Urteil
Auflösende Bedingung - Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung

Gericht:

LAG Mainz


Aktenzeichen:

3 Sa 639/11


Urteil vom:

06.03.2012


Tenor:

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 20.09.2011 - 12 Ca 991/11 - teilweise abgeändert und zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund auflösender Bedingung nicht am 25.02.2011, sondern mit Ablauf des 21.03.2011 geendet hat.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits (1. und 2. Instanz) trägt der Kläger.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund auflösender Bedingung am 11. März 2011 geendet oder bis zum 31. Dezember 2011 fortbestanden hat.

Der schwerbehinderte Kläger war seit 1. Juli 1992 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger zuletzt als Ausbilder im Metallbereich beschäftigt. Nach § 3 seines Arbeitsvertrags (Bl. 197, 198 d.A.) gelten für das Arbeitsverhältnis die "Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes" (AVR) in ihrer jeweils geltenden Fassung, die in § 18 zur "Beendigung des Dienstverhältnisses wegen verminderter Erwerbsfähigkeit" folgende Regelungen enthalten:

"(1) Wird durch den Bescheid eines Rentenversicherungsträgers festgestellt, dass der Mitarbeiter erwerbsgemindert ist, so endet das Dienstverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid zugestellt wird, sofern der Mitarbeiter eine außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung bestehende Versorgung durch den Dienstgeber oder durch eine Versorgungseinrichtung erhält, zu der der Dienstgeber Mittel beigesteuert hat. Beginnt die Rente wegen verminderter Erwerbsunfähigkeit erst nach Zustellung des Rentenbescheides, endet das Dienstverhältnis mit Ablauf des dem Rentenbeginn vorangehenden Tages. Der Mitarbeiter hat den Dienstgeber von der Zustellung des Rentenbescheides unverzüglich zu unterrichten. Verzögert der Mitarbeiter schuldhaft den Rentenantrag oder bezieht er Altersrente nach § 236 oder § 236a SGB VI oder ist er nicht in der gesetzlichen Rentenversicherung versichert, so tritt anstelle des Bescheides des Rentenversicherungsträgers das Gutachten eines Amtsarztes. Das Dienstverhältnis endet in diesem Falle mit Ablauf des Monats, in dem dem Mitarbeiter das Gutachten bekannt gegeben worden ist.

(2) Erhält der Mitarbeiter keine außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung bestehende Versorgung durch den Dienstgeber oder durch eine Versorgungseinrichtung, zu der der Dienstgeber Mittel beigesteuert hat, so endet das Dienstverhältnis des kündbaren Mitarbeiters nach Ablauf der für ihn geltenden Kündigungsfrist, des unkündbaren Mitarbeiters (§ 14 Abs. 5) nach Ablauf einer Frist von sechs Monaten zum Schluss eines Kalendervierteljahres. Die Fristen beginnen mit der Zustellung des Rentenbescheides bzw. mit der Bekanntgabe des Gutachtens des Amtsarztes an den Mitarbeiter. Der Mitarbeiter hat den Dienstgeber von der Zustellung des Rentenbescheides unverzüglich zu unterrichten. Beginnt die Rente wegen verminderter Erwerbsunfähigkeit erst nach der Zustellung des Rentenbescheides, beginnen die Fristen mit Ablauf des dem Rentenbeginn vorangehenden Tages.

(3) Das Dienstverhältnis endet bzw. ruht nicht, wenn der Mitarbeiter, der nur teilweise erwerbsgemindert ist, nach seinem vom Rentenversicherungsträger festgestellten Leistungsvermögen an seinem bisherigen oder einem anderen geeigneten und freien Arbeitsplatz weiter beschäftigt werden könnte, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe nicht entgegenstehen und der Mitarbeiter innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheides seine Weiterbeschäftigung schriftlich beantragt.

(4) Das Dienstverhältnis endet nicht, wenn nach dem Bescheid des Rentenversicherungsträgers eine befristete Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit gewährt wird. In diesem Falle ruht das Dienstverhältnis mit allen Rechten und Pflichten von dem Tage an, der auf den nach Absatz 1 oder 2 maßgebenden Zeitpunkt folgt, bis zum Ablauf des Tages, bis zu dem die befristete Rente bewilligt ist, längstens jedoch bis zum Ablauf des Tages, an dem das Dienstverhältnis endet.

(5) Liegt bei einem Mitarbeiter, der schwerbehindert im Sinne des Neunten Sozialgesetzbuches (SGB IX) ist, in dem Zeitpunkt, in dem nach den Absätzen 1 und 2 das Dienstverhältnis wegen verminderter Erwerbsunfähigkeit endet, die nach § 92 des SGB IX erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes noch nicht vor, endet das Dienstverhältnis mit Ablauf des Tages der Zustellung des Zustimmungsbescheides des Integrationsamtes."

