A. Die Berufung ist zulässig.
Sie ist statthaft, § 64
Abs. 1, 2 c
ArbGG, und auch in der gesetzlichen Form und Frist eingelegt und begründet worden, §§ 66
Abs. 1, 64
Abs. 6 Satz 1
ArbGG, 519, 520
ZPO.
B. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Das Ersturteil ist rechtzeitig unterschrieben zur Geschäftsstelle gelangt. § 33
Abs. 2 Satz 1
iVm Satz 2 TVöD verstößt nicht gegen höherrangiges Recht. Die Voraussetzungen des § 33
Abs. 2 Satz 1 und 2 TVöD liegen vor, so dass das Arbeitsverhältnis durch auflösende Bedingung beendet wurde. Dies hat das Erstgericht zutreffend erkannt.
I. Das Ersturteil war nicht als so genanntes "Nicht-Urteil" zu behandeln. Dies wäre nur dann der Fall gewesen, wenn das Ersturteil nicht innerhalb von fünf Monaten nach Verkündung mit vollständigem Tatbestand und Entscheidungsgründen schriftlich niedergelegt, vom Vorsitzenden unterschrieben und der Geschäftsstelle zum Zwecke der Zustellung übergeben worden wäre (
BAG vom 13.09.1995, 2 AZR 855/94; GmS-OGB vom 27.04.1993 - 1/92). Im vorliegenden Fall ist das vollständige Urteil jedoch ausweislich des Vermerks der Geschäftsstelle auf dem Deckblatt des Urteils der Geschäftsstelle am 07.02.2012 übergeben worden (Bl. 87 d.A.) und an diesem Tag mit Empfangsbekenntnis an Klägerin- und Beklagtenvertreter übermittelt worden. Damit ist die am 07.02.2012 ablaufende Fünf-Monats-Frist eingehalten.
II. Der Antrag der Klägerin auf Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der auflösenden Bedingung im Arbeitsvertrag
i.V.m. § 33
Abs. 2 TVöD nicht beendet wurde, ist als Bedingungskontrollantrag im Sinne von §§ 21, 17 Satz 1
TzBfG zulässig. Zwischen den Parteien besteht kein Streit über andere Beendigungstatbestände als die von dem Beklagten geltend gemachte auflösende Bedingung nach § 33
Abs. 2 TVöD. Streitgegenstand dieses Antrags ist sowohl, ob die auflösende Bedingung wirksam vereinbart wurde, als auch, ob die auflösende Bedingung eingetreten ist (
BAG vom 27.07.2011 -
7 AZR 402/10 -
Rdnr. 23 zitiert nach juris,
m.w.N.).
III. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund Eintritts der arbeitsvertraglich in Bezug genommenen auflösenden Bedingung des § 33
Abs. 2 Satz 1
iVm Satz 2 TVöD.
1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien sind aufgrund der arbeitsvertraglichen Verweisung in § 2 des Arbeitsvertrages die den
BAT-VKA ersetzenden Vorschriften des TVöD anzuwenden, also auch § 33 TVöD.
2. Mit der am 09.05.2011 beim Arbeitsgericht Würzburg - Kammer Schweinfurt - eingegangenen Klage hat die Klägerin die dreiwöchige Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1
TzBfG gewahrt. Die Drei-Wochen-Frist begann mit Zugang der Beendigungsmitteilung vom 12.04.2011 am 18.04.2011 (
BAG vom 27.07.2011 - 7 AZR 402/10 -
Rdnr. 27 zitiert nach juris,
m.w.N.) und endete am 09.05.2011 (§ 187
Abs. 1, § 188
Abs. 2 alt. 1
BGB).
