Der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg - Fachsenat für Personalvertretungssachen des Landes Berlin - vom 20. November 2008 wird geändert, soweit der Feststellungsantrag zu 2 hinsichtlich des Anschreibens an die Betroffenen zurückgewiesen wurde.
Die Beschwerde des Beteiligten gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin - Fachkammer für Personalvertretungssachen des Landes Berlin - vom 4. April 2007 wird in diesem Umfang zurückgewiesen.
Im Übrigen wird die Rechtsbeschwerde des Antragstellers zurückgewiesen.
I
In der Zeit ab April 2006 schrieb der Beteiligte unter Bezugnahme auf
§ 84 Abs. 2 SGB IX Beschäftigte seiner Dienststelle an, die innerhalb des zurückliegenden Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig krank gewesen waren. Er unterrichtete sie über die Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements und bat darum, auf der beiliegenden Kopie des Schreibens zu erklären, ob sie mit der Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements einverstanden seien. Mit Schreiben vom 25. April 2006 rügte der Antragsteller seine unterbliebene Beteiligung und bat um Übergabe einer Liste aller angeschriebenen Beschäftigten. Dem trat der Beteiligte im Schreiben vom 8. Mai 2006 im Wesentlichen mit der Begründung entgegen, vor Zustimmung des betroffenen Beschäftigten sei für eine Einschaltung der Personalvertretung kein Raum. Mit Schreiben vom 17. Januar 2007 übersandte der Beteiligte dem Antragsteller eine Übersicht, welche die Namen der Beschäftigten mit krankheitsbedingten Fehlzeiten von über sechs Wochen sowie den Zeitraum der Erkrankung und die Anzahl der Krankheitstage enthielt. Mit Schreiben vom 16. März 2007 übersandte der Beteiligte dem Antragsteller eine Liste mit den Namen derjenigen Beschäftigten, welche der Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements zugestimmt hatten.
Das vom Antragsteller angerufene Verwaltungsgericht hat festgestellt, 1. dass der Beteiligte dadurch das Beteiligungsrecht des Antragstellers gemäß § 84
Abs. 2,
§ 93 SGB IX verletzt hat, dass er Beschäftigte aufgefordert hat mitzuteilen, ob sie einem betrieblichen Eingliederungsmanagement zustimmen würden, ohne dass der Antragsteller vorher beteiligt worden ist, und 2. dass der Beteiligte verpflichtet ist, dem Antragsteller unverzüglich mitzuteilen, ohne vorherige Zustimmung des jeweils Betroffenen, welche Beschäftigten der Dienststelle innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig waren, und das Anschreiben an die Betroffenen und
ggf. deren Antwort zur Kenntnis zu geben.
Der Beteiligte hat gegen die Feststellung zu 1 sowie gegen die Feststellung zu 2 hinsichtlich des Anschreibens an die Betroffenen und deren Antwort Beschwerde eingelegt. Das Oberverwaltungsgericht hat den erstinstanzlichen Beschluss geändert und den Feststellungsantrag zu 2 insoweit zurückgewiesen, als der Antragsteller die Feststellung der Verpflichtung des Beteiligten begehrt, dem Antragsteller ohne vorherige Zustimmung des Betroffenen eine Kopie des Anschreibens an die Betroffenen und
ggf. deren Antwort zur Kenntnis zu geben. Im Übrigen hat es die Beschwerde des Beteiligten zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Antragsteller könne nur beanspruchen, dass ihm der anonymisierte Mustertext des Schreibens an die Betroffenen zur Kenntnis gegeben werde. Nicht beanspruchen könne er dagegen, die jeweiligen individuellen Schreiben, aus denen Namen und Anschrift der Betroffenen hervorgingen, sowie die Antwortschreiben zur Kenntnis zu erhalten. Dem stehe das Geheimhaltungsinteresse der Beschäftigten entgegen, die sich zur Beteiligung der Personalvertretung am betrieblichen Eingliederungsmanagement noch nicht geäußert hätten. Nach dem Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit sei dem Beteiligten zuzutrauen, die Antwortschreiben zutreffend in "zugestimmt" und "nicht zugestimmt" unterscheiden zu können. Dem Betroffenen bleibe es unbenommen, ein etwaiges Missverständnis beim Beteiligten aufzuklären oder beim Antragsteller um Beteiligung in seinem Fall nachzusuchen, falls bei ihm entgegen seinem Wunsch kein betriebliches Eingliederungsmanagement durchgeführt werde. Durch diese Einschränkung werde die Arbeit der Personalvertretung nicht unzumutbar erschwert. Es handele sich vielmehr um das Ergebnis der zu einem Ausgleich zu bringenden gegenläufigen Interessen der Beschäftigten, die einem betrieblichen Eingliederungsmanagement unter Beteiligung der Personalvertretung nicht zugestimmt hätten, einerseits und den Interessen der Personalvertretung an der Überwachung der Maßnahmen andererseits.
Soweit das Oberverwaltungsgericht den Feststellungsantrag zu 2 zurückgewiesen hat, hat der Senat die Rechtsbeschwerde des Antragstellers zugelassen. Dieser trägt vor: Gemäß § 84
Abs. 2 Satz 7
SGB IX habe der Personalrat die Aufgabe, die Einhaltung der Verpflichtungen des Arbeitgebers zum betrieblichen Eingliederungsmanagement zu überwachen. Dazu gehöre die Verpflichtung nach § 84
Abs. 2 Satz 3
SGB IX, die Betroffenen auf die Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen. Die Erfüllung dieser Verpflichtung könne der Personalrat nicht überwachen, wenn er die entsprechenden Schreiben der Dienststelle nicht in Kopie erhalte. Das Persönlichkeitsrecht des Beschäftigten werde mit Rücksicht auf die Beteiligungsrechte der Personalvertretung eingeschränkt. So erhalte der Personalrat
z.B. in jedem Einstellungs-, Eingruppierungs- oder Kündigungsfall die erforderlichen Informationen ohne Einverständnis des Betroffenen. Auch im vorliegenden Fall sei der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz gewahrt. Die begehrte Unterrichtung sei geeignet, erforderlich und angemessen, damit der Personalrat seiner Überwachungspflicht nachkommen könne.
Der Antragsteller beantragt,
den angefochtenen Beschluss abzuändern, soweit der Beschwerde des Beteiligten stattgegeben wurde, und auch diesen Teil der Beschwerde des Beteiligten zurückzuweisen.
Der Beteiligte beantragt,
die Rechtsbeschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.
Er verteidigt ebenso wie der Vertreter des Bundesinteresses den angefochtenen Beschluss.
II
Die zulässige Rechtsbeschwerde des Antragstellers ist nur teilweise begründet. Soweit es um das Anschreiben des Beteiligten an die betroffenen Beschäftigten geht, beruht der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts auf der unrichtigen Anwendung von Rechtsnormen (§ 91
Abs. 2 BlnPersVG vom 14. Juli 1994, GVBl
S. 337, zuletzt geändert durch
Art. III des Gesetzes vom 25. Januar 2010, GVBl
S. 22,
i.V.m. § 93
Abs. 1 Satz 1
ArbGG). In diesem Umfang ist er daher zu ändern; da der Sachverhalt geklärt ist, entscheidet der Senat in der Sache selbst (§ 96
Abs. 1 Satz 2
ArbGG i.V.m. § 562
Abs. 1, § 563
Abs. 3
ZPO). Danach ist die Beschwerde des Beteiligten gegen den erstinstanzlichen Beschluss hinsichtlich des Anschreibens zurückzuweisen. Im Übrigen ist der Beschluss des Oberverwaltungsgerichts zu bestätigen. Ohne Zustimmung des jeweils Betroffenen ist dem Antragsteller zwar das Anschreiben des Beteiligten an den Betroffenen, nicht aber dessen Antwortschreiben zur Kenntnis zu geben.
1. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist allein die Frage, ob der Antragsteller einen Anspruch darauf hat, dass ihm das Anschreiben an die Betroffenen und deren Antwort ohne deren vorherige Zustimmung zur Kenntnis gegeben werden. Insoweit hat das Oberverwaltungsgericht der Beschwerde des Beteiligten stattgegeben und das Feststellungsbegehren abgelehnt. Nur darauf erstreckt sich die vom Senat zugelassene Rechtsbeschwerde.
Soweit das Verwaltungsgericht angenommen hat, dass der Beteiligte mit der Einleitung des betrieblichen Eingliederungsmanagements das Beteiligungsrecht des Antragstellers verletzt hat und dass der Beteiligte verpflichtet ist, dem Antragsteller ohne vorherige Zustimmung des jeweils Betroffenen mitzuteilen, welche Beschäftigten innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig waren, sie diese Feststellungen rechtskräftig geworden und deshalb einer Überprüfung durch den Senat entzogen.
2. Rechtsgrundlage für das streitige Begehren ist § 73
Abs. 1 Satz 1 und 2 BlnPersVG
i.V.m. § 84
Abs. 2 Satz 7
SGB IX.
a) Der Geltungsbereich des Berliner Personalvertretungsgesetzes ist eröffnet. Er erstreckt sich gemäß § 1
Abs. 1 BlnPersVG auf die landesunmittelbaren Anstalten des öffentlichen Rechts des Landes Berlin. Um eine derartige Anstalt handelt es sich bei den Berliner Bäder-Betrieben (§ 28
Abs. 1,
Abs. 2 Buchst. a des Gesetzes über die Zuständigkeiten in der Allgemeinen Berliner Verwaltung i.d.F. der Bekanntmachung vom 22. Juli 1996, GVBl
S. 302, zuletzt geändert durch
Art. II des Gesetzes vom 25. Januar 2010, GVBl
S. 22,
i.V.m. § 1
Abs. 1, § 17
Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes über die Anstalt öffentlichen Rechts Berliner Bäder-Betriebe vom 25. September 1995, GVBl
S. 617, zuletzt geändert durch
Art. I des Gesetzes vom 10. Mai 2007, GVBl
S. 195).
b) Gemäß § 73
Abs. 1 Satz 1 und 2 BlnPersVG ist die Personalvertretung zur Durchführung ihrer Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten; ihr sind sämtliche zur Durchführung ihrer Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Die Pflicht des Dienststellenleiters zur Vorlage von Unterlagen ist somit Bestandteil seiner Informationspflicht gegenüber der Personalvertretung. Sie besteht nur in dem Umfang, in welchem die Personalvertretung zur Durchführung ihrer Aufgaben die Kenntnis der Unterlagen benötigt (
vgl. Beschlüsse vom 23. Januar 2002 -
BVerwG 6 P 5.01 - Buchholz 250 § 68 BPersVG
Nr. 17
S. 1 = PersR 2002, 201 und vom 16. Februar 2010 -
BVerwG 6 P 5.09 - juris Rn. 9). Als Aufgabe, aus welchen der geltend gemachte Anspruch des Personalrats auf Vorlage der Schreiben herzuleiten ist, kommen hier dessen Befugnis aus § 84
Abs. 2 Satz 7
SGB IX in Betracht.
Nach § 84
Abs. 2 Satz 7
SGB IX wachen u.a. die zuständigen Interessenvertretungen im Sinne des § 93
SGB IX, also auch der Personalrat, darüber, dass der Arbeitgeber die ihm nach § 84
SGB IX obliegenden Verpflichtungen erfüllt. Diese Verpflichtungen bestehen für alle Arbeitnehmer, nicht etwa nur mit Blick auf behinderte Menschen (
vgl. BAG, Urteil vom 12. Juli 2007 -
2 AZR 716/06 - BAGE 123, 234 Rn. 35). Dem Arbeitgeber obliegt nach § 84
Abs. 2 Satz 3
SGB IX die Verpflichtung, den Beschäftigten, der innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig war, oder dessen gesetzlichen Vertreter auf die Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements im Sinne des § 84
Abs. 2 Satz 1
SGB IX sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen. Stimmt der Betroffene oder sein gesetzlicher Vertreter der Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements zu, ist der Arbeitgeber nach Maßgabe des § 84
Abs. 2 Satz 1
SGB IX verpflichtet, die Möglichkeiten zu klären, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden und mit welchen Leistungen und Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Soweit es für die Überwachung, ob der Arbeitgeber diese Verpflichtungen erfüllt, erforderlich ist, hat der Personalrat einen Informationsanspruch nach § 73
Abs. 1 BlnPersVG.
c) Rechtssystematische Bedenken, den Auskunftsanspruch des Personalrats nach § 73
Abs. 1 BlnPersVG auf die Aufgaben der Personalvertretung nach § 84
Abs. 2
SGB IX anzuwenden, bestehen nicht. Insbesondere kann § 84
Abs. 2 SBG IX nicht als Spezialregelung verstanden werden, die im Aufgabenbereich des betrieblichen Eingliederungsmanagements die Bestimmungen zum Auskunftsanspruch des Personalrats nach den einschlägigen Personalvertretungsgesetzen verdrängt (so aber
VG Hamburg, Beschluss vom 10. November 2006 -
23 FB 17/06 - juris Rn. 19; Schulz, PersV 2008, 244 (247); Koch, PersV 2008, 256 (257)).
§ 84
Abs. 2 Satz 1 und 6
SGB IX spricht die zuständige Interessenvertretung im Sinne des § 93
SGB IX an. § 93
SGB IX nennt an erster Stelle Betriebsrat und Personalrat. Diesen werden in § 84
Abs. 2
SGB IX spezielle Aufgaben zugewiesen. Sie nehmen am Klärungsprozess des Arbeitgebers teil, wie bei Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig waren, Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann (§ 84
Abs. 2 Satz 1
SGB IX). Sie haben ein entsprechendes Initiativrecht, falls der Arbeitgeber untätig bleibt (§ 84
Abs. 2 Satz 6
SGB IX). Schließlich haben sie darüber zu wachen, dass der Arbeitgeber seine gesetzlichen Verpflichtungen im Bereich des betrieblichen Eingliederungsmanagements erfüllt (§ 84
Abs. 2 Satz 7
SGB IX). Regelungen zum Auskunftsanspruch der Interessenvertretungen hat der Gesetzgeber in § 84
Abs. 2
SGB IX nicht getroffen. Er brauchte dies auch nicht, weil er in dieser Hinsicht die Anwendung der speziellen Regelwerke zu den Interessenvertretungen vorausgesetzt hat.
§ 84
Abs. 2
SGB IX enthält - ebenso wie andere Vorschriften des
SGB IX (
vgl. z.B. § 93
SGB IX sowie die dort zitierten Bestimmungen) - punktuelle Regelungen zu Aufgaben der Interessenvertretungen. Soweit diese keine abschließende Aussage treffen, sind ergänzend die Regelwerke für die Interessenvertretungen heranzuziehen. Es sind dies das Betriebsverfassungsgesetz für die Betriebsräte in der Privatwirtschaft, das Bundespersonalvertretungsgesetz für die Personalräte in der Bundesverwaltung sowie die Länderpersonalvertretungsgesetze für die Personalräte in den Verwaltungen ihres Geltungsbereichs. Der aufgabenbezogene Auskunftsanspruch des Personalrats gehört zum Standardprogramm der Personalvertretungsgesetze in Bund und Ländern (
vgl. § 68
Abs. 2 BPersVG). Er wird in § 84
Abs. 2
SGB IX als gegeben vorausgesetzt. Diese Aussage gilt unabhängig davon, ob die Rahmenvorschriften im zweiten Teil des Bundespersonalvertretungsgesetzes ihre Rechtswirksamkeit verloren haben oder demnächst verlieren werden (
vgl. Art. 125a
Abs. 1 Satz 2
GG).
d) § 73
Abs. 1 BlnPersVG
i.V.m. § 84
Abs. 2 Satz 7
SGB IX scheidet auch nicht deshalb als Rechtsgrundlage für das Begehren des Antragstellers aus, weil der Bundesgesetzgeber aus Gründen der verfassungsrechtlichen Gesetzgebungskompetenzen gehindert gewesen wäre, den nach den Personalvertretungsgesetzen der Länder gebildeten Personalvertretungen Aufgaben zuzuweisen (a.A.