Der Kläger stellte am 18. März 2010 bei der Deutschen Rentenversicherung Bund einen Rentenantrag. Mit Rentenbescheid vom 16. Juni 2010 (Bl. 86 bis 95 d.A.), dem Kläger zugestellt am 19. Juni 2010, wurde dem Kläger rückwirkend ab dem 1. März 2010 eine (unbefristete) Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze) bewilligt.

Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 5. Juli 2010 ( Bl. 96, 97 d.A.) Widerspruch eingelegt und diesen mit Schreiben vom 23. August 2010 (Bl. 98 bis 100 d.A.) begründet. In seiner Widerspruchsbegründung hat der Kläger darauf verwiesen, dass er aufgrund von Art und Ausmaß des bestehenden psychischen, orthopädischen sowie internistischen Krankheitsbildes nicht mehr in der Lage sei, Arbeiten von wirtschaftlichem Wert auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben, so dass eine volle Erwerbsminderung vorliege. Aus diesem Grund hat er beantragt, dem Widerspruch stattzugeben und die Ausgangsbehörde zu verpflichten, ihm rückwirkend ab Antragstellung Rente wegen voller Erwerbsminderung zuzubilligen. Da aufgrund des orthopädischen sowie psychischen Krankheitsbildes eine Besserung nicht mehr eintreten werde, sei von einem aufgehobenen Leistungsvermögen auf Dauer auszugehen; wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Widerspruchsbegründung vom 23. August 2010 (Bl. 98 bis 100 d.A.) verwiesen.

Die Beklagte beantragte beim Integrationsamt die Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Mit Schreiben vom 14. September 2010 an die Beklagte (Bl. 13, 14 d.A.) beantragte der Kläger erstmals seine Weiterbeschäftigung gemäß § 18 AVR. Mit Bescheid vom 21. Februar 2011, dem Kläger am 25. Februar 2011 zugegangen, stimmte das Integrationsamt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers bei der Beklagten zu. Die Beklagte unterrichtete den Kläger mit Schreiben vom 4. März 2011 (Bl. 177 d. A.) darüber, dass ihr der Bescheid des Integrationsamtes vom 21. Februar 2011 über die Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 28. Februar 2011 mitgeteilt worden sei, so dass sein Arbeitsverhältnis am 28. Februar 2011 geendet habe.

Mit seiner am 17. März 2011 beim Arbeitsgericht Koblenz eingegangenen Klage hat sich der Kläger gegen die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses aufgrund des Rentenbescheids vom 16. Juni 2010 und des Zustimmungsbescheides des Integrationsamtes vom 21. Februar 2011 gewandt.

Mit Rentenbescheid vom 22. März 2011 (Bl. 36 bis 43 d.A.) bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Bund dem Kläger auf seinen Antrag vom 18. März 2010 eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung für die Zeit vom 1. April 2010 bis zum 31. Mai 2012. In dem Bescheid heißt es u.a.:

"Mehrere Rentenansprüche
Bestehen für denselben Zeitraum Ansprüche auf mehrere Renten aus eigener Versicherung, leisten wir nur die höchste Rente. Bei gleich hohen Renten gilt eine gesetzliche Rangfolge.

Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ist daher nicht zu zahlen."

Daraufhin hat der Kläger seine Klage mit Schriftsatz vom 14. April 2011, beim Arbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, entsprechend erweitert.

Er hat erstinstanzlich vorgetragen, die 2-Wochen-Frist des § 18 Abs. 3 AVR zur Geltendmachung der Weiterbeschäftigung stelle nach der vorzunehmenden AGB-Kontrolle eine überraschende Klausel dar und sei daher unwirksam. Im Hinblick darauf, dass eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses erst nach Zustimmung durch das Integrationsamt rechtlich möglich gewesen sei, habe das Fristversäumnis durch Antrag auf Weiterbeschäftigung bis zur Zustimmung geheilt werden können. Weiterhin hätte die Beklagte ihn aufgrund ihrer Fürsorgepflicht über die zweiwöchige Frist in Anbetracht der hiermit verbundenen Folgen informieren müssen. Aufgrund des zweiten Bescheids vom 22. März 2011 über die Gewährung einer lediglich befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung sei die in § 18 Abs. 4 AVR enthaltene Regelung einschlägig, wonach das Arbeitsverhältnis in der Zeit vom 1. April 2010 bis 31. Mai 2012 ruhe und danach zu unveränderten Bedingungen fortbestehe. Entgegen der Bewertung der Beklagten sei es nicht widersprüchlich, dass er einerseits die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses begehre und andererseits im Rentenverfahren versuche, eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zu erhalten. Nach dem Rentenbescheid vom 22. März 2011 sei der Rentenanspruch zeitlich begrenzt, weil es nach dem medizinischen Untersuchungsbefund nicht unwahrscheinlich sei, dass die volle Erwerbsminderung behoben werden könne. Insofern sei es logisch, wenn er für die Zeit des Ablaufens des Rentenbescheids wegen voller Erwerbsminderung ab 31. Mai 2012 die Feststellung der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach zwischenzeitlichem Ruhen begehre.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

1. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten durch den ihm am 19.06.2010 zugestellten Rentenbescheid vom 16.06.2010 der Deutschen Rentenversicherung mit Bewilligung der teilweisen Erwerbsminderungsrente sowie auch durch den Zustimmungsbescheid des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung, Integrationsamt, B. Str., K., vom 21.02.2011, AZ 00/00/00 nicht beendet worden ist, sondern zu unveränderten Bedingungen auch über den 21.02.2011 hinaus fortbesteht,

2. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten in der Zeit vom 01.04.2010 bis 31.05.2012, in welcher Rente wegen voller Erwerbsminderung gemäß dem Bescheid vom 22.03.2011 gewährt wird, ruht und danach zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat erwidert, die in § 18 AVR enthaltene Regelung unterliege keiner Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB, weil damit die entsprechende Tarifvertragsregelung des öffentlichen Dienstes in § 59 BAT übernommen worden sei. Danach hätte der Kläger innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheids seine Weiterbeschäftigung schriftlich beantragen müssen. Darüber hinaus stelle es ein widersprüchliches Verhalten des Klägers dar, dass er einerseits gegen den Rentenbescheid Widerspruch einlege und weiterhin eine Rente wegen voller Erwerbsminderung beantrage, aber andererseits verspätet den Antrag nach § 18 Abs. 3 AVR stelle und weiterbeschäftigt werden wolle. Dass dem Kläger zwischenzeitlich zumindest befristet eine Rente wegen voller Erwerbsminderung zuerkannt worden sei, bestätige zumindest für diesen Zeitraum der Befristung, dass er nicht mehr am Arbeitsleben teilnehmen könne. Ihrer Ansicht nach sei das Arbeitsverhältnis mit Zustellung des Zustimmungsbescheides des Integrationsamtes am 25. Februar 2011 beendet worden.

Mit Urteil vom 20. September 2011 - 12 Ca 991/11 - hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund auflösender Bedingung nicht am 25. Februar 2011, sondern mit Ablauf des 11. März 2011 geendet hat, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klage nur insoweit begründet sei, als das Arbeitsverhältnis nicht zum 25. Februar 2011, sondern nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG erst zwei Wochen nach Zugang des Bescheides des Integrationsamts vom 21. Februar 2011, d.h. zum 11. März 2011 geendet habe. Das Arbeitsverhältnis der Parteien habe nach § 18 Abs. 1 AVR geendet, weil dem Kläger der Bescheid vom 16. Juni 2010 über die Gewährung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zugestellt worden sei, das Integrationsamt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Bescheid vom 21. Februar 2011 zugestimmt habe und der Kläger nicht gemäß § 18 Abs 3 AVR innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Rentenbescheids seine Weiterbeschäftigung schriftlich bei der Beklagten beantragt habe. § 18 AVR sei aufgrund des identischen Regelungsgehalts in § 59 BAT allein nach den für Tarifverträge geltenden Maßstäben zu überprüfen, wonach die vorliegende Beendigungsklausel nicht zu beanstanden sei. Der Beendigung des Arbeitsverhältnisses stehe nicht entgegen, dass der Kläger nach der Bewilligung der unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auch eine zeitlich befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung erhalten habe, weil hierdurch der vorhergehende Bescheid nicht beseitigt worden sei. Vielmehr erhalte der Versicherte, wenn für denselben Zeitraum Ansprüche auf mehrere Renten aus eigener Versicherung bestünden, nach § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nur die höchste Rente, worauf im Rentenbescheid vom 22. März 2011 auf Seite 3 auch hingewiesen worden sei. Allerdings habe das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der auflösenden Bedingung nicht mit Ablauf des Tages der Zustellung des Bescheides des Integrationsamtes am 25. Februar 2011 geendet, sondern nach §§ 21, 25 Abs. 2 TzBfG erst mit Ablauf des 11. März 2011. Im Hinblick darauf, dass der Bescheid des Integrationsamtes zugleich die Mitteilung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eintritt der auflösenden Bedingung beinhalte, habe die 2-Wochen-Frist mit Zustellung dieses Bescheides begonnen. Danach habe das Arbeitsverhältnis bereits am 11. März 2011 geendet, so dass auch der Feststellungsantrag zu 2 unbegründet sei, weil ein beendetes Arbeitsverhältnis nicht ruhen bzw. danach unverändert fortbestehen könne.

