurteilung zu Grunde zu legen hat. Die bedeutet, dass allein der Inhalt des Schriftsatzes des Bevollmächtigten der Klägerin vom 12. Februar 2014 berücksichtigt werden kann. In dem genannten Schriftsatz vom 12. Februar 2014 sind allein die Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sowie tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO geltend gemacht worden. Diese Zulassungsgründe sind entweder nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen entsprechenden Art und Weise dargelegt worden oder liegen jedenfalls nicht vor.

Die Ausführungen der Klägerin wecken beim Senat zunächst keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteil. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind nur, aber auch immer schon dann gegeben, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung in der angefochtenen Entscheidung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird und sich die dargelegten Richtigkeitszweifel zugleich auf das Ergebnis der Entscheidung auswirken können, also zumindest die Möglichkeit eröffnen, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. hess. VGH, Beschlüsse vom 19. März 2014 - 10 A 1599/13.Z -, vom 9. Dezember 2013 - 10 A 1037/13.Z - und vom 17. Juni 2013 - 10 A 2221/12.Z -, alle drei nicht veröffentlicht; BVerfG, Kammerbeschluss vom 21. Dezember 2009 - 1 BvR 812/09 -, NJW 2010, 1062; Bay. VGH, Beschluss vom 16. März 2011 - 14 ZB 10.1432 -, juris). Diese Voraussetzungen sind hier nicht gegeben.

Die Klägerin macht unter Nr. 1 ihres Schriftsatzes vom 12. Februar 2014 zunächst geltend, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts hätte im vorliegenden Fall der Beklagte seine Entscheidung nicht im Rahmen eines eingeschränkten Ermessens treffen müssen. Wie das Verwaltungsgericht selbst ausführe, gelte die Regelung des § 89 Abs. 1 Satz 2 SGB IX nach Satz 3 der Bestimmung dann nicht, wenn eine Weiterbeschäftigung des schwerbehinderten Arbeitnehmers auf einem freien Arbeitsplatz in einem anderen Betrieb oder einer anderen Dienststelle desselben Arbeitgebers mit Einverständnis des schwerbehinderten Menschen möglich und für den Arbeitgeber zumutbar ist. Diese Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt. Selbst wenn man der Auffassung des Verwaltungsgerichts folge, im Sinne der ersten Alternative des § 89 Abs. 1 Satz 3 SGB IX sei nur ein anderer freier Arbeitsplatz zu verstehen, hätte die Prüfung, ob ein freies Ermessen auszuüben ist, anders ausfallen müssen. Zum Zeitpunkt des Antrags auf Zustellung der Kündigung seien nämlich andere Arbeitsplätze im Betrieb der Beigeladenen vorhanden gewesen, die nicht mit behinderten und jüngeren Arbeitern besetzt worden seien. Es handele sich um drei Arbeitsplätze im Bereich Vertriebsinnendienst, die durch die Mitarbeiter X, Y und Z später besetzt worden seien. Da es sich hierbei um zum Zeitpunkt der Zustimmungsentscheidung andere freie Arbeitsplätze gehandelt habe, hätte entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts der Beklagte sein Ermessen frei ausüben müssen, was er nicht getan habe. Dem kann nicht gefolgt werden.

Zunächst ist festzustellen, dass die Klägerin mit ihren Ausführungen die grundsätzliche Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts nicht in Zweifel gezogen hat, bei alternativ in Betracht zu ziehenden Arbeitsplätzen nach § 89 Abs. 1 Satz 3 SGB IX müsse es sich auch dann um "freie" Arbeitsplätze handeln, wenn diese im selben Betrieb oder derselben Dienststelle vorhanden sind, obwohl im Gesetzeswortlaut - anders als bei der Alternative des Arbeitsplatzes in einem anderen Betrieb oder einer anderen Dienststelle desselben Arbeitgebers - das Adjektiv "freier" in Bezug auf den Arbeitsplatz nicht verwendet wird. Bereits das Verwaltungsgericht hat in den Gründen zum angefochtenen Urteil selbst darauf hingewiesen, dass es andere Auffassungen in der Literatur gebe. Da die Klägerin jedoch hierzu keine Einwände erhoben hat, ist im Weiteren von der Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts auszugehen. Die Klägerin will offensichtlich geltend machen, seinerzeit seien im Betrieb der Beigeladenen Arbeitsplätze frei gewesen, die für die Klägerin zur Verfügung gestanden hätten, so dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Rückausnahme von § 89 Abs. 1 Satz 2 SGB IX geregelten Ermessenseinschränkungen in Satz 3 der Vorschrift vorgelegen hätten. Aus den schlichten Behauptungen der Klägerin lässt sich jedoch nicht erkennen, dass dies zutreffend sein könnte.

So ist dem Behördenvorgang des Beklagten zu entnehmen, dass Arbeitsplätze, die später mit den von der Klägerin namentlich genannten Mitarbeitern besetzt worden sein sollen, im Verwaltungsverfahren weder von der Klägerin noch von anderer Seite aufgeführt worden waren. Näher erörtert wurde die Frage, ob der Arbeitsplatz einer Frau X für die Klägerin zur Verfügung gestanden hätte. Hierzu hat der Beklagte eine ergänzende Stellungnahme der Beigeladenen eingeholt, die zu dem Ergebnis gekommen ist, dass die Klägerin die für den fraglichen Arbeitsplatz geforderten Qualifikationen nicht aufweise. In der Stellungnahme des Betriebsrates und der Schwerbehindertenvertretung sind drei andere Arbeitnehmer aufgeführt, allerdings insofern, als die mangelhafte oder unterbliebene Durchführung einer Sozialauswahl durch die Beigeladene kritisiert wird. Die Arbeitsplätze, die von der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 12. Februar 2014 aufgeführt werden, sind danach seinerzeit nicht Gegenstand der Erörterung gewesen. Schon von daher hätte es der eingehenden Darlegung bedurft, aus welchem Grunde der Beklagte diese Arbeitsplätze dennoch in seine Entscheidungsfindung hätte einbeziehen müssen.

Soweit erkennbar hat die Klägerin die fraglichen Mitarbeiter im Verwaltungsgerichtsverfahren erstmals in ihrem Schriftsatz vom 25. November 2013 an das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main benannt. Allerdings hat sie dort nicht die Behauptung aufgestellt, die fraglichen Arbeitsplätze seien seinerzeit unbesetzt gewesen. Sie hat vielmehr geltend gemacht, es handele sich hierbei um Arbeitsplätze bei der Firma X, die mit der Beigeladenen einem Gemeinschaftsbetrieb bilde, so dass diese Arbeitnehmer in die Sozialauswahl hätten einbezogen werden müssen, was unterblieben sei. Zunächst ist hieraus zu entnehmen, dass es sich bei den fraglichen Arbeitsplätzen entgegen der Behauptung der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 12. Februar 2014 nicht um Arbeitsplätze bei der Beigeladenen gehandelt haben soll, sondern um solche bei einem anderen Unternehmen, auch wenn die Beigeladene mit diesem seinerzeit einen Gemeinschaftsbetrieb gebildet haben mag. Zum anderen hat die Klägerin in dem genannten Schriftsatz vom 25. November gerade geltend gemacht, die Sozialauswahl der Beigeladenen sei nicht oder unzulänglich durchgeführt worden. Da eine Sozialauswahl nach § 1 Abs. 3 KSchG zwischen gegebenenfalls zu kündigenden, also bereits vorhandenen Arbeitnehmern zu erfolgen hat, ist aus den Darlegungen der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 25. November 2013 zu entnehmen, dass die fraglichen Arbeitnehmer seinerzeit bereits vorhanden gewesen sein müssen. Dies steht im Gegensatz zu ihrer jetzigen Behauptung, die fraglichen Arbeitnehmer seien erst später auf die zu besetzende Arbeitsplätze eingestellt worden.

Zudem hat die Behauptung der Klägerin, die Beigeladene habe in Bezug auf die von der Klägerin namentlich genannten Mitarbeiter X,Y und Z keine oder eine fehlerhafte Sozialauswahl durchgeführt, bereits in der arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung zwischen der Klägerin und der Beigeladenen eine Rolle gespielt. Das Landesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 5. Juli 2013 - 3 Sa 1396/12 -, mit dem es die Berufung der Klägerin gegen das ihre Klage die hiesige Beigeladene abweisende Urteil des Arbeitsgericht Frankfurt am Main vom 21. August 2012 - 10 Ca 2954/12 - zurückgewiesen hat, ausgeführt, die dortige Beklagte (hiesige Beigeladene) habe dargelegt, dass die Klägerin mit den fraglichen Mitarbeitern nicht vergleichbar sei, weil sie nicht über die erforderlichen Fähigkeiten und Qualifikationen verfüge. Die Klägerin habe demgegenüber allein mit der namentlichen Benennung der drei Arbeitnehmer X, Y, Z ihrer Darlegungslast nicht genügt und habe nicht angegeben aus welchen konkreten Tatsachen sich ihre Vergleichbarkeit mit den genannten Mitarbeitern ergeben soll (vgl. S. 13ff. des Urteilsabdrucks, Bl. 131 ff. der Gerichtsakte). Hieraus ist zu entnehmen, dass die Klägerin auch im arbeitsgerichtlichen Verfahren die fraglichen Mitarbeiter allein aufgeführt hat, um ihre Behauptung, die hiesige Beigeladene habe ihre Sozialauswahl nicht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt zu begründen. Es ist nicht erkennbar, dass die Klägerin jemals die Behauptung aufgestellt haben könnte, zum Zeitpunkt ihre Kündigung seien die Arbeitsplätze der fraglichen Mitarbeiter noch frei gewesen und erst später durch diese besetzt worden.

Der Vortrag der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 12. Februar 2014 , zum Zeitpunkt der Zustimmungsentscheidung des Beklagten seien die fraglichen Arbeitsplätze im Bereich Vertriebsinnendienst bei der Beigeladenen frei gewesen und erst später durch die Mitarbeiter X, Y und Z besetzt worden, stellt somit gegenüber dem gesamten Akteninhalt und dem früheren eigenen Vortrag der Klägerin völlig neues Vorbringen dar. Es handelt sich zudem um eine schlichte Behauptung, die durch keinerlei Tatsachen untermauert ist. Es hätte somit im Rahmen der Darlegung der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils der Klägerin oblegen, näher darzutun, woraus sich die Richtigkeit ihrer gegenüber dem früheren Vorbringen völlig neuen Behauptung ableiten lassen soll. Zudem hätte die Klägerin darlegen müssen, aufgrund welcher Tatsachen zumindest einer dieser Arbeitsplätze mit ihr hätte besetzt werden können. Wie oben bereits ausgeführt, hat das Landesarbeitsgericht angenommen, die Klägerin erfülle nicht die hierfür erforderliche Qualifikation und verfüge nicht über die erforderlichen Fähigkeiten. Die Klägerin hat keinerlei Angaben gemacht, aus denen sich im Gegensatz hierzu die Schlussfolgerung ableiten lassen könnte, zumindest einer dieser Arbeitsplätze hätte ihren Fähigkeiten und Qualifikationen entsprochen. Zudem hat die Klägerin auf Seite 2, oben, ihres Schriftsatzes vom 12. Februar 2014 zwar zutreffend den gesetzlichen Wortlaut des § 89 Abs. 1 Satz 3 SGB IX zitiert, wonach die in Satz 2 der Bestimmung geregelte Ermessenseinschränkung nicht gilt, wenn eine Weiterbeschäftigung der schwerbehinderten Arbeitnehmers auf einem anderen Arbeitsplatz möglich und für den Arbeitgeber zumutbar ist. Die Klägerin legt jedoch nicht dar, aus welchen Überlegungen heraus ihre Weiterbeschäftigung auf einem dieser fraglichen Arbeitsplätze der Beigeladenen zumutbar gewesen sein soll.

