Urteil
Kündigung während laufendem Verfahren zur Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft - Negativattest des Integrationsamtes - § 90 Abs. 2a SGB IX - Unwirksamkeit einer ordentlichen Kündigung wegen fehlender Zustimmung des Integrationsamtes - Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers aus Amtspflichtverletzung gegenüber Versorgungs- und Integrationsamt

Gericht:

LG Köln 5. Kammer


Aktenzeichen:

5 O 345/09


Urteil vom:

26.01.2010


Grundlage:

Nichtamtliche Leitsätze:

1. Ein Amtshaftungsanspruch wegen schuldhaft falscher Gesetzesanwendung setzt voraus, dass die Behörde bei Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt unter Zugrundelegung der für die Amtsführung durchschnittlich erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten hätte voraussehen müssen, dass der Amtspflicht zuwidergehandelt wird. Die unrichtige Auslegung einer Rechtsnorm ist dann vorwerfbar, wenn sie gegen eindeutig höchstrichterliche Rechtsprechung verstößt.

2. Bei der Amtspflicht zur Information über neue höchstrichterliche Entscheidungen ist zu berücksichtigen, dass erfahrungsgemäß bis zum Bekanntwerden einer höchstrichterlichen Entscheidung eine gewisse Zeit vergeht und dass danach der Verwaltungsbehörde auch eine angemessene Bearbeitungszeit zuzubilligen ist.

3. Dem Integrationsamt ist es verwehrt, Widerspruchsbescheide, die durch den Widerspruchsausschuss erlassen wurden, zurückzunehmen.

Quelle: Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH)

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen (BIH)

Tenor:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin beschäftigt in ihrer Getränkehandlung in X. den Arbeitnehmer A. zu einem Bruttomonatsgehalt von 3.600 EUR. Mit Schreiben vom 23.07.2007 kündigte sie das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30.09.2007. Im Kündigungsschutzprozess vor dem ArbG (8 Ca 2688/07) stellte sich heraus, dass der Arbeitnehmer bereits im November 2005 bei dem Versorgungsamt der Stadt X. einen Antrag zur Feststellung seiner Schwerbehinderteneigenschaft gestellt hatte. Daraufhin beantragte die Klägerin am 07.08.2007 bei dem Integrationsamt des Beklagten die Zustimmung zum Ausspruch der beabsichtigten Kündigung gem. § 85 SGB IX. Der Beklagte wies den Antrag mit Bescheid vom 06.11.2007 zurück (sog. "Negativattest"). Ein besonderer Kündigungsschutz bestehe nicht, weil die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht i.S.v. § 90 Abs. 2a 1. Alt. SGB IX nachgewiesen sei. Das Versorgungsamt der Stadt habe im Bescheid vom 02.02.2006 lediglich einen Grad der Behinderung von 39 festgestellt. Daraufhin kündigte die Klägerin dem Arbeitnehmer am 04.12.2007 erneut ordentlich.

Der bei dem Integrationsamt des Beklagten gem. § 119 SGB IX gebildete Widerspruchsausschuss wies den Widerspruch des Arbeitnehmers vom 04.12.2007 gegen den Ausgangsverwaltungsakt vom 06.11.2007 mit Bescheid vom 15.02.2008 zurück. Es fehle an einem Nachweis der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers i.S.v. § 90 Abs. 2a SGB IX. Die Stadt X habe mit Abhilfebescheid vom 11.06.2007 nur einen Grad der Behinderung von 40 festgestellt, und der Antrag des Arbeitnehmers auf Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen bei der Bundesagentur für Arbeit sei am 10.10.2007 abgelehnt worden. Dass der Arbeitnehmer zwischenzeitlich Rechtsmittel sowohl gegen die Entscheidungen des Versorgungsamts als auch der Bundesagentur für Arbeit eingelegt habe, ändere hieran nichts.

Auf die Klage des Arbeitnehmers hob das VG Gelsenkirchen den Ausgangsverwaltungsakt in Gestalt des Widerspruchsbescheids mit Urteil vom 24.11.2008 (Az.: 11 K 1639/08) auf. Die Entscheidung stützt sich auf ein Urteil des BAG vom 06.09.2007. Hiernach ist die Zustimmung des Integrationsamts nicht gem. § 90 Abs. 2a SGB IX entbehrlich, wenn im Zeitpunkt der Kündigung eine - nicht rechtskräftige und später aufgehobene - Entscheidung des Versorgungsamtes vorliegt, mit der ein unter 50 liegender Grad der Behinderung festgestellt wird. Der Gesetzgeber habe nur die in der Regel aussichtslosen, zum Zweck der Behinderung der Kündigungsabsicht missbräuchlich eingeleiteten Anerkennungsverfahren obsolet machen wollen (BAG, NZA 2008, 409). Hier habe der Arbeitnehmer den Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft weit vor der Kündigung gestellt; dass das Versorgungsamt der Stadt erst am 20.06.2008 abschließend einen Behinderungsgrad von 50 festgestellt hat, beruhe nicht auf einem Verschulden des Arbeitnehmers.