Gegen das ihm am 13. Oktober 2011 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat der Kläger mit Schriftsatz vom 14. November 2011, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag (Montag) eingegangen, Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 12. Dezember 2011, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 13. Dezember 2011 eingegangen, begründet.

Er trägt vor, die in § 18 Abs. 3 AVR enthaltene Regelung halte einer Inhaltskontrolle nicht stand und sei jedenfalls im vorliegenden Fall nicht anzuwenden. Im Hinblick darauf, dass bei schwerbehinderten Arbeitnehmern nach § 18 Abs. 5 AVR das Dienstverhältnis erst mit der Zustellung des Zustimmungsbescheides des Integrationsamtes ende, sei davon auszugehen, dass bis dahin die Rechte aus dem Arbeitsvertrag geltend gemacht werden könnten. Gerade weil das Arbeitsverhältnis noch bestehe und nicht beendet sei, bleibe dem Arbeitgeber die Möglichkeit eingeräumt, die Prüfung vorzunehmen, ob und wie der Arbeitnehmer ggf. auf welcher Position weiterbeschäftigt werden könne. Der schwerbehinderte Arbeitnehmer könne darauf vertrauen, dass bei Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses der Arbeitgeber alle Rechte aus dem Arbeitsvertrag auf Beschäftigung bzw. angepasste Beschäftigung erfülle. Weiterhin sei zu berücksichtigen, dass er bereits längere Zeit vor Zustellung des Rentenbescheides vom 16. Juni 2010 für das sog. betriebliche Eingliederungsmanagement vorgesehen gewesen sei, das offensichtlich ihm gegenüber nicht korrekt und angemessen gehandhabt bzw. organisiert worden sei. Er habe darauf vertrauen können, dass die Beklagte ihre Pflicht insofern erfülle und eine seinem Leistungsvermögen entsprechende Arbeit anbiete, ohne dass es hierzu eines förmlichen Antrags auf Weiterbeschäftigung innerhalb der 2-Wochen-Frist nach Zustellung des Rentenbescheides bedurft hätte. Jedenfalls sei die Beklagte verpflichtet gewesen, ihn auf die in § 18 Abs. 3 AVR vorgeschriebene Form und Frist hinzuweisen, weil wegen seiner vorgesehenen Teilnahme am betrieblichen Eingliederungsmanagement eine gesteigerte Fürsorgepflicht des Arbeitgebers bestanden habe. Hilfsweise sei darauf hinzuweisen, dass die durch § 15 Abs. 2 TzBfG vorgeschriebene schriftliche Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber durch die Zustellung des Bescheides des Integrationsamtes nicht erfüllt sei, so dass der vom Arbeitsgericht angenommene Beendigungszeitpunkt unzutreffend sei.

Während des Berufungsverfahrens ist dem Kläger im Dezember 2011 der Rentenbescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 13. Dezember 2011 (Bl. 182, 183 d.A.) zugestellt worden, nach dem er nunmehr auf seinen Antrag vom 18. März 2010 rückwirkend seit 1. März 2010 eine (unbefristete) Rente wegen voller Erwerbsminderung (bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze) erhält. Daraufhin hat der Kläger mit Schriftsatz vom 17. Januar 2012 seinen Feststellungsantrag auf die Zeit bis zum 31. Dezember 2011 beschränkt und im Übrigen den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Dieser teilweisen Erledigungserklärung des Klägers hat sich die Beklagte mit Schriftsatz vom 26. Januar 2012 angeschlossen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 20. September 2011 - 12 Ca 991/11 - abzuändern, soweit die Klage abgewiesen worden ist, und festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund auflösender Bedingung (Rentenbescheid vom 16. Juni 2010 der Deutschen Rentenversicherung mit Bewilligung teilweiser Erwerbsminderungsrente, zugestellt am 19. Juni 2010 und Zustimmungsbescheid des Landesamtes für Soziales, Jugend und Versorgung, Integrationsamt, vom 21. Februar 2011, zugestellt am 25. Februar 2011) nicht beendet worden ist, sondern auch über den 11. März 2011 hinaus bis zum 31. Dezember 2011 fortbestanden hat.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erwidert, die in § 18 Abs. 5 AVR enthaltene Regelung führe entgegen der Ansicht des Klägers nicht dazu, dass die in § 18 Abs. 3 AVR festgelegte Frist zur schriftlichen Beantragung der Weiterbeschäftigung bis zu diesem Zeitpunkt andauere. Vielmehr stelle § 18 Abs. 3 AVR wie auch § 59 Abs. 3 BAT eindeutig auf den Zugang des Rentenbescheides und nicht auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ab. Die erst im Rahmen des Verfahrens vor dem Integrationsamt erfolgte Antragstellung sei damit verspätet erfolgt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.

