Der Kläger wehrt sich als Inhaber eines Schwerbehindertenausweises gegen die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung seines Arbeitsverhältnisses bei der Beigeladenen (Bescheid vom Gesellschaft ("Inc."), die Hörfunkprogramme in osteuropäischen und zentralasiatischen Sprachen produziert und ausstrahlt. In ihrer gegenwärtigen Form betrieb sie von 1973 bis 1995 in München Sendeabteilungen für Rundfunksender.
I.
Der 1955 in Polen geborene Kläger begann am 16. März 1983 eine Beschäftigung im Sendebetrieb der Beigeladenen in München. Er war zuletzt als Redakteur in der polnischen Sendeabteilung tätig.
Am 23. Februar 1988 kündigte die Beigeladene das Arbeitsverhältnis zum 30. Juni 1988. Die Klage gegen diese Kündigung hatte letztlich Erfolg. Die Klage war zwar zunächst in rechtskräftiger Weise abgewiesen worden. Das Urteil wurde jedoch aufgrund einer Nichtigkeitsklage des Klägers aufgehoben. Ein Antrag der Beigeladenen, das Arbeitsverhältnis aufzulösen, hatte keinen Erfolg (
BAG, Urt. vom 7.3.2002 - 2 AZR 158/01).
Mit einem "Memorandum" vom 20. Oktober 1993 unterrichtete die Beigeladene den Betriebsrat des damals etwa 1.400 Beschäftigte umfassenden Betriebs in München über Vorgaben der internationalen Rundfunkbehörde (BIB) und die sich für den Betrieb in München ergebenden Veränderungen, vor allem über die Absicht, die polnische und die tschechische Sendeabteilung zum Jahresende zu schließen.
Im Dezember 1993 kündigte die Beigeladene das Arbeitsverhältnis erneut, nahm diese Kündigung aber im Januar 1994 wieder zurück, weil die erforderliche Zustimmung der Hauptfürsorgestelle fehlte.
Am 25. März 1994 beantragte die Personalabteilung des Betriebs München durch die Personalreferentin (Labor and Employee Relations) ... ... "vorsorglich" die Zustimmung zur Kündigung des Klägers (und weiterer Beschäftigter). Zur Begründung wurde ausgeführt, dass beabsichtigt sei, dem Kläger aus betriebsbedingten Gründen zum 31. Dezember 1994 zu kündigen, da die polnische Abteilung aufgrund der Vorgaben der BIB zu schließen sei. Der Ausgang des arbeitsgerichtlichen Verfahrens über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses des Klägers sei noch offen. In München gebe es keinen vergleichbaren Arbeitsplatz.
Das im Verwaltungsverfahren beteiligte Arbeitsamt erhob "Bedenken" gegen die Zustimmung zur Kündigung. Es sei damit zu rechnen, dass der Kläger arbeitslos werde. 8 Der Kläger machte geltend, es bestünden mehrere Möglichkeiten der Weiterbeschäftigung.
Mit Bescheid vom 6. Juni 1994 erteilte die Hauptfürsorgestelle bei der Regierung von Oberbayern die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Die polnische Abteilung werde geschlossen. Die Schließung liege ausschließlich im unternehmerischen Ermessen. Der Arbeitgeber habe "glaubhaft versichert", dass keine Umsetzungsmöglichkeiten bestehen und dass auch die Sendeabteilung geschlossen werde. Durch eine eventuelle Verlagerung der Anstalt nach Ungarn und Polen bestünde für den Kläger keine Beschäftigungsmöglichkeit mehr, "da es eine Einflussnahme durch R. nicht mehr geben" werde.
Gegen den ihm am 16. Juni 1994 zugestellten Bescheid erhob der Kläger am 11. Juli 1994 Widerspruch.
Am 22. Juni 1994 kündigte die Beigeladene dem Kläger das Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 1994. Am 30. Juni 1994 wurde die polnische Abteilung in München geschlossen. Deren Aufgaben wurden von dem am 25. Februar 1994 in Washington für Warschau (Polen) gegründeten Sender "RW" übernommen.
