Die Parteien streiten um den Fortbestand ihres Arbeitsverhältnisses und um die Bedingungen, unter denen das Arbeitsverhältnis bei der Beklagten fortgesetzt werden kann.
Der schwerbehinderte Kläger war bei der Beklagten beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Vorschriften des Manteltarifvertrages für die Arbeitnehmer von Schienenverkehrs- und Schieneninfrastrukturunternehmen (i. F. MTV-Schiene) Anwendung. In § 21 des MTV-Schiene finden sich Regelungen zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses im Falle des Rentenbezuges.
Mit Bescheid vom 10.11.2006 der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See wurde dem Kläger auf seinen Antrag vom 23.11.2005 eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung beginnend mit dem 01.11.2005 bewilligt. Wegen der Einzelheiten des Rentenbescheides wird auf Blatt 5
ff. der Akten Bezug genommen. Der Kläger hat diesen Bescheid zunächst mit dem Ziel angefochten, eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu erhalten. Die vor dem Sozialgericht Dortmund unter dem Az.: S 6 Kn 153/07 geführte Klage hat er mit Schriftsatz vom 06.02.2008 zurückgenommen.
Mit Schreiben vom 20.02.2008, das dem Kläger am 22.03.2008 zuging, teilte die Beklagte dem Kläger folgendes mit:
...
Unter dem Datum des 28.02.2007 (richtig wohl: 28.02.2008) richtete der Kläger folgendes Schreiben an die Beklagte:
...
Mit Datum vom 20.03.2008 richtete die Beklagte ein weiteres Schreiben an den Kläger, das folgenden Inhalt hat:
...
Mit Klageschrift vom 07.04.2008, die am selben Tage beim Arbeitsgericht Hamm einging, erhob der Kläger Klage mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, das Angebot des Klägers anzunehmen, einen Arbeitsvertrag dahingehend abzuschließen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien unter sonst unveränderten Bedingungen fortgesetzt wird mit der Maßgabe, dass sich die tägliche Arbeitszeit auf sechs Stunden reduziert. Mit Schriftsatz vom 17.04.2008, der am selben Tage beim Arbeitsgericht Hamm einging, erweiterte er seine Klage mit dem Antrag festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem 20.02.2008 nicht beendet wurde, sondern darüber hinaus unter unveränderten Bedingungen fortbesteht. Den ursprünglichen Klageantrag stellte er nun hilfsweise als Klageantrag zu 2).
Unter dem 17.06.2008 beantragte der Kläger in einem Schreiben an die Deutsche Rentenversicherung, die ihm gewährte Rente in eine befristete Rente umzuwandeln.
Der Kläger hat zur Begründung seiner Klage vorgetragen, sein Arbeitsverhältnis habe nicht durch Eintritt einer auflösenden Bedingung geendet. Zwar sei in § 21
Abs. 1 MTV-Schiene die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei Gewährung einer unbefristeten Rente wegen teilweise oder voller Erwerbsminderung mit der Zustellung des Rentenbescheides vorgesehen. Nach § 15
Abs. 2
TzBfG trete aber
i. V. m. § 21
Abs. 1
TzBfG die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht bereits mit Zustellung des Rentenbescheides, sondern frühestens zwei Wochen nach schriftlicher Unterrichtung über den Eintritt der auflösenden Bedingung ein. Das Schreiben der Beklagten vom 20.02.2008 sei keine Unterrichtung i.
S. d. § 15
Abs. 2
TzBfG; insbesondere bedeute der Eintritt in den Ruhestand nicht zwangsläufig die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Auch das Schreiben der Beklagten vom 20.03.2008 enthalte keine Unterrichtung i.
S. d. § 15
Abs. 2
TzBfG, weil der Zeitpunkt des Beendigungseintritts nicht genannt werde. Auch wenn man von einer Unterrichtung i.
S. d. § 15
Abs. 2
TzBfG ausgehe, so sei die am 07.04.2008 erhobene Klage als fristgerecht anzusehen. Im weiteren Verlauf greife über die Bestimmungen der §§ 17, 21
TzBfG die Regelung des
§ 6 KSchG ein.
