Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund festgestellter dauerhafter Flugdienstuntauglichkeit der Klägerin mit Eintritt einer auflösenden Bedingung am 30. September 2019 geendet hat und über Vergütungsansprüche der Klägerin aus Annahmeverzug.
Die Beklagte ist eine Fluggesellschaft. Bei ihr ist aufgrund Tarifvertrags eine Personalvertretung für die im Flugbetrieb beschäftigten Arbeitnehmer gemäß
§ 117 Abs. 2 BetrVG gebildet. Die am XX.XX.1977 geborene Klägerin war bei ihr auf der Grundlage des Arbeitsvertrags vom 17. April 2001 (Anl. K1, Anlagenband) seit dem 20. März 1999 als Flugbegleiterin beschäftigt. Sie ist mit einem Grad der Behinderung von 30 seit dem 30. Juni 2017 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Der Arbeitsvertrag regelt in Ziff. 2, dass sich die gegenseitigen Rechte und Pflichten u.a. aus den für den Bereich Kabinenbesatzungen geltenden Tarifverträgen in ihrer jeweils geltenden Fassung ergeben. Dazu gehört insbesondere der Manteltarifvertrag
Nr. 2 für das Kabinenpersonal in der Fassung vom 8. Februar 2018 (im Folgenden: MTV
Nr. 2, Anl. B1). Dieser enthält auszugsweise folgende Regelungen:
"§ 20 Verlust der Flugdiensttauglichkeit, Beendigung des Arbeitsverhältnisses
(1) a) Wird durch eine fliegerärztliche Untersuchungsstelle festgestellt, dass ein Mitarbeiter wegen körperlicher Untauglichkeit seinen Beruf nicht mehr ausüben kann, so endet das Arbeitsverhältnis, ohne dass es einer Kündigung bedarf, zu dem Zeitpunkt, zu dem nach Feststellung und Bekanntgabe der Flugdienstuntauglichkeit an den Betroffenen eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 22 frühestens zulässig gewesen wäre.
Flugdienstuntauglichkeit im Sinne dieser Bestimmungen ist das auf einem unbehebbaren oder aller Wahrscheinlichkeit nach unbehebbaren körperlichen Mangel beruhende Unvermögen, eine fliegerische Tätigkeit nach den einschlägigen Vorschriften weiter auszuüben.
...
(...)
c) Dem Mitarbeiter steht von dem Tage an, an dem die dauernde Flugdienstuntauglichkeit festgestellt wird, die Grundvergütung (§ 5
Abs. (1) Buchstabe a)) zu, soweit er nicht gemäß § 13 Krankenbezüge beanspruchen kann.
(...)
§ 22 Kündigung
...
(2) Im Übrigen beträgt die Kündigungsfrist bei einer Beschäftigung
(...)
- von mehr als 12 Jahren
6 Monate zum Schluss eines Kalendervierteljahres.
Nach einer Beschäftigungszeit von 15 Jahren ist eine ordentliche Kündigung einschließlich der ordentlichen Änderungskündigung durch die DLH ausgeschlossen.
Das Recht der DLH, dem unkündbaren Mitarbeiter aus gerechtfertigtem Grunde andere Aufgaben zu übertragen, bleibt hiervon unberührt. Die DLH ist zur Übertragung anderer angemessener Aufgaben verpflichtet, wenn der bisherige Arbeitsplatz des unkündbaren Mitarbeiters wegfällt."
Die Klägerin war seit März 2015 durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. Mit Schreiben vom 6. November 2017 (Anl. K6) teilte sie der Beklagten u.a. mit, dass sie demnächst auf diese unaufgefordert zukommen und
ggf. der Bitte der Beklagten um Vereinbarung eines Gesprächs "im Hinblick auf das betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM),
bzw. das weitere Schicksal des Arbeitsverhältnisses nachkommen" werde. Wegen der Einzelheiten der zwischen den Parteien hiernach erfolgten Korrespondenz wird auf die mit der Klage und der Klageerwiderung vorgelegten Schreiben,
bzw. E-Mails (Anl. K7 - K19, Anl. B2 - B19) Bezug genommen. In dem Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 25. September 2018 (Anl. K7), das nach dem Vortrag der Beklagten dieser neben den weiteren Schreiben vom 25. September 2018 und 4. Dezember 2018 nicht vor dem 22. Januar 2019 zugegangen sei, machte die Klägerin unter Hinweis ihre zwischenzeitlich erfolgte Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen eine leidensgerechte Beschäftigung geltend. In dem Schreiben heißt es auszugsweise:
"Demgemäß machen wir den Beschäftigungsanspruch für unsere Mandantin geltend, diese möchte zum 01.01.2019 in das Arbeitsverhältnis zurückkehren. Frau A könnte sich, ohne dass es sich hierbei um ein Ausschlusskriterium handelt, vorstellen, dass Sie auf eine Tätigkeit in einem Umfang von 30 Stunden rekurriert und ab dem 01.01.2019 in diesem Umfang bei Ihnen beschäftigt wird. Dies natürlich abhängig von den zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der Beschäftigung unserer Mandanten und den bei Ihnen vorhandenen Stellen.
Frau A ist, wie Ihnen bekannt sein dürfte, nicht mehr in der Lage zu fliegen, weswegen eine anderweitige Tätigkeit für Sie zu finden wäre..."
