Urteil
Pflichtenkollision bei befristetem Sonderurlaub zur Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses und Möglichkeit der Rückkehr ins Beamtenverhältnis

Gericht:

LAG München 11. Kammer


Aktenzeichen:

11 Sa 941/16


Urteil vom:

10.05.2017


Grundlage:

  • TzBfG § 14 Abs. 1 |
  • BGB § 162 Abs. 2 |
  • GG Art. 12 |
  • SUrlV § 13

Leitsätze:

1. Die auflösende Bedingung, wonach bei Wiederaufleben des ruhenden Beamtenverhältnisses, das Arbeitsverhältnis endet, ist wegen eines sachlichen Grundes, nämlich gesicherte Rückkehrmöglichkeit ins Beamtenverhältnis und Vermeidung einer Pflichtenkollision, gerechtfertigt.

2. Die Aufzählung im Sachgrundkatalog des § 14 Abs. 1 S. 2 TzBfG ist nur beispielhaft und soll weder andere von der Rechtsprechung bisher anerkannte, noch weitere Gründe für Befristungen oder auflösende Bedingungen ausschließen (ebenso BAG BeckRS 2006, 42677).

3. Auch wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses und die anschließende Weiterbeschäftigung im Rahmen des Beamtenverhältnisses im Einzelfall mit einer Verringerung der Vergütung verbunden sein mag, bleibt maßgeblich, dass über das Beamtenverhältnis und das damit verbundene Alimentationsprinzip eine Absicherung besteht.

Rechtsweg:

ArbG München, Endurteil vom 18.10.2016 - 23 Ca 4324/16
BAG Erfurt, Urteil vom 15.05.2019 - 7 AZR 285/17

Quelle:

BAYERN.RECHT

Tenor:

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts München (Az.: 23 Ca 4324/16) vom 18.10.2016 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer auflösenden Bedingung sowie über die Weiterbeschäftigung der Klägerin.

Die Klägerin ist Beamtin auf Lebenszeit bei der E. AG und zu einem Grad von 60 als schwerbehindert anerkannt. Die Klägerin wurde seit dem 06.06.2005 seitens der E. AG auf Grundlage von § 13 der Sonderurlaubsverordnung (SUrlV) jeweils befristet, zuletzt bis zum 31.05.2016, hinsichtlich ihres Beamtenverhältnisses beurlaubt. Für die Beurlaubung von Beamten muss ein dienstliches Interesse vorliegen. Der Beamte verliert durch die ausgesprochene Beurlaubung seinen Anspruch auf Besoldung, nach dem Besoldungsrecht des Bundes hat er dafür aber auch keine Leistungspflicht mehr. Im Übrigen besteht das Beamtenverhältnis unverändert fort. Insbesondere leben mit Beendigung der Beurlaubung auch Ansprüche auf amtsangemessene Besoldung und die Pflicht zur Dienstleistung nach beamtenrechtlichen Grundsätzen wieder auf.

Grundlage der Beurlaubung der Klägerin war die Aufnahme eines Arbeitsverhältnisses zur Beklagten, einer 100%igen Tochtergesellschaft der E. AG.

Gemäß Arbeitsvertrag vom 18.05.2005 gelten für das Arbeitsverhältnis die für den Arbeitgeber geltenden Tarifverträge in der jeweils gültigen Fassung.

In § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum Mantel-Tarifvertrag der Beklagten ist folgende Regelung enthalten:
"Das Arbeitsverhältnis endet, wenn das ruhende Beamten- oder Arbeitsverhältnis bei der E. AG wieder auflebt".

Bei der Beklagten finden umfangreiche Umstrukturierungsmaßnahmen statt, die auch mit einem Personalabbau verbunden sind, wobei ein Interessenausgleich und Sozialplan mit dem Gesamtbetriebsrat unter dem 31.07.2014 abgeschlossen wurde. Die Klägerin wurde als vom Personalabbau vollbetroffen angesehen und zum 01.07.2015 in die Einheit JSP (Job Service und Placement) versetzt, die Beratung und Jobangebote für vom Arbeitsplatzwegfall betroffene Mitarbeiter bietet.