Zudem sei er, der Kläger, als Schwerbehinderter anerkannt. Allein die Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung könne sein Arbeitsverhältnis ohne Zustimmung des Integrationsamtes nicht beenden. Im Übrigen verstoße die Regelung in § 21 MTV-Schiene gegen
Art. 12
GG; die Regelung sei Behinderten gegenüber diskriminierend.
Da sein Arbeitsverhältnis demnach fortbestehe, habe er einen Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit gemäß § 21
Abs. 1 MTV-Schiene sowie
§ 81 Abs. 5 Satz 3 SGB IX und § 8
TzBfG.
Selbst im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der auflösenden Bedingung in § 21
Abs. 1 MTV-Schiene habe er einen Anspruch auf Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit verringerter Arbeitszeit gemäß § 51
Abs. 1 MTV-Schiene. Schließlich sei wegen des von ihm gestellten Überprüfungsantrags nach § 44
SGB X die auflösende Bedingung nicht eingetreten, was er auch ohne Einhaltung der Klagefrist gerichtlich geltend machen könne. Bei einem seinem Antrag stattgebenden rückwirkenden Bescheid trete die auflösende Bedingung nicht ein.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem 20.02.2008 nicht beendet wurde, sondern darüber hinaus unter unveränderten Bedingung fortbesteht,
2. die Beklagte zu verurteilen, das Angebot anzunehmen, dass sich die Arbeitszeit des Klägers auf sechs Stunden täglich bei fünf Arbeitstagen pro Woche verringert.
Hilfsweise zu 1) und 2) hat der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, das Angebot des Klägers anzunehmen, einen Arbeitsvertrag dahingehend abzuschließen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien unter sonst unveränderten Bedingungen fortgesetzt wird mit der Maßgabe, dass sich die tägliche Arbeitszeit auf sechs Stunden reduziert.
Die Beklage hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, das Arbeitsverhältnis sei aufgrund Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 21
Abs. 1 MTV-Schiene mit Zustellung des Bescheids vom 10.11.2006 beendet worden. § 21
Abs. 1 MTV-Schiene beinhalte eine auflösende Bedingung, deren Wirksamkeit gemäß §§ 17, 21
TzBfG i. V. m.
§ 7 KSchG fingiert werde, weil der Kläger nicht fristgerecht eine Klage mit einem sachdienlichen Antrag erhoben habe. Die Klagefrist beginne nach der ausdrücklichen tariflichen Regelung mit Zustellung des Rentenbescheides. Das Arbeitsverhältnis sei jedenfalls mit Ablauf von zwei Wochen nach Zugang des Schreibens vom 20.02.2008 beendet worden, da dieses Schreiben als wirksame Unterrichtung i.
S. d. § 15
Abs. 2
TzBfG anzusehen sei. Nach dem Vortrag des Klägers sei dieses Schreiben ihm am 22.03.2008 zugegangen. Mit der am 07.04.2008 erhobenen Klage habe der Kläger den Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages begehrt, so dass hierin keine Klage nach § 17
TzBfG gesehen werden könne. Die Klageänderung vom 17.04.2008 sei zu spät erfolgt.
Der Kläger habe keinen Anspruch auf Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages. Sie, die Beklagte, unterliege keinem Kontrahierungszwang. Ein dahingehender Anspruch ergebe sich auch nicht aus § 21
Abs. 1 MTV-Schiene. Denn eine Tarifnorm könne nicht gleichzeitig ein Arbeitsverhältnis auflösen und andererseits einen Anspruch auf dessen Fortsetzung begründen. Mangels eines bestehenden Arbeitsverhältnisses habe der Kläger keinen Anspruch auf Teilzeitarbeit aus tarifvertraglichen oder gesetzlichen Regelungen.
Durch Urteil vom 12.02.2009 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Gegen diese Entscheidung, die dem Kläger am 06.03.2009 zugestellt worden ist, richtet sich die Berufung des Klägers, die am 02.04.2009 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und am 04.05.2009 begründet worden ist.