Mit Schreiben vom 13. Oktober 1994 machte die Beigeladene durch "... ..., Deputy Director of Personnel" im Widerspruchsverfahren geltend, dass für den Kläger im Zeitpunkt der vorsorglichen Kündigung kein freier Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden habe. In München sei die gesamte polnische Abteilung aufgelöst worden. Neubesetzungen erfolgten in München nicht.
Hiergegen erwiderte der Kläger, dass die polnische Abteilung nicht stillgelegt, sondern nach Warschau verlegt worden sei. Der Warschauer Sender unterliege derselben amerikanischen Aufsichtsbehörde.
Der Hauptbetrieb der Beigeladenen wurde in der ersten Jahreshälfte 1995 von München nach Prag verlegt. Am 30. Juni 1995 wurde die Betriebsstätte in München geschlossen. 15 Durch eine mit dem Briefkopf "R. F.
EU. / R. L." versehene, in deutscher Sprache abgefasste Erklärung über die Errichtung und Bevollmächtigung einer "Generalrepräsentanz R., lnc. Deutschland" wurde mit Wirkung zum 1. Juli 1995 eine rechtlich unselbständige Generalrepräsentanz mit dem Sitz in München gegründet (
Nr. 1). Ihr wurde die Aufgabe übertragen, R., Inc. in Deutschland abzuwickeln, insbesondere alle Verpflichtungen zu erfüllen und alle Ansprüche zu verfolgen (
Nr. 2). Zum Leiter der Generalrepräsentanz wurde mit Wirkung vom 1. Juli 1995 der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen, Rechtsanwalt ..., ernannt. Er wurde bevollmächtigt, "alle zur Abwicklung von R., Inc. in Deutschland erforderlichen Maßnahmen gegenüber den ehemaligen Arbeitnehmern, sonstigen Gläubigern und Schuldnern, gegenüber anderen Unternehmen und Institutionen, sowie gegenüber Behörden durchzuführen." (
Nr. 3). Die am 30. Juni 1995 in Washington ausgestellte Erklärung ist mit "A. ... ..., Counselor" unterzeichnet. Der Unterschrift ist der Zusatz "R., Inc." beigefügt.
Mit Bescheid vom 7. August 1995, der am 23. August 1995 als Einschreiben zur Post gegeben worden ist, wies der Widerspruchsausschuss bei der Hauptfürsorgestelle der Regierung von Oberbayern den Widerspruch des Klägers zurück.
II.
1. Am 20. September 1995 erhob der Kläger gegen die Zustimmung zur Kündigung Klage. Mit Beschluss vom 16. September 1999 setzte das Verwaltungsgericht München das Verfahren bis zum rechtskräftigen Abschluss des arbeitsgerichtlichen Verfahrens über die zum 30. Juni 1988 ausgesprochene Kündigung aus. Am 5. Juli 2002 beantragte die Beigeladene, das Verfahren fortzusetzen.
Mit Urteil vom 12. Mai 2005 hob das Verwaltungsgericht München den Zustimmungsbescheid vom 6. Juni 1994 und den Widerspruchsbescheid vom 7. August 1995 auf und ließ die Berufung gegen das Urteil zu. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Es könne offen bleiben, ob die Bescheide ordnungsgemäß begründet worden seien. Die Bescheide seien jedenfalls ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig. Die Behörden hätten gegen ihre Ermittlungspflicht verstoßen.
2. Mit einem an den Verwaltungsgerichtshof adressierten, nicht datierten und bei diesem Gericht am 18. Juli 2005 eingegangen Schriftsatz erhob der Beigeladenenvertreter gegen das ihm am 14. Juli 2005 zugestellte Urteil Berufung. Mit Schreiben vom 28. Juli 2005 übermittelte die Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichtshofs dem Verwaltungsgericht München eine nicht unterschriebene Abschrift der Berufungsschrift und bat um Vorlage der Akten. Das Schreiben ging am 29. Juli 2005 beim Verwaltungsgericht ein. Dieses legte hierauf die Akten vor.
