Die Klage hat keinen Erfolg.
Der Bescheid des Beklagten vom 22. Februar 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides des Widerspruchsausschusses beim Integrationsamt des Beklagten vom 5. August 2008 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113
Abs. 1 Satz 1
VwGO).
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist hier der Monat März 2007, da der Antrag des Beigeladenen auf Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu diesem Zeitpunkt beim Beklagten eingegangen ist. Denn für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei einer Anfechtungsklage gegen Zustimmungserklärungen des Integrationsamtes ist regelmäßig maßgeblich der Zeitpunkt der Mitteilung der Kündigungsgründe durch den Arbeitgeber,
vgl. Bundesverwaltungsgericht (
BVerwG), Beschluss vom 7. März 1991 - 5 B 114/89 -, Zeitschrift für Sozialhilfe und Sozialgesetzbuch (ZfSH/SGB) 1991, 311; Verwaltungsgericht (
VG Gelsenkirchen), Urteil vom 3. Dezember 2004 - 11 K 851/02 -.
Der Bescheid des Beklagten vom 22. Februar 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 2008 ist formell rechtmäßig.
Die Verfahrensvorschriften des
§ 87 Abs. 2 SGB IX sind eingehalten. Das Integrationsamt hat die gesetzlich vorgeschriebenen Stellungnahmen des Personalrats und der Schwerbehindertenvertretung beim Beigeladenen eingeholt und dem Kläger selbst Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Die Anhörung der Arbeitsverwaltung (Agentur für Arbeit) war entbehrlich, weil in
Art. 1 Ziffer 20 a des Gesetzes zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen die bis dahin vorgeschriebene Anhörung des zuständigen Arbeitsamtes gestrichen worden ist. Diese Gesetzesnovellierung ist nach
Art. 7 des Gesetzes zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen am ersten Tag des auf die Verkündung folgenden Monats in Kraft getreten. Da dieses Gesetz im Bundesgesetzblatt am 28. April 2004 veröffentlicht worden und keine abweichende Übergangsregelung vorhanden ist, ist hiernach in allen ab dem 1. Mai 2004 eingegangenen oder zu diesem Stichtag noch nicht abgeschlossenen laufenden Verwaltungsverfahren der Integrationsämter auf Zustimmung zur Kündigung die Anhörung der Arbeitsverwaltung entbehrlich. Im Rahmen des Widerspruchsverfahrens sind der Kläger und der Beigeladene gehört worden (
§ 121 SGB IX).
Der Bescheid des Beklagten vom 22. Februar 2008 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 5. August 2008 ist auch materiell rechtmäßig.
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des
§ 92 SGB IX sind erfüllt.
Nach dieser Vorschrift bedarf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines Schwerbehinderten auch dann der Zustimmung des Integrationsamtes, wenn sie im Fall des Eintritts der Berufsunfähigkeit ohne Kündigung erfolgt.
Der Kläger zählt gemäß
§ 1 SGB IX zum Personenkreis der Schwerbehinderten, da das seinerzeit zuständige Versorgungsamt dem Kläger zum hier maßgeblichen Zeitpunkt einen Grad der Behinderung von 30 zuerkannt und die Agentur für Arbeit gegenüber dem Kläger mit Bescheid vom 4. Juli 2006 die sog. Gleichstellung ausgesprochen hat.
Eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung im Sinne des § 92
SGB IX liegt immer dann vor, wenn in Tarifverträgen ausbedungen ist, dass das Arbeitsverhältnis in dem Zeitpunkt endet, in dem die Berufsunfähigkeit eintritt. Eine solche Beendigungsmöglichkeit sieht § 33 TVöD/AT vor.
Die Voraussetzungen des § 92
SGB IX in Verbindung mit § 33 TVöD/AT unterfallen, wie im Widerspruchsbescheid vom 5. August 2008 zutreffend festgestellt worden ist, der Überprüfung durch das Integrationsamt und unterliegen damit - später - der vollen verwaltungsgerichtlichen Überprüfung. Zwar handelt es sich bei § 33 TVöD/AT um eine tarifvertragliche Regelung, für deren Prüfung ansonsten die Arbeitsgerichte zuständig sind. Aufgrund der Bezugnahme im Tatbestand des § 92
SGB IX auf die Voraussetzungen einer solchen tarifrechtlichen Regelung und wegen des starken gesundheitlichen Bezugs dieser tarifvertraglichen Regelung ist vorliegend, um den Schwerbehindertenschutz zu gewährleisten, zugleich die Prüfungszuständigkeit der Verwaltungsgerichte begründet.
Vgl. ebenso:
VG Gelsenkirchen, Urteil vom 23. Mai 2005 - 11 K 5336/04 -.
Das Arbeitsverhältnis des Klägers ist im Sinne des § 33 TVöD/AT beendet worden.
Gemäß § 33
Abs. 2 TVöD/AT endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem der in Rede stehende Bescheid des Rentenversicherungsträgers zugestellt worden ist. Der Kläger hat diesen Rentenbescheid vom 12. Februar 2007 ausweislich seines eigenen Eingangsvermerks am 16. Februar 2007 formlos erhalten. Damit ist das Arbeitsverhältnis im Sinne des § 92
SGB IX zu Ende gegangen, da der Kläger einen Antrag auf Weiterbeschäftigung nicht fristgerecht bei dem Beigeladenen gestellt hat. Gemäß § 33
Abs. 3 TVöD/AT ist ein solcher Antrag binnen zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheides schriftlich zu stellen, so dass der Kläger einen Weiterbeschäftigungsantrag bis zum Ablauf des 1. März 2007 hätte stellen müssen. Der erst am 9. März 2007 eingegangene Antrag des Klägers hat diese Frist nicht gewahrt.
Die Frage, ob, wann und wie der Beigeladene den Kläger auf einen Antrag auf Weiterbeschäftigung hätte hinweisen müssen, kann hier dahinstehen, da es zum einen nicht in den Pflichtenkatalog des Beigeladenen gehört, den Kläger auf diese tarifrechtliche Regelung hinzuweisen; vielmehr ist es Aufgabe des Klägers, sich zu erkundigen, welche Rechtsfolgen mit der Bewilligung einer Rente einhergehen,
vgl. ebenso:
VG Gelsenkirchen, Urteil vom 21. Mai 2005 (dort Seite 10 des Umdrucks);
zum anderen ist hier zu berücksichtigen, dass der Beigeladene erst am 5. März 2007 - mithin mehrere Tage nach Ablauf der Zwei-Wochen-Frist - erstmals von der Existenz des Rentenbescheides erfahren und den Kläger - nachdem allerdings die Frist aus nicht in der Sphäre des Beigeladenen liegenden Gründen bereits abgelaufen war - unverzüglich,
d. h. sogar noch mit Schreiben von diesem Tage (5. März 2007) - auf die Regelung des § 33
Abs. 2 TVöD/AT hingewiesen hatte.
Gemäß § 92 Satz 2
SGB IX gelten im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung die Vorschriften über die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung entsprechend.
Gemäß § 85
SGB IX steht die Erteilung der Zustimmung im pflichtgemäßen Ermessen des Beklagten. Das Integrationsamt hat bei der Ausübung des besonderen Kündigungsschutzes nach § 85
SGB IX hiernach eine Ermessensentscheidung zu treffen, bei welcher das Interesse des Arbeitgebers an der Erhaltung seiner Gestaltungsmöglichkeiten gegen das Interesse des schwerbehinderten Arbeitnehmers am Erhalt seines Arbeitsplatzes abzuwägen ist. Bei der Überprüfung der Ermessensentscheidung des Beklagten anhand des insoweit maßgebenden Widerspruchsbescheides vom 5. August 2008 vermag die Kammer keine Rechtsfehler zu erkennen. Dabei ist - wie stets in Verfahren dieser Art - ausdrücklich hervorzuheben, dass Ermessensentscheidungen von Behörden nach der gesetzlichen Vorgabe des § 114
VwGO nur einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle unterliegen. Steht eine Entscheidung im Ermessen einer Behörde, hat diese alle den Streitfall kennzeichnenden widerstreitenden Interessen in ihre Entscheidungsfindung einzustellen, die Gesichtspunkte angemessen zu gewichten und gegeneinander abzuwägen und sich dabei ausschließlich an sachlichen Erwägungen, die dem Sinn und Zweck der Ermächtigung zur behördlichen Ermessensentscheidung gerecht werden, zu orientieren. In Verfahren der vorliegenden Art kommt hinzu, dass Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht die arbeitsrechtliche Aufarbeitung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist. Hierfür sind die Arbeitsgerichte zuständig, die im vorliegenden Fall auch bereits mit dem Sach- und Streitstand befasst waren und sind.
Der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle obliegt - abgesehen von den gesetzlich normierten und bereits erörterten verfahrensrechtlichen Voraussetzungen - im Falle der Anwendbarkeit der allgemeinen Vorschrift des § 85
SGB IX nur noch die Frage, ob die Ermessensentscheidung in dem bereits oben im Zusammenhang mit § 114
VwGO erläuterten rechtlichen Rahmen ermessensfehlerfrei ergangen ist.
Dies ist im vorliegenden Fall zu bejahen. Der vom Widerspruchsausschuss beim Integrationgsamt erlassene Widerspruchsbescheid vom 5. August 2008, auf den nach § 79
Abs. 1
Nr. 1
VwGO maßgeblich abzustellen ist, hat alle für den vorliegenden Streit wesentlichen Gesichtspunkte erkannt und sachgerecht in den Abwägungsprozess eingestellt. Insoweit verweist die Kammer auf die nicht zu beanstandenden Ausführungen in diesem Widerspruchsbescheid.
Schließlich ist auch die zusammenfassende Ermessensentscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden. Die diesbezüglichen Erwägungen im Widerspruchsbescheid vom 5. August 2008 orientieren sich an sachlichen und nachvollziehbaren Erwägungen, die dem Sinn und Zweck der Ermächtigung entsprechen. Die besonderen Schutzvorschriften der §§ 85
ff. SGB IX haben eine zusätzliche Kontrolle in Gestalt einer besonderen Gewichtung der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers zur Folge; sie führen aber nicht zu einer regelmäßigen Unkündbarkeit eines schwerbehinderten Menschen.
Nach alledem ist die Entscheidung des Beklagten in der Gestalt des Widerspruchsbescheids rechtlich nicht zu beanstanden und die Klage daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154
Abs. 1 und
Abs. 3, 162
Abs. 3, 188 Satz 2
VwGO. Da sich der Beigeladene durch Stellung eines Sachantrags an dem Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt hat, entspricht es der Billigkeit, ihm den Anspruch auf Erstattung seiner außergerichtlichen Kosten zuzubilligen.