Der Kläger vertritt weiter die Auffassung, sein Arbeitsverhältnis sei nicht mit dem 20.02.2008 beendet worden, sondern bestehe zu unveränderten Bedingungen fort. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts sei das Schreiben der Beklagten vom 20.02.2008 nicht als hinreichende Unterrichtung i.
S. d. §§ 21, 15
Abs. 2
TzBfG anzusehen. Wie sich aus § 21 MTV-Schiene ergebe, führe keineswegs jede Rentengewährung zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Mitteilung des Eintritts in den Ruhestand bedeute nicht zwangsläufig eine Mitteilung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Zudem enthalte das Schreiben vom 20.02.2008 ein falsches Datum im Hinblick auf den Eintritt in den Ruhestand. Der Rentenbescheid trage das Datum vom 10.11.2006 und werde dementsprechend nur wenige Tage später zugestellt worden sein. Das Schreiben der Beklagten vom 20.02.2008 enthalte demgegenüber ein hiervon wesentlich abweichendes Datum.
Sollte das Schreiben der Beklagten vom 20.02.2008 als schriftliche Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung anzusehen sein, so würde das Arbeitsverhältnis gemäß § 15
Abs. 2
TzBfG zwei Wochen nach ihrem Zugang enden. Er, der Kläger, habe das Schreiben der Beklagten vom 20.02.2008 am 22.03.2008 erhalten. Dementsprechend würde das Arbeitsverhältnis am 05.04.2008 enden. Wenn die Frist von 3 Wochen für die Klageerhebung von dem Zeitpunkt an laufe, an dem das Arbeitsverhältnis bei Wirksamkeit der Zweckbefristung beendet werde, so ende die Klagefrist mit Ablauf des 26.04.2008. Demnach sei die Klageerweiterung vom 17.04.2008 als rechtzeitig anzusehen.
Jedenfalls aber sei er gemäß § 6
KSchG nicht gehindert, die Nichtbeendigung des Arbeitsverhältnisses im vorliegenden Verfahren geltend zu machen. Zwar habe er in der Klageschrift vom 07.04.2008 darauf hingewiesen, dass das Arbeitsverhältnis nach § 21 MTV-Schiene bei Gewährung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser oder voller Erwerbsminderung mit Zustellung des Rentenbescheides ende. Allerdings habe er gleichzeitig verlangt, dass die Beklagte mit ihm einen Arbeitsvertrag dahingehend abschließe, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien fortgesetzt werde. Mit der Klage sei also die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses verlangt worden. Das Anliegen, das er im vorliegenden Verfahren in erster Linie verfolge, sei die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bei einer Reduzierung der Arbeitszeit auf sechs Stunden täglich. Dieser Anspruch ergebe sich seiner Ansicht nach aus § 21
Nr. 1
Abs. 4 MTV-Schiene.
Er, der Kläger, mache weiter geltend, dass gemäß
§ 92 SGB IX die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen auch dann der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes bedürfe, wenn sie im Falle des Eintritts einer teilweisen Erwerbsminderung ohne Kündigung erfolge. Er, der Kläger, sei schwerbehindert. Er könne zwar nicht mehr genau ermitteln, wann und wem gegenüber er bei der Beklagten die bei ihm festgestellte Schwerbehinderung mitgeteilt habe. Er überreiche den Auszug aus der Liste der Schwerbehinderten, welche die Beklagte der Schwerbehindertenvertretung übergeben habe (Bl. 218 d. A.). In dieser Liste sei sein Name aufgeführt. Aus der Mitteilung des Vorsitzenden der Schwerbehindertenvertretung, des Zeugen K1, ergebe sich, dass die Beklagte der Schwerbehindertenvertretung diese Liste im Februar 2007 übergeben habe. Als er in den Betrieb H1 gewechselt sei, sei die Schwerbehindertenvertretung darüber informiert worden, dass er, der Kläger, zu den schwerbehinderten Arbeitnehmern des Betriebes gehöre. Er verweise insoweit auf das Schreiben des Zeugen S1 als Schwerbehindertenvertrauensperson vom 26.08.2009 (Bl. 219 d. A.). Hieraus ergebe sich, dass sein Name in der Liste der Schwerbehinderten, Stand August 2007, aufgeführt gewesen sei, die die Beklagte der Schwerbehindertenvertretung übergeben habe. Trotz Kenntnis der Schwerbehinderung habe die Beklagte die Zustimmung des Integrationsamtes nicht eingeholt.