Mit Schreiben vom 22.03.2016 unterrichtete die E. AG die Klägerin darüber, dass sie aufgrund von Umstrukturierungsmaßnahmen bei der Beklagten die zum 31.05.2016 auslaufende Beurlaubung im Beamtenverhältnis nicht verlängern werde. Es wurde auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen der Regelung im Mantel-TV hingewiesen. Um eine "Pflichtenkollision" wegen des wiederauflebenden Beamtenverhältnisses auszuschließen, wurde der Klägerin der Abschluss eines Aufhebungsvertrages mit Einmalzahlung angeboten. Das Schreiben endet mit dem Hinweis:
"Die HR Business Services sind von ihrem Arbeitgeber mit der Erledigung dieser personellen Angelegenheit beauftragt. Daher handeln wir im Namen und im Auftrag ihres Arbeitgebers."

Die Klägerin nahm das Angebot des Auflösungsvertrages nicht an. Sie war zuletzt im Projekt F. eingesetzt, wobei der Einsatz am 07.04.2016 für die Monate April und Mai verlängert wurde. Die Beklagte kündigte der Klägerin vorsorglich außerordentlich und ordentlich.

Im vorliegenden Rechtsstreit begehrt die Klägerin die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch Eintritt der auflösenden Bedingung in § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum Manteltarifvertrag (MTV C.) nicht beendet worden sei. Sie begehrt des Weiteren die Weiterbeschäftigung.

Die Klägerin war erstinstanzlich der Auffassung, dass ihr Arbeitsverhältnis nicht zum 31.12.2015 aufgrund der auflösenden Bedingung des Manteltarifvertrages der Beklagten geendet habe. Die Tätigkeiten im Bereich F. seien weiterhin notwendig. Weitere Stellen seien bei der Beklagten ausgeschrieben. Sie müsse durch die Beendigung des Arbeitsverhältnisses Gehaltseinbußen hinnehmen, die bis zu einer Verrentung sich auf EUR 118.000,00 netto belaufen würden. Dabei habe sie eine Eigentumswohnung abzuzahlen. Des Weiteren liege auch kein sachlicher Grund für die auflösende Bedingung vor. Die auflösende Bedingung in § 4 Abs. 3 Anlage 1 zum MTV C. diene nicht dem überwiegenden Schutzinteresse der Klägerin, sondern ausschließlich den Interessen der Beklagten. Der Bedingungseintritt sei in das freie Belieben der Beklagten gestellt. Dies zeige das Schreiben der E. AG vom 22.03.2016, wonach diese im "Auftrag" der Beklagten gehandelt habe. Eine Pflichtenkollision liege nicht vor. Insoweit verwies die Klägerin auf das Urteil des BAG vom 21.04.2016 (2 AZR 609/15), wonach eine rechtliche Unmöglichkeit und ein Beschäftigungsverbot für die Tätigkeit durch Beendigung der Beurlaubung nicht vorlägen.


Die Klägerin beantragte erstinstanzlich:

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die auflösende Bedingung in § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum Manteltarifvertrag (MTV C.) zum 31.05.2016 beendet worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin über den 31.05.2016 hinaus zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen als Teamassistentin im Aufgabenbereich Industry Line Manufacturing, Sales Consulting, am Standort B-Stadt weiter zu beschäftigen.


Die Beklagte beantragte erstinstanzlich: Klageabweisung.

Die Beklagte war erstinstanzlich der Auffassung, dass der Arbeitsplatz der Klägerin grundsätzlich schon zum 01.10.2014 entfallen sei und die Klägerin nur im Rahmen eines Projekteinsatzes tätig geworden sei, wobei vom Fachbereich mitgeteilt worden sei, dass ein dauerhafter Einsatz nicht möglich sei. Die Beurlaubung als Beamter werde nicht verlängert, wenn eine Vermittlung auf einen neuen Arbeitsplatz im Zeitpunkt der Beendigung der Beurlaubung noch nicht stattgefunden habe, weil dann die Voraussetzungen gemäß § 13 SUrlV nicht mehr gegeben seien. Die auflösende Bedingung sei wirksam gemäß §§ 14, 21 TzBfG, da ein Nebeneinander des Beamtenverhältnisses und des Arbeitsverhältnisses nicht in Betracht komme und die Pflichtenkollision so gelöst werde. Zwischen der E. AG und der Beklagten habe es einen Informationsaustausch wegen der Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten gegeben, damit die E. AG ihren beamtenrechtlichen Fürsorgepflichten nachkommen könne. Die HR-Abteilung der E. AG habe mit dem Schreiben vom 23.03.2016 als Dienstleister für die Beklagte gehandelt.