VG Düsseldorf, Beschluss vom 20. Oktober 2008 -
34 K 3001/08.PVL - juris Rn. 20).
aa) Diese Problematik entfällt freilich nicht bereits wegen § 96 BlnPersVG. Durch diese Vorschrift wird § 84
Abs. 2
SGB IX nicht in Berliner Landesrecht transformiert.
aaa) Nach § 96 BlnPersVG gelten, soweit in anderen Gesetzen für die in § 1
Abs. 1 BlnPersVG genannten Bereiche den Betriebsräten Aufgaben oder Befugnisse übertragen sind, diese als Aufgaben und Befugnisse der nach dem Berliner Personalvertretungsgesetz zu bildenden Personalvertretungen. Nach ihrem Wortlaut ist die Vorschrift hier nicht einschlägig. Durch § 84
Abs. 2, § 93
SGB IX werden den Betriebsräten keine Aufgaben und Befugnisse für die Verwaltungen des Landes Berlin und die anderen in § 1
Abs. 1 BlnPersVG genannten Bereiche übertragen, in denen Personalvertretungen gebildet werden. Soweit § 84
Abs. 2, § 93
SGB IX die Betriebsräte ansprechen, sind damit ausschließlich die Interessenvertretungen der Arbeitnehmer in der Privatwirtschaft nach dem Betriebsverfassungsgesetz gemeint.
bbb) Die Entstehungsgeschichte des § 96 BlnPersVG spricht für eine restriktive Auslegung.
Eine § 96 BlnPersVG vergleichbare Vorschrift war bereits § 80 BlnPersVG vom 21. März 1957, GVBl
S. 296. Danach galten Vorschriften in anderen Gesetzen, die den Betriebsräten Befugnisse oder Pflichten übertrugen, entsprechend für die nach dem Berliner Personalvertretungsgesetz zu errichtenden Personalvertretungen; dies galt nicht für Vorschriften, welche die Betriebsverfassung oder die Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten regelten. Die damaligen Gesetzesmaterialien enthalten zu dieser Vorschrift keine Begründung (
vgl. Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucks. 2/756
S. 14 f.).
An die Stelle dieser Vorschrift trat später § 81 BlnPersVG vom 22. Juli 1968, GVBl
S. 1004, dessen Wortlaut mit demjenigen des heutigen § 96 BlnPersVG identisch war. In der Gesetzesbegründung hieß es: " § 81 entspricht dem § 80 PersVG, ist aber lediglich etwas klarer gefasst. Die vor dem Inkrafttreten des Personalvertretungsgesetzes bestehenden Gesetze stellen auf bestimmte Aufgaben und Funktionen der ‚Betriebsräte’ ab (
vgl. z.B. § 2 des Kündigungsschutzgesetzes). Für die in § 1
Abs. 1 genannten Bereiche gelten diese nunmehr als Aufgaben und Befugnisse der Personalvertretungen" (Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucks. 5/388
S. 14).
Welche Bedeutung die in Rede stehende Übergangsvorschrift hat, lässt sich anhand des in den Gesetzesmaterialien zitierten Beispielfalles illustrieren. Bei Inkrafttreten des Berliner Personalvertretungsgesetzes vom 22. Juli 1968 galt das Kündigungsschutzgesetz vom 10. August 1951 (
KSchG 1951), BGBl I
S. 499, in der Fassung von
Art. VIII des Änderungsgesetzes vom 7. Dezember 1959, BGBl I
S. 705. § 2
KSchG 1951 regelte Aufgaben und Befugnisse des Betriebsrates im Falle der Kündigung eines Arbeitnehmers. Der Geltungsbereich dieser Vorschrift erstreckte sich auf "Betriebe und Verwaltungen des privaten und des öffentlichen Rechts" (§ 21
Abs. 1 Satz 1
KSchG 1951). Aus § 81 BlnPersVG 1968 ergab sich somit, dass die Aufgaben und Befugnisse nach § 2
KSchG 1951 im Bereich der Berliner Verwaltung von den Personalräten wahrzunehmen waren. Allgemein gesprochen sollen diese zuständig sein, soweit Gesetze, die vor Inkrafttreten der Personalvertretungsgesetze erlassen wurden und noch in der Terminologie des Betriebsrätegesetzes von 1920 und des Kontrollratsgesetzes
Nr. 22 vom 10. April 1946 befangen waren (
vgl. Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucks. 2/756
S. 10), den Betriebsräten für den Bereich der Berliner Verwaltung Kompetenzen zuwiesen. Nur diese Bedeutung hat auch § 96 BlnPersVG.
ccc) Angesichts dessen verbietet es sich, den Anwendungsbereich von § 96 BlnPersVG im Wege teleologischer Extension oder der Analogie auf alle Bundesgesetze zu erstrecken, die Aufgaben für die Personalvertretungen nach den Personalvertretungsgesetzen der Länder begründen. Dies würde den Charakter der Vorschrift als Übergangsbestimmung sprengen.
bb) Der Bund hatte die Gesetzgebungskompetenz für die Regelung in § 84
Abs. 2
SGB IX auch, soweit dort Aufgaben und Befugnisse für die Personalvertretungen im Bereich der Länder normiert werden.
aaa) § 84
Abs. 2
SGB IX hat seine hier anzuwendende Fassung durch
Art. 1 des Gesetzes vom 23. April 2004, BGBl I
S. 606, erhalten. In diesem Zeitpunkt galt das Grundgesetz in der Fassung, welches es im Zeitraum vom 1. August 2002 bis 31. August 2006 hatte (
GG a.F.). Der Bund konnte sich, soweit er in § 84
Abs. 2
SGB IX dem Arbeitgeber materiellrechtliche Verpflichtungen zugunsten kranker
bzw. erkrankter Arbeitnehmer auferlegt hat, auf den Kompetenztitel nach
Art. 74
Abs. 1
Nr. 12
GG a.F. stützen. Diese Bestimmung begründet eine umfassende Kompetenz für die Regelung der Rechtsbeziehung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und erstreckt sich sowohl auf privatrechtliche als auch auf öffentlich-rechtliche Bestimmungen über abhängige Arbeitsverhältnisse (
vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Oktober 2002 - 2 BvF 1/01 - BVerfGE 106, 62 (132 f.)). Auf das Arbeitsverhältnis tatsächlich einzuwirken - nämlich im Sinne seiner Erhaltung - ist ausdrücklich erklärtes Ziel der Regelung in § 84
Abs. 2
SGB IX. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zum betrieblichen Eingliederungsmanagement hat ferner rechtliche Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis. Kommt der Arbeitgeber seinen Verpflichtungen aus § 84
Abs. 2
SGB IX nicht oder nicht ordnungsgemäß nach, so kann dies für ihn im Kündigungsschutzprozess zu Rechtsnachteilen führen (
vgl. BAG, Urteile vom 12. Juli 2007 a.a.O. Rn. 44, vom 23. April 2008 -
2 AZR 1012/06 - juris Rn. 26 und 29 sowie vom 10. Dezember 2009 -
2 AZR 400/08 - juris Rn. 19
ff.).
bbb) Soweit der Bund in § 84
Abs. 2
SGB IX den Personalvertretungen im Bereich der Länder Aufgaben und Befugnisse zugewiesen hat, konnte er sich auf
Art. 75
Abs. 1 Satz 1
Nr. 1
GG a.F. stützen. Danach hatte der Bund das Recht, unter den Voraussetzungen des
Art. 72
GG a.F. Rahmenvorschriften für die Gesetzgebung der Länder zu erlassen über die Rechtsverhältnisse der im öffentlichen Dienst der Länder, Gemeinden und anderen Körperschaften des öffentlichen Rechts stehenden Personen. Die bundesrechtliche Regelung musste als Ganzes auf Ausfüllung durch die Landesgesetzgebung hin angelegt sein. Dem Landesgesetzgeber musste in der sachlichen Rechtsgestaltung Raum für eigene Willensentschließung von substantiellem Gehalt bleiben (
vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 27. März 1979 - 1 BvL 2/77 - BVerfGE 51, 43 (54) und vom 16. Oktober 1984 - 2 BvL 1/83 - BVerfGE 67, 382 (387)).
Der zweite Teil des Bundespersonalvertretungsgesetzes regelte in seinen in den Ländern unmittelbar geltenden §§ 107 bis 109 lediglich einige Einzelfragen. Auch die Rahmenvorschriften der §§ 94 bis 106 BPersVG enthielten - etwa in § 98
Abs. 2 und § 102
Abs. 2 BPersVG - einige punktuelle Vollregelungen mit unmittelbarer Wirkung. Insgesamt verblieben dem Landesgesetzgeber jedoch auf dem Gebiet des Personalvertretungsrechts Regelungen von substantiellem Gewicht (
vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 27. März 1979 - 2 BvL 2/77 - a.a.O. und - 2 BvR 1011/78 - BVerfGE 51, 77 (95) sowie vom 16. Oktober 1984 a.a.O.
S. 388).
Auch in § 84
Abs. 2
SGB IX handelt es sich um eine punktuelle Vollregelung für einen speziellen Regelungsbereich, nämlich denjenigen des betrieblichen Eingliederungsmanagements zugunsten kranker
bzw. erkrankter Beschäftigter. Durch die dort den Personalvertretungen im Bereich der Länder verbindlich übertragenen Aufgaben wurde der Gestaltungsspielraum der Länder nicht substantiell infrage gestellt. Der formale Aspekt, dass die Aufgabenübertragung hier in einem Spezialgesetz außerhalb des zweiten Teils des Bundespersonalvertretungsgesetzes über die Personalvertretungen in den Ländern vorgenommen worden ist, ist in dieser Hinsicht belanglos.
ccc) Die Voraussetzungen des § 72
Abs. 2
GG a.F. lagen hier ebenfalls vor. Die Regelung in § 84
Abs. 2
SGB IX zur Beteiligung des Personalrats beim betrieblichen Eingliederungsmanagement war zur Wahrung der Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich. Die Wahrung der Wirtschaftseinheit liegt im gesamtstaatlichen Interesse, wenn es um die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Wirtschaftsraums der Bundesrepublik durch bundeseinheitliche Rechtsetzung geht, wenn also Landesregelungen oder das Untätigbleiben der Länder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft mit sich brächten (
vgl. BVerfG, Urteile vom 24. Oktober 2002 a.a.O.
S. 146 f. und vom 26. Januar 2005 - 2 BvF 1/03 - BVerfGE 112, 226 (248 f.)).
Es würde zu erheblichen Wettbewerbsverzerrungen führen, wenn der Schutz kranker Beschäftigter vor drohender Arbeitslosigkeit zur Disposition der Bundesländer gestellt wäre (
vgl. auch die Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Förderung der Ausbildung und Beschäftigung schwerbehinderter Menschen,
BTDrucks 15/1783 S. 11). Ein Minimum an Schutzniveau wäre mit wirtschaftlichen Vorteilen verbunden. Das im Sozialstaatsgedanken wurzelnde Konzept des betrieblichen Eingliederungsmanagements wäre zum Scheitern verurteilt. Diese Erwägung erstreckt sich auf die Beteiligung der zuständigen Interessenvertretung, die zur effektiven Durchsetzung des Instruments grundsätzlich unentbehrlich ist. Zur Gewährleistung eines einheitlichen Schutzniveaus ist daher das aktive Engagement der Personalräte im Bereich der Länder in gleicher Weise geboten wie dasjenige der Betriebsräte in den Unternehmen der Privatwirtschaft und der Personalräte im Bereich der Bundesverwaltung.
cc) Soweit § 84
Abs. 2
SGB IX die Beteiligung von Personalvertretungen im Bereich der Länder regelt, könnte er wegen Aufhebung des
Art. 75
GG a.F. zum 1. September 2006 nicht mehr erlassen werden; er gilt jedoch einstweilen als Bundesrecht fort (
Art. 125a
Abs. 1 Satz 1
GG n.F.). Zwar kann die Bestimmung im beschriebenen Umfang durch Landesrecht ersetzt werden (
Art. 125a
Abs. 1 Satz 2
GG n.F.). In Berlin ist solches bisher jedoch nicht geschehen.
Zwar hat der Berliner Landesgesetzgeber sein Personalvertretungsgesetz durch das Siebente Änderungsgesetz vom 17. Juli 2008, GVBl
S. 206, umfangreich reformiert; zwei Gesetzesänderungen geringeren Umfangs aus letzter Zeit kommen hinzu. Keine dieser Änderungen betrifft jedoch die Beteiligung der Personalräte am betrieblichen Eingliederungsmanagement oder enthält unmittelbare oder mittelbare Aussagen, die im Widerspruch zur Regelung in § 84
Abs. 2
SGB IX stehen.
Das Änderungsgesetz vom 17. Juli 2008 betraf in seinem Schwerpunkt die Anpassung des Berliner Personalvertretungsrechts an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum demokratischen Prinzip (
vgl. Beschluss vom 24. Mai 1995 - 2 BvF 1/92 - BVerfGE 93, 37), ferner die Beteiligung der Personalräte bei Beschäftigungen im Rahmen von "Ein-Euro-Jobs" sowie im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnik und bei befristeten Einstellungen an Schulen; in weiteren Regelungen wurden geringfügige Änderungen und Aktualisierungen vorgenommen (
vgl. Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucks. 16/1108
S. 1 f., 14
ff.; Drucks. 16/1644).
Art. XII
Nr. 22 des Dienstrechtsänderungsgesetzes vom 19. März 2009, GVBl
S. 70, 112, enthielt lediglich Folgeänderungen und die Berichtigung hinsichtlich einer Behördenbezeichnung (Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucks. 16/2049
S. 100 f., 159; Drucks. 16/2194).
Art. III des Änderungsgesetzes vom 25. Januar 2010, GVBl
S. 22, betraf lediglich die Anlage zum Berliner Personalvertretungsgesetz, in welcher die Dienststellen aufgezählt sind.
Die vorbezeichneten Gesetzesänderungen einschließlich der dazu zitierten Gesetzesmaterialien geben noch nicht einmal eine Absicht des Berliner Landesgesetzgebers zu erkennen, die Bestimmungen im zweiten Teil des Bundespersonalvertretungsgesetzes abzulösen. Selbst wenn dieses konkludent geschehen sein sollte, so wird die hier in Rede stehende Regelung in § 84
Abs. 2
SGB IX davon nicht erfasst. Der Landesgesetzgeber ist nach
Art. 125a
Abs. 1 Satz 2
GG n.F. befugt, die Ersetzung des Bundesrechts auf den abgrenzbaren Teilbereich einer Materie zu beschränken, soweit dabei eine unübersichtliche Gemengelage von Bundes- und Landesrecht vermieden wird (
vgl. Stettner, in: Dreier, Grundgesetz, 2. Aufl. 2007,
Art. 125a Rn. 9; Degenhart, in: Sachs, Grundgesetz, 5. Aufl. 2009,
Art. 125a Rn. 6; Seiler, in: Epping/Hillgruber, Grundgesetz, 2009,
Art. 125a Rn. 4; Maiwald, in: Schmidt-Bleibtreu/Hofmann/ Hopfauf, Grundgesetz, 11. Aufl. 2008,
Art. 125a Rn. 7; zu
Art. 125a
Abs. 2 Satz 2
GG a.F.:
BVerfG, Urteil vom 9. Juni 2004 - 1 BvR 636/02 - BVerfGE 111, 10 (30)). Demnach darf der Berliner Landesgesetzgeber die Rahmenvorschriften des Bundespersonalvertretungsgesetzes ablösen und zugleich die Regelung in § 84
Abs. 2
SGB IX unberührt lassen. Die Beteiligung des Personalrats am betrieblichen Eingliederungsmanagement ist ein Sonderfall, der sich von den Beteiligungstatbeständen des Berliner Personalvertretungsgesetzes klar abgrenzen lässt.