Letztlich vertrete er, der Kläger, die Auffassung, dass § 21 MTV-Schiene gegen
Art. 12 des Grundgesetzes verstoße, falls diese Bestimmung tatsächlich so zu verstehen sei, dass ein Anspruch auf Reduzierung der Arbeitszeit nur bei Gewährung einer befristeten Rente bestehe. Zu berücksichtigen sei, dass eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung im Gegensatz zur früheren Rente wegen Berufsunfähigkeit nicht geeignet sei, den Lebensunterhalt eines Arbeitnehmers zu sichern. Wie sich aus dem Rentenbescheid ergebe, sei ihm eine laufende Rente in Höhe von 566,50
EUR bewilligt worden. Er, der Kläger, sei in der Lage, mit geminderter Arbeitszeit weiterzuarbeiten. Wenn seinem Anliegen keine betrieblichen Interessen entgegenstünden, so habe die Beklagte auch kein berechtigtes Interesse, sich von einem leistungsgeminderten Arbeitnehmer zu trennen. Zumindest habe er einen Anspruch auf Wiedereinstellung und Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit der Maßgabe, dass sich die tägliche Arbeitszeit auf sechs Stunden reduziere.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Hamm vom 12.02.2009 - 5 Ca 695/08 - abzuändern und
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem 20.02.2008 nicht beendet wurde, sondern darüber hinaus unter unveränderten Bedingungen fortbesteht,
2. die Beklagte zu verurteilen, das Angebot des Klägers anzunehmen, dass sich die Arbeitszeit auf 6 Stunden täglich bei fünf Arbeitstagen pro Woche verringert,
3. hilfsweise zu 1) und zu 2) die Beklagte zu verurteilen, das Angebot des Klägers anzunehmen, einen Arbeitsvertrag dahingehend abzuschließen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien unter sonst unveränderten Bedingungen fortgesetzt wird mit der Maßgabe, dass sich die tägliche Arbeitszeit auf sechs Stunden reduziert.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und trägt vor, ihr Schreiben vom 20.02.2008, dass dem Kläger am 22.03.2008 zugegangen sei, sei als entsprechendes Mitteilungsschreiben gemäß §§ 15
Abs. 2, 21
TzBfG zu verstehen. Zwar habe der Kläger mit seiner Klageschrift vom 07.04.2008 innerhalb von drei Wochen nach Zugang dieses Schreiben Klage erhoben, nicht aber mit einem fristwahrenden Antrag auf Klärung der Frage, ob das Arbeitsverhältnis durch die auflösende Bedingung des § 21 MTV-Schiene beendet worden sei. Der klägerische Antrag habe sich nicht auf den Bestand des Arbeitsverhältnisses bezogen, sondern sei davon ausgegangen, dass das Arbeitsverhältnis beendet gewesen sei. Der spätere Schriftsatz vom 17.04.2008, mit dem erstmals die Unwirksamkeit der tarifvertraglichen, auflösenden Bedingung geltend gemacht worden sei, sei angesichts des Auslaufens der Klagefrist am 14.04.2008 verspätet. Angesichts dieser Rechtslage seien sowohl die Hauptanträge als auch die Hilfsanträge abzuweisen.