Das Arbeitsgericht München hat mit dem angefochtenen Endurteil vom 18.10.2016 die Klage abgewiesen. Es hat dies damit begründet, dass gemäß der in § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum Manteltarifvertrag enthaltenen auflösenden Bedingung das Arbeitsverhältnis geendet habe, da das ruhende Dienstverhältnis zur E. AG wieder aufgelebt sei. Die auflösende Bedingung sei an der Bestimmung des § 14 Abs. 1 TzBfG zu messen. Entsprechend müsse ein sachlicher Grund vorliegen zur Rechtfertigung der auflösenden Bedingung. Ein solcher Sachgrund liege vor. Dieser müsse sich nicht aus dem Katalog des § 14 Abs. 1 TzBfG ergeben, da dieser Katalog nicht abschließend sei. Vielmehr sei ausreichend, wenn ein Sachgrund vorliege, der den Wertungsmaßstäben der Befristungskontrolle entspreche. Dies sei vorliegend gegeben. Die Befristung rechtfertige sich aus den Besonderheiten und gesetzlichen Wertungen des PostPersRG a.F. Nach dessen § 4 Abs. 3 handle es sich um ein auf die Bedürfnisse der Nachfolgeunternehmen der G. zugeschnittenes Instrument des Statuswechsels zur Erleichterung eines flexiblen Personaleinsatzes und zur Erhöhung der personellen Beweglichkeit. Wegen der nur befristet möglichen Beurlaubung sei auch der Abschluss eines Arbeitsverhältnisses nicht unbefristet möglich. Sonst könne es zu einer Pflichtenkollision kommen, die zwar durch Eigenkündigung oder Entlassungsantrag des Arbeitnehmers bzw. Beamten gelöst werden könne, die aber auch unter Inkaufnahme der jeweiligen Konsequenzen durch Weiterarbeit im Arbeitsverhältnis oder im Beamtenverhältnis auftreten könne. Dies könne zwar keine Kündigung rechtfertigen, aber § 4 Abs. 3 der Anlage 1 MTV löse diesen Konflikt bereits im Vorfeld. Dies diene der Rechtssicherheit des Arbeitgebers, aber auch der Vermeidung einer Gefahr einer Pflichtenverletzung des Arbeitnehmers oder Beamten und entspreche den Wertungen des PostPersRG. Die auflösende Bedingung sei auch nicht unwirksam, weil ihr Eintritt ins Belieben des Arbeitgebers gestellt sei, da das Schicksal des Arbeitsverhältnisses vom Wiederaufleben des Beamtenverhältnisses und damit von einer Entscheidung eines Dritten, der Konzernmutter abhänge. Der Bedingungseintritt sei auch nicht gem. § 162 Abs. 2 BGB unbeachtlich, da Abstimmungsprozesse im Konzern nicht auf eine treuwidrige Einflussnahme der Beklagten schließen ließen. Diese ergebe sich auch nicht aus dem Schreiben vom 22.03.2016, da die dortigen Formulierungen nur auf eine Offenlegung der Vertretungsverhältnisse hindeuten würden. Selbst wenn Umstrukturierungsmaßnahmen ausschlaggebend für die Verlängerung der Beurlaubung gewesen sein sollten, liege kein treuwidriges "Belieben" vor, sondern ein Anknüpfen an die gesetzlichen Wertungen des PostPersRG, das einen flexiblen Personaleinsatz zulasse, der auch in Richtung vom Arbeitsverhältnis zum Beamtenverhältnis zulässig sein müsse.

Gegen dieses, der Klägerin am 16.11.2016 zugegangene, Endurteil richtet sich die Berufung der Klägerin mit Schriftsatz vom 15.12.2016, am 16.12.2016 beim Landesarbeitsgericht München eingegangen.