Insgesamt sind die Ausführungen der Klägerin zu diesem Punkt viel zu unklar und vage gehalten, als dass sich hieraus ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnisses ergeben könnten. Aus dem Vorbringen der Klägerin, das über eine schlicht Behauptung nicht hinausgeht, lässt sich auch nicht entnehmen, dass in einem Berufungsverfahren etwa durchzuführende Sachverhaltsermittlungen zu einem für die Klägerin günstigeren Ergebnis führen könnten. Die Klägerin legt auch nicht dar, dass die Beklagte diese angeblich seinerzeit freien Arbeitsplätze hätte berücksichtigen müssen, obwohl sie keine Kenntnis hiervon gehabt hat. Vielmehr hätte die Klägerin darlegen müssen, aufgrund welcher Erwägungen in einem durchzuführenden Berufungsverfahren eine für sie günstigere Entscheidung zu erwarten sein könnte. Heran fehlt es jedoch im vorliegenden Fall. Aus dem Vortrag der Klägerin ergeben sich somit keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Verwaltungsgerichts, der Beklagte sei im vorliegenden Fall aufgrund der Regelungen in § 89 Abs. 1 Satz 2 SGB IX gehalten gewesen, der Kündigung der Arbeitsverhältnisses zwischen der Beigeladenen und der Klägerin zuzustimmen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen der genannten Regelungen vorgelegen haben und Gründe für ein Abweichen von der als "Sollvorschrift" vorgesehenen Rechtsfolge der Zustimmung zur Kündigung nicht vorgelegen haben.

Aus diesem Grunde sind die weiteren Einwände der Klägerin, die auf der Prämisse aufbauen, entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts seien zum fraglichen Zeitpunkt im Sinne des § 89 Abs. 1 Satz 3 SGB IX freie Arbeitsplätze bei der Beigeladenen vorhanden gewesen, auf denen die Klägerin hätte weiterbeschäftigt werden können, ebenfalls nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils zu begründen. Dies gilt sowohl für die Ausführungen der Klägerin zur Prävention nach § 84 SGB IX als auch für die Besetzung des Widerspruchsausschusses.

Gleiches gilt für die Ausführungen der Klägerin zu angeblich fehlerhaften Beurteilung der Sozialauswahl durch das Verwaltungsgericht unter Nr. 2 und Nr. 3 ihres Schriftsatzes vom 12. Februar 2014. Das Verwaltungsgericht hat hierzu die Auffassung vertreten, eine etwa vom Arbeitgeber unterlassene Sozialauswahl könne nur im Rahmen einer Kündigungsschutzklage vor den Arbeitsgerichten geltend gemacht werden, nicht aber im Zusammenhang mit einer Anfechtungsklage gegen die Zustimmung des Integrationsamtes nach § 85 SGB IX. Hierfür spreche der Umstand, dass dem Integrationsamt die für eine Sozialauswahl erforderlichen personenbezogenen Daten der konkurrierenden Arbeitnehmer gar nicht vorlägen und auch nicht zugänglich gemacht werden könnten. Selbst wenn die Auffassung zu vertreten sein sollte, das Integrationsamt habe jedenfalls dann die Zustimmung zu versagen, wenn die Rechtswidrigkeit der Unterlassung oder der Durchführung der Sozialauswahl seitens des Arbeitgebers offensichtlich sei, könne dies im vorliegenden Fall zu keiner für die Klägerin günstigeren Entscheidung führen, weil derartige Offensichtlichkeit nicht gegeben sei. Das scheitere schon daran, dass die für die Beurteilung dieser Frage wesentlich sachkundigeren Arbeitsgerichte in zwei Instanzen die Kündigung der Klägerin nicht beanstandet hätten. Auch diese Auffassung hat die Klägerin mit ihren Ausführungen unter Nr. 2 ihres Schriftsatzes vom 12. Februar 2014 nicht in ernstliche Zweifel im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gezogen.