3. § 33
Abs. 2 Satz 1
iVm Satz 2 TVöD ist jedenfalls insoweit wirksam, als er das Ende des Arbeitsverhältnisses anordnet, wenn ein Rentenbescheid zugestellt wird, wonach die/der Beschäftigte voll und auf Dauer erwerbsgemindert ist. Auf die Frage, ob dies auch bei teilweiser Erwerbsminderung gilt, kommt es vorliegend nicht an, da die Klägerin unstreitig voll erwerbsgemindert ist (
vgl. zur unbefristeten teilweisen Erwerbsminderung:
LAG Baden-Württemberg vom 16.07.2012 - 10 Sa 8/12).
a. Die in § 33
Abs. 2 Satz TVöD geregelte auflösende Bedingung für den Fall der Zustellung eines Rentenbescheids, wonach die/der Beschäftigte voll erwerbsgemindert ist, ist sachlich gerechtfertigt im Sinne der §§ 21, 14
Abs. 1
TzBfG.
Der Sachgrund des Bezugs einer Rente wegen voller Erwerbsminderung ist zwar als Beendigungsgrund in dem Sachgrundkatalog des § 14
Abs. 1 Satz 2
TzBfG nicht genannt. Die Aufzählung ist jedoch nur beispielhaft und soll weder andere von der Rechtsprechung bisher anerkannte noch weitere Gründe für Befristungen und auflösende Bedingungen ausschließen, wenn sie den in § 14
Abs. 1
TzBfG zum Ausdruck kommenden Wertungsmaßstäben entsprechen und den in dem Sachgrundkatalog des § 14
Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1-8
TzBfG genannten Sachgründen von ihrem Gewicht her gleichwertig sind (ständige Rechtsprechung,
vgl. BAG vom 02.06.2010 - 7 AZR 136/09; vom 09.12.2009 - 7 AZR 399/08; vom 15.03.2006 -
7 AZR 332/05).
Das ist hier der Fall. Wie das
BAG für die insoweit inhaltsgleiche Vorgängerregelung des § 59
Abs. 1
i.V.m. Abs. 3
BAT bereits entschieden hat (
BAG vom 15.03.2006 - 7 AZR 332/05), dient die Tarifregelung einerseits dem Schutz des Arbeitnehmers, der aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage ist, seine bisherige Tätigkeit zu verrichten und bei dem bei einer Fortsetzung der Tätigkeit die Gefahr einer weiteren Verschlimmerung seines Gesundheitszustandes besteht. Auf der anderen Seite trägt die Tarifvorschrift aber auch dem berechtigten Interesse des Arbeitgebers Rechnung, sich von einem Arbeitnehmer trennen zu können, der gesundheitsbedingt nicht mehr in der Lage ist, seine nach dem Arbeitsvertrag geschuldete Leistung zu erbringen.
Die verminderte Erwerbsfähigkeit für sich genommen stellt allerdings noch keinen ausreichenden Sachgrund für eine auflösende Bedingung dar. Erst die Einbindung der Interessen des Arbeitnehmers durch die Anknüpfung an die rentenrechtliche Versorgung rechtfertigen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung (
BAG vom 15.03.2006, a.a.O.). Dem ist dadurch Rechnung getragen, dass § 33
Abs. 2 Satz 5 TVöD bestimmt, dass das Arbeitsverhältnis nicht endet, wenn nach dem Bescheid des Rentenversicherungsträgers eine Rente auf Zeit gewährt wird. Denn in diesem Fall ist mit einer zumindest teilweisen Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit des Beschäftigten zu rechnen. Im Gegensatz dazu wird eine unbefristete Rente nach § 102
Abs. 2 Satz 4
SGB VI nur gewährt, wenn unwahrscheinlich ist, dass die Minderung der Erwerbsfähigkeit behoben werden kann. Da dies vom Rentenversicherungsträger geprüft wird, stellt die Gewährung einer dauerhaften Rente wegen Erwerbsminderung einen hinreichenden Anknüpfungspunkt für die dauerhafte Absicherung des Beschäftigten durch eine rentenrechtliche Versorgung dar.