Daraufhin stellte das ArbG mit Urteil vom 08.01.2009 (Az.: 8 Ca 2688/07) die Unwirksamkeit der Kündigungen vom 23.07.2007 und vom 04.12.2007 mangels schwerbehindertenrechtlicher Zustimmung fest.

Mit Bescheid vom 03.04.2009 gab der Beklagte dem erneuten Antrag der Klägerin auf Zustimmung zum Ausspruch der ordentlichen Kündigung vom 26.01.2009 statt. Die Kündigung der Klägerin mit Schreiben vom 21.04.2009 wurde daraufhin zum 31.07.2009 wirksam.

Der Arbeitnehmer war in der Zeit ab der ersten Kündigung bis zum 23.06.2008 arbeitsunfähig erkrankt; danach hatte er der Klägerin seine Arbeitskraft wieder angeboten. Nunmehr fordert er von der Klägerin Lohn für die Zeit vom 24.06.2008 bis Ende Juli 2009 (anteilig für Juni 2008 1.540 EUR, danach pro Monat 3.600 EUR brutto, jeweils zzgl. Verzugszinsen). Eine Zahlung ist bislang nicht erfolgt.

Die Agentur für Arbeit fordert von der Klägerin das in der Zeit vom 23.06.2008 bis 30.04.2009 an den Arbeitnehmer gezahlte Arbeitslosengeld in Höhe von insgesamt 12.551 EUR zurück. Weitere Zahlungsaufforderungen der Arbeitsagentur für den Folgezeitraum bis Juli 2009 stehen noch aus. Die Klägerin hat an die Agentur für Arbeit bislang 12.551 EUR gezahlt.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass der Beklagte schuldhaft Amtspflichten verletzt habe. Der Beklagte habe das Verfahren zur Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft des Arbeitnehmers unnötig in die Läge gezogen und auch die Entscheidungen vom 06.11.2007 und vom 03.04.2009 schuldhaft verzögert.

Eine weitere Amtspflichtverletzung seitens des Beklagten liege darin, dass er die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung versagt habe, ohne sich mit dem am 06.09.2009 ergangenen Urteil des BAG auseinanderzusetzen.

Überdies habe der Beklagte die Verwaltungsakte pflichtwidrig nicht zurückgenommen und seine rechtswidrige Entscheidung bis zum Urteil des Verwaltungsgerichts verteidigt, obwohl er zu diesem Zeitpunkt - d.h. nachdem er Kenntnis von dem Urteil des BAG erlangt hatte - bereits seine Entscheidungspraxis für die Zukunft geändert hatte.


Die Klägerin beantragt nach Umstellung ihres Antrags aus der Klageschrift vom 24.07.2009 in der mündlichen Verhandlung vom 25.12.2009,

1. den Beklagten zu verurteilen, sie von der Zahlung der bestehenden Vergütungsansprüche des Herrn A. aus dem Arbeitsverhältnis aufgrund Arbeitsvertrages zwischen der Klägerin und Herrn A vom 23.05.2000 für die Monate September 2008 in Höhe von noch 1.540,00 EUR brutto und Oktober bis Dezember 2008 sowie Januar bis Juli 2009 in Höhe von 3.600 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von jeweils fünf Prozentpunkten aus 1.540 EUR ab 01.07.2008, und aus je 3.600 EUR ab 01.08., 01.09., 01.10., 01.11., 01.12.2008, 01.01., 01.02., 01.03., 01.04., 01.05., 01.06., 01.07. und 01.08.2009 über dem jeweiligen Basiszinssatz freizustellen;

2. den Beklagten zu verurteilen, die Klägerin von der Zahlung der aus den Vergütungsansprüchen aus dem Antrag zu Ziffer 1. erwachsenden gesetzlichen Sozialabgaben freizustellen;

3. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 12.551,00 EUR für die Zeit bis einschließlich April 2009 zu zahlen und sie von weiter übergehenden Forderungen aus der Zahlung von Arbeitslosengeld durch die Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit Z - im Hinblick auf das in dem Antrag zu Ziffer 1. bezeichnete Arbeitsverhältnis für die Zeit bis einschließlich Juli 2009 unter Anrechnung auf die in den Anträgen zu Ziffer 1. und 2. genannten Beträge freizustellen.


Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er ist der Auffassung, dass ihm die lange Dauer des Verfahrens zur Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft vor dem Versorgungsamt der Stadt nicht zurechenbar sei.

Auch liege keine schuldhafte falsche Gesetzesanwendung vor. Er habe die Entscheidung des BAG bei seinen Entscheidungen nicht berücksichtigen müssen, weil sie selbst im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung noch nicht in Fachzeitschriften abgedruckt gewesen sei. Seine Verwaltungsakte habe er für rechtmäßig halten dürfen, da sie im Einklang mit mehreren obergerichtlichen Entscheidungen gestanden hätten. Die Entscheidung sei jedenfalls vertretbar. Wenn selbst Gerichte zu unterschiedlichen Auslegungen einer Norm gelangten, könne nach dem Maßstab des "pflichtgetreuen Durchschnittsbeamten" keine Amtspflichtverletzung vorliegen.

Der Beklagte ist darüber hinaus der Auffassung, dass eine spätere Korrektur der Entscheidung des Widerspruchsausschusses rechtlich nicht möglich gewesen sei. Eine Abänderung habe nur durch das Verwaltungsgericht erfolgen können.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Schadensersatzanspruch aus Amtspflichtverletzung gem. Art. 34 GG, § 839 BGB.

1.

Ein solcher Anspruch ergibt sich nicht aus dem Gesichtspunkt der Verfahrensverzögerung.

Eine Verzögerung des Verfahrens zur Anerkennung der Schwerbehinderteneigenschaft bei dem Versorgungsamt der Stadt begründet keinen Amtshaftungsanspruch gegen den Beklagten, weil ihm die Verzögerung nicht zuzurechnen ist.

Ein Amtshaftungsanspruch gegen den Beklagten ergibt sich auch nicht daraus, dass er über die Anträge der Klägerin gem. § 85 SGB IX nicht innerhalb der einmontatigen Soll-Frist des § 88 Abs. 1 SGB IX entschieden hat.

Über den Antrag der Klägerin vom 07.08.2007 hat der Beklagte erst am 06.11.2007 entschieden. Jedoch ist die Verzögerung dadurch begründet, dass eine Entscheidung über die Zuerkennung eines Grades der Behinderung von 50 im Verfahren des Versorgungsamtes noch nicht vorlag (vgl. zu dieser Fallgruppe Rolfs, in: Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht, 2009, § 88 SGB IX Rn. 1).

Über den Antrag vom 26.01.2009 hat der Beklagte erst am 03.04.2009 entschieden. Jedoch ist die Fristüberschreitung nicht so erheblich, dass sie nach der Interessenlage im Einzelfall einen Anspruch auf Amtshaftung begründen würde. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass die Klägerin nach Erlass des Verwaltungsakts ihrerseits rund drei Wochen zugewartet hat, bis sie dem Arbeitnehmer gekündigt hat.

Ein Anspruch aus Amtspflichtverletzung wäre jedenfalls gem. § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen, weil die Klägerin es unterlassen hat, ein Rechtsmittel gegen die Untätigkeit des Beklagten einzulegen. Insbesondere hat sie keine Untätigkeitsklage gem. §§ 42, 75 VwGO erhoben.

2.

Ein Amtshaftungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten ergibt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt schuldhaft falscher Gesetzesanwendung.

Der Verwaltungsakt des Beklagten vom 06.11.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.02.2008 ist objektiv rechtswidrig. Dies steht aufgrund der rechtskräftigen Aufhebungsentscheidung des VG Gelsenkirchen vom 24.11.2008 fest.

Jedoch hat der Beklagte seine Amtspflicht zur rechtmäßigen Gesetzesanwendung nicht schuldhaft verletzt.

Dies ist nur der Fall, wenn die Behörde bei Einhaltung der erforderlichen Sorgfalt - unter Zugrundelegung der für die Amtsführung durchschnittlich erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten - hätte voraussehen müssen, dass er seiner Amtspflicht zuwiderhandelt (BGH, NJW 1986, 2829). Nach diesen Grundsätzen ist die unrichtige Auslegung einer Rechtsnorm jedenfalls dann vorwerfbar, wenn sie gegen eindeutige höchstrichterliche Rechtsprechung verstößt (BGH, NJW-RR 1992, 919).

Ein solcher Sorgfaltsverstoß liegt nicht vor.