Die Auffassung, dass die Ordnungsgemäßheit der Sozialauswahl von den Gerichten der Arbeitsgerichtsbarkeit zu überprüfen ist, steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Dieses hat bereits in seinem Urteil vom 2. Juli 1993 (- 5 C 51/90 -, BVerwGE 90, 287) ausgeführt, im Zustimmungsverfahren nach § 15 SchwbG (seinerzeitige Fassung) habe die Hauptfürsorgestelle grundsätzliche nicht zu prüfen, ob die beabsichtige Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Schwerbehinderten im Sinne des Kündigungsschutzes sozial gerechtfertigt sei (so auch BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 1995 - 5 C 24.93 -, BVerwGE 99, 336; Kossens/von der Heide/Maaß, SGB IX, 3. Aufl. 2009, § 89, Rn. 2). Daran ist festzuhalten. Es ist nämlich nicht Aufgabe des Sonderkündigungsschutzes für schwerbehinderte Arbeitnehmer, der nunmehr in den Bestimmungen des Sozialgesetzbuchs 9. Buch geregelt ist, die Einhaltung der Bestimmungen des Kündigungsschutzes zu gewährleisten. Vielmehr sollen (nur) die besonderen behinderungsbedingten Nachteile von schwerbehinderten Arbeitnehmern ausgeglichen werden. Es ist dabei weder Aufgabe der Integrationsämter noch der Verwaltungsgerichte, die arbeitsrechtliche Zulässigkeit bzw. Wirksamkeit der beabsichtigten Kündigung zu überprüfen. Allenfalls im Falle einer offensichtlich rechtswidrigen Kündigung durch den Arbeitgeber kann hierauf eine Entscheidung gestützt werden (so auch Kossens/von der Heide/Maaß, a.a.O.). Zu Recht hat daher das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall angenommen, allenfalls bei einer offensichtlich rechtswidrigen Sozialauswahl komme eine Versagung der Zustimmung in Betracht.

In Ihrem Schriftsatz vom 12. Februar 2014 stellt die Klägerin zwar erneut die Behauptung auf, die Beigeladene habe eine erforderliche Sozialauswahl nicht durchgeführt; jedoch steht dies - wie das Verwaltungsgericht bereits aufgeführt hat - im Widerspruch zu den Entscheidungen des Arbeitsgerichts Frankfurt sowie des Hessischen Landesarbeitsgerichts, die eine rechtsfehlerhafte Sozialauswahl durch die Beigeladene nicht erkannt und die Kündigungsschutzklage der Klägerin abgewiesen bzw. ihre Berufung zurückgewiesen haben. Die Klägerin meint, die Frage mit Ihrem Hinweis auf unterschiedliche Beurteilungsmaßstäbe bzw. Beurteilungszeiträume "umschiffen" zu können. Sie macht geltend, der Beklagte habe die Sach- und Rechtslage bezogen auf den Zeitpunkt der Zustimmungsentscheidung beurteilen müssen. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts verlange zwar keine ausführliche Prüfung etwaiger betriebsbedingter Gründe durch die Integrationsämter. Es werde allerdings verlangt, dass zumindest überprüft werde, ob ein den Grundsätzen des Kündigungsrechts entsprechendes Verfahren eingehalten sei. Dies sei nicht der Fall, da überhaupt keine Sozialauswahl stattgefunden habe. Abgesehen davon, dass die Klägerin die angebliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht näher dargelegt und insbesondere keine konkrete Entscheidung hierzu benennt, handelt es sich bei der Durchführung der Sozialauswahl nicht um eine Verfahrensvorschrift. Die Frage, ob eine Kündigung sozial ungerechtfertigt ist, ist vielmehr eine Frage des materiellen Arbeitsrechts. Dies zu überprüfen ist nach der oben bereits aufgeführten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Aufgabe der Arbeitsgerichte.