Rechtsweg:

ArbG Koblenz Urteil vom 20.09.2011 - 12 Ca 991/11

Quelle:

Landesrecht Rheinland-Pfalz

Entscheidungsgründe:

Die gemäß § 64 Abs. 1 und 2 Buchst. c ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. 519, 520 ZPO).

Die auch ansonsten zulässige Berufung hat aber in der Sache nur insoweit Erfolg, als das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund auflösender Bedingung entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts nicht zum 11. März 2011, sondern erst mit Ablauf des 21. März 2011 geendet hat.

Die innerhalb der Drei-Wochen-Frist gemäß §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG erhobene Klage ist im wesentlichen unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zu Recht angenommen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund auflösender Bedingung nach § 18 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 AVR geendet hat, weil dem Kläger der Rentenbescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 16. Juni 2010 über die Gewährung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zugestellt wurde, das Integrationsamt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Bescheid vom 21. Februar 2011, dem Kläger am 25. Februar 2011 zugestellt, zugestimmt hat und der Kläger nicht nach § 18 Abs. 3 AVR innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Rentenbescheids seine Weiterbeschäftigung schriftlich bei der Beklagten beantragt hat.

Allerdings hat das Arbeitsverhältnis entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts nicht zwei Wochen nach der am 25. Februar 2011 erfolgten Zustellung des Zustimmungsbescheids des Integrationsamtes zum 11. März 2011 geendet, sondern nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG zwei Wochen nach Zugang der mit Schreiben vom 4. März 2011 erfolgten schriftlichen Unterrichtung des Klägers durch die Beklagte über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

I. Nach § 3 des Arbeitsvertrags vom 7. Juli 1992 gelten für das Arbeitsverhältnis der Parteien die Richtlinien für Arbeitsverträge in den Einrichtungen des Deutschen Caritasverbandes (AVR) in ihrer jeweils geltenden Fassung.

1. Diese Verweisungsklausel ist wirksam. Sie hält einer Vertragskontrolle nach den §§ 305 ff. stand.

Die Bezugnahmeklausel ist hinreichend klar und verständlich im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB und steht nicht zu anderen im Dienstvertrag getroffenen Vereinbarungen in Widerspruch. Es handelt sich auch nicht um eine überraschende Klausel im Sinne von § 305 c Abs. 1 BGB. Ein Überraschungsmoment ergibt sich weder aus der äußeren Form und Positionierung der in einem gesonderten Paragraphen vereinbarten Klausel noch aus ihrer inhaltlichen Gestaltung. Ein Arbeitnehmer, der einen Arbeitsvertrag mit einer Einrichtung des Deutschen Caritasverbandes schließt, hat davon auszugehen, dass sein Arbeitgeber das spezifisch kirchliche Vertragsrecht in seiner jeweiligen Fassung zum Gegenstand des Arbeitsverhältnisses machen will. Dass sich die Verweisungsklausel nicht auf die Bezugnahme auf eine bestimmte Fassung der Arbeitsvertragsrichtlinien beschränkt, sondern vorsieht, dass bei Änderungen der AVR jeweils die neue Fassung gilt, benachteiligt den Kläger nicht unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dieser Änderungsvorbehalt bezieht sich nur auf für das Arbeitsverhältnis einschlägige kirchliche Arbeitsvertragsregelungen, die auf dem sog. Dritten Weg entstehen und von einer paritätisch mit weisungsunabhängigen Mitgliedern besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission beschlossen werden. Ein solcher Änderungsvorbehalt stellt keine unangemessene Benachteiligung im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB dar, sondern trägt dem Umstand Rechnung, dass das Arbeitsverhältnis als Dauerschuldverhältnis einer Anpassung an veränderte Rahmenbedingungen bedarf und schränkt wesentliche Rechte des Klägers, die sich aus der Natur des Arbeitsvertrags ergeben, nicht so ein, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist (vgl. BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 20, NZA 2011, 634).

2. Die aufgrund der Verweisungsklausel anwendbaren Regelungen in § 18 Abs. 1 und 3 AVR, die den tariflichen Regelungen in § 59 Abs. 1 und 3 BAT inhaltlich entsprechen, sind wirksam.