Nach Inkrafttreten der rechtsfehlerhaft angewandten Regelung (§ 90 Abs. 2a SGB IX) am 01.05.2004 herrschte über deren Auslegung zunächst Uneinigkeit in der Rechtsprechung; vertreten wurde unter anderem die Auffassung, die der Widerspruchsausschuss seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (vgl. etwa OVG Rheinland-Pfalz, NZA 2006, 1108). Die klärende Entscheidung des BAG vom 06.09.2007 lag im Zeitpunkt des Ausgangsverwaltungsakts vom 06.11.2007 erst zwei Monate zurück, im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung vom 15.02.2008 etwa fünf Monate. Das Urteil war selbst im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung noch nicht in Fachzeitschriften veröffentlicht (Veröffentlichungen folgten in NZA 2008, 407; MDR 2008; BB 2008, 899).

Bei der Amtspflicht zur Information über neue höchstrichterliche Entscheidungen ist zu berücksichtigen, dass erfahrungsgemäß bis zum Bekanntwerden einer höchstrichterlichen Entscheidung eine gewisse Zeit vergeht und dass danach der Verwaltungsbehörde auch eine angemessene Bearbeitungszeit zuzubilligen ist (BGH VersR 1968, 788). Wegen des Bekanntwerdens einer Entscheidung verweist der BGH auf die Veröffentlichung einer Entscheidung in Fachzeitschriften.

Nach diesen Grundsätzen war die fehlende Berücksichtigung der Entscheidung des BAG selbst dann nicht vorwerfbar, wenn - was die Klägerin nicht dargelegt hat - die Entscheidung bei Erlass des Widerspruchsbescheids bereits im Internet verfügbar gewesen sein sollte. Dies gilt zumal mit Blick darauf, dass bei der Bemessung der angemessenen Bearbeitungszeit zu berücksichtigen ist, dass der Widerspruchsausschuss als paritätisch besetztes Kollegialorgan keine zwingende Beteiligung von Juristen vorsieht (vgl. § 119 SGB IX).

3.

Ein Amtshaftungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten ergibt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt der unterlassenen Rücknahme des Verwaltungsakts oder der Verteidigung gegen die Verwaltungsklage des Arbeitnehmers.

In der unterlassenen Rücknahme (vgl. §§ 44, 45 SGB X) der Widerspruchsentscheidung liegt keine schuldhafte Pflichtverletzung, weil eine Rücknahme unzulässig gewesen wäre.

Zum einen hätte der Beklagte eine Rücknahme des Widerspruchsbescheids durch den Widerspruchsausschuss nicht herbeigühren können; eine solche Einwirkungsmöglichkeit fehle, weil der Widerspruchsausschuss als unabhängige Verwaltungsinstanz ausgestaltet ist.

Zum anderen waren es dem Beklagten als Ausgangsbehörde verwehrt, den Widerspruchsbescheid selbst zurückzunehmen. Gegen die Zulässigkeit einer solchen Rücknahme spricht, dass der Gesetzgeber die Widerspruchsentscheidung einem paritätisch besetzten Spezialgremium zugewiesen hat. Könnten dessen Entscheidungen von der Ausgangsbehörde zurückgenommen werden, würde dies die gesetzgeberisch gewollte Unabhängigkeit dieses Gremiums innerhalb der Leistungsverwaltung aushöhlen (vgl. Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen, SGB IX, 11. Aufl. 2005, § 118 Rn. 32).

Selbst wenn man von der Zulässigkeit einer Rücknahme ausgehen wollte, wäre ein Anspruch aus Amtspflichtverletzung jedenfalls gem. § 839 Abs. 3 BGB ausgeschlossen. Die Klägerin hat bereits keinen Antrag auf Rücknahme des Negativattests gestellt; darüber hinaus hat sie die unterlassene Rücknahme nicht durch ein förmliches Rechtsmittel - etwa eine Verpflichtungsklage - angegriffen. Die Klägerin trägt nicht einmal vor, dass sie den Beklagten nach der Gesundmeldung des Arbeitnehmers im Juni 2008 auf den nunmehr entstehenden Schaden hingewiesen hat.

War der Beklagte aus rechtlichen Gründen gehindert, eine Entscheidung des Widerspruchsausschusses aufzuheben, ist ihm aus denselben Gründen nicht vorwerfbar, dass er die Entscheidung des Widerspruchsausschusses im Verwaltungsverfahren verteidigt hat.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

Streitwert:

Bis zur Antragsänderung in der mündlichen Verhandlung vom 15.12.2009: 47.640 EUR.

Danach: 50.091 EUR

Der Streitwert entspricht dem Wert der mit den Anträgen jeweils geltend gemachten Erstattungsansprüche (840+13*3.600=47.640; 1.550+10*3.600+12.551=50.091).

Referenznummer:

R/RBIH6736


Informationsstand: 27.08.2015