Die Klägerin ist im Rahmen der Berufung weiter der Auffassung, dass die auflösende Bedingung nicht wirksam das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten beendet habe. Insoweit sei ein hinreichender sachlicher Grund für die auflösende Bedingung, angesichts des Verlustes des Schutzes zwingender Kündigungsschutznormen nicht gegeben, weil die auflösende Bedingung nur den Interessen der Beklagten dienen würde. Das Herbeiführen der Bedingung stehe im Belieben der Beklagten. Hierbei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Klägerin die Beendigung der Beurlaubung nicht beeinflussen könne, andererseits die E. AG und die Beklagte eng zusammenarbeite. Dies belege auch das Schreiben vom 22.03.2016. Die Bedingung habe nur den Zweck die Schutznormen des Kündigungsschutzgesetzes und des Schwerbehindertenrechtes auszuhebeln. Auch die Wertungen des PostPersRG sprächen nicht für die Wirksamkeit, da dabei vom Arbeitsgericht nur die Interessen der Beklagten, nicht aber die der Klägerin berücksichtigt worden seien. § 4 Abs. 3 PostPersRG betreffe nur das Beamtenverhältnis und nicht das Arbeitsrecht. Dort seien die Schutzmechanismen weiter zu berücksichtigen. Der Eintritt der Bedingung stehe durchaus im Belieben der Beklagten, insbesondere wegen der Zusammenarbeit der Beklagten und der E. AG, welche die Beurlaubung wegen des Arbeitsplatzwegfalls nicht verlängert habe. Die Klägerin könne weiter beschäftigt werden, im Projekt F. wie in ausgeschriebenen Stellen. Rechtliche oder tatsächliche Gründe, das Arbeitsverhältnis nicht ausüben zu können, bestünden nicht.


Die Klägerin beantragte zuletzt,

Das Urteil des Arbeitsgerichts München vom 18.10.16, 23 Ca 4324/16, zugestellt am 16.11.16, wird wie folgt geändert:
1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch die auflösende Bedingung in § 4 Abs. 3 der Anlage 1 zum Manteltarifvertrag (MTV C.) zum 31.05.2016 beendet worden ist.

2. Die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin über den 31.05.2016 hinaus zu den bisherigen arbeitsvertraglichen Bedingungen als Teamassistentin im Aufgabenbereich Industry Line Manufacturing, Sales Consulting, am Standort B-Stadt weiter zu beschäftigen.


Die Beklagte beantragte zuletzt,

Zurückweisung der Berufung.

Die Beklagte ist auch im Rahmen der Berufung weiterhin der Auffassung, dass zum einen die Regelung des Manteltarifvertrages wirksam sei, da ein sachlicher Grund für die auflösende Bedingung vorliege, da die auflösende Bedingung, wie auch etwa eine Befristung, gerechtfertigt sei aufgrund des Umstandes, dass die Klägerin mit Ablauf ihrer Beurlaubung aus dem Beamtenverhältnis aus Rechtsgründen und auf Dauer nicht mehr in der Lage sei, die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Dies sei der Sachgrund. Bei der Klägerin liege eine Pflichtenkollision zwischen dem wieder aktivierten öffentlich rechtlichen Beamtenverhältnis und dem privatrechtlichem Arbeitsverhältnis vor, die dazu führe, dass der Klägerin in Zukunft die Erbringung seiner Arbeitsleistung dauerhaft unmöglich sei. Aus Rechtsgründen dürfe die geschuldete Arbeitsleistung von der Klägerin nicht mehr erbracht werden, da das Beamtenverhältnis Vorrang vor dem Arbeitsverhältnis habe. Die beiden Rechtsverhältnisse seien unvereinbar miteinander. Der auflösenden Bedingung stehe auch nicht die neue Rechtsprechung des BAG zur Kündigung entgegen. Insoweit sei ein anderer Maßstab anzulegen, da im vorliegenden Fall lediglich ein geeigneter Befristungsgrund vorliegen müsse. Diesen habe das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 25.05.2005 - 7 AZR 402/04 - bejaht. Die Gefahr des Entstehens einer Pflichtenkollision und auch die Möglichkeit der Rückkehr des Klägers in das Beamtenverhältnis seien als hinreichender Sachgrund anerkannt. Die Beklagte und die E. AG würden auch nicht treuwidrig zusammenarbeiten. Die Entscheidung der E. AG sei autonom getroffen worden. Anders als im vom BAG entschiedenen Fall, sei eine Einflussnahmemöglichkeit auf die Entscheidung der E. AG nicht vorgesehen. Dass die E. AG im Hinblick auf den Auflösungsvertrag auf die Klägerin in Vertretung der Beklagten zugekommen sei, liege nur daran, dass diese als Dienstleister für die Beklagte tätig werde. Die E. AG sei aber dann im eigenen Namen mit Schreiben vom 12.04.2016 auf die Klägerin wegen der Beendigung der Beurlaubung zugekommen. Die Beklagte habe lediglich im Zusammenhang mit der Umstrukturierung der E. AG rechtzeitig mitgeteilt, ob und wie lange eine weitere tatsächliche Einsatzmöglichkeit der Klägerin bestehe. Dies sei auch notwendig, damit die E. AG ihrer beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht gegenüber dem Beamten, also auch der Klägerin, nachkommen könne. Eine Pflichtenkollision entstehe wegen der Pflichten im Beamtenverhältnis und insbesondere wegen der laufenden Qualifizierungsmaßnahme, die die Klägerin derzeit bei der E. AG wahrnehme. Da somit die auflösende Bedingung eingetreten sei und auch nach vorliegender Rechtsprechung kein weiterer Anspruch auf Erteilung eines weiteren Sonderurlaubs gegeben sei, habe das Arbeitsverhältnis wirksam geendet.