Mit ihrer Berufungsbegründung macht die Beigeladene geltend: Der Zustimmungsbescheid und der Widerspruchsbescheid seien hinreichend begründet worden. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Zustimmung in ermessensfehlerhafter Weise erteilt worden sei. Bei Ausspruch der Kündigung habe kein freier anderer Arbeitsplatz bestanden. Die Aufgaben der polnischen Sendeabteilung seien einer Stelle in Warschau (Polen), die Aufgaben der tschechischen Sendeabteilung seien einer Stelle in Prag (Tschechien) übertragen worden. Zum 30. Juni 1994 seien diese beiden Sendeabteilungen im Münchner Sendebetrieb geschlossen worden. Zum 31. Dezember 1994 sei das "Research Institute" aufgelöst worden. Zum 30. Juni 1995 habe die Beigeladene auch ihre übrigen Aktivitäten in der Bundesrepublik Deutschland eingestellt. Eine schriftliche Bewerbung des Klägers auf eine der angeblich "freien" Stellen liege nicht vor. Eine Umsetzung des Klägers zum Sender nach Warschau sei für die Beigeladene schon deshalb nicht in Betracht gekommen, weil dieser Sender nicht von ihr betrieben worden sei. Es sei nicht zu ersehen, was die Behörden noch hätten ermitteln sollen. Die Zustimmung habe wegen Betriebsschließung erteilt werden müssen. Die Hauptfürsorgestelle habe bei ihrer Entscheidung keinen Ermessensspielraum gehabt. Wegen der Einzelheiten der Berufungsbegründung der Beigeladenen wird auf den Schriftsatz vom 10. Oktober 2005 Bezug genommen.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 12. Mai 2005 zu ändern 23 und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung der Beigeladenen zu verwerfen.
Der Kläger macht geltend: Die Berufung der Beigeladenen sei unzulässig. Der Prozessvertreter der Beigeladenen sei nicht wirksam bevollmächtigt. Außerdem habe er die Berufung beim unzuständigen Gericht eingelegt. Dieser Mangel sei nachträglich nicht geheilt worden. Es sei unerheblich, dass die an den Verwaltungsgerichtshof adressierte Berufungsschrift innerhalb der Berufungsfrist an das Verwaltungsgericht weitergeleitet worden sei.
Die Berufung der Beigeladenen sei jedenfalls unbegründet. Das Verwaltungsgericht habe den Zustimmungsbescheid zu Recht aufgehoben. Für die Zustimmung zur Kündigung fehle es an einem wirksamen Antrag. Bescheid und Widerspruchsbescheid wiesen keine ausreichende Begründung auf. Das Verwaltungsgericht habe zutreffend angenommen, dass der Sachverhalt von den Behörden und nicht vom Gericht zu ermitteln sei. Als Weiterbeschäftigungsmöglichkeit kämen alle freien Arbeitsplätze desselben Arbeitgebers in Betracht, auch wenn sie außerhalb Deutschlands lägen. Die Beigeladene habe zum Zeitpunkt der Kündigung aber auch in Deutschland freie Arbeitsplätze gehabt.
3. Der Beklagte erhob am 12. August 2005 beim Verwaltungsgericht München gegen das ihm am 13. Juli 2005 zugestellte Urteil Berufung.
Mit seiner Berufungsbegründung macht der Beklagte geltend: Der Zustimmungsbescheid und der Widerspruchsbescheid wiesen eine hinreichende Begründung auf. Bei der Zustimmung handle es sich um eine gebundene Entscheidung, weil es für den Kläger bei demselben Arbeitgeber im Inland keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit gegeben habe. Der Schutzbereich des Schwerbehindertengesetzes sei auf Deutschland beschränkt. Für den Sendeort Warschau sei am 25. Februar 1994 ein neuer Sender gegründet worden. Bei Erlass der Zustimmung sei noch nicht sicher gewesen, ob eine Verlegung nach Prag erfolgen werde. Außerdem handle es sich hierbei um einen "anