Urteil
1. Die Geltendmachung des Sonderkündigungsschutzes als anerkannter Schwerbehinderter kann im Kündigungsschutzprozess eine unzulässige Rechtsausübung darstellen. Dies wird regelmäßig dann angenommen, beruft sich der gekündigte Arbeitnehmer nicht innerhalb einer kurzen Frist (aktuell: drei Wochen ab Zugang der Kündigung, vgl. BAG vom 11. 12. 2008 - 2 AZR 395/07) gegenüber dem Arbeitgeber auf seine - diesem bislang nicht bekannte - Anerkennung als schwerbehinderter Mensch. § 6 Satz 1 KSchG soll insoweit keine Anwendung finden.
2. Eine solche Verwirkung des Sonderkündigungsschutzes scheidet aus, ist der beklagte Arbeitgeber nicht schutzwürdig.
3. Fehlende Schutzwürdigkeit des Arbeitgebers ist anzunehmen, ist die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers offenkundig (Beispiel: fehlendes Gliedmaß).
4. Fehlende Schutzbedürftigkeit ist aber auch bereits dann anzunehmen, vermag die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch den Arbeitgeber nicht zu überraschen. Dies ist regelmäßig dann anzunehmen, verfügt der Arbeitnehmer über eine körperliche Anomalie, die jedermann den Gedanken nahe legt, der Arbeitnehmer könnte als schwerbehinderter Mensch anerkannt sein (hier: ständiges Hinken wegen der Versteifung eines Beines). Die Offenkundigkeit braucht sich daher nicht auch auf einen GdB von wenigstens 50 zu beziehen.
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Referenznummer:
R/R5997
Informationsstand: 25.11.2013