Die Klägerin selbst führt aus, im arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzprozess komme es auf eine Ex-post-Betrachtung an, ob sich die Kündigung als sozial gerechtfertigt darstellt. Hieraus folgt, dass der Vortrag der Klägerin allein das Unterlassen einer Sozialauswahl für sich genommen eine Kündigung nicht als rechtswidrig erscheinen lassen kann, sondern nur dann, wenn der Sache nach die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes erscheint. Dabei obliegt die Beweislast im Arbeitsgerichtsprozess für Tatsachen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt erscheinen lassen, nach § 1 Abs. 3 Satz 3 KSchG dem Arbeitnehmer. Ein besonders geregeltes Verfahren zur Durchführung einer Sozialauswahl sieht das Kündigungsschutzgesetz nicht vor. Erst in einem etwa durchzuführenden Kündigungsschutzprozess kann unter Anwendung der zivilrechtlichen Beweisregeln unter Berücksichtigung der soeben genannten Vorschrift festgestellt werden, ob eine ausgesprochene Kündigung sozial gerechtfertigt erscheint oder nicht. Selbst wenn ein Arbeitgeber eine Sozialauswahl nicht durchgeführt haben sollte, kann dies für sich genommen nicht zum Erfolg im Kündigungsschutzprozess führen, wenn sich in diesem Prozess feststellen lässt, dass gleichwohl eine soziale Rechtfertigung der Kündigung des Arbeitnehmers angenommen werden kann. Hieraus folgt, dass es das von der Klägerin wohl gemeinte formale Kriterium "Durchführung einer Sozialauswahl", das von den Integrationsämter überprüft werden soll, nicht gibt, jedenfalls nicht in dem Sinne, dass das Fehlen einer solchen Sozialauswahl unmittelbar zur Rechtswidrigkeit einer ausgesprochenen oder auszusprechenden Kündigung führt.

Hieraus folgt, dass die Forderung der Klägerin, die Integrationsämter müssten überprüfen, ob jedenfalls eine Sozialauswahl durchgeführt worden ist, zu einer gesetzlich nicht vorgesehenen formalisierten Verfahrenshandlung auf Seiten des kündigungswilligen Arbeitgebers führen würde. Dies ist jedoch nicht Absicht der Vorschrift über den besonderen Kündigungsschutz für schwerbehinderte Arbeitnehmer. Vielmehr würden hierdurch in unzulässiger Weise arbeitsgerichtliche Fragen in die Zustimmungsentscheidung des Integrationsamtes einbezogen, was nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 2. Juli 1992 - 5 C 39/90 -, BVerwGE 90, 275) der der Senat wie bereits in anderen Verfahren folgt, nicht beabsichtigt ist.

Den weiteren geltend gemachten Zulassungsgrund der besonderen oder tatsächlichen Schwierigkeiten im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO hat die Klägerin bereits nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen genügenden Art und Weise dargetan. Besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten weist eine Rechtssache dann auf, wenn sie voraussichtlich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht größere, das heißt überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 20. Aufl., 2014, Rn. 9 zu § 124, m.w.N aus Rechtsprechung und Literatur). Die Klägerin trägt hierzu unter Nr. 4 ihres Schriftsatzes vom 12. Februar 2014 ausschließlich vor, aus dem vorstehenden klägerischen Vortrag gehe auch hervor, dass die Rechtssache überdies rechtliche Schwierigkeiten aufweise, so dass die Berufung auch aus diesem Grund zuzulassen sei. Diese Darlegungen gehen über eine schlichte Behauptung unter einfacher Wiederholung des Gesetzeswortlautes nicht hinaus. Insbesondere fehlt jeglicher Hinweis dazu, aus welchen Gründen die vorliegende Sache vom Schwierigkeitsgrad her aus der Menge der regelmäßig zu entscheidenden Streitfälle herausragen soll.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist daher abzulehnen.

Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens hat nach § 154 Abs. 2 VwGO die Klägerin zu tragen, weil sie mit ihrem Rechtsmittel erfolglos geblieben ist. Dabei sind keine Umstände erkennbar, die es angezeigt erscheinen lassen könnten, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen unter Anwendung von § 162 Abs. 3 VwGO der Klägerin als unterliegender Partei oder der Staatskasse aufzuerlegen, zumal sich die Beigeladene mangels Stellung eines Antrages nicht selbst in ein Kostenrisiko begeben hat (§154 Abs. 3 VwGO).

Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 188 Satz 2 VwGO.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§152 Abs. 1; § 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Referenznummer:

R/RBIH6727


Informationsstand: 15.09.2015