1. Die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Arbeitsgerichts Weiden - Kammer Schwandorf - vom 18.12.2006 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Änderungskündigung.
Der Kläger ist seit 03.03.1997 bei der Beklagten beschäftigt. Nach dem Arbeitsvertrag vom 03.03.1997 war er als Elektrotechniker tätig. Danach umschloss das Aufgabengebiet u.a. die Softwareerstellung, Projektbetreuung und -abwicklung, Inbetriebsetzung, Kundenschulung. Der Kläger erklärte sich darüber hinaus mit dem Einsatz auf Baustellen einverstanden.
Der Kläger erlitt am 23.11.2001 einen Verkehrsunfall, bei dem es zu einer schweren Hirnverletzung kam. Ab 15.04.2002 nahm der Kläger im Rahmen einer Wiedereingliederungsmaßnahme seine Tätigkeit wieder auf, ab 17.06.2002 war er vollschichtig tätig. Ab Mai 2004 beschäftigte die Beklagte den Kläger nicht mehr. Die Beklagte sprach am 23.09.2004 eine Beendigungskündigung zum 31.12.2004 sowie am 19.07.2005 eine Änderungskündigung aus. Die hiergegen gerichteten Klagen gingen zugunsten des Klägers aus.
Am 08.08.2005 nahm der Kläger im Rahmen eines Prozessbeschäftigungsverhältnisses seine Tätigkeit für die Beklagte wieder auf. Er wurde mit Übersetzungs- und Dokumentationsaufgaben betraut. Nach den von der Beklagten herausgegebenen Betriebsnachrichten (Ausgaben 11-2005, 12-2006, 9-2006 und 3-2007) wurden zum 01.11.2005 ein Industriemechaniker, zum 01.01.2006 zwei Roboterprogrammierer und ein Elektrotechniker, zum 01.10.2006 ein Techniker und ein Elektroinstallateur, zum 16.10.2006 ein Maschinenbautechniker und ein Roboterprogrammierer, zum 01.01.2007 ein Elektrotechniker, zum 26.03.2007 ein Feinwerkmechanikermeister, zum 01.04.2007 ein Industriemeister (Metall), ein Elektrotechniker, ein Elektroinstallateur und ein Diplomingenieur Mess-Steuer-Regeltechnik sowie zum 16.04.2007 ein Roboterprogrammierer eingestellt. Im Dezember 2005 führte die Beklagte mit dem Kläger einen Arbeitstest durch. Der Kläger erhielt am 13.12.2005 eine konkrete Programmieraufgabe für die Firma C.... Die Aufgabe bestand darin, die bestehende Sicherheits-SPS anzupassen und konkrete Vorgaben eines Kunden D... umzusetzen. Unter dem 16.03.2006 erklärte die Beklagte ein weiteres Mal eine Änderungskündigung. Auch insoweit war eine hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage erfolgreich.
Mit Schreiben vom 30.03.2006 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis erneut ordentlich zum 30.06.2006. Gleichzeitig bot sie dem Kläger eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen an. Das Aufgabengebiet soll nunmehr alle Arbeiten im Lager, vorrangig Fahrer- und Kuriertätigkeiten, vor allem Be- und Entladen von Baustellen- oder sonstigem Material in und von Transportfahrzeugen, Staplerfahren sowie allgemeine Lagertätigkeiten umfassen. Die Arbeitsvergütung soll von einem monatlichen Gehalt von 2.709,00
EUR brutto auf einen Stundenlohn von 8,50
EUR brutto reduziert werden.
Mit Schreiben vom 03.04.2006 nahm der Kläger die Änderung der Arbeitsbedingungen unter dem Vorbehalt an, dass diese nicht sozial ungerechtfertigt seien, und erhob im Übrigen am 04.04.2006 die vorliegende Klage zum Arbeitsgericht Weiden.
Das Erstgericht vernahm den Abteilungsleiter R... sowie den Gruppenleiter B... als Zeugen und wies die Klage mit Urteil vom 18.12.2006 ab. Das Urteil wurde dem Kläger am 05.03.2007 zugestellt. Der Kläger legte gegen das Urteil am 29.03.2007 Berufung ein und begründete sie am 05.06.2007. Bis dahin war die Berufungsbegründungsfrist verlängert worden.
Der Kläger macht geltend, die Behauptung einer angeblich dauerhaften Leistungseinschränkung im Bereich der Programmiertätigkeit könne nicht anhand eines einzigen Arbeitstests der Beklagten sowie die Zeugenaussagen zweier abhängig Beschäftigten der Beklagten verifiziert werden. Der Zeuge R... habe sich bei seiner Vernehmung eindeutig zu seinen Aussagen in der Abschlussbesprechung der Berufsgenossenschaft am 14.06.2002 in Widerspruch gesetzt. Dort habe Herr R... hervorgehoben, dass der Arbeitsversuch mit ihm, dem Kläger, sehr positiv verlaufen sei und, verglichen mit seiner Leistung und seinem Auftreten vor dem Unfall, keinerlei Veränderungen in seiner Arbeitsleistung und seiner Belastungsfähigkeit festzustellen und folglich uneingeschränkte Arbeitsfähigkeit bestehe. Der Kläger macht geltend, es sei nicht bewiesen, dass er nicht mehr in der Lage sei, die nach dem Arbeitsvertrag vom 03.03.1997 geschuldeten Tätigkeiten zu verrichten.
Die Beklagte habe darüber hinaus nicht in ausreichendem Maße Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten geprüft. Aufgrund seiner Ausbildung könne er im Anlagenbau
bzw. in der Anlagenfertigung beschäftigt werden. Es habe auch die rechtliche Verpflichtung der Beklagten bestanden, für ihn einen Arbeitsplatz notfalls freizukündigen.
Der Kläger macht geltend, nachdem er die Übersetzungs- und Dokumentationsaufgaben über einen erheblichen Zeitraum hinweg verrichtet habe, bestehe insofern offenbar auch Arbeitskräftebedarf. Der Beklagten sei es zuzumuten, diese Arbeiten nicht extern zu vergeben. Aufgrund der in den Jahren 2005 bis 2007 erfolgten Neueinstellungen seien bei der Beklagten offensichtlich auch entsprechende freie Arbeitsplätze vorhanden gewesen.
Der Kläger macht geltend, die Beklagte habe es unterlassen, auf die Angebote der Berufsgenossenschaft einzugehen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um ihn zu unterstützen und ihm die Möglichkeit zu geben, in seinem ursprünglichen Bereich als Programmierer zu bleiben. Sie wäre verpflichtet gewesen, einen neuen Arbeitsplatz einzurichten oder einen vorhandenen umzugestalten und die Tätigkeiten umzuverteilen.
Der Kläger beantragt:
1. Das Urteil des Arbeitsgerichts Weiden - Kammer Schwandorf - vom 18.12.2006, zugestellt am 05.03.2007, mit dem Az. 5 Ca 468/05 S, wird aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 30.03.2006, der klägerischen Partei am 31.03.2006 zugegangen, sozial ungerechtfertigt und unwirksam ist und dass das Arbeitsverhältnis der Parteien über den 30.06.2006 hinaus unverändert fortbesteht.
3. Die beklagte Partei trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Beklagte beantragt:
1. Die Berufung wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Beklagte trägt vor, schon in der Einarbeitungsphase sei aufgefallen, dass der Kläger bestimmte routinemäßige Sicherheitsprogrammierungen nicht oder nicht vollständig fertiggestellt habe, weil er offensichtlich aufgrund seiner Schädel/Hirnverletzung seine frühere Gedächtnisleistung nicht mehr habe abrufen
bzw. die komplizierten Zusammenhänge in der Software nicht mehr habe erfassen können. Es sei notwendig gewesen, dem Kläger immer einen anderen Mitarbeiter zur Seite zu stellen. Bei den Programmierarbeiten des Klägers habe es sich ausschließlich um sog. Sicherheits-SPS (speicherprogrammierbare Steuerung) bei Fertigungsanlagen gehandelt. Diese Programmierung müsse absolut fehlerfrei geschehen, da hiervon nicht nur das Funktionieren der Fertigungsanlagen abhänge, sondern auch die Sicherheit der Mitarbeiter in unmittelbarer Nähe der Anlage.
Aufgrund der Tatsache, dass die Kollegen des Klägers zunächst seine Fehler gedeckt und die Hoffnung gehabt hätten, dass er die Arbeitsleistung mit der Zeit wieder werde herstellen können, sei die Eingliederungsphase zunächst als positiv beschrieben worden.
Die Beklagte trägt vor, die Auswertung der dem Kläger am 13.12.2005 erteilten Aufgabe habe ergeben, dass völlig untypische Fehler aufgetreten seien. Es seien folgende Fehler festgestellt worden:
a) die Programmkommentare (im Speziellen die Symbolik) sei nicht angepasst worden, so dass für den Softwareanwender eine falsche Zuordnung symbolisiert worden sei
b) nicht mehr benutzte Bausteine seien aus der Software nicht entfernt worden
c) das sog. Muting sei vom Kläger nicht angepasst worden: es seien vom Kläger pro Begehungsschutz in der Anlage insgesamt vier Muting Eingänge programmiert worden, obwohl in der Anlage nur zwei vorhanden gewesen seien
d) die Arbeitsraumüberwachung im Auslauf der Anlage sei nicht aus der Software entfernt worden, was zur Abschaltung aller Aggregate führe und einen unnötigen Produktionsstopp hervorrufe. Da die Eingänge für den Lichtvorhang laut dem Schaltplan nicht verkabelt gewesen seien, hätten die Aggregate nicht eingeschaltet werden können; dies habe der Kläger erkennen müssen
e) die sog. Mutinglampe im Begehschutz 1 des Einlaufs sei vom Kläger doppelt programmiert worden. Demgegenüber sei die Mutinglampe im Einlauf 2 der Anlage überhaupt nicht programmiert worden. Dies habe dem Kläger durch eine Kontrolle der Querverweisliste sofort auffallen müssen. Folge dieses Programmierfehlers wäre es, dass der fehlersichere Teil der Sicherheitssoftware in der sog. Sicherheitssteuerung sofort bei Einschalten der Anlage in den Zustand "Stopp" gehen würde
f) die in der Anlage zu programmierenden Not-Aus-Taster seien vom Kläger nicht eingearbeitet worden, sondern mit "1"-Merker anparametriert und dadurch regelrecht überbrückt worden. Des Weiteren habe er im Bereich dieser Not-Aus-Taster im Bereich PB3, NW4 einen Tippfehler begangen; folglich sei ein Eingang nicht überbrückt worden
g) ein Auswahlschalter der Roboterauswahl für Betriebsartenschalter T1/T2/Auto sei vom Kläger überhaupt nicht programmiert worden, stattdessen sei vom Vorgabeprojekt je Roboter ein eigener Programmierschalter programmiert worden
h) des Weiteren seien Eingänge für nicht vorhandene Not-Aus-Taster im PB99 (Schnellabschaltung) nicht mit "1"-Merker ersetzt oder auch die Auswertung der Fehler entfernt worden. Dies habe dazu geführt, dass die Einschaltung der Aggregate überhaupt nicht möglich gewesen sei.
Die Beklagte führt aus, der unter b) aufgeführte Fehler führe bei jedem Übersetzungslauf zu einer völlig unnötigen Warnmeldung und einer entsprechenden Irritation des Instandhaltungspersonals. Auch der Fehler c) führe zu Irritationen und bei Folgeprogrammierungen zu unnötigen Fehlern. Der Fehler d) führe zur Abschaltung aller Aggregate und rufe einen unnötigen Produktionsstopp hervor. Die zahlreichen und zum Teil
sicherheitsrelevanten Fehler seien völlig untypisch und nur dadurch zu erklären, dass beim Kläger eine irreversible leichte bis mittelgradige Hirnleistungsstörung nach frontaler Hirnschädigung vorliege. Der Kläger sei nicht mehr in der Lage, komplexe Programmiertätigkeiten, insbesondere im Bereich der SPS-Programmierung durchzuführen.
Die Beklagte führt aus, die Übersetzungs- und Dokumentationsaufgaben würden im gewöhnlichen Verlauf von anderen Mitarbeitern miterledigt. Der Kläger sei damit lediglich im Rahmen der Prozessbeschäftigung betraut worden.
Im Anlagenbau und in der Anlagenfertigung könne der Kläger wegen fehlenden Ausbildungsberufes nicht eingesetzt werden.
Wegen des weitergehenden Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Gemäß Beschluss des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 12.11.2009 (Bl. 266/267 d.A.)
bzw. vom 26.05.2010 (Bl. 283 d.A.), 14.10.2010 (Bl. 291 d.A.) und 01.03.2013 (Bl. 462 d.A.) sind Gutachten von Herrn Professor
Dr. H..., Herrn Professor
Dr. S... und Herrn Professor
Dr. Dr. med. W... (Bl. 462 d.A.) eingeholt worden. Wegen des Inhalts der Begutachtungen wird auf die schriftlichen Gutachten vom 17.01.2011 (Bl. 297 ff d.A.), vom 12.03.2012 (Bl. 340 ff d.A.) inklusive des Teilgutachtens vom 12.08.2010 (Bl. 363 ff d.A.) und vom 08.08.2013 (Bl. 491 ff d.A.) Bezug genommen. Darüber hinaus ist Herr Professor
Dr. Dr. W... als Gutachter angehört worden. Wegen des Ergebnisses der Befragung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 02.04.2015 verwiesen (Bl. 607 ff d.A.).
Mit Schriftsatz vom 18.10.2013 lehnte der Kläger Herrn Professor
Dr. Dr. W... wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Der Antrag wurde mit Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 20.11.2014 abgewiesen. Wegen der Begründung wird auf den Beschluss Bezug genommen (Bl. 578 ff d.A.).
Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft, § 64 Absatz 2 c)
ArbGG, sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden, § 66 Absatz 1 Satz 1 und 2, 64 Absatz 6 Satz 1
ArbGG iVm den §§ 519, 520
ZPO.
Die Berufung ist unbegründet.
Infolge der Änderungskündigung der Beklagten vom 30.03.2006 sind die Arbeitsbedingungen des Klägers wirksam geändert worden. Die von der Beklagten angestrebte Änderung der Arbeitsbedingungen ist sozial gerechtfertigt. Insbesondere liegen in der Person des Klägers Umstände, die die Änderung der Arbeitsbedingungen bedingen,
§§ 1 Absatz 2,
2 KSchG.
Eine Änderungskündigung iSd. § 2
KSchG ist sozial gerechtfertigt, wenn das Änderungsangebot des Arbeitgebers durch Gründe iSd. § 1 Absatz 2
KSchG bedingt ist und sich darauf beschränkt, solche Änderungen vorzusehen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muss. Dieser Maßstab gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer das Änderungsangebot abgelehnt oder - wie vorliegend - unter Vorbehalt angenommen hat. Ob der Arbeitnehmer eine ihm vorgeschlagene Änderung billigerweise akzeptieren muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beurteilen. Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssen für alle vorgesehenen Änderungen vorliegen. Ausgangspunkt ist die bisherige vertragliche Regelung. Die angebotenen Änderungen dürfen sich von deren Inhalt nicht weiter entfernen, als zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist. Als Gründe in der Person, die eine ordentliche Kündigung nach § 1 Absatz 2 Satz 1
KSchG sozial rechtfertigen können, kommen Umstände in Betracht, die auf den persönlichen Verhältnissen oder Eigenschaften des Arbeitnehmers beruhen. Eine auf sie gestützte Kündigung kann sozial gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer aus Gründen in seiner Person - die nicht von ihm verschuldet sein müssen - zu der nach dem Vertrag vorausgesetzten Arbeitsleistung ganz oder teilweise nicht mehr in der Lage ist. In diesen Fällen liegt in der Regel eine erhebliche und dauerhafte Störung des vertraglichen Austauschverhältnisses vor, der der Arbeitgeber, wenn keine andere Beschäftigung mehr möglich ist, mit einer Kündigung begegnen kann.
Es ist im Rahmen von § 2
iVm. § 1 Absatz 2 Satz 2
KSchG nicht erforderlich, dass der Arbeitnehmer einen ganz bestimmten freien Arbeitsplatz bezeichnet, auf dem er weiterbeschäftigt werden könnte. Er genügt seiner Darlegungslast in der Regel schon dadurch, dass er angibt, welche Art der Beschäftigung er meint (
vgl. Bundesarbeitsgericht - Urteil vom 10.04.2014 - 2 AZR 812/12; juris). Gemessen an diesen Kriterien hält die Änderungskündigung der Beklagten einer rechtlichen Überprüfung stand.
Der Kläger ist aufgrund seines Unfalls vom 23.11.2001 aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, die arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit auszuführen. Der Kläger wurde als Elektrotechniker bei der Beklagten eingestellt. Die Tätigkeit, die ihm nach seinem Arbeitsvertrag oblag, umfasste u.a. die Softwareerstellung, die Projektbetreuung und -abwicklung, die Inbetriebsetzung und Kundenschulung. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig. Bei den Programmierarbeiten des Klägers handelte es sich ausschließlich um sog. Sicherheits-SPS (= speicherprogrammierbare Steuerung) bei Fertigungsanlagen. Dies ergibt sich aus dem Vorbringen der Beklagten, das der Kläger nicht bestreitet und das daher als zugestanden anzusehen ist, § 138 Absatz 3
ZPO.
Der Kläger hat bei dieser Tätigkeit Fehler gemacht.
Allerdings hat der Kläger seit 25.09.2004 auf Veranlassung der Beklagten keine nach dem Vertrag geschuldete Leistung mehr erbracht. Die Beklagte hatte ihn mit Ausspruch der ersten Kündigung vom 23.09.2004 von der Verpflichtung zur Arbeitsleistung freigestellt. Infolge dieser und der nachfolgenden Kündigungen wurde der Kläger nicht
bzw. wenn, mit anderen Aufgaben betraut.
Der Kläger erhielt indes am 13.12.2005 eine Arbeitsaufgabe, die dazu diente, zu testen, ob er in der Lage war, die arbeitsvertraglich geschuldeten Leistungen zu erbringen. Dies ist zwischen den Parteien unstreitig. Es handelte sich um eine konkrete Programmieraufgabe für die Firma C.... Die Aufgabe bestand darin, die bestehende Sicherheits-SPS in einer Roboteranlage anzupassen und konkrete Vorgaben eines Kunden D... umzusetzen.
Auch darüber besteht zwischen den Parteien kein Streit.
Dem Kläger unterliefen bei der Erledigung der Arbeitsaufgabe erhebliche Fehler, die dazu führten, dass die Anlage nicht gelaufen wäre
bzw. dass die Arbeit des Klägers so nicht an den Kunden hätte ausgeliefert werden können. So hatte der Kläger nicht mehr benutzte Bausteine nicht entfernt, was dazu geführt hätte, dass die Anlage wieder hätte stillgelegt und die Software erneut hätte überarbeitet werden müssen. Ferner bestand an der Anlage kein
BG-Schutz am Auslauf, dieser Schutz war aber in der Software vorgesehen. Der Kläger unterließ es, die Software entsprechend anzupassen, was bewirkt hätte, dass die Anlage, simulierend, es stünde dort ein Mensch, nicht gelaufen wäre. Schließlich kontrollierte der Kläger nicht den Roboterauswahlschalter, mit dem geregelt wird, ob ein oder zwei Roboter gleichzeitig arbeiten sollten.
Der Kläger machte auch sicherheitsrelevante Fehler. So wäre die Roboteranlage, hätte jemand den Not-Aus-Schalter gedrückt, nach der Programmierung des Klägers weitergelaufen. Das erkennende Gericht folgt - wie das Erstgericht - insoweit dem Vorbringen der Beklagten, das es durch das Ergebnis der Beweisaufnahme vor dem Arbeitsgericht Weiden als erwiesen ansieht. Die Zeugen R... und vor allem auch B... haben das tatsächliche Vorbringen der Beklagten bei ihrer Einvernahme vor dem Arbeitsgericht bestätigt. Das erkennende Gericht hat keine Veranlassung, an der Richtigkeit der Aussagen zu zweifeln, insbesondere gibt auch die Beweiswürdigung des Erstgerichts keinen Anlass hierzu.
Zwar rügt der Kläger, die vernommenen Zeugen besäßen keine ausreichend Sachkenntnis. Diesem Einwand kann indes nicht umfassend gefolgt werden. Beide Zeugen besitzen aufgrund ihrer Ausbildung und ihrer Tätigkeit die Kompetenz, festzustellen, ob der Kläger bei den Programmierarbeiten anlässlich des Arbeitstests im Dezember 2005 Fehler gemacht hat. Dagegen ist dem Kläger darin zu folgen, dass die Zeugen nichts dazu aussagen können - dies ist auch nicht erfolgt -, worauf die Fehler zurückzuführen sind, insbesondere ob sie auf hirnorganischen Defiziten beruhen, die der Kläger bei dem Unfall am 23.11.2001 davongetragen hat. Insoweit hat der Kläger zu Recht geltend gemacht, dies habe nur aufgrund eines entsprechenden Sachverständigengutachtens festgestellt werden können.
Nach dem nunmehr vorliegenden Gutachten von Herrn Professor
Dr. Dr. W... ist davon auszugehen, dass beim Kläger eine irreversible hirnorganische Verletzung vorliegt, die dazu führt, dass er die an sich geschuldeten Programmierarbeiten nicht (mehr) durchführen kann.
Nach dem Gutachten ist beim Kläger eine rechts im Frontalhirn gelegene Narbenzone vorhanden. Diese beeinträchtigt nach den Ausführungen des Herrn Professor
Dr. Dr. W... zwei kognitive Funktionen des Gehirns, nämlich temporal das Gedächtnis und die exekutiven Funktionen, wobei zu letzteren beispielsweise Planung, Kontaktfähigkeit und Problemlösung gehören.
Nach dem Ergebnis der gutachterlichen Untersuchung weist der Kläger in den Bereichen Gedächtnisleistung und Lernfähigkeit deutliche Defizite auf, die dazu führen, dass seine Leistungsfähigkeit in seinem Tätigkeitsfeld um 30 bis 40% gemindert ist. Diese Einschätzung beruht auf den vom Gutachter schriftlich dargestellten und nachvollziehbaren Testergebnissen. Die Leistungsminderung bedingt, dass die erbrachten Leistungen nicht übernommen werden können, sondern von Dritten kontrolliert und revidiert werden müssen.
Das erkennende Gericht folgt den Ausführungen und dem Ergebnis des Gutachters Professor
Dr. Dr. W.... Insbesondere sind die Einwendungen des Klägers nicht geeignet, Zweifel an der Richtigkeit des festgestellten Ergebnisses zu verursachen.
Die Gutachten von Herrn Professor
Dr. med.
S... und von Herrn Professor
Dr. med. H... stehen dem Gutachten von Herrn Professor
Dr. Dr. W... nicht entgegen.
Im Gutachten von Professor
Dr. med.
S... ist zwar auf Bl. 26 (Bl. 322 d.A.) ausgeführt, dass es durchaus vorstellbar sei, dass der Kläger die frühere Tätigkeit wieder aufnehme. Diesbezüglich erfolgt insoweit eine Einschränkung, wenn im Ergebnis ausgeführt wird, es sei dem Kläger eine etwas längere Zeit zur Selbstkontrolle
bzw. zur Zuhilfenahme von Gedächtnis- und Planungsstützen einzuräumen. Maßgebend ist indes die Feststellung auf Blatt 27 des Gutachtens (Bl. 323 d.A.), ob Herr K. wegen der beim Verkehrsunfall am 23.01.2001 erlittenen Hirnschädigung nicht mehr in der Lage sei, das ihm übertragene Aufgabengebiet zu bearbeiten, könne in dieser Form aus neurologisch-neuropsychologischer Sicht nicht abschließend beantwortet werden, weil es an einer exakten Spezifikation der zu leistenden Tätigkeit fehle, d.h., der Gutachter besaß keine konkrete Vorstellung davon, welche Arbeit der Kläger zu leisten hatte und welche Anforderungen neurologischer Art diese mit sich brachte.
Das Gleiche gilt im Ergebnis für das arbeitsmedizinische Gutachten von Herrn Professor
Dr. med. H... und das psychiatrische Teilgutachten von Herrn L.... So wird im arbeitsmedizinischen Gutachten auf Seite 20 (Bl. 359 d.A.) ausgeführt, inwieweit weiterhin komplexe SPS-Programmiertätigkeiten vorgenommen werden könnten, sei von den Gutachtern schwer beurteilbar, da sie nicht in der Lage seien, dies vor Ort zu überprüfen.
Im psychiatrischen Teilgutachten wird auf der vorletzten Seite (Bl. 371 d.A.) ausgeführt, der Unterzeichner sehe sich im Ergebnis außerstande, die Beweisfragen fachgerecht und sachgerecht zu beantworten.
Demgegenüber ist Herr Professor
Dr. Dr. W... sowohl Diplomingenieur als auch Neurologe und Psychiater. Er verfügt demgemäß sowohl über die erforderlichen medizinischen Kenntnisse als auch über Kenntnisse bezüglich der Programmiertätigkeit und ist deshalb in der Lage, nachzuvollziehen und zu bewerten, ob die beim Kläger vorliegenden hirnorganischen Einschränkungen dessen Fähigkeit, Programmiertätigkeiten zu erbringen, beeinträchtigen. So hat er insbesondere auch anschaulich dargestellt, welche Anforderungen das Programmieren mit sich bringt, indem er ausgeführt hat, man könne die Tätigkeit eines Programmierers am besten mit dem Schachspielen vergleichen.
Die vom Kläger gegen Herrn Professor
Dr. Dr. W... geltend gemachten Einwendungen sieht das erkennende Gericht als widerlegt an.
So weit der Kläger Herrn Professor
Dr. Dr. W... als befangen abgelehnt hat, wird auf den Beschluss des Landesarbeitsgerichts vom 20.11.2014 verwiesen, mit dem der Ablehnungsantrag zurückgewiesen wurde (Bl. 578 ff d.A.).
Auch die übrigen Einwendungen des Klägers greifen nicht.
So macht der Kläger geltend, dem Sachverständigen sei es eindeutig nicht möglich, die neuesten Anforderungen an einen SPS-Programmierer hinreichend zu beurteilen, da er lediglich über eigene Kenntnisse in der maschinen- und maschinennahen Programmierung aus den 1980er und 1990er Jahren verfüge. So seien dem Gutachter Fachbegriffe wie "Hardwareplan", "Zuordnungsliste", "Anweisungsleiste AWL", "Funktionsplan FUB","Kontaktplan KOB", "Funktionsbaustein FOB" sowie "Sicherheitsbaustein" nicht bekannt gewesen. Herr Professor
Dr. Dr. W... hat hierzu ausgeführt, er verfüge über die Zusatzbezeichnung "Medizinische Informatik". Die Informatik beschäftige sich mit dem Fachgebiet, in dem der Kläger tätig gewesen sei. Es habe sich zwar die in den 1960er Jahren verwendete Computertechnik bezüglich der Hardware massiv verändert, die Grundprinzipien der Programmierung seien jedoch gleich geblieben. Es gebe für die vom Kläger vorgenommenen Programmierungen zahlreiche Programmiersprachen, die alle ihre speziellen Eigenheiten besäßen und in denen eigene Begriffe verwendet würden. Dies stellt nach Auffassung des erkennenden Gerichts eine nachvollziehbare und plausible Begründung für die vom Kläger behaupteten Wissenslücken dar. Insbesondere stellt dies nicht die Fähigkeit von Herrn Professor
Dr. Dr. W... in Frage, zu beurteilen, ob der Kläger noch in der Lage ist, die geforderten Programmierarbeiten zu erledigen.
Danach geht das erkennende Gericht davon aus, dass eine Weiterbeschäftigung des Klägers auf dem arbeitsvertraglichen Arbeitsplatz nicht mehr möglich war und die Beklagte deshalb berechtigt war, das Arbeitsverhältnis zu kündigen.
Allerdings ist der Arbeitgeber verpflichtet, dem Arbeitnehmer, der nicht auf dem bisherigen Arbeitsplatz beschäftigt werden kann, eine anderweitig bestehende Beschäftigungsmöglichkeit anzubieten. Dies ergibt sich aus dem Prinzip, dass eine Beendigungskündigung die ultima ratio sein muss. Die angebotenen Änderungen dürfen sich von deren Inhalt nicht weiter entfernen, als zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist.
Die Beklagte hat dem Kläger einen anderen Arbeitsplatz angeboten. Gleichzeitig mit der Kündigung des Arbeitsverhältnisses hat die Beklagte dem Kläger das Angebot gemacht, im Lager weiter zu arbeiten. Dieses Angebot hat der Kläger unter Vorbehalt angenommen. Das Angebot der Beklagten ist geeignet und erforderlich, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Insbesondere bestand keine andere Einsatzmöglichkeit für den Kläger, die mit weniger einschränkenden Änderungen der Arbeitsbedingungen verbunden gewesen wäre.
Die Beschäftigung im Lager stellt nicht nur eine Tätigkeit dar, die von den intellektuellen Anforderungen hinter der bisherigen Tätigkeit weit zurückbleibt, sondern ist auch deutlich geringer vergütet. Gleichwohl war die Beklagte nicht verpflichtet, dem Kläger einen anderen Arbeitsplatz anzubieten. Der Kläger führt insoweit zum einen aus, er könne mit Dokumentationsarbeiten beschäftigt werden. Zwar ist zwischen den Parteien unstreitig, dass der Kläger vorübergehend damit betraut war, Dokumentationen vorzunehmen. Insofern hält die Beklagte indes keine Vollzeitarbeitsplätze vor. Die Mitarbeiter der Beklagten führen die erforderlichen Dokumentationen idR selbst durch. Dies ergibt sich aus dem Sachvortrag der Beklagten, den der Kläger letztlich nicht bestreitet. Der Kläger hat lediglich geltend gemacht, die verbleibenden Dokumentationsarbeiten müssten nicht extern vergeben werden. Die Beklagte ist indes frei darin, zu entscheiden, ob sie die im Betrieb anfallenden Arbeiten von eigenen Mitarbeitern erledigen lässt oder hierfür externe Kräfte einsetzt.
Der Kläger kann auch nicht im Anlagenbau
bzw. in der Anlagenfertigung beschäftigt werden. Auch im Anlagenbau sind Fähigkeiten gefordert, über die der Kläger aufgrund der erlittenen Verletzung nicht mehr verfügt. Nach dem von der Beklagten vorgelegten, vom Kläger nicht in Abrede gestellten Anforderungsprofil für Anlagenelektroniker sind auch in diesem Bereich selbständige Programmierarbeiten von Automatisierungssystemen zu erbringen. Dazu kommt, dass auch selbständiges Installieren/Verdrahten von Komponenten und Geräten zu erbringen sind. Wegen der Komplexität dieser Tätigkeit, insbesondere der benötigten Gedächtnisleistung, ist der Kläger hierfür indes nicht geeignet.
Andere Arbeitsplätze hat der Kläger nicht benannt. Es obliegt nicht der Beklagten, im Rahmen einer erweiterten Darlegungslast Umstände vorzutragen, aus denen sich ergibt, dass die Kündigung unvermeidlich war, insbesondere dass sonstige konkrete und geeignete Arbeitsplätze nicht vorlagen. Eine solche Verpflichtung besteht zwar dann, wenn der Arbeitgeber entgegen
§ 84 SGB IX ein betriebliches Eingliederungsverfahren nicht durchgeführt hat. In diesem Fall hat der Arbeitgeber darzulegen, dass auch die Durchführung eines betriebliches Eingliederungsverfahrens nicht dazu geführt hätte, einen anderen Arbeitsplatz zu finden (
vgl. Bundesarbeitsgericht - Urteil vom 20.11.2014 -
2 AZR 664/13; juris).
Die Voraussetzungen für die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsverfahrens lagen zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Kündigung indes nicht vor. Der Kläger war weder schwerbehindert (§ 84 Absatz 1
SGB IX) noch war er länger als sechs Wochen arbeitsunfähig erkrankt (§ 84 Absatz 2
SGB IX). Nach dem Vorbringen des Klägers bestand ab 01.11.2004 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 %. Erst nach Ausspruch der Kündigung, nämlich am 10.04.2006, stellte der Kläger den Antrag auf Gleichstellung nach
§ 68 Absatz 2 Satz 1 SGB IX. Schließlich war die Beklagte nicht verpflichtet, einen geeigneten Arbeitsplatz freizukündigen.
Eine Pflicht des Arbeitgebers zur "Freikündigung" eines leidensgerechten Arbeitsplatzes für den erkrankten Arbeitnehmer allein auf der Grundlage des allgemeinen Kündigungsschutzes besteht nicht (
vgl. Bundesarbeitsgericht aaO). Darüber hinaus ist nicht ersichtlich, dass ein solcher Arbeitsplatz überhaupt zur Verfügung stand. Nach den von der Beklagten herausgegebenen Betriebsnachrichten (Ausgaben 11-2005, 12-2006, 9-2006 und 3-2007) wurden zwar verschiedene Arbeitsplätze im Betrieb der Beklagten neu besetzt. Im zeitlichen Umfeld zur Kündigung waren dies die Stelle eines Industriemechanikers zum 01.11.2005 und zum 01.01.2006 zwei Roboterprogrammierer sowie ein Elektrotechniker. Die anderen Neueinstellungen erfolgten erst nach dem Ausspruch der Kündigung.
Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger aufgrund seiner Verletzungen in der Lage ist, die ausgeschriebenen Stellen auszufüllen. So umfasst insbesondere auch die Tätigkeit eines Industriemechanikers planerische Elemente, die eine gewisse Gedächtnisleistung voraussetzen.
Danach ist zusammenfassend festzustellen, dass der Kläger zum einen wegen der bei dem von ihm unverschuldeten Unfall erlittenen Verletzungen nicht mehr in der Lage ist, die ursprünglich geschuldete Tätigkeit zu erbringen, und die Beklagte zum anderen keinen anderen, besser dotierten Arbeitsplatz zur Verfügung hatte, auf dem sie den Kläger weiterbeschäftigen könnte.
Die Berufung des Klägers musste deshalb zurückgewiesen werden. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Absatz 1
ZPO. Für die Zulassung der Revision besteht kein gesetzlich begründeter Anlass, § 72 Absatz 2
ArbGG.