Im Übrigen wird auf die Schriftsätze vom 15.12.2016, 23.12.2016, 06.02.2017, 12.04.2017 sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet.

I. Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, 519, 520 ZPO). Sie ist daher zulässig.

II. Die Berufung der Klägerin ist jedoch unbegründet. Aufgrund der in § 4 Abs. 3 Anlage 1 zum MTV C. enthaltenen auflösenden Bedingung, dem Wiederaufleben des Beamtenverhältnisses infolge der Beendigung der Sonderurlaubserteilung, hat das Arbeitsverhältnis der Klägerin zur Beklagten wirksam geendet. Insoweit wird zunächst auf die zutreffende Begründung des Urteils des Arbeitsgerichtes Bezug genommen.

1. Die auflösende Bedingung hat auch wirksam zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt.

a) Tarifliche Bestimmungen, die zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Eintritt einer auflösenden Bedingung führen, müssen den Anforderungen der arbeitsrechtlichen Befristungskontrolle genügen. Sie sind dazu nach Möglichkeit gesetzes- und verfassungskonform und damit gegebenenfalls geltungserhaltend auszulegen (vgl. BAG Urteil v. 23.07.2014 - 7 AZR 771/12; Urteil v. 23.02.2000 - 7 AZR 891/98). Deshalb ist auch für eine auflösende Bedingung, wie für den Fall einer Befristung, ein Sachgrund erforderlich. Soweit ein Sachgrund im Sachgrundkatalog des § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG nicht genannt ist, hindert dies nicht die Wirksamkeit des Sachgrundes. Die Aufzählung dort ist nur beispielhaft und soll weder andere von der Rechtsprechung bisher anerkannte, noch weitere Gründe für Befristungen oder auflösende Bedingungen ausschließen (vgl. BAG Urteil v. 15.03.2006 - 7 AZR 332/05). Die auflösende Bedingung, wie Befristung, aufgrund eines Sachgrundes, der nicht im Katalog genannt ist, ist daran zu bemessen, ob die Rechtfertigung für die Befristung den Wertungsmaßstäben der Befristungskontrolle entspricht (vgl. BAG Urteil v. 25.05.2005 - 7 AZR 402/04).

b) Grundsätzlich ist anerkannt, dass die Befristungskontrolle und das Erfordernis eines Sachgrundes insbesondere dazu dienen, zu verhindern, dass zwingende Regelungen des Kündigungsschutzes durch die Vereinbarung von Befristungen umgangen werden. Dabei kommen auflösende Bedingungen häufig dann zum Tragen, wenn es um Gründe in der Person des Arbeitnehmers geht (vgl. z. B. BAG Urt. v. 23.07.2014 - 7 AZR 771/12 zur fehlenden Erwerbsfähigkeit). Die Sachgründe im Befristungsrecht gehen aber - das zeigt der Katalog des § 14 Abs. 1 TzBfG - darüber hinaus. Dies unterscheidet daher auch den vorliegenden Fall von dem in der Entscheidung des BAG vom 21.04.2016 (2 AZR 609/15), in dem es einzig um eine personenbedingte Kündigung ging.