3. Mit Blick auf die Umstände des vorliegenden Einzelfalles ist die Zuleitung aller Anschreiben des Beteiligten an die betroffenen Beschäftigten nach § 73
Abs. 1 Satz 1 BlnPersVG erforderlich, um die Erfüllung der Aufgaben durch den Arbeitgeber im Sinne des § 84
Abs. 2 Satz 7
SGB IX zu überwachen. Gegenstand der Überwachung ist die Bestimmung in § 84
Abs. 2 Satz 3
SGB IX, wonach die betroffene Person zuvor - also vor Beginn des Klärungsprozesses nach § 84
Abs. 2 Satz 1
SGB IX - auf die Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen und verwendeten Daten hinzuweisen ist.
a) Dass das Unterrichtungsschreiben des Dienststellenleiters gemäß § 84
Abs. 2 Satz 3
SGB IX nur mit Zustimmung der betroffenen Person dem Personalrat zur Kenntnis gebracht werden kann, ist von Gesetzes oder Verfassungs wegen nicht zwingend vorgegeben.
aa) Aus dem Wortlaut der Regelung in § 84
Abs. 2 Satz 3
SGB IX ergibt sich eine derartige Aussage nicht. Sie folgt auch nicht aus dem rechtssystematischen Zusammenhang mit § 84
Abs. 2 Satz 1
SGB IX, wonach der dort beschriebene Klärungsprozess "mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person" stattfindet. Das Hinweisschreiben nach § 84
Abs. 2 Satz 3
SGB IX ist dem Klärungsprozess nach § 84
Abs. 2 Satz 1
SGB IX zeitlich vorgelagert. Die Abhängigkeit des Klärungsprozesses selbst von der Zustimmung des Betroffenen besagt für sich gesehen noch nichts darüber, ob die dem Dienststellenleiter aufgegebene Belehrung über die Ziele und Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements dem Personalrat zugeleitet werden kann.
bb) Sinn und Zweck des Zustimmungserfordernisses nach § 84
Abs. 2 Satz 1
SGB IX schließt die Weiterleitung des Hinweisschreibens ohne Zustimmung des Betroffenen nicht von vornherein aus. Es liegt auf der Hand, dass die vom Gesetzgeber gewünschte Wiedereingliederung des Betroffenen in den Arbeitsprozess nur gelingen kann, wenn der Betroffene dies selbst will und sich aktiv in den Klärungsprozess einbringt. Ein betriebliches Eingliederungsmanagement ohne oder gar gegen den Willen des Betroffenen ist daher von vornherein zum Scheitern verurteilt. Dessen Erfolg ist aber nicht schon dann ausgeschlossen, wenn vor dessen Durchführung das in generalisierter Form abgefasste Hinweisschreiben nach § 84
Abs. 2 Satz 3
SGB IX ohne Zustimmung des Betroffenen dem Personalrat zu Kontrollzwecken zugeleitet wird.
cc) Letzteres verbietet sich nicht stets wegen des Grundrechts des Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung (
Art. 2
Abs. 1
GG). Das Persönlichkeitsrecht umfasst die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu bestimmen, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden. Dieses Recht ist nicht schrankenlos gewährleistet, sondern muss sich Einschränkungen im überwiegenden Allgemeininteresse gefallen lassen. Diese Beschränkungen bedürfen einer gesetzlichen Grundlage, aus der sich die Voraussetzungen und der Umfang der Beschränkungen klar und für den Einzelnen erkennbar ergeben (
BVerfG, Urteil vom 15. Dezember 1983 - 1 BvR 209/83 u.a. - BVerfGE 65, 1 (42, 44)).
Das Hinweisschreiben des Dienststellenleiters nach § 84
Abs. 2 Satz 3
SGB IX enthält zwingend die Information, dass der angeschriebene Beschäftigte zum Kreis derjenigen zählt, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig waren (§ 84
Abs. 2 Satz 1
SGB IX). Die Weitergabe dieses Schreibens an den Personalrat stellt daher einen gewichtigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Doch ist es nicht von vornherein ausgeschlossen, dass dieser Eingriff im zu entscheidenden Einzelfall durch überwiegende gegenläufige Interessen gerechtfertigt wird. Als solches kommt das Überwachungsrecht nach § 84
Abs. 2 Satz 7
SGB IX in Betracht, das letztlich dazu dient, kranken Beschäftigten den Arbeitsplatz und damit die wirtschaftliche Existenz zu erhalten. Hinzu kommt, dass das Gewicht des Eingriffs aufgrund besonderer Umstände des zu beurteilenden Sachverhalts relativiert sein kann. Für diese Fälle enthält die Regelung zum Informationsrecht des Personalrats in § 73
Abs. 1 Satz 1 und 2 BlnPersVG eine strikt aufgabengebundene, in ihrer Reichweite durch das Erforderlichkeitsprinzip begrenzte bereichsspezifische Rechtsgrundlage, die dem Gebot der Normenklarheit entspricht (
vgl. Beschluss vom 23. Januar 2002 a.a.O.
S. 5
bzw. S. 204
m.w.N.).
b) Der Antragsteller kann hier nur bei Kenntnis von jedem Anschreiben vollständig überprüfen, ob der jeweils betroffene Beschäftigte überhaupt und ob er nach Maßgabe von § 84
Abs. 2 Satz 3
SGB IX ordnungsgemäß unterrichtet wurde. Die Mitteilung eines anonymisierten Mustertextes reicht nicht aus. Aus ihm kann der Antragsteller zwar ersehen, ob die gesetzlichen Vorgaben beachtet und die betroffenen Beschäftigten in allgemein verständlicher Form angesprochen werden. Er erlangt jedoch auf diese Weise keine hinreichende Gewissheit darüber, dass alle betroffenen Beschäftigten über das gesetzliche Angebot des betrieblichen Eingliederungsmanagements tatsächlich informiert werden.
c) Die Vorlagepflicht des Beteiligten ist von der Darlegung eines besonderen Anlasses, namentlich einer zu besorgenden Rechtsverletzung unabhängig. Nur die Kenntnis von jedem Anschreiben versetzt den Antragsteller in die Lage, etwaigen Verstößen des Beteiligten gegen § 84
Abs. 2 Satz 3
SGB IX bereits im Vorfeld effektiv entgegenwirken zu können (
vgl. Beschlüsse vom 23. Januar 2002 -
BVerwG 6 P 5.01 - PersR 2002, 201 (202), insoweit bei Buchholz a.a.O. nicht abgedruckt, vom 24. Februar 2006 -
BVerwG 6 P 4.05 - Buchholz 251.91 § 77 SächsPersVG
Nr. 1 Rn. 17 und vom 16. Februar 2010 a.a.O. Rn. 23).
d) § 73
Abs. 1 Satz 3 BlnPersVG, wonach Personalakten nur mit Einwilligung des Betroffenen vorgelegt werden dürfen, ist hier weder unmittelbar noch entsprechend anzuwenden. Personalakten sind eine Sammlung von Schriftstücken, die in Bezug zur Person des Beschäftigten von dienstlichem Interesse sind. Sie sollen ein umfassendes, möglichst lückenloses Bild über Herkunft, Ausbildung, beruflichen Bildungsgang, sonstige dienstliche relevante Daten (
z.B. über Befähigung und Leistungen) sowie über das dienstliche und
ggf. außerdienstliche Verhalten des Beschäftigten geben. Das Unterrichtungsschreiben des Beteiligten an den jeweils betroffenen Beschäftigten gemäß § 84
Abs. 2 Satz 3
SGB IX ist weit davon entfernt, jenes vollständige Bild über die Persönlichkeit des Beschäftigten zu liefern, welches für Personalakten typisch ist (
vgl. Beschlüsse vom 23. Januar 2002 -
BVerwG 6 P 5.01 - Buchholz 250 § 68 BPersVG
Nr. 17
S. 4 f. = PersR 2002, 201 (204) und vom 16. Februar 2010 a.a.O. Rn. 25).
Die entsprechende Anwendung von § 73
Abs. 1 Satz 3 BlnPersVG auf Schriftstücke, die personenbezogene Angaben über Beschäftigte enthalten, scheidet aus. Würde man in allen diesen Fällen den Informationsanspruch des Personalrats an die Zustimmung des betroffenen Beschäftigten knüpfen, so wäre die Mitbestimmung des Personalrats insbesondere in personellen Angelegenheiten weitgehend entwertet (
vgl. Beschluss vom 23. Januar 2002 a.a.O.