Jedenfalls für den Fall der Gewährung einer vollen Erwerbsminderungsrente auf Dauer liegt auch ein Sachgrund vor, der von seinem Gewicht her den in § 14
Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1-8
TzBfG genannten Sachgründen gleichwertig ist. Denn nach § 43
Abs. 2 Satz 2
SGB VI ist voll erwerbsgemindert, wer wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Nach der Prognose des Rentenversicherungsträgers steht daher mit der Gewährung einer dauernden vollen Erwerbsunfähigkeitsrente fest, dass eine Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit auf mindestens drei Stunden täglich unwahrscheinlich ist. Die Situation ähnelt damit derjenigen bei einer feststehenden dauernden Leistungsunfähigkeit. In einem solchen Fall ist nämlich grundsätzlich auch eine ordentliche Kündigung nach
§ 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt (
vgl. zuletzt
BAG vom 10.06.2010 -
2 AZR 1020/08).
Hieran ändert auch nichts, dass die Klägerin aufgrund ihrer langen Zugehörigkeit zum öffentlichen Dienst und ihres Alters nach den tariflichen Regelungen nicht mehr ordentlich kündbar ist. Zwar hatte § 59
Abs. 5
BAT noch vorgesehen, dass nach Wiederherstellung der Berufsfähigkeit der Angestellte, der bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der vom Rentenversicherungsträger festgestellten Erwerbsminderung bereits unkündbar gewesen war, auf Antrag bei seiner früheren Dienststelle wieder eingestellt werden sollte, wenn dort ein für ihn geeigneter Arbeitsplatz frei war. Diese Vorschrift ist in den TVöD jedoch nicht übernommen worden. Eine solche Regelung ist auch nicht geboten. Denn die ordentliche Unkündbarkeit eines langjährig im öffentlichen Dienst Beschäftigten folgt allein aus Tarifrecht. Dieser Schutz kann von den Tarifvertragsparteien in anderen tariflichen Regelungen eingeschränkt werden. Der einzelne Arbeitnehmer hat keinen Anspruch darauf, dass tarifliche Regelungen nicht auch zu seinen Lasten abgeändert werden.
b. § 33
Abs. 2 TVöD ist jedenfalls im Hinblick auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen der Gewährung einer Rente auf Dauer wegen voller Erwerbsminderung auch nicht gemäß § 7
Abs. 2
AGG unwirksam.
Nach
§ 7 Abs. 2 AGG sind Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des § 7
Abs. 1
AGG verstoßen, unwirksam. Darunter fallen auch tarifliche Regelungen. § 33
Abs. 2 TVöD verstößt jedoch nicht gegen das Benachteiligungsverbot nach § 7
Abs. 1
AGG. Eine Benachteiligung wegen einer Behinderung liegt nicht vor.
aa. Eine unmittelbare Benachteiligung im Sinne von
§ 3 Abs. 1 AGG liegt nicht vor, da ein Beschäftigter nicht eine weniger günstige Behandlung wegen eines in
§ 1 AGG genannten Grundes erfährt. § 33
Abs. 2 TVöD knüpft nicht an das Merkmal der Behinderung an. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wird allein an die Gewährung einer Rente wegen - im Falle der Klägerin - voller Erwerbsminderung auf Dauer geknüpft. Demgegenüber führt allein das Vorliegen einer Schwerbehinderung sowie einer Behinderung, die eine Grad der Behinderung von 50 nicht erreicht, nicht zu einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses.
bb. Auch eine mittelbare Benachteiligung im Sinne von § 3
Abs. 2
AGG ist nicht gegeben. Nach § 3
Abs. 2
AGG liegt eine mittelbare Diskriminierung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1
AGG genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.
(1) Vorliegend hat die Klägerin zwar nicht näher dargelegt, dass § 33
Abs. 2 TVöD im Wesentlichen oder ganz überwiegend Menschen mit Behinderung betrifft. Es kann aber zu ihren Gunsten ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Personen, die eine Rente wegen Erwerbsminderung erhalten, zumindest überwiegend auch eine Behinderung im Sinne des § 1
AGG haben (
LAG Berlin-Brandenburg vom 26.10.2011 - 4 Sa 1720/11).