Bei der Inhaltskontrolle von im Arbeitsvertrag dynamisch in Bezug genommenen kirchlichen Arbeitsvertragsregelungen ist als im Arbeitsrecht geltende Besonderheit (§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB) zu berücksichtigen, dass das Verfahren des Dritten Weges mit paritätischer Besetzung der Arbeitsrechtlichen Kommission und Weisungsungebundenheit ihrer Mitglieder gewährleistet, dass die Arbeitgeberseite nicht einseitig ihre Interessen durchsetzen kann (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 22, NZA 2011, 634). Kirchliche Arbeitsvertragsrichtlinien entstehen anders als Tarifverträge auf dem sog. Dritten Weg. Für die Caritas beschließt die auf Kirchenverfassungsrecht gegründete Arbeitsrechtliche Kommission Arbeitsvertragsrichtlinien als eigene Regelungswerke. Die Arbeitsrechtliche Kommission ist von der Kirchenleitung unabhängig und paritätisch mit gewählten Repräsentanten der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber besetzt. Die Beschlüsse bedürfen der Mehrheit von drei Viertel der Mitglieder der Arbeitsrechtlichen Kommission. Die Kommissionsmitglieder unterliegen keinen Weisungen und haben eine gleichermaßen unabhängige Stellung wie die Angehörigen der Mitarbeitvertretungen der Kirchen. Das Mittel des Arbeitskampfes steht keiner Seite zur Verfügung. Diese Unterschiede gegenüber der Entstehung von Tarifverträgen rechtfertigen es aber nicht, kirchliche Arbeitsvertragsrichtlinien einer grundsätzlich anderen Inhaltskontrolle zu unterziehen, als sie bei Tarifverträgen vorzunehmen wäre (BAG 17. November 2005 - 6 AZR 160/05 - Rn. 23 f., NZA 2006, 872). Auf dem Dritten Weg ordnungsgemäß zustande gekommene Arbeitsvertragsregelungen sind vielmehr wie Tarifverträge nur daraufhin zu überprüfen, ob sie gegen die Verfassung, gegen anderes höherrangiges zwingendes Recht oder die guten Sitten verstoßen (BAG 22. Juli 2010 - 6 AZR 847/07 - Rn. 31 f., NZA 2011, 634). Danach sind die in § 18 Abs. 1 und 3 AVR zur Beendigung des Dienstverhältnisses wegen verminderter Erwerbsfähigkeit enthaltenen Regelungen nicht zu beanstanden. Sie entsprechen inhaltlich den Tarifregelungen in § 59 Abs. 1 und 3 BAT, die nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 15. März 2006 - 7 AZR 332/05 - AP BAT § 59 Nr. 14) wirksam sind.

II. Aufgrund der in § 18 AVR geregelten auflösenden Bedingung hat das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des 21. März 2011 sein Ende gefunden.

1. Wird durch den Bescheid eines Rentenversicherungsträgers festgestellt, dass der Mitarbeiter erwerbsgemindert ist, so endet nach § 18 Abs. 1 Satz 1 AVR das Dienstverhältnis mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid zugestellt wird, sofern der Mitarbeiter eine außerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung bestehende Versorgung durch den Dienstgeber oder durch eine Versorgungseinrichtung erhält, zu der der Dienstgeber Mittel beigesteuert hat. Liegt bei einem Mitarbeiter, der schwerbehindert im Sinne des Neunten Sozialgesetzbuches (SGB IX) ist, in dem Zeitpunkt, in dem nach § 18 Abs. 1 das Dienstverhältnis wegen verminderter Erwerbstätigkeit endet, die nach § 92 SGB IX erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes noch nicht vor, endet das Dienstverhältnis gemäß § 18 Abs. 5 AVR mit Ablauf des Tages der Zustellung des Zustimmungsbescheides des Integrationsamtes.

Diese Voraussetzungen waren beim Kläger am 25. Februar 2011 erfüllt. Dem Kläger wurde der Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 16. Juni 2010 über die Gewährung einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung am 19. Juni 2010 zugestellt. Der Kläger erhält Versorgungsleistungen der Zusatzversorgungskasse nach Anlage 8 AVR. Die nach § 92 SGB IX erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen teilweiser Erwerbsminderung wurde mit Bescheid vom 21. Februar 2011 erteilt. Der Zustimmungsbescheid wurde dem Kläger am 25. Februar 2011 zugestellt.