Am 14. Januar 2019 erschien die Klägerin bei ihrem bisherigen Vorgesetzten und bot ihre Arbeitsleistung an. Dieser wies sie auf das Erfordernis eines ärztlichen Attestes des medizinischen Dienstes der Beklagten hin. Nach Feststellung der dauernden Flugdienstuntauglichkeit der Klägerin mit Wirkung zum 26. März 2019 durch den medizinischen Dienst unterrichtete dieser die Beklagte hierüber mit Schreiben vom 4. April 2019 (Anl. 15). Die Beklagte lud die Klägerin sodann mit Schreiben vom 15. April 2019 (Anl. B9) zu einem "BEM-Boden-Gespräch" ein. In dem Schreiben heißt es auszugsweise:
"...Das "BEM-Boden" hat zum Ziel, ihre Arbeitsunfähigkeit möglichst zu überwinden, erneuter Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und dadurch ihr Arbeitsverhältnis zu erhalten (
§ 84 Abs. 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IX). Im Rahmen des Gesprächs wollen wir prüfen, ob es für Sie nach Feststellung Ihrer dauerhaften Flugdienstuntauglichkeit, die einen weiteren Einsatz an Bord ausschließt, eine geeignete Weiterbeschäftigungsmöglichkeit am Boden gibt.
An dem Gespräch nimmt je ein Mitglied der Personalvertretung und der Schwerbehindertenvertretung teil. Sie haben das Recht, ein "BEM" auch ohne Personalvertretung und Schwerbehindertenvertretung durchzuführen. Weitere Teilnehmer,
z.B. ein Betriebsarzt, ein Gruppenleiter des Stationsbereichs können mit ihrem ein Verständnis bei Bedarf oder auch auf Ihren Vorschlag hin zum Gespräch eingeladen werden....
Wir weisen Sie darauf hin, dass im Rahmen des BEM nur solche Daten erhoben und gespeichert werden, deren Kenntnis erforderlich ist, um ein zielführendes, Ihrer Gesundung und Gesunderhaltung dienende BEM durchführen zu können und soweit diese zu Erfüllung und zum Nachweis unserer gesetzlichen Verpflichtungen notwendig sind.
Nachfolgende Daten können unter anderem davon erfasst sein:
· Gesundheitsdaten, Krankheitsdiagnosen, ärztliche Attest und Erzeugnisse. Diese halten ausschließlich die am dem beteiligten Personen.
· Personal- und Sozialdaten;
· Elektronische Auswertung der konkursbedingten Abwesenheitszeiten (auf Fehlzeitenübersicht);
· Dokumentation über Verläufe und Ergebnisse von Arbeitsversuchen;
· Dokumentation über Verläufe und Ergebnisse zur stufenweisen Wiedereingliederung;
· Dokumentation über innerbetriebliche Maßnahmen;
· Dokumentation über eine Anpassung des Arbeitsplatzes.
[...]
... Bitte teilen Sie uns daher kurzfristig, nach Erhalt dieses Schreibens mit, ob Sie die Einladung wahrnehmen möchten oder nicht. Wir weisen Sie allerdings darauf hin, dass eine Ablehnung des Angebots zwangsweise zur Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses aufgrund der festgestellten dauerhaften Flugdienstuntauglichkeit zum 30.9.2019 führt. Gleiches gilt bei fehlender Mitwirkung Ihrerseits."
Die Klägerin teilte der Beklagten auf dem hierfür vorgesehenen Antwortbogen unter dem 3. Juni 2019 (Anl. B10) ihre Zustimmung zur Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (im Folgenden: bEM) mit und gab dabei an, dass sie die Teilnahme ihres Prozessbevollmächtigten an diesem Gespräch wünsche. Ein bEM wurde hiernach trotz wiederholt angesetzter Termine, zu denen zuletzt auch ein Vertreter des von der Klägerin angeschriebenen Landeswohlfahrtsverbandes Hessen (Integrationsamt) eingeladen wurde, nicht durchgeführt.
Mit ihrer am 23. Juli 2019 beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main eingegangenen und der Beklagten am 5. August 2019 zugestellten Klage hat die Klägerin das Fortbestehen ihres Arbeitsverhältnisses geltend gemacht. Sie hat behauptet, sie sei für eine Tätigkeit am Boden arbeits- und leistungsfähig. Die Klägerin ist der Ansicht gewesen, ihr Arbeitsverhältnis sei schon mangels vorheriger Zustimmung des Integrationsamtes nicht beendet worden. Im Übrigen scheitere eine Beendigung auch daran, dass die Beklagte vor der Mitteilung der beabsichtigten Beendigung kein ordnungsgemäßes bEM durchgeführt habe. Es liege bereits keine ordnungsgemäße Einladung zu einem bEM vor.
Die Klägerin hat beantragt,
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der tarifvertraglichen Regelung in § 20 Ziff. (1) lit. a) MTV
Nr. 2 (Kabine) zum 30. September 2019 beendet wird;
2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 30. September 2019 hinaus fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis der Parteien habe infolge dauerhafter Flugdienstuntauglichkeit der Klägerin nach § 20 MTV
Nr. 2 geendet. Da Tätigkeiten am Boden nicht von ihrem Direktionsrecht gedeckt seien und es an der erforderlichen Mitwirkungshandlung der Klägerin gefehlt habe, sei es ihr nicht möglich gewesen, innerhalb der Auslauffrist einen Bodenarbeitsplatz anzubieten oder ein entsprechendes Verfahren einzuleiten. Die auflösende Bedingung sei mithin mangels erforderlicher Mitwirkung der Klägerin eingetreten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien im ersten Rechtszug wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils (Bl. 72 - 75 d. A.).
Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat die Klage durch am 4. März 2020 verkündetes Urteil - 18 Ca 4860/19 - im Klageantrag zu 2. mangels eines Feststellungsinteresses gemäß § 256
Abs. 1
ZPO als unzulässig und im Klageantrag zu 1. mit der Begründung, die Klägerin habe die Präklusionsfrist nach §§ 21, 17 Satz 2
TzBfG i.V.m. §§ 7,
4 Satz 1 KSchG nicht gewahrt, als unbegründet abgewiesen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 75 - 77 d. A.) verwiesen.
Gegen dieses ihr am 25. März 2020 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 8. April 2020 Berufung eingelegt und diese am 24. April 2020 begründet.
Die Klägerin macht unter Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrags weiterhin das Fortbestehen ihres Arbeitsverhältnisses geltend und beansprucht ferner Vergütung aus Annahmeverzug ab dem 1. Oktober 2019. Sie ist der Ansicht, sie habe die Klagefrist entgegen der Annahme des Arbeitsgerichts gewahrt, da die Klage nicht innerhalb von drei Wochen nach Erhalt des Schreibens vom 15. April 2019 habe eingelegt werden müssen, sondern die Frist erst nach dem Ende der Auslauffrist am 30. September 2019 zu laufen begonnen habe. Im Übrigen habe das Arbeitsgericht zutreffend erkannt, dass die im Schreiben vom 15. April 2019 enthaltene Einladung zu einem bEM-Gespräch wegen des Hinweises auf die angebliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30. September 2019,
bzw. Androhung des Verlustes des Arbeitsplatzes keine ordnungsgemäße Einladung dargestellt habe. Auch die weiteren Einladungen seien fehlerhaft gewesen. Insbesondere sei in diesem Zusammenhang darauf hinzuweisen, dass das zu beteiligende Integrationsamt erst eingeschaltet worden sei, nachdem sie, die Klägerin, sich selbst an die Behörde gewandt habe. Da es anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten am Boden gebe und sie für eine solche Tätigkeit - was sich aus ihren früheren Einsätzen ergebe - im Wege des Direktionsrechts einsetzbar sei, sei ihr Arbeitsverhältnis nicht infolge Ihrer Flugdienstuntauglichkeit beendet worden. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbegründung vom 17. April 2020 (Bl. 90
ff. d. A.) und ihren weiteren Schriftsatz vom 1. März 2021 (Bl. 123
ff.) verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 4. März 2020 - 18 Ca 4860/19 - abzuändern und
1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht aufgrund der tarifvertraglichen Regelung in § 20 Ziff. (1) a) MTV
Nr. 2 (Kabine) zum 30. September 2019 beendet worden ist;
2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 30. September 2019 hinaus fortbesteht;
3. die Beklagte zu verurteilen, an sie
EUR 7.332,78 brutto nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz jeweils aus
EUR 1.222,13 seit dem 1. November 2019, 1. Dezember 2019, 1. Januar 2020, 1. Februar 2020, 1. März 2020 und 1. April 2020 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie behauptet, Einsatzmöglichkeiten für die Klägerin am Boden habe es im maßgeblichen Zeitraum nicht gegeben. Die Beklagte meint, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei daher mit Eintritt der auflösenden Bedingung zum 30. September 2019 beendet worden. Ihr sei es mangels Mitwirkung der Klägerin nicht möglich gewesen, das bEM, dass sie ordnungsgemäß angeboten habe, durchzuführen. Die geltend gemachte Vergütung aus Annahmeverzug stehe der Klägerin wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und zudem wegen fehlender Arbeitsfähigkeit nicht zu. Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten im Berufungsverfahren wird auf die Berufungsbeantwortung vom 4. Juni 2020 Bezug genommen.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 4. März 2020 - 18 Ca 4860/19 - ist zulässig und teilweise begründet.
I.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist gemäß §§ 8
Abs. 2, 64
Abs. 2 lit. c
ArbGG statthaft und insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66
Abs. 1, § 64
Abs. 6 Satz 1
ArbGG, § 519, § 520
Abs. 1 und
Abs. 3
ZPO.
II.
Die Berufung ist hinsichtlich der Bedingungskontrollklage (Antrag zu 1.) auch begründet. Im Übrigen bleibt sie ohne Erfolg.
1.
Die Klage ist mit Ausnahme der mit der Berufung weiterverfolgten allgemeinen Feststellungsklage (Antrag zu 2.) zulässig.
a)Die allgemeine Feststellungsklage ist unzulässig. Für sie fehlt es auch im Berufungsverfahren an dem nach § 256
Abs. 1
ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse, da dem Vortrag der Klägerin andere Beendigungstatbestände außer der in Streit stehenden auflösenden Bedingung oder wenigstens deren Möglichkeit weiterhin nicht zu entnehmen sind.
b) Im Übrigen ist die Klage zulässig.
aa) Die Bedingungskontrollklage (Antrag zu 1.) ist zulässig. Die Klägerin wendet sich gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses durch die auflösende Bedingung nach § 20
Abs. 1 a) MTV
Nr. 2 zum 30. September 2019. In der Sache macht sie geltend, die auflösende Bedingung des § 20
Abs. 1 a) MTV
Nr. 2 sei nicht eingetreten, weil es Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Bodendienst gebe, welche die Beklagte ihr nicht angeboten habe. Ausgehend davon hat sie mit dem Klageantrag zu 1. zutreffend einen Bedingungskontrollantrag nach §§ 21, 17 Satz 1
TzBfG gestellt. Dieser ist auch dann angezeigt, wenn Streitgegenstand - wie vorliegend - allein der unterbliebene Eintritt der auflösenden Bedingung und nicht die Unwirksamkeit der vereinbarten auflösenden Bedingung ist (
vgl. BAG 4. November 2015 -
7 AZR 851/13 - Rn. 16, AP
Nr. 8 zu § 15
TzBfG; 6. April 2011 -
7 AZR 704/09 - Rn. 18
ff., AP
Nr. 7 zu § 21
TzBfG).
bb) Schließlich ist auch die im Berufungsverfahren mit dem Klageantrag zu 3. vorgenommene Klageerweiterung zulässig, §§ 64
Abs. 6
ArbGG, 533
ZPO. Die Beklagte hat sich auf diese eingelassen. Sie ist im Übrigen sachdienlich, § 533
Nr. 1
ZPO, denn der Streitstoff kann im anhängigen Rechtsstreit ausgeräumt und einem weiteren Rechtsstreit der Parteien kann damit vorgebeugt werden. Der Rechtsstreit kann auch hinsichtlich dieser Klageerweiterung aufgrund des bereits vorliegenden und die weiteren Streitpunkte der Parteien betreffenden Tatsachenvortrags entschieden werden, so dass die weitere Voraussetzung des § 533
Nr. 2
ZPO vorliegt.
2.
a) Die Bedingungskontrollklage (Antrag zu 1.) ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist nicht gemäß § 20
Abs. 1 a) MTV
Nr. 2 beendet worden, weil die in dieser Tarifnorm geregelte auflösende Bedingung nicht eingetreten ist.
aa) § 20
Abs. 1 a) MTV
Nr. 2 findet kraft arbeitsvertraglicher Inbezugnahme auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung.
bb) Die auflösende Bedingung nach § 20
Abs. 1a MTV
Nr. 2 gilt nicht nach §§ 21, 17 Satz 2
TzBfG i.V.m. § 7
KSchG als wirksam eingetreten. Die Klägerin hat den Bedingungskontrollantrag mit ihrer am 23. Juli 2019 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 5. August 2019 zugestellten Klage fristgerecht binnen der dreiwöchigen Klagefrist der §§ 21, 17 Satz 1
TzBfG erhoben. Die von § 21
TzBfG vorgegebene entsprechende Anwendung der Klagefrist des § 17 Satz 1
TzBfG knüpft grundsätzlich an das vereinbarte Ende des auflösend bedingten Arbeitsvertrages an und meint damit den Eintritt der auflösenden Bedingung (
vgl. BAG 4. November 2015 - 7 AZR 851/13 - Rn. 27; 27. Juli 2011 -
7AZR 402/10 - Rn. 27; 6. April 2011 - 7 AZR 704/09 - Rn. 18
ff.), hier also den 30. September 2019 als das datumsmäßige Ende der sechsmonatigen Auslauffrist gemäß § 20
Abs. 1 a)
i.V.m. § 22
Abs. 2 MTV
Nr. 2. Die dreiwöchige Klagefrist endete damit nach §§ 187
Abs. 1, 188
Abs. 2
BGB am 21. Oktober 2019.
cc) Die auflösende Bedingung nach § 20
Abs. 1 a) MTV
Nr. 2 ist nicht eingetreten.
(1) Nach § 20
Abs. 1 a) MTV
Nr. 2 endet das Arbeitsverhältnis, ohne dass es einer Kündigung bedarf, zu dem Zeitpunkt, zu dem nach Feststellung und Bekanntgabe der Flugdienstuntauglichkeit an den Betroffenen eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 22 MTV
Nr. 2 frühestens zulässig gewesen wäre, wenn durch eine fliegerärztliche Untersuchungsstelle festgestellt wird, dass der Mitarbeiter wegen körperlicher Untauglichkeit seinen Beruf nicht mehr ausüben kann. Diese Bestimmung gilt auch für nach § 22
Abs. 2 Satz 2 MTV
Nr. 2 ordentlich unkündbare Arbeitnehmer, die - wie die Klägerin - über eine Beschäftigungszeit von mindestens 15 Jahren verfügen (
vgl. BAG 20. Mai 2020 - 7 AZR 83/19 - Rn. 18 mwN., juris).
(2) Die Tarifvorschrift des § 20
Abs. 1 a) MTV
Nr. 2 ist unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der tariflichen Regelungen sowie ihres Zwecks gesetzeskonform dahin einschränkend auszulegen, dass das Arbeitsverhältnis nicht endet, wenn für den flugdienstuntauglichen Arbeitnehmer eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit im Bodendienst bestehtund der Arbeitnehmer die Weiterbeschäftigung im Bodendienst vom Arbeitgeber verlangt (
vgl. BAG 26. Februar 2020 - 7 AZR 61/19 - Rn. 14 f.; 11. Dezember 2019 -
7 AZR 350/18 - Rn. 45, AP
Nr. 63 zu § 1
TVG Tarifverträge: Lufthansa;
vgl. ausf. 17. April 2019 -
7 AZR 292/17 - Rn. 20
ff. mwN., AP
Nr. 15 zu § 21
TzBfG). Es kommt daher für den Eintritt der auflösenden Bedingung nach der Tarifvorschrift nicht nur darauf an, dass der Arbeitnehmer nicht mehr im fliegerischen Bereich eingesetzt werden kann; die auflösende Bedingung setzt vielmehr - auch wenn dies in der Tarifnorm nicht ausdrücklich formuliert ist - voraus, dass auch keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit besteht, wenn der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber seine Weiterbeschäftigung im Bodendienst verlangt (
vgl. ausf.
BAG 26. Februar 2020 - 7 AZR 61/19 - Rn. 17
ff.; 17. April 2019 - 7 AZR 292/17 - aaO.).
(3) Danach ist die in § 20
Abs. 1 a) MTV
Nr. 2 geregelte auflösende Bedingung nicht eingetreten. Zwar ist die Klägerin flugdienstuntauglich im Sinne dieser Tarifnorm. Die Beklagte hat aber nicht ausreichend dargelegt, dass sie für die Klägerin, die ihre Weiterbeschäftigung im Bodendienst bereits vor Feststellung ihrer dauernden Flugdienstuntauglichkeit durch eine fliegerärztliche Untersuchungsstelle und auch hiernach wiederholt - und so auch mit der Klage - rechtzeitig vor dem 30. September 2020 geltend gemacht hat, eine solche Beschäftigungsmöglichkeit nicht besteht.
(a) Bei der Prüfung von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Bodendienst gilt grundsätzlich eine abgestufte Darlegungs- und Beweislast (
vgl. BAG 26. Februar 2020 - 7 AZR 61/19 - Rn. 17
ff.; 17. April 2019 - 7 AZR 292/17 - Rn. 30, aaO.; 11. Oktober 1995 - 7 AZR 119/95 - zu 3 a der Gründe, AP
Nr. 20 zu § 620
BGB Bedingung). Danach muss der Arbeitgeber, der nach allgemeinen Grundsätzen für den Eintritt der auflösenden Bedingung darlegungsbelastet ist, um seiner Darlegungslast zu genügen, zunächst behaupten, für den Arbeitnehmer bestehe keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit. Es obliegt dann grundsätzlich dem Arbeitnehmer, konkret vorzutragen, wie er sich seine Weiterbeschäftigung vorstellt. Erst ein solches Vorbringen verpflichtet den Arbeitgeber zu erläutern, aus welchen Gründen eine derartige Weiterbeschäftigung nicht in Betracht kommt (
vgl. BAG 26. Februar 2020 - 7 AZR 61/19 - Rn. 28; 17. April 2019 - 7 AZR 292/17 - Rn. 31, aaO.; 11. Oktober 1995 - 7 AZR 119/95 - zu 3 a der Gründe, aaO.).
(b) Hat der Arbeitgeber entgegen den Vorgaben des
§ 167 Abs. 2 SGB IX ein betriebliches Eingliederungsmanagement unterlassen oder nicht ordnungsgemäß unternommen, kann dies zu einer Erweiterung seiner Darlegungslast hinsichtlich des Bestehens von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten führen. Zwar ist die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 20
Abs. 1 a) MTV
Nr. 2. Mit Hilfe des betrieblichen Eingliederungsmanagements können jedoch Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten auf einem anderen,
ggf. "freizumachenden" Arbeitsplatz erkannt und entwickelt werden mit dem Ziel, das Arbeitsverhältnis zu erhalten (
BAG 26. Februar 2020 - 7 AZR 61/19 - Rn. 29; 17. April 2019 - 7 AZR 292/17 - Rn. 32, aaO;
vgl. zu § 33
Abs. 3 TV-L
BAG 30. August 2017 -
7 AZR 204/16 - Rn. 39, AP
Nr. 3 zu § 33 TV-L; 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 60, AP
Nr. 9 zu § 21
TzBfG). Hat der Arbeitgeber entgegen seiner gesetzlichen Pflicht ein betriebliches Eingliederungsmanagement nicht oder nicht ordnungsgemäß durchgeführt, darf der Arbeitgeber sich dadurch keine darlegungs- und beweisrechtlichen Vorteile verschaffen können (
vgl. zur Kündigung
BAG 10. Dezember 2009 -
2 AZR 400/08 - Rn. 19). In diesem Fall kann sich der Arbeitgeber im Rahmen der Darlegung fehlender Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nach § 20
Abs. 1 a) MTV
Nr. 2 nicht darauf beschränken vorzutragen, er kenne keine alternativen Einsatzmöglichkeiten für den flugdienstuntauglichen Arbeitnehmer und es gebe keine Arbeitsplätze im Bodendienst, die dieser nach seinem verbliebenen Leistungsvermögen ausfüllen könne. Er hat vielmehr von sich aus denkbare oder vom Arbeitnehmer bereits genannte Alternativen zu würdigen und im Einzelnen darzulegen, aus welchen Gründen die Beschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz ausscheidet. Erst nach einem solchen Vortrag ist es Sache des Arbeitnehmers, sich hierauf substantiiert einzulassen und darzulegen, wie er sich selbst seine Weiterbeschäftigung vorstellt (
BAG 26. Februar 2020 - 7 AZR 61/19 - Rn. 29; 17. April 2019 - 7 AZR 292/17 - Rn. 32, aaO;
vgl. zu § 33
Abs. 3 TV-L
BAG 30. August 2017 - 7 AZR 204/16 - Rn. 39, aaO.; 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 60, aaO.;
vgl. zur Kündigung
BAG 30. September 2010 -
2 AZR 88/09 - Rn. 35, AP
Nr. 49 zu § 1
KSchG 1969 Krankheit).
(c) Gleiches gilt, wenn der Arbeitgeber entgegen § 167
Abs. 1
SGB IX kein Präventionsverfahren durchgeführt hat. Nach dieser Vorschrift ist der Arbeitgeber bei Eintreten von personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Schwierigkeiten, die zur Gefährdung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten oder diesem gleichgestellten Menschen führen können, verpflichtet, möglichst frühzeitig die Schwerbehindertenvertretung und die in
§ 176 SGB IX genannten Vertretungen sowie das Integrationsamt einzuschalten, um mit ihnen alle Möglichkeiten und alle zur Verfügung stehenden Hilfen zur Beratung und mögliche finanzielle Leistungen zu erörtern, mit denen die Schwierigkeiten beseitigt werden können und das Arbeits- oder sonstige Beschäftigungsverhältnis möglichst dauerhaft fortgesetzt werden kann.Auch diese Norm enthält keinen bloßen Programmsatz,
bzw. keine reine Ordnungsvorschrift mit bloßem Appellativcharakter (
vgl. BAG 7. Dezember 2006 -
2 AZR 182/06 - Rn. 26 mwN, AP
Nr. 56 zu § 1
KSchG 1969 Verhaltensbedingte Kündigung). Sie konkretisiert vielmehr den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz im Rahmen der Prüfung des Vorliegens eines Beendigungstatbestandes (
vgl. BAG 25. Januar 2018 -
2 AZR 382/17 - Rn. 50, AP
Nr. 268 zu § 626
BGB; 22. Oktober 2015 -
2 AZR 720/14 - Rn. 76, AP
Nr. 13 zu § 85
SGB IX; 7. Dezember 2006 - 2 AZR 182/06 - Rn. 27, aaO). Ihre Missachtung führt daher zu einer erhöhten Darlegungslast des Arbeitgebers hinsichtlich anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten für einen flugdienstuntauglichen Arbeitnehmer im Rahmen des § 20
Abs. 1 a) MTV
Nr. 2 entsprechend der im vorhergehenden Absatz dargestellten Grundsätze.
(d) Nur wenn auch die Durchführung eines Präventionsverfahrens und eines betrieblichen Eingliederungsmanagements keine positiven Ergebnisse hätten zeitigen können, ist ein Unterlassen der Maßnahmen im Hinblick auf den Eintritt der auflösenden Bedingung unschädlich. Will sich der Arbeitgeber hierauf berufen, hat er die objektive Nutzlosigkeit des Präventionsverfahrens und des betrieblichen Eingliederungsmanagements darzulegen und
ggf. zu beweisen. Dazu muss er umfassend und konkret vortragen, warum der flugdienstuntaugliche Arbeitnehmer nicht auf einem Arbeitsplatz im Bodendienst hätte eingesetzt werden können, warum also ein Präventionsverfahren und ein betriebliches Eingliederungsmanagement in keinem Fall dazu hätte beitragen können, das Arbeitsverhältnis zu erhalten (
BAG 26. Februar 2020 - 7 AZR 61/19 - Rn. 30; 17. April 2019 - 7 AZR 292/17 - Rn. 33, aaO.;
vgl. zu § 33
Abs. 3 TV-L
BAG 30. August 2017 - 7 AZR 204/16 - Rn. 40, aaO.; 27. Juli 2011 - 7 AZR 402/10 - Rn. 60, aaO.; zur Kündigung:
BAG 25. Januar 2018 - 2 AZR 382/17 - Rn. 51, aaO.;
BAG 20. November 2014 -
2 AZR 755/13 - Rn. 39, AP
Nr. 52 zu § 1
KSchG 1969 Krankheit; 20. März 2014 -
2 AZR 565/12 - Rn. 34, AP
Nr. 51 zu § 1
KSchG 1969 Krankheit).
(4) Nach diesen Rechtsgrundsätzen trifft die Beklagte schon infolge des unterlassenen Präventionsverfahren eine erweiterte Darlegungslast hinsichtlich der fehlenden Möglichkeit, die Klägerin auf einem Bodenarbeitsplatz weiter zu beschäftigen. Zudem hat sie das ebenfalls erforderliche betriebliche Eingliederungsmanagement nicht ordnungsgemäß eingeleitet, so dass eine erweiterte Darlegungslast auch aus diesem Grund besteht. Dieser ist die Beklagte mit ihrem Vortrag zu fehlenden Einsatzmöglichkeiten für die Klägerin am Boden im maßgeblichen Zeitraum nicht ausreichend nachgekommen.
(a) Die Beklagte war gemäß § 167
Abs. 1
SGB IX verpflichtet, ein Präventionsverfahren durchzuführen. Spätestens mit dem nach ihrem Vortrag ihr am 22. Januar 2019 zugegangenem Schreiben der Klägerin vom 25. September 2018, mit dem diese unter Hinweis ihre Flugdienstuntauglichkeit und ihre zwischenzeitlich erfolgte Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen eine leidensgerechte Beschäftigung geltend machte, waren die Voraussetzungen des § 167
Abs. 1
SGB IX erfüllt. Der Beklagten war mit der Kenntnis über die Gleichstellung der Klägerin bewusst, dass der Anwendungsbereich des § 167
SGB IX eröffnet war. Eine nach dieser Norm vorausgesetzte "Schwierigkeit" lag nicht nur aufgrund der mit dem Schreiben der Klägerin vom 25. September 2019 geäußerten Beurteilung als flugdienstuntauglich, sondern schon aufgrund ihrer langen krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit seit März 2015 unzweifelhaft als personenbedingte Störung des Arbeitsverhältnisses vor. Wegen der ununterbrochenen langandauernden Erkrankung von weit mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahres war ferner - und zwar erstmals bereits im Jahr 2015 - die Durchführung eines nicht nur für schwerbehinderte Menschen vorgesehenes bEM nach § 167
Abs. 2
SGB IX erforderlich.
(b) Die Beklagte hat unstreitig kein Präventionsverfahren nach § 167
Abs. 1
SGB IX unter Einschaltung der Schwerbehindertenvertretung und der in § 176 genannten Vertretungen sowie des Integrationsamtes eingeleitet. Die auf Hinweis der Klägerin erfolgte Beteiligung des Integrationsamtes erfolgte hinsichtlich des bEM, das gemäß § 167
Abs. 2
SGB IX neben dem Präventionsverfahren durchzuführen war.
(c) Allerdings hat die Beklagte auch ein bEM nicht ordnungsgemäß eingeleitet, da sie die Klägerin nicht regelkonform um Zustimmung zur Durchführung eines bEM gebeten hat. Ob die Nichtdurchführung des bEM letztlich darauf zurückzuführen ist, weil die Klägerin den zuletzt angesetzten Terminen trotz erklärter Zustimmung zum bEM ferngeblieben ist, kann daher dahingestellt bleiben. Das Einladungsschreiben der Beklagten vom 15. April 2019 genügt den Anforderungen an ein regelkonformes Zustimmungsersuchen wegen des Hinweises auf die vermeintliche Folge einer Ablehnung, die zwangsläufig zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund der festgestellten dauerhaften Flugdienstuntauglichkeit zum 30. September 2019 führe, nicht. Mit dem Zustimmungsersuchen ist der Arbeitnehmer über die Ziele des bEM, über Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten, die Möglichkeit der Durchführung des bEM ohne Beteiligung der nach § 167
Abs. 2 Satz 1
SGB IV einzubeziehenden Interessenvertretungen und die bei Bedarf gemäß § 167
Abs. 2
S. 2 und 4 SGB IX hinzuzuziehenden Stellen, Ämter und Personen aufzuklären, um über seine Zustimmung zur Durchführung der Klärung der "Möglichkeiten" nach dem Freiwilligkeitskonzept des § 167
Abs. 2 SGB IX entscheiden zu können (
vgl. zu den Mindestanforderungen eines regelkonformen Zustimmungsersuchen:
BAG 17. April 2019 - 7 AZR 292/17 - Rn. 38 mwN., aaO.; 20. November 2014 -
2 AZR 664/13 - Rn. 38; AP
Nr. 52 zu § 1
KSchG 1969 Krankheit; Hess.
LAG 13. August 2018 -
16 Sa 1466/17 - Rn. 31, NZA-RR 2019, 26). Die Freiwilligkeit, auf die der Arbeitnehmer gesondert hinzuweisen ist, bedingt gerade, dass eine Ablehnung nicht mit unmittelbaren Nachteilen verknüpft und der Arbeitnehmer faktisch in seiner Wahlmöglichkeit eingeschränkt wird. Zu einer vollständigen Aufklärung des Arbeitnehmers gehört zwar
ggf. auch, dass dieser über etwaige Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses unterrichtet wird. Der Hinweis auf eine zwangsläufige Beendigung des Arbeitsverhältnisses ist jedoch unzutreffend und damit schädlich, da die Beklagte im Falle der Flugdienstuntauglichkeit eines Arbeitnehmers auch unabhängig von der Durchführung eines bEM Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten im Bodendienst zu prüfen und in Betracht kommende Stellen dem Arbeitnehmer anzubieten hat.
(d) Die Beklagte ist ihrer erweiterten Darlegungslast, die sie wegen des unterlassenen Präventionsverfahrens und des nicht ordnungsgemäß initiierten bEM zum Fehlen von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten für die Klägerin im Bodendienst trifft, nicht nachgekommen. Es genügt hierfür gerade nicht, in Abrede zu stellen, dass es im streitgegenständlichen Zeitraum Einsatzmöglichkeiten für die Klägerin am Boden gegeben habe. Vielmehr hätte sie von sich aus alle denkbaren und dabei auch die von der Klägerin angesprochene frühere Beschäftigung im Bodendienst würdigen und im Einzelnen darlegen müssen, aus welchen Gründen die Beschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz ausscheidet. Ihr Hinweis, dass sämtliche Arbeitsplätze bei ihr, mit Ausnahme der Tätigkeiten auf der Station, entweder eine Ausbildung oder ein abgeschlossenes Studium erforderten und die Klägerin die vorausgesetzte Qualifikation nicht habe, verdeutlicht gerade, dass insbesondere Arbeitsplätze auf der Station in Betracht zu ziehen gewesen wären. Jedenfalls zu diesen hätte die Beklagte im Einzelnen substantiiert Stellung beziehen müssen. Ihrem Vortrag ist auch nicht zu entnehmen, dass ein Präventionsverfahren und ein bEM objektiv nutzlos gewesen wären und die Nichtdurchführung der vorgeschriebenen Verfahren daher unschädlich seien. Dazu hätte sie umfassend und konkret vortragen müssen, warum ein Einsatz der Klägerin auf einem Bodenarbeitsplatz bei geänderter Tätigkeit keinesfalls hätte erfolgen können (
vgl. BAG 24. März 2011 -
2 AZR 170/10 - Rn. 25, AP
Nr. 6 zu § 69
ArbGG 1979; 30. September 2010 - 2 AZR 88/09 - Rn. 36, aaO.). Daran fehlt es.
b) Die Zahlungsklage (Antrag zu 3.) ist unbegründet. Die Klägerin hat für die Zeit vom 1. Oktober 2019 bis 31. März 2020 keinen Anspruch auf Vergütung gegen die Beklagte aus Annahmeverzug gemäß § 615 Satz 1
i.V.m. § 611a
Abs. 2
BGB.
aa)Nach § 615 Satz 1
BGB hat der Arbeitgeber die nach § 611a
Abs. 2
BGB vereinbarte Vergütung fortzuzahlen, wenn er mit der Annahme der Dienste in Verzug gerät. Er kommt gemäß § 293
BGB in Verzug, wenn er die ihm angebotene Leistung nicht annimmt. Das Angebot des Arbeitnehmers muss gemäß § 294
BGB die zu bewirkende Arbeitsleistung betreffen. Ein Annahmeverzug des Arbeitgebers ist jedoch gemäß § 297
BGB ausgeschlossen, wenn der Arbeitnehmer außerstande ist, die Arbeitsleistung zu bewirken. Die Leistungsfähigkeit ist - neben dem Leistungswillen - eine vom Leistungsangebot und dessen Entbehrlichkeit unabhängige Voraussetzung, die während des gesamten Annahmeverzugszeitraums vorliegen muss (
BAG 21. Oktober 2015 - 5 AZR 843/14 - Rn. 22 mwN., AP
Nr. 144 zu § 615
BGB; 24. September 2014 - 5 AZR 611/12 - Rn. 17, AP
Nr. 135 zu § 615
BGB; 22. Februar 2012 - 5 AZR 249/11 - Rn. 16, AP
Nr. 127 zu § 615
BGB).Bietet ein schwerbehinderter oder ein diesem gleichgestellter Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung für eine Tätigkeit an, die zwar leidensgerecht ist, jedoch nicht mit der arbeitsvertraglich vereinbarten Tätigkeit übereinstimmt oder von dieser umfasst ist, so erstreckt sich dieses Angebot nicht auf die zu bewirkende Tätigkeit
i.S.v. § 294
BGB. Dieses Angebot kann den Arbeitgeber folglich nicht in Annahmeverzug versetzen (
BAG 14. Oktober 2020 -
5 AZR 649/19 - Rn. 10, 24 mwN., juris).
bb) Ein Annahmeverzug der Beklagten in dem den streitgegenständlichen Ansprüchen zugrundeliegenden Zeitraum scheidet hiernach wegen der mit Wirkung ab dem 26. März 2019 festgestellten dauerhaften Flugdienstuntauglichkeit der Klägerin aus. Diese war und ist weiterhin hinsichtlich der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit als Flugbegleiterin unstreitig leistungsunfähig. Soweit sie sich auf eine nicht näher spezifizierte Tätigkeit im Bodendienst beruft, bezieht sich dieses Angebot nicht auf die zu bewirkende Tätigkeit
i.S.v. § 294
BGB. Selbst wenn die Klägerin, was nicht der Fall war, ein Angebot in Bezug auf eine hinreichend bestimmte Tätigkeit am Boden abgegeben hätte, wäre diese nicht geeignet gewesen, die Beklagte in Annahmeverzug zu versetzen, da diese nicht mit der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit übereinstimmt und darüber hinaus mangels eines entsprechenden Versetzungsvorbehalts im Arbeitsvertrag nicht vom Direktionsrecht der Beklagten gedeckt wäre. Die für den Eintritt der auflösenden Bedingung gemäß § 20
Abs. 1 a) MTV
Nr. 2 maßgebliche Frage des Bestehens anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten setzt die Zustimmung des Arbeitnehmers zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Bedingungen voraus. Solange die erforderliche Vertragsänderung nicht durchgeführt worden ist, scheiden Vergütungsansprüche aus Annahmeverzug im Fall einer dauerhaften Flugdienstuntauglichkeit mithin aus. Über Ansprüche auf Vergütung als Schadensersatz war nicht zu entscheiden, da diese nicht Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92
Abs. 1
ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die gesetzlichen Voraussetzungen des § 72
Abs. 2
ArbGG nicht vorliegen.