S. 5
bzw. S. 204
m.w.N.).
e) Das Persönlichkeitsrecht des betroffenen Beschäftigten, insbesondere sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung, welches die Auslegung und Anwendung des Erforderlichkeitsmerkmals in § 73
Abs. 1 Satz 2 BlnPersVG im zu entscheidenden Einzelfall steuert, rechtfertigt hier keine abweichende Beurteilung.
aa) Soweit es um die Dauer der Arbeitsunfähigkeit geht, liegt nach den Umständen des vorliegenden Falls ein zusätzlicher Eingriff in das Persönlichkeitsrecht des Beschäftigten nicht vor. Das Verwaltungsgericht hat rechtskräftig festgestellt, dass der Beteiligte verpflichtet ist, dem Antragsteller ohne vorherige Zustimmung des jeweils Betroffenen mitzuteilen, welche Beschäftigten der Dienststelle innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig waren. Damit hat es diese in Rechtsprechung und Schrifttum umstrittene Frage im Sinne des Antragstellers beantwortet (
vgl. zum Meinungsstand:
VG Hamburg, Beschluss vom 10. November 2006 a.a.O.; Seel, in: Ernst/Adlhoch/Seel,
SGB IX, § 84 Rn. 83; Klaesberg, PersR 2008, 391 (394); Schulz, a.a.O.
S. 247; Richter/Gamisch, RiA 2009, 241 (245) einerseits; VGH München, Beschluss vom 30. April 2009 - 17 P 08.3389 - juris;
VG Aachen, Beschluss vom 25. September 2008 - 16 K 836/08.PVL - juris;
VG Düsseldorf, Beschluss vom 20. Oktober 2008 a.a.O.; Neumann, in: Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen,
SGB IX, 11. Aufl. 2005, § 84 Rn. 9; Koch, PersV 2008, 256; Baßlsperger, PersV 2010, 129 (131) andererseits).
Der Senat ist an die Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts nicht gebunden. Die Begründung, mit welcher das Verwaltungsgericht die Verpflichtung des Beteiligten zur Mitteilung des von § 84
Abs. 2 Satz 1
SGB IX erfassten Personenkreises bejaht hat, entfaltet keine präjudizielle Wirkung für den Streitgegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens, in welchem es um die Weitergabe der Anschreiben an die Betroffenen und deren Antworten geht.
Doch kann der Senat die tatsächlichen Auswirkungen der rechtskräftigen Entscheidung des Verwaltungsgerichts im Rahmen der Abwägung nach § 73
Abs. 1 Satz 2 BlnPersVG nicht unberücksichtigt lassen. Diese gehen dahin, dass der Beteiligte, der der rechtskräftigen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Folge zu leisten hat, dem Antragsteller die Namen der im Sinne von § 84
Abs. 2 Satz 1
SGB IX betroffenen Personen mitteilt. Aufgrund dieser Mitteilung ist der Antragsteller bereits davon unterrichtet, welcher Beschäftigte der Dienststelle innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig ist. Hinsichtlich dieses Gesundheitsdatums erfährt der Antragsteller aus dem Hinweisschreiben des Beteiligten nach § 84
Abs. 2 Satz 3
SGB IX nichts, was er nicht bereits aufgrund der Mitteilung über den betroffenen Personenkreis weiß.
bb) Freilich erfährt der Antragsteller durch die Anschreiben die Privatanschriften der betroffenen Beschäftigten. Ein ins Gewicht fallender Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist damit aber nicht verbunden. Zum Einen werden die Adressen dem Antragsteller jedenfalls teilweise bereits aus anderen Zusammenhängen bekannt sein oder lassen sich in der Regel auch ohne Einschaltung des Beteiligten auf einfachem Wege ermitteln. Zum Anderen ist der mit der Wiedergabe der Anschriften verbundene moderate Eingriff in das Persönlichkeitsrecht gerechtfertigt. Insbesondere ist er verhältnismäßig. Wenn der Antragsteller darüber wacht, dass jeder betroffene Beschäftigte ordnungsgemäß über die Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements unterrichtet wird, so dient dies dem Schutz des Betroffenen vor dem drohenden Verlust seines Arbeitsplatzes. Die korrekte Belehrung eines jeden Betroffenen ist wesentliche Voraussetzung dafür, dass das Angebot des betrieblichen Eingliederungsmanagements vom Beschäftigten positiv aufgegriffen wird und die vom Gesetzgeber intendierte Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess gelingen kann.
cc) Der Beteiligte ist gehalten, den Inhalt seines Anschreibens auf diejenigen Gesichtspunkte zu begrenzen, die für eine ordnungsgemäße Belehrung nach § 84
Abs. 2 Satz 3
SGB IX unumgänglich sind. In dieser Hinsicht genügt eine abstrakte Bezeichnung der Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements, wie sie in § 84
Abs. 2 Satz 1
SGB IX definiert sind. Die zu den Gerichtsakten gereichten Anschreiben des Beteiligten vom 20. April und 1. Juni 2006 tragen diesen Anforderungen Rechnung. Freilich ist die Information der Beschäftigten noch um die Angaben zur Datenerhebung und -verwendung zu ergänzen. Auch in dieser Hinsicht ist ein genereller Hinweis ausreichend. Die Verpflichtung des Beteiligten, den Inhalt des Anschreibens auf das unumgänglich Notwendige zu beschränken, besteht nicht nur gegenüber dem betroffenen Beschäftigten, sondern auch gegenüber dem Antragsteller. Nur auf diese Weise können der Schutz des Beschäftigten vor einer Weitergabe seiner Daten und die effektive Erfüllung der Personalratsaufgaben zu einem schonenden Ausgleich gebracht werden. Die Dienststelle ist nicht befugt, in das Anschreiben individuelle, auf die Art der Erkrankung hinweisende Angaben aufzunehmen und sodann unter Hinweis auf den Datenschutz das Kontrollrecht der Personalvertretung auszuschalten.
f) Der Beteiligte hat die Anschreiben dem Vorsitzenden des Antragstellers oder einem vom Antragsteller zu bestimmenden Personalratsmitglied zur Kenntnis zu geben. Die Beschränkung von Mitteilungen des Dienststellenleiters an den Personalrat auf einzelne Personalratsmitglieder ist ein in der Verwaltungsrechtsprechung anerkanntes Mittel, um dem Schutz besonders sensibler personenbezogener Daten der Beschäftigten Rechnung zu tragen (
vgl. Beschlüsse vom 22. April 1998 -
BVerwG 6 P 4.97 - Buchholz 251.91 § 73 SächsPersVG
Nr. 1
S. 5, vom 23. Januar 2002 a.a.O.
S. 6
bzw. S. 205 und vom 16. Februar 2010 a.a.O. Rn. 1). Es liegt nahe, darauf zurückzugreifen, wenn es wie im vorliegenden Fall um Gesundheitsdaten geht.