(2) Eine mittelbare Benachteiligung ist jedoch bereits tatbestandlich nicht gegeben, wenn die betreffende Vorschrift durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt ist und die Mittel zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich sind. Rechtmäßiges Ziel im Sinne von § 3
Abs. 2
AGG ist jedes legitime Ziel, das von einem berechtigten Interesse getragen wird (
vgl. BAG vom 22.06.2011 - 8 AZR 48/10,
Rdnr. 38, zitiert nach juris;
LAG Berlin-Brandenburg, a.a.O.,
m.w.N.). Nach § 43
Abs. 2 Satz 2
SGB VI ist Voraussetzung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, dass der Arbeitnehmer wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. § 33
Abs. 2 TVöD berücksichtigt im Hinblick auf die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung dementsprechend, dass der Beschäftigte zum einen seine Arbeitsleistung nicht oder zumindest zu großen Teilen nicht mehr erbringen kann und trägt damit dem Interesse des Arbeitgebers, keine sinnentleerten Arbeitsverhältnisse aufrechtzuerhalten, Rechnung. Des Weiteren hat § 33
Abs. 2 TVöD auch arbeitsmarktpolitische Bedeutung, weil er die Neubesetzung nunmehr freier Stellen ermöglicht. § 33
Abs. 2 TVöD verfolgt damit ein rechtmäßiges Ziel (ebenso
LAG Berlin-Brandenburg, a.a.O., zum insoweit wortgleichen § 36
Abs. 2 TV-
BA).
§ 33
Abs. 2 TVöD ist zur Erreichung des Ziels geeignet, erforderlich und angemessen. Geeignet ist die Differenzierung bereits dann, wenn durch sie das angestrebte Ziel erreicht werden kann. Erforderlich ist sie, wenn es bei gleicher Erfolgsgeeignetheit kein milderes Mittel gibt und angemessen ist die Differenzierung, wenn aufgrund einer Zweck-Mittel-Relation die Schwere des Eingriffs im Verhältnis zur Bedeutung des Ziels zurücktritt (
BAG vom 22.06.2011 - 8 AZR 48/10 -
Rdnr. 38, zitiert nach juris;
LAG Berlin-Brandenburg, a.a.O.). Durch § 33
Abs. 2 TVöD kann der dargestellte rechtmäßige Zweck erreicht werden. Ein bei gleicher Erfolggeeignetheit milderes Mittel ist nicht ersichtlich. § 33
Abs. 2 TVöD ist für den Fall der dauerhaften Gewährung einer vollen Erwerbsminderungsrente auch eine angemessene Regelung. Denn diese Vorschrift lässt den Verlust des Arbeitsplatzes nur und erst dann zu, wenn der Arbeitnehmer durch die Gewährung einer Rente materiell abgesichert ist. Gleichzeitig berücksichtigt diese Vorschrift, dass das Arbeitsverhältnis im Falle der Gewährung einer vollen Erwerbsminderungsrente regelmäßig nicht mehr vollzogen wird, weil der Arbeitnehmer wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Wenn der Arbeitnehmer insoweit ohnehin aus dem Arbeitsverhältnis nicht seinen Lebensunterhalt bestreiten kann und demgegenüber die Rente die materielle Absicherung gewährleistet, tritt die Schwere des Eingriffs im Verhältnis zur Bedeutung des Ziels zurück (
vgl. LAG Berlin-Brandenburg, a.a.O.).
c. Ein Verstoß des § 33
Abs. 2 TVöD für den Fall der Gewährung einer dauernden Rente wegen voller Erwerbsunfähigkeit gegen andere höherrangige Regelungen ist nicht ersichtlich. Auch mit den von der Klägerin genannten Vorschriften des
Art. 3
GG sowie den europarechtlichen Vorschriften ist mit Ausnahme einer Benachteiligung wegen Behinderung, nicht erkennbar, worin ein Verstoß gegen diese Vorschriften liegen soll. Ebenso ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass das
AGG die europarechtlichen Vorgaben für die Frage der Unwirksamkeit von Vorschriften im Falle einer Benachteiligung wegen Behinderung nicht ausreichend in innerdeutsches Rechts umgesetzt hätte oder dass
Art. 3GG, insbesondere dessen Abs 3, darüber hinausgehende Anforderungen stellen würde. Es kann insoweit auf die obigen Ausführungen zur Vereinbarkeit von § 33
Abs. 2 TVöD mit dem
AGG verwiesen werden.