a) In der Rechtsprechung des BAG ist es aber anerkannt, dass ein sachlicher Befristungsgrund insbesondere auch im Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses zum bisherigen Arbeitgeber bei gesicherter Rückkehrmöglichkeit des Arbeitnehmers in dieses Arbeitsverhältnis liegen kann. Dies gilt erst recht, wenn der beim neuen Arbeitgeber befristet Beschäftigte in einem Beamtenverhältnis steht (vgl. BAG Urteil v. 25.05.2005 - 7 AZR 402/04; Urteil v. 06.12.2000 - 7 AZR 641/99; Urteil v. 28.08.1996 - 7 AZR 849/95). Insoweit ist zu berücksichtigen, dass anders als bei Mitarbeitern, denen aufgrund der Befristung eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses droht und die daher gegebenenfalls erhebliche Nachteile dadurch erleiden, dass sie dann nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis stehen, im vorliegenden Fall die Situation nicht gleichgelagert ist und ein entsprechendes Schutzbedürfnis deswegen nicht besteht, weil die Mitarbeiter durch das Fortbestehen des Beamtenverhältnisses hinreichend abgesichert sind. Dass im Einzelfall dies auch mit einer Verringerung der Vergütung verbunden sein mag, ändert jedoch nichts daran, dass über das Beamtenverhältnis und das damit verbundene Alimentationsprinzip die Absicherung jedenfalls besteht.

Des Weiteren ist zwar der Klägerin zuzugeben, dass ein Mitarbeiter nicht aufgrund des Beamtenverhältnisses gehindert ist, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil er entweder auch die Beendigung des Beamtenverhältnisses betreiben könnte oder sogar entgegen dem Beamtenverhältnis und der daraus entstehenden Pflichten das Arbeitsverhältnis weiterhin erfüllen könnte. Eine rechtliche Unmöglichkeit hinsichtlich der Erfüllung der Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis tritt daher durch das Wiederaufleben des Beamtenverhältnisses nicht ein, selbst wenn dieses grundsätzlich Vorrang vor dem Arbeitsverhältnis haben sollte (vgl. BAG Urteil v. 21.04.2016 - 2 AZR 609/15). Des Weiteren ist nach dieser Rechtsprechung auch eine Prognose dahingehend, dass der Arbeitnehmer in jedem Fall das Beamtenverhältnis und dessen Pflichten vorrangig erfüllen wird, nicht gerechtfertigt. Aber nicht außer Acht zu lassen bleibt der Umstand, dass durch die Beendigung des Sonderurlaubs und das Wiederaufleben des Beamtenverhältnisses eine Pflichtenkollision zwischen den zwei Rechtsverhältnissen entsteht. Dies zeigt die o. g. Entscheidung des BAG. Auch das Verhindern einer solchen Pflichtenkollision kann im Interesse des Arbeitgebers wie aber auch der Klägerin einen entsprechenden Sachgrund für eine auflösende Bedingung liefern. Dabei ist zu berücksichtigen, dass sowohl im Interesse des Arbeitgebers das Verhindern einer derartigen Pflichtenkollision liegt, weil er die Erfüllung der Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis wegen der Kollision mit den Pflichten aus dem Beamtenverhältnis nicht von Haus aus erwarten kann, insbesondere dies im Hinblick auf ein langjährigen Beamtenverhältnis sogar eher als unwahrscheinlich erscheint. Darüber hinaus hindert eine solche auflösende Bedingung aber auch überhaupt im Interesse der Klägerin das Entstehen einer Pflichtenkollision. Die Klägerin kommt nicht in den Zwang, sich zwischen den Rechten und Pflichten aus dem Beamtenverhältnis und dem Arbeitsverhältnis entscheiden zu müssen. Damit berücksichtigt die auflösende Bedingung nicht nur Interessen des Arbeitgebers, sondern auch solche der Klägerin. Das Vermeiden einer solchen Pflichtenkollision ist daher durchaus als Sachgrund i.S.d. § 14 Abs. 1 TzBfG anerkennenswert (vgl. auch LAG Niedersachsen Urteil v. 23.06.2016 - 5 Sa 1072/15).