2. Der Kläger hat innerhalb der in § 18 Abs. 3 AVR festgelegten Frist von zwei Wochen nach der am 19. Juni 2010 erfolgten Zustellung des Rentenbescheids vom 16. Juni 2010 unstreitig keinen schriftlichen Weiterbeschäftigungsantrag gestellt. Soweit der Kläger erstmals im September 2010 seine Weiterbeschäftigung schriftlich beantragt hat, sind diese Anträge verspätet erfolgt.

a) Entgegen der Ansicht des Klägers ergibt sich nichts anderes daraus, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund seiner Schwerbehinderung wegen der nach § 92 SGB IX erforderlichen Zustimmung des Integrationsamtes nach § 18 Abs. 5 AVR erst mit Ablauf des Tages der Zustellung des Zustimmungsbescheides des Integrationsamtes geendet hat. Die in § 18 Abs. 3 AVR festgelegte Frist für den Weiterbeschäftigungsantrag knüpft nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung an die Zustellung des Rentenbescheides an. In systematischer Hinsicht ist in § 18 Abs. 5 AVR die Fallgestaltung, dass bei einem schwerbehinderten Mitarbeiter im Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses nach den Absätzen 1 und 2 die erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes noch nicht vorliegt, dergestalt geregelt, dass das Dienstverhältnis erst mit Ablauf des Tages der Zustellung des Zustimmungsbescheides des Integrationsamtes endet, während es für den Weiterbeschäftigungsantrag bei der in Absatz 3 geregelten Frist verbleibt. Nach dem Sinn und Zweck des Weiterbeschäftigungsantrags soll bei teilweiser Erwerbsminderung alsbald Klarheit darüber geschaffen werden, ob das Arbeitsverhältnis fortbesteht oder ob der Arbeitnehmer wegen der Erwerbsminderung und des Rentenbezugs an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht interessiert ist (BAG 15. März 2006 - 7 AZR 332/05 - Rn. 30, AP BAT § 59 Nr. 14). Dieses Klärungsbedürfnis besteht auch und gerade bei einem schwerbehinderten Arbeitnehmer im Hinblick auf die ggf. erforderliche Einholung der Zustimmung des Integrationsamtes. Dementsprechend ist das Bundesarbeitsgericht in dem von ihm entschiedenen Fall (BAG 15. März 2006 - 7 AZR 332/05 - Rn. 30, AP BAT § 59 Nr. 14) ohne weiteres davon ausgegangen, dass bei der betreffenden Klägerin, die auf ihren Antrag mit schwerbehinderten Menschen gleichgestellt war, die Frist für den Weiterbeschäftigungsantrag zwei Wochen nach Zustellung des Rentenbescheids abgelaufen ist und nicht etwa auf die spätere Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des Tages der Zustellung des Zustimmungsbescheids des Integrationsamtes abzustellen ist.

b) Soweit sich die Beklagte auf das Fehlen eines nach § 18 Abs. 3 AVR form- und fristgerechten Weiterbeschäftigungsantrags des Klägers berufen hat, verstößt dies nicht gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB). Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers aus dem Arbeitsverhältnis umfasst nicht die Verpflichtung, den Arbeitnehmer über die in § 18 Abs. 3 AVR vorgeschriebene Form und Frist zu belehren (vgl. BAG 15. März 2006 - 7 AZR 332/05 - Rn. 34, AP BAT § 59 Nr. 14). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass der Kläger für ein sog. betriebliches Eingliederungsmanagement vorgesehen war. Gemäß der vorgenannten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts obliegt es dem Arbeitnehmer, sich über die rechtlichen Folgen seines Rentenantrags zu informieren.

c) Unabhängig davon, dass der Kläger nicht fristgerecht einen schriftlichen Weiterbeschäftigungsantrag gestellt hat, sind im Streitfall auch die übrigen Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 AVR nicht erfüllt. Danach endet das Arbeitsverhältnis bei einem nur teilweise erwerbsgeminderten Mitarbeiter nur dann nicht, wenn dieser nach seinem vom Rentenversicherungsträger festgestellten Leistungsvermögen an seinem bisherigen oder einem anderen geeigneten und freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden könnte. Im Streitfall ist davon auszugehen, dass eine solche Weiterbeschäftigung des Klägers bereits im Zeitpunkt der Zustellung des Rentenbescheids vom 16. Juni 2010 dauerhaft nicht mehr möglich war. Der Kläger hat nämlich zur Begründung seines Widerspruchs gegen den Rentenbescheid vom 16. Juni 2010 mit Schreiben vom 23. August 2010 selbst vorgetragen, dass er aufgrund von Art und Ausmaß der angegebenen Krankheitsbefunde nicht mehr in der Lage sei, Arbeiten von wirtschaftlichem Wert auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auszuüben, und deshalb eine volle Erwerbsminderung vorliege. Da aufgrund des Krankheitsbildes eine Besserung nicht mehr eintreten werde, sei von einem aufgehobenen Leistungsvermögen auf Dauer auszugehen. Daraufhin ist dem Kläger inzwischen mit Rentenbescheid vom 13. Dezember 2011 rückwirkend zum 1. März 2010 eine (unbefristete) Rente wegen voller Erwerbsminderung (bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze) gewährt worden. Damit ist sozialrechtlich festgestellt, dass beim Kläger bereits seit dem 1. März 2010 eine volle Erwerbsminderung vorlag. Diese sozialrechtliche Feststellung entspricht der vom Kläger selbst im Widerspruchsverfahren vertretenen Ansicht und ist auch im vorliegenden Verfahren nicht mehr in Zweifel gezogen worden. Vielmehr hat der Kläger im Hinblick auf den ihm im Dezember 2011 zugestellten Rentenbescheid vom 13. Dezember 2011 sein Feststellungsbegehren auf die Zeit bis zum 31. Dezember 2011 beschränkt und im Übrigen den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Aufgrund der sozialrechtlich festgestellten vollen Erwerbsminderung des Klägers seit dem 1. März 2010 ist im Streitfall davon auszugehen, dass aufgrund des nicht mehr vorhandenen Leistungsvermögens des Klägers keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit mehr bestand, die einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses entgegenstehen könnte.