4. Dagegen kann der Antragsteller nicht verlangen, dass der Beteiligte ihm die Antwortschreiben der Beschäftigten ohne deren Zustimmung zur Kenntnis bringt. Er benötigt nicht die Kenntnis aller Antwortschreiben, um sein Überwachungsrecht nach § 84
Abs. 2 Satz 7
SGB IX wahrnehmen zu können. Gegenstand der Überwachung ist hier die Regelung in § 84
Abs. 2 Satz 1
SGB IX. Danach klärt der Arbeitgeber bei Beschäftigten, die innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig sind, mit der zuständigen Interessenvertretung mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Die Kenntnis aller Antwortschreiben ist, wie sich aus der Abwägung der betroffenen Belange ergibt, zur Wahrung des Beteiligungsrechts der Personalvertretung aus § 84
Abs. 2 Satz 1
SGB IX nicht erforderlich im Sinne von § 73
Abs. 1 Satz 2 BlnPersVG. Auch ohne Kenntnis aller Antwortschreiben erlangt der Antragsteller hinreichende Gewissheit darüber, dass das betriebliche Eingliederungsmanagement unter seiner Beteiligung in allen Fällen stattfindet, in denen der betroffene Beschäftigte dazu seine Zustimmung erteilt hat.
a) Als Reaktion auf das Hinweisschreiben des Dienststellenleiters nach § 84
Abs. 2 Satz 3
SGB IX ergeben sich mit Blick auf die Regelung in § 84
Abs. 2 Satz 1
SGB IX im Ergebnis drei mögliche Antwortalternativen des Beschäftigten. Dieser kann erklären, dass er mit der Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements nicht einverstanden ist. Er kann erklären, dass er mit der Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements unter Beteiligung der Personalvertretung einverstanden ist. Schließlich kann er erklären, dass er der Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements durch die Dienststelle zustimmt, die Beteiligung des Personalrats daran aber ablehnt. Von einem derartigen modifizierten Zustimmungsrecht des betroffenen Beschäftigten ist das Oberverwaltungsgericht im Ergebnis zu Recht ausgegangen (ebenso VGH München a.a.O. Rn. 26).
aa) Der Wortlaut der Regelung in § 84
Abs. 2 Satz 1
SGB IX geht allerdings eher in die entgegengesetzte Richtung. Er kann ohne Weiteres in der Weise gelesen werden, dass sich die "Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person" auf den Klärungsprozess bezieht, den "der Arbeitgeber mit der zuständigen Interessenvertretung" vornimmt. Bei diesem sprachlichen Verständnis kann der im Wege der Kooperation von Arbeitgeber und Interessenvertretung durchzuführende Klärungsprozess vom Beschäftigten nur als solcher angenommen oder abgelehnt werden. Freilich ist der Wortlaut der Vorschrift für ein abweichendes Verständnis offen, sofern die übrigen Auslegungsmethoden oder verfassungsrechtliche Erwägungen dies gebieten.
bb) Auch die Rechtssystematik spricht eher dafür, dass die Beteiligung der Personalvertretung am betrieblichen Eingliederungsmanagement unverzichtbar ist.
Wie bereits oben erörtert, sind die in § 84
Abs. 2
SGB IX angesprochenen Aufgaben der zuständigen Interessenvertretungen eingebettet in die speziellen Regelwerke für diese Interessenvertretungen. Es ist anzunehmen, dass der Bundesgesetzgeber bei der Verabschiedung der Regelung in § 84
Abs. 2
SGB IX vor allem die Bestimmungen im Bundespersonalvertretungsgesetz über die Personalvertretungen im Bundesdienst im Auge hatte. Aus ihnen ergibt sich, dass die Beteiligung des Personalrats grundsätzlich nicht von der Zustimmung des jeweils betroffenen Beschäftigten abhängig ist. Ausnahmen bestehen nur in einzelnen, ausdrücklich geregelten Angelegenheiten: Gewährung von Zuwendungen (§ 75
Abs. 2 Satz 1
Nr. 1, Satz 2 BPersVG), Geltendmachung von Ersatzansprüchen (§ 76
Abs. 2 Satz 1
Nr. 9, Satz 2 BPersVG), Personalangelegenheiten des Dienststellenleiters und vergleichbarer Personen, der Beamten auf Zeit sowie der Beschäftigten mit überwiegend wissenschaftlicher oder künstlerischer Tätigkeit (§ 77
Abs. 1 Satz 1 BPersVG) sowie Erhebung der Disziplinarklage, Entlassung von Beamten auf Probe oder auf Widerruf und vorzeitige Versetzung in den Ruhestand (§ 78
Abs. 1
Nr. 3 bis 5,
Abs. 2 Satz 2 BPersVG). Dagegen ist die Beteiligung des Personalrats selbst in solchen Angelegenheiten nicht zustimmungsbedürftig, in denen ausschließlich einzelne Beschäftigte betroffen sind,
z.B. bei Übertragung einer niedriger zu bewertenden Tätigkeit und Rückgruppierung (§ 75
Abs. 1
Nr. 2 BPersVG), bei Versagung oder Widerruf einer Nebentätigkeitsgenehmigung (§ 75
Abs. 1
Nr. 7 BPersVG) oder bei Kündigung (§ 79 BPersVG). Der Beschäftigte kann zwar den Auskunftsanspruch des Personalrats für Personalakten und dienstliche Beurteilungen begrenzen (§ 68
Abs. 2 Satz 3 und 4 BPersVG), nicht aber das Beteiligungsrecht selbst. Der Gesetzgeber will von vornherein ausschließen, dass der Beschäftigte unter Druck gesetzt wird, auf die Beteiligung der Personalvertretung zu verzichten. Diese ist zudem auch bei personellen Einzelmaßnahmen geeignet, auf eine gleichmäßige Behandlung der Beschäftigten hinzuwirken.
cc) Im Gegensatz dazu enthält die Entstehungsgeschichte der Regelung in § 84
Abs. 2
SGB IX Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber die Einschaltung der zuständigen Interessenvertretung beim betrieblichen Eingliederungsmanagement von der Zustimmung des betroffenen Beschäftigten abhängig machen wollte.
Die Begründung zum Gesetzentwurf der damaligen Koalitionsfraktionen äußert sich nicht zu der hier in Rede stehenden Frage (
vgl. BTDrucks 15/1783
S. 16). Der Bundesrat hat indes in seiner Stellungnahme die Befürchtung geäußert, dass der Arbeitgeber die Interessenvertretung ohne Einverständnis des Betroffenen einschaltet (BTDrucks 15/2318
S. 16). In ihrer Gegenäußerung hat die Bundesregierung erwidert, der Arbeitgeber könne die Interessenvertretung nach dem ausdrücklichen Wortlaut der vorgesehenen Regelung nur mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person einschalten (BTDrucks 15/2318
S. 22 zu
Nr. 15). Der Ausschuss für Gesundheit und soziale Sicherung ist in seiner Beschlussempfehlung auf die Meinungsäußerung der Bundesregierung nicht zurückgekommen, hat ihr aber auch nicht widersprochen (BTDrucks 15/2357
S. 9 f. und
S. 24 jeweils zu
Nr. 20).
dd) Sinn und Zweck der Regelung in § 84
Abs. 2
SGB IX gebieten es, dass das betriebliche Eingliederungsmanagement ohne Beteiligung der Interessenvertretung möglich sein muss.
Durch die dem Arbeitgeber von § 84
Abs. 2
SGB IX auferlegten besonderen Verhaltenspflichten soll möglichst frühzeitig einer Gefährdung des Arbeitsverhältnisses eines kranken Menschen begegnet und die dauerhafte Fortsetzung der Beschäftigung erreicht werden. Ziel des betrieblichen Eingliederungsmanagements ist die frühzeitige Klärung, ob und welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um eine möglichst dauerhafte Fortsetzung des Beschäftigungsverhältnisses zu fördern. Die in § 84
Abs. 2
SGB IX genannten Maßnahmen dienen damit letztlich der Vermeidung der Kündigung und der Verhinderung von Arbeitslosigkeit erkrankter und kranker Menschen (
vgl. BTDrucks 15/1783
S. 16; 15/2318
S. 22 zu
Nr. 15;
BAG, Urteil vom 12. Juli 2007 a.a.O. Rn. 40; Baßlsperger, a.a.O.
S. 129; Seel, a.a.O. § 84 Rn. 61).
Die aktive Beteiligung der zuständigen Interessenvertretung ist ein nützliches Element des betrieblichen Eingliederungsmanagements. Sie ist geeignet, das nötige Vertrauen beim Beschäftigten zu wecken, ohne dessen Eigeninitiative das Konzept zum Scheitern verurteilt ist. Sie kann wesentlich dazu beitragen, dass die Gestaltungsmöglichkeiten des Arbeitgebers zur Erhaltung des Arbeitsplatzes und zur Vermeidung von Arbeitslosigkeit genutzt werden (
vgl. Richter/Gamisch, a.a.O.
S. 244).
Es ist gleichwohl immer denkbar, dass einzelne Beschäftigte - aus welchen Gründen auch immer - kein Vertrauen zum Personalrat haben. Ist die Zustimmung zum betrieblichen Eingliederungsmanagement stets mit der Beteiligung des Personalrats verbunden, so führt dies bei einem derartigen Beschäftigten zu folgender Entscheidungsalternative: Entweder lehnt er die Einschaltung des Personalrats ab; damit verliert er zugleich die Chance auf Wiedereingliederung, welche die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements verspricht. Oder er stimmt diesem Instrument zu; dann muss er die - mit der Unterrichtung über sensible Daten verbundene - Beteiligung des Personalrats hinnehmen, zu welchem er kein Vertrauen hat; das sind keine günstigen Voraussetzungen für den Erfolg des Klärungsprozesses, der ohne die aktive, motivierte Mitwirkung des Betroffenen selbst nicht gelingen kann. Den Beschäftigten einer derartigen Zwangslage auszusetzen, ist unverhältnismäßig und mit Blick auf die Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements kontraproduktiv. Es ist nicht ausgeschlossen, dass dem Beschäftigten auch ohne Beteiligung der Personalvertretung bei der Erhaltung seines Arbeitsplatzes im Sinne von § 84
Abs. 2
SGB IX effektiv geholfen wird. Diese Chance muss gewahrt bleiben. Die dahingehende Auslegung der Vorschrift respektiert das Selbstbestimmungsrecht des Beschäftigten und steht damit im Einklang mit Vorstellungen, welche dem Persönlichkeitsrecht der Verfassung nach
Art. 2
Abs. 1
GG zugrunde liegen.
b) Die Mitteilung sämtlicher Antwortschreiben ist - wie sich aus einer Abwägung der widerstreitenden Belange ergibt - nicht erforderlich im Sinne von § 73
Abs. 1 Satz 2 BlnPersVG.
Der Antragsteller benötigt weder die Antworten derjenigen Beschäftigten, die das betriebliche Eingliederungsmanagement für sich überhaupt ablehnen, noch die Antworten derjenigen, die das betriebliche Eingliederungsmanagement ohne Beteiligung der Personalvertretung wünschen. Das Gewicht des Überwachungsrechts des Personalrats nach § 84
Abs. 2 Satz 7
SGB IX ist insoweit äußert gering. In keiner dieser beiden Fallgruppen ist das Beteiligungsrecht des Personalrats nach § 84
Abs. 2 Satz 1
SGB IX gegeben, so dass es insoweit für den Regelfall an der Grundlage für das Überwachungsrecht und das darauf bezogene Informationsrecht nach § 73
Abs. 1 Satz 1 BlnPersVG fehlt. Dem Überwachungsrecht kommt auch nicht deshalb eine ins Gewicht fallende Bedeutung zu, weil - wie der Antragsteller meint - es bei dem Beteiligten zu Fehlern bei der Zuordnung derjenigen Antworten kommen kann, welche die Zustimmung zum betrieblichen Eingliederungsmanagement unter Beteiligung der Personalvertretung zum Ausdruck gebracht haben, und dieser durch Übersendung aller Antwortschreiben die Möglichkeit eröffnet wird, solche Mängel aufzudecken.
Die richtige Zuordnung der drei verschiedenen Antwortvarianten auf Seiten der Dienststelle ist eine einfach zu lösende Aufgabe. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Dienststellenleiter wie hier in den Anlassfällen mit seinem Anschreiben zugleich die Antwortvarianten nach der Ankreuzmethode formularmäßig vorgibt. Nicht völlig auszuschließende Fehler ("Ausreißer") bleiben typischerweise nicht unbemerkt. Beschäftigte, die dem betrieblichen Eingliederungsmanagement unter Beteiligung der Personalvertretung zugestimmt haben, werden sich beim Antragsteller oder beim Beteiligten oder bei beiden in Erinnerung bringen, wenn der Klärungsprozess im Widerspruch zu ihrem Antwortschreiben nicht oder nicht mit Beteiligung des Antragstellers stattfindet. Dieser Gesichtspunkt ist hier im Rahmen der Abwägung nach § 73
Abs. 1 Satz 2 BlnPersVG zu berücksichtigen, auch wenn das Informationsrecht des Antragstellers in seinem Bestand grundsätzlich nicht von Initiativen einzelner Beschäftigter abhängig gemacht werden kann.
Das verbleibende, nach alledem gering zu veranschlagende "Restrisiko" rechtfertigt es nicht, dem Antragsteller die Antwortschreiben all derjenigen zu überlassen, die dem betrieblichen Eingliederungsmanagement nicht oder nur ohne seine Beteiligung zugestimmt haben. Den Persönlichkeitsrechten kommt insoweit bedeutend größeres Gewicht zu.
Werden dem Antragsteller die Antwortschreiben derjenigen Beschäftigten zur Kenntnis gebracht, die der Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements nicht zugestimmt haben, so erfährt er ohne Zustimmung der Betroffenen, welche Haltung diese zum gesetzlichen Angebot nach § 84
Abs. 2 Satz 1
SGB IX haben. Es handelt sich um eine Äußerung, welche die Gesundheit der Beschäftigten mit Bezug zu ihrem Arbeitsplatz und zu ihrer beruflichen Existenz betrifft.
Werden dem Antragsteller die Antwortschreiben derjenigen zur Kenntnis gebracht, die dem betrieblichen Eingliederungsmanagement nur ohne Einschaltung der Personalvertretung zugestimmt haben, so erfährt er, welche Beschäftigten ihm kein hinreichendes Vertrauen entgegenbringen.
Die Mitteilung der Antwortschreiben in den beiden vorbezeichneten Fallgruppen bringt einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung von erheblicher Intensität mit sich. So liegt es insbesondere bei den Beschäftigten, die die Beteiligung der Personalvertretung ablehnen. Im Fall der Mitteilung auch dieser Antwortschreiben an den Antragsteller würde dieser davon in Kenntnis gesetzt, dass der jeweilige Beschäftigte ihm (im Zusammenhang mit dem betrieblichen Eingliederungsmanagement) kein Vertrauen entgegenbringt. Die Persönlichkeitsrelevanz dieser Information ist hoch zu gewichten. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nicht verhältnismäßig, weil zu seiner Rechtfertigung nennenswerte Gefahren für gleich- oder höherrangige Rechtsgüter nicht in Rede stehen. Das Risiko, dass gerade die Nichtweiterleitung aller Antwortschreiben der Betroffenen an den Antragsteller zum Arbeitsplatzverlust bei einem einzelnen Beschäftigten führt, ist nach den beschriebenen typischen Geschehensabläufen rein theoretischer Natur. Hinzu kommt, dass in den Fällen der Ablehnung einer Personalratsbeteiligung nicht ausgeschlossen werden kann, dass einzelne Beschäftigte bei zu erwartender Weiterleitung ihrer Antwort an den Personalrat auf die Teilnahme am betrieblichen Eingliederungsmanagement verzichten und deswegen ihren Arbeitsplatz gefährden. Dies stünde im Widerspruch zu den Zielen, die der Gesetzgeber mit der Regelung in § 84
Abs. 2
SGB IX verfolgt.