c) Dem Sachgrund steht auch nicht die Tatsache entgegen, dass, wie von Seiten des Klägers behauptet, die Beklagte auf die Entscheidung der E. AG hinsichtlich der Verweigerung eines weiteren Sonderurlaubs Einfluss nehmen könnte oder die Herbeiführung der Bedingung im Belieben der Beklagten stünde. Anders als in dem von Seiten des Klägers erwähnten Fall, den das Bundesarbeitsgericht mit dem Urteil vom 04.12.1991 entschieden hat (7 AZR 344/90), hat die Beklagte keine grundsätzliche Einflußnahmemöglichkeit auf die Entscheidung der E. AG. Dies kann auch nicht etwa aus den Unterlagen, auf die die Klägerin verwiesen hat, (Schreiben der E. AG vom 22.03.2016) geschlossen werden. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass die E. AG und die dortige Einheit HR Business Services als konzernweite Personalabteilung auch für die Beklagte tätig geworden ist und insofern auch im Auftrag der Beklagten bestimmte Angebote unterbreiten durfte bzw. Forderungen stellen konnte. Zu Recht hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Beklagte schon im Interesse der Klägerin die E. AG als Dienstherren des Beamtenverhältnisses darüber informieren musste, dass die Beschäftigungsmöglichkeit nach Auffassung der Beklagten für die Klägerin wegfallen würde, weil die E. AG insoweit aufgrund der beamtenrechtlichen Fürsorgepflicht gehalten war, dann keine weitere Sonderbeurlaubung auszusprechen, sondern die Klägerin im Rahmen des Beamtenverhältnisses weiter zu beschäftigen (vgl. insoweit auch VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 16.03.2016 - 4 S 2679/15).

Selbst wenn die Mitteilung über den fehlenden Arbeitsplatz faktisch die Nichtverlängerung der Beurlaubung ausgelöst hat, so entscheidet die E. AG doch autonom über die Verlängerung. Soweit also ein Sachgrund für die Bedingung vorgelegen hat, ist es ausreichend, dem mutwillig und treuwidrig herbeigeführten Bedingungseintritt über den Rechtsgedanken des § 162 Abs. 2 BGB zu begegnen. Damit können auch im Hinblick auf Art. 12 GG etwaig bestehende Bedenken gegen die Wirksamkeit der auflösenden Bedingung unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung der Umgehung des Kündigungsschutzes hinreichend berücksichtigt werden. So wie im Einzelfall bei der Befristung trotz Sachgrundes die einzelne Befristung sittenwidrig sein kann, kann auch trotz des Sachgrundes der unbestreitbar bestehenden Pflichtenkollision und Möglichkeit der Rückkehr ins Beamtenverhältnis, die Herbeiführung der Bedingung unbeachtlich sein. Damit besteht aber ein ausreichendes Korrektiv, um Entscheidungen nach dem "Belieben" des Arbeitgebers zu vermeiden. Angesichts der bestehenden Umstrukturierungssituation und des Wegfalls des ursprünglichen Arbeitsplatzes der Klägerin sowie auch der mit dem Gesamtbetriebsrat getroffenen Regelungen bestehen aber keine Anhaltspunkte für ein willkürliches oder treuwidriges Vorgehen der Beklagten, also dass nach Anlass, Zweck oder Beweggrund die Mitteilung an die E. AG treuwidrig wäre. Denn etwaige Beschäftigungsmöglichkeiten bleiben somit Mitarbeitern vorbehalten, die anders als die Klägerin einen Bestandsschutz durch die Rückkehrmöglichkeit ins Beamtenverhältnis nicht haben. Gleiches gilt insbesondere auch wegen der zutreffenderweise bereits vom Arbeitsgericht angesprochenen Wertungen des PostPersRG. Dessen Sinn ist der flexible Einsatz der Beamten. Diese Flexibilität muss aber auch im Falle der Rückkehr in das Beamtenverhältnis bestehen, selbst wenn das PostPersRG grundsätzlich nur das Beamtenverhältnis betrifft.

Da somit die auflösende Bedingung durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist und die auflösende Bedingung unstreitig eingetreten ist, hat dies zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses geführt. Ein Weiterbeschäftigungsanspruch besteht daher nicht. Somit war daher die Berufung zurückzuweisen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO.

3. Gem. § 72 Abs. 2 Nr. 2 ArbGG wurde die Revision zugelassen. Insoweit wird auf die nachfolgende Rechtsmittelbelehrung verwiesen.

Referenznummer:

R/R8477


Informationsstand: 28.09.2020