3. Der Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht auch nicht entgegen, dass dem Kläger nach der Bewilligung der unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung zunächst eine lediglich befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung mit Rentenbescheid vom 22. März 2011 bewilligt worden war.

Allein die Zustellung eines Bescheids über eine befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung beseitigt einen vorherigen Bescheid über eine unbefristete Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht. Vielmehr erhält der Versicherte, wenn für denselben Zeitraum Ansprüche auf mehrere Renten aus eigener Versicherung bestehen, nach § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB VI nur die höchste Rente. Darauf wurde in dem Rentenbescheid vom 22. März 2011 ausdrücklich hingewiesen und mitgeteilt, dass die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung deshalb nicht zu zahlen sei. Die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Satz 1 AVR für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses lagen daher trotz der durch Bescheid vom 22. März 2011 erfolgten Bewilligung der befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung weiterhin vor. Auch beim Zusammentreffen einer unbefristeten Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und einer befristeten Rente wegen voller Erwerbsminderung tritt nicht das Ruhen des Arbeitsverhältnisses nach § 18 Abs. 4 AVR, sondern dessen Beendigung gemäß § 18 Abs. 1 AVR ein, wenn - wie hier - die Voraussetzungen des § 18 Abs. 3 AVR nicht erfüllt sind (vgl. BAG 15. März 2006 - 7 AZR 332/05 - Rn. 26 ff., AP BAT § 59 Nr. 14).

4. Das Arbeitsverhältnis der Parteien hat allerdings aufgrund der auflösenden Bedingung nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG erst mit Ablauf des 21. März 2011 geendet.

Das Arbeitsverhältnis endet nach § 18 Abs. 1 i.V.m. Abs. 5 AVR mit Ablauf des Tages der Zustellung des Zustimmungsbescheids des Integrationsamts. Nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG endet das Arbeitsverhältnis im Falle einer auflösenden Bedingung jedoch frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt des Eintritts der auflösenden Bedingung.

Mit Schreiben vom 4. März 2011 hat die Beklagte den Kläger darüber unterrichtet, dass ihr der Bescheid des Integrationsamtes vom 21. Februar 2011 über die Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 28. Februar 2011 mitgeteilt worden sei, so dass sein Arbeitsverhältnis am 28. Februar 2011 geendet habe. Danach hat das Arbeitsverhältnis der Parteien zwei Wochen nach Zugang dieses Schreibens der Beklagten beim Kläger geendet. Im Hinblick darauf, dass das Schreiben der Beklagten vom 4. März 2011 am gleichen Tag abgesandt worden ist und der Kläger dieses Schreiben unstreitig auch erhalten hat, ist entsprechend § 270 Satz 2 ZPO davon auszugehen, dass das Schreiben dem Kläger zwei Werktage später am 7. März 2011 zugegangen ist (vgl. hierzu BAG 15. März 2006 - 7 AZR 332/05 - Rn. 37, AP BAT § 59 Nr. 14). Die 2-Wochen-Frist des § 15 Abs. 2 TzBfG lief daher am 21. März 2011 ab. Entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts begann die Frist nicht bereits zuvor mit Zustellung des Bescheids des Integrationsamtes an den Kläger am 25. Februar 2011 zu laufen, weil § 15 Abs. 2 TzBfG eine schriftliche Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber vorschreibt und hierfür eine Mitteilung durch einen Dritten nicht ausreicht (Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht/Müller-Glöge 12. Aufl. § 15 TzBfG Rn. 2).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Der nur geringfügig geänderte Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses wirkt sich entsprechend § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO kostenrechtlich nicht aus.

Eine Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

Referenznummer:

R/R3896


Informationsstand: 18.05.2012