3. Die Voraussetzungen des § 33
Abs. 2 Satz 1 TVöD liegen vor.
a. Der Klägerin ist auf ihren Antrag vom 15.11.2010 ein Rentenbescheid zugestellt worden, wonach sie auf Dauer voll erwerbsgemindert ist. Hiervon hat der Beklagte spätestens am 22.03.2011 Kenntnis erlangt. Denn unter diesem Datum übersandte der Beklagte der Klägerin unter Hinweis auf die Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum gesetzlichen Renteneintrittsalter ein Angebot auf Abschluss eines Auflösungsvertrages (Bl. 18 d.A.). Dauerhaft steht eine Erwerbsminderungsrente zu, wenn sie dem Arbeitnehmer so lange zugesprochen wird, bis dieser das gesetzlich festgelegte Alter für den Bezug einer Regelaltersgrenze vollendet hat. Dies ergibt sich bereits aus § 43
Abs. 2
SGB VI, wonach Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben.
b. Der Rentenbescheid vom 08.03.2011 ist formell bestandkräftig geworden. Die Widerspruchsfrist ist verstrichen. Das Arbeitsverhältnis besteht daher weder fort noch lebt es nach einer Aufhebung oder Abänderung des Rentenbescheids wieder auf. Weder der Wortlaut noch der systematische Zusammenhang der Tarifnorm noch die verfassungsrechtlich gebotene Beachtung des Arbeitnehmerschutzes rechtfertigen eine weitere Einschränkung im Anwendungsbereich der Vorschrift. Sowohl die Berücksichtigung der Interessen des Arbeitgebers als auch die Rechtssicherheit erfordern vielmehr, dass der Eintritt der Rechtsfolgen des § 33
Abs. 2 Satz 1 TVöD nur bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft des Rentenbescheids und gegebenenfalls bis zum Ablauf einer kurzen Mitteilungsfrist ungeklärt bleiben darf (
BAG vom 23.06.2004 -
7 AZR 440/03 -
Rdnr. 33, zitiert nach juris,
m.w.N., zu § 59
BAT).
Die Tarifvorschrift dient nicht nur dem Schutz des Arbeitnehmers; sie will auch dem rechtlichen Interesse des Arbeitgebers Rechnung tragen, sich von einem Arbeitnehmer zu trennen, der dauerhaft gesundheitsbedingt nicht in der Lage ist, seine vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. Der Arbeitgeber muss daher im Fall der dauerhaften Rentengewährung die Möglichkeit haben, entsprechende Personaldispositionen,
z.B. durch Neueinstellungen, vorzunehmen. Es kann von ihm deshalb nur verlangt werden, dass er in der Zeit bis zum Ablauf der einmonatigen Widerspruchsfrist und gegebenenfalls einer zusätzlichen Frist von wenigen Tagen für die Mitteilung über die Änderung des Rentenantrags keine Disposition über den möglicherweise frei gewordenen Arbeitsplatz trifft. Danach darf der Arbeitgeber auf die Bestandskraft des Bescheids vertrauen (
BAG vom 23.06.2004, a.a.O.).
Der Prüfungsvorbehalt im Rentenbescheid ändert hieran nichts. Er ist lediglich ein Hinweis auf die ohnehin geltende Regelung des § 48
SGB X. Danach ist der Rentenbescheid mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass vorgelegen haben, eine Änderung eingetreten ist. Ein Widerrufsvorbehalt ist im Sinne von § 47
Abs. 1
Nr. 1
SGB X ist hierin nicht zu sehen.
4. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bedurfte nicht der Zustimmung des Integrationsamtes nach § 92
SGB IX. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die Schwerbehinderung zum Zeitpunkt des Eintritts der auflösenden Bedingung (hier Zustellung des Rentenbescheids im März 2011) oder der Unterrichtung durch den Arbeitgeber nach §§ 21, 15
Abs. 2
TzBfG vorliegen musste. § 92
SGB IX kommt nämlich schon deshalb nicht zur Anwendung, da dieser die Zustimmung des Integrationsamtes zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur dann erfordert, wenn die Beendigung im Falle des Eintritts einer teilweisen Erwerbsminderung, einer Erwerbsminderung auf Zeit, der Berufsunfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ohne Kündigung erfolgt. Der Fall der vollen Erwerbsminderung auf Dauer ist hier gerade nicht genannt (
vgl. LAG Sachsen vom 21.06.2006 - 2 Sa 818/05;
LAG Berlin-Brandenburg vom 26.10.2011 - 4 Sa 1720/11).
§ 92
SGB IX ist auch nicht analog auf den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund unbefristeter voller Erwerbsminderung anzuwenden. Es fehlt bereits an einer für eine Analogie erforderlichen planwidrigen Regelungslücke im Gesetz. Dem Gesetzgeber war positiv bekannt, dass das Arbeitsverhältnis auch aufgrund einer unbefristeten vollen Erwerbsminderung enden kann. Dennoch hat er das Erfordernis der Zustimmung des Integrationsamtes allein auf die Fälle der teilweisen Erwerbsminderung, der Erwerbsminderung auf Zeit, der Berufsunfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit auf Zeit beschränkt (
vgl. auch KR-Etzel, 9. Aufl., 2009, § 92
SGB IX Rdnr. 11,
m.w.N.).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 33
Abs. 2 Satz 4 TVöD. Zwar endet nach dieser Vorschrift das Arbeitsverhältnis erst mit Ablauf des Tages der Zustellung des Zustimmungsbescheids des Integrationsamtes. Dies gilt jedoch nur, wenn im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine nach § 92
SGB IX erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes noch nicht vorliegt. Im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der dauernden Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsunfähigkeit ist die Zustimmung des Integrationsamtes nach § 92
SGB IX aber gerade nicht erforderlich. Im Übrigen könnten die Tarifvertragsparteien staatlichen Behörden nicht eine zusätzliche Aufgabe übertragen.
5. Der Beklagte hat mit Schreiben vom 12.04.2011 (Bl. 49 d.A.) nach §§ 15
Abs. 2, 21
TzBfG schriftlich über den Eintritt der auflösenden Bedingung unterrichtet. Nach §§ 21, 15
Abs. 2
TzBfG endet das Arbeitsverhältnis frühestens zwei Wochen nach Zugang dieser schriftlichen Unterrichtung Das Schreiben vom 12.04.2011 ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 18.04.2011 zugegangen. Ob und
ggf. wann die Klägerin selbst ein entsprechendes Schreiben erhalten hat, haben die Parteien nicht thematisiert. Die Klägerin hat die Nichteinhaltung der Zwei-Wochen-Frist jedenfalls nicht gerügt. Folge der Nichteinhaltung der Zwei-Wochen-Frist wäre auch nicht die Unwirksamkeit der auflösenden Bedingung, sondern lediglich eine Verschiebung der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auf den 02.05.2011.
6. Da weitere Gründe, die die auflösende Bedingung selbst als unwirksam erscheinen lassen könnten oder den Eintritt der auflösenden Bedingung verhindert haben könnten, nicht ersichtlich sind, war das Ersturteil aufrechtzuerhalten und die Berufung dementsprechend zurückzuweisen.
C.
I. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen, § 97
ZPO.
II. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung nach § 72
Abs. 2
Nr. 1
ArbGG zuzulassen.