Entgegen der Auffassung des Klägers beginne die Klagefrist nach der tarifvertraglichen Regelung mit Zustellung des Rentenbescheids. Unerheblich sei, ob der Kläger den Rentenbescheid durch sozialgerichtliche Klage angefochten habe. Denn Zielsetzung seiner Anfechtung sei gewesen, die Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung zu erreichen. Spätestens nach Rücknahme seiner Klage mit Schriftsatz vom 06.02.2008 sei von der Zustellung eines (bestandskräftigen) Rentenbescheids auszugehen. Es könne in diesem Zusammenhang nicht auf § 15
Abs. 2
TzBfG abgestellt werden, wonach die Beendigungswirkung frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt der Zweckerreichung (vorliegend über die auflösende Bedingung) eintrete. Die Anwendung dieser Norm würde den Einstieg in die materielle Prüfung des § 21 MTV-Schiene erfordern. Dies sei angesichts der nicht beachteten Klagefrist unter Zugrundelegung der tarifvertraglich geregelten Normen über den Beginn der Klagefrist ausgeschlossen. Die Tarifnorm bestimme, dass mit Zustellung des Rentenbescheids das Arbeitsverhältnis ende.
Auch unter Beachtung des § 15
Abs. 2
TzBfG ergebe sich kein anderes Ergebnis. Sie, die Beklagte, habe dem Kläger mit Schreiben vom 20.02.2008 ein ordnungsgemäßes Mitteilungsschreiben über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zukommen lassen. Dass das Beendigungsdatum nicht zutreffend sei, schade nicht. Dies gelte erst Recht vor dem Hintergrund, dass das tatsächliche Beendigungsdatum aufgrund der Zustellung des Rentenbescheids noch vor dem 20.02.2008 gelegen habe.
Der Kläger könne sich auch nicht mit Erfolg auf § 6
KSchG stützen. Sein ursprünglicher Klageantrag vom 07.04.2008 sei nicht ansatzweise darauf gerichtet gewesen, die Unwirksamkeit der Beendigungswirkung feststellen zu lassen.
Unerheblich sei, dass die Zustimmung des Integrationsamtes zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger nicht eingeholt worden sei. Das Bundesarbeitsgericht habe in seiner Entscheidung vom 18.10.2006 -
7 AZR 662/05 - die mögliche Verletzung des
§ 92 SGB IX wegen der dortigen Versäumung der Klagefrist ungeprüft gelassen. Diese Rechtsfrage habe auch durch die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 13.02.2008 -
2 AZR 864/06 - keine Wendung erfahren. Zwar habe das Bundesarbeitsgericht dort entschieden, dass jedenfalls im Falle einer Kündigung, die ohne vorherige Zustimmung des Integrationsamtes erfolgt sei, der gekündigte Arbeitnehmer ungeachtet der dreiwöchigen Klagefrist nach
§ 4 Satz 1 KSchG diese Rechtsverletzung bis zur Verwirkungsgrenze geltend machen könne. Die Grundsätze dieser Entscheidung könnten jedoch auf den vorliegenden Fall der auflösenden Bedingung aufgrund einer tarifvertraglichen Vorschrift nicht übertragen werden. Die Frage, ob § 92
SGB IX auch auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses über § 21 MTV-Schiene anzuwenden sei, sei keineswegs geklärt und könne vor dem Hintergrund der zitierten
BAG-Rechtsprechung nicht als selbstverständlich unterstellt werden.
Nach alledem seien die vom Kläger angekündigten Berufungsanträge zu 1) und 2) unbegründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien sei beendet, so dass kein Anspruch auf Beschäftigung zu verringerter Arbeitszeit bestehen könne. Auch der hilfsweise angekündigte Antrag zu 3) sei unbegründet, weil hierfür keine Anspruchsgrundlage bestehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
I.
Die Berufung des Klägers ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
II.
Der Rechtsstreit ist insoweit zur Entscheidung reif, als der Kläger festgestellt wissen will, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem 20.02.2008 nicht beendet wurde, sondern darüber hinaus unter unveränderten Bedingungen fortbesteht. Insoweit hat die Berufung des Klägers der Sache nach Erfolg. Denn die Beklagte hat die gemäß § 92
SGB IX erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes im Hinblick auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen der dem Kläger bewilligten unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht eingeholt.
1. Die Voraussetzungen des § 92
SGB IX sind im Falle des Klägers gegeben. Beim Kläger ist ein Grad der Behinderung von 50 mit Wirkung vom 25.01.2005 festgestellt worden. Nach seinem unbestrittenen Vortrag war diese Tatsache der Beklagten jedenfalls bereits im Februar 2007 bekannt. Die Beklagte hat nicht bestritten, dass sie im Februar 2007 der Schwerbehindertenvertretung eine Liste der Schwerbehinderten übergeben hat, in der der Name des Klägers aufgeführt war.
2. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Kläger die mangelnde Beendigung des Arbeitsverhältnisses
bzw. den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses trotz Zustellung des Bescheides der Deutschen Rentenversicherung vom 10.11.2006 über den Erhalt einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung rechtzeitig gerichtlich geltend zu machen.
a) Der Beginn der Klagefrist im Falle eines Streits über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch auflösende Bedingung ist umstritten (zum Streitstand
vgl. Meinel/Heyn/Hermes,
TzBfG, 3. Auflage 2009, § 17 Rn. 8
ff. m.w.N.; KR-Bader, 8. Aufl. § 21
TzBfG Rn. 14
i. V. m. § 17
TzBfG Rn. 15
ff. m.w.N.).
aa) Gemäß §§ 21, 15
Abs. 2
TzBfG endet ein Arbeitsvertrag, der unter einer auflösenden Bedingung abgeschlossen worden ist, mit Eintritt der auflösenden Bedingung, frühestens jedoch zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Eintritt der auflösenden Bedingung.
ab) Unter Berücksichtigung dieses Gesetzeswortlauts kann die am 17.04.2008 beim Arbeitsgericht Hamm eingegangene Klageerweiterung mit dem Ziel der Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien mit dem 20.02.2008 nicht beendet wurde, sondern darüber hinaus unter unveränderten Bedingungen fortbesteht, nur als rechtzeitig i.
S. d. § 17
TzBfG angesehen werden. Die Beklagte hat dem Kläger mit Schreiben vom 20.02.2008 mitgeteilt, dass er zum 20.02.2008 in den Ruhestand eintritt. Wird davon ausgegangen, dass es sich bei diesem Schreiben, das der Kläger unstreitig am 22.03.2008 erhalten hat, um eine wirksame Unterrichtung i.
S. d. § 15
Abs. 2
TzBfG handelt, so würde das Arbeitsverhältnis danach mit Ablauf des 05.04.2008 enden. Zwar war der Kläger in entsprechender Anwendung des § 17
TzBfG grundsätzlich gehalten, innerhalb von drei Wochen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eintritt der auflösenden Bedingung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung zu erheben, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der auflösenden Bedingung nicht beendet ist. Das Arbeitsverhältnis konnte aber wegen des Eintritts der auflösenden Bedingung gemäß § 15
Abs. 2
TzBfG frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung vom 20.02.2008 und damit erst am 05.04.2008 enden. Der Lauf der dreiwöchigen Klagefrist begann also erst mit diesem Tage und lief am Montag, den 28.04.2008 ab. Da die Klageerweiterung bereits am 17.04.2008 beim Arbeitsgericht Hamm eingegangen war, hat der Kläger die mangelnde Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eintritt der auflösenden Bedingung rechtzeitig i.
S. d. § 17
TzBfG gerichtlich geltend gemacht.
ac) Auch wenn die Klageerweiterung vom 17.04.2008 nicht innerhalb der Frist des § 17
TzBfG erhoben worden sein sollte, ist der Kläger nicht gehindert, die mangelnde Beendigung des Arbeitsverhältnisses
bzw. seinen Fortbestand trotz Zustellung des Bescheids der Deutschen Rentenversicherung über den Bezug einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gerichtlich geltend zu machen.
aa) Zwar hat der 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts in seiner Entscheidung vom 18.10.2006 - 7 AZR 662/05 - ausgeführt, es sei ihm verwehrt zu prüfen, ob der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des dortigen schwerbehinderten Klägers aufgrund der in § 21
Abs. 1 MTV-Schiene geregelten auflösenden Bedingung die fehlende Zustimmung des Integrationsamtes nach § 92
SGB IX entgegenstand. Diese Ausführungen könnten dafür sprechen, dass der 7. Senat des Bundesarbeitsgerichts davon ausgeht, die fehlende Zustimmung des Integrationsamtes nach § 92
SGB IX müsse innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist geltend gemacht werden. Allerdings ist den Gründen der Entscheidung vom 18.10.2006 nicht mit Sicherheit zu entnehmen, ob dem dortigen Arbeitgeber die Schwerbehinderung des Klägers bekannt war.
ab) Im vorliegenden Fall war der Beklagten die Schwerbehinderung des Klägers unstreitig bekannt. In diesem Fall erscheint es problematisch, ob der Arbeitnehmer das Fehlen der Zustimmung des Integrationsamtes innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist des § 17
TzBfG gerichtlich geltend machen muss.
1. Nach neuerer Rechtsprechung kann ein schwerbehinderter Arbeitnehmer im Falle der Kündigung durch den Arbeitgeber in Kenntnis von dessen Schwerbehinderteneigenschaft das Fehlen der nach
§ 85 SGB IX erforderlichen Zustimmung des Integrationsamtes bis zur Grenze der Verwirkung jederzeit geltend machen, wenn ihm eine entsprechende Entscheidung der zuständigen Behörde nicht bekannt gegeben worden ist (
vgl. BAG, Urteil vom 13.02.2008 -
2 AZR 864/06; zur Kündigung einer schwangeren Arbeitnehmerin ohne behördliche Zustimmung
vgl. BAG, Urteil vom 19.02.2009 - 2 AZR 286/07 ArbRB 2009, 228 mit Anmerkung Kappelhoff/Seelig).
2. Die erkennende Kammer ist der Auffassung, dass im Falle des Streits über die Beendigung eines Arbeitsverhältnisses durch Eintritt einer auflösenden Bedingung ohne Einholung der gemäß § 92
SGB IX erforderlichen Zustimmung des Integrationsamtes trotz Kenntnis des Arbeitgebers von der Schwerbehinderung des Arbeitnehmers die Rechtslage nicht anders sein kann. Unter diesen Voraussetzungen kann der Arbeitnehmer das Fehlen der nach § 92
SGB IX erforderlichen Zustimmung ebenfalls bis zur Grenze der Verwirkung jederzeit gerichtlich geltend machen. Angesichts dessen ist das Arbeitsverhältnis der Parteien trotz der Regelung in § 21 MTV-Schiene und Zustellung des Bescheids der Deutschen Rentenversicherung vom 10.11.2006 über den Bezug einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht mit dem 20.02.2008 beendet worden, sondern besteht zu unveränderten Bedingungen fort.
III.
Ob die Beklagte verpflichtet ist, das Angebot des Klägers anzunehmen, dass sich die Arbeitszeit auf sechs Stunden täglich bei fünf Arbeitstagen pro Woche verringert
bzw. ob die Beklagte entsprechend dem Hilfsantrag des Klägers verpflichtet ist, das Angebot des Klägers anzunehmen, einen Arbeitsvertrag dahingehend abzuschließen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien unter sonst unveränderten Bedingungen fortgesetzt wird mit der Maßgabe, dass sich die tägliche Arbeitszeit auf sechs Stunden reduziert, bleibt der Entscheidung im Schlussurteil vorbehalten.
IV.
Die erkennende Kammer hat die Revision gemäß § 72
Abs. 2
Nr. 1
ArbGG zugelassen.
Landesarbeitsgericht Hamm
Beschluss
In dem Verfahren
wird das Urteil vom 10.12.2009 wegen eines offenbaren Schreibfehlers gemäß § 319
ZPO auf Seite 14 dahingehend berichtigt, dass Absatz 2 nicht die Gliederungsbezeichnung "cc" sondern die Gliederungsbezeichnung "b" erhält.
Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht statthaft.
Hamm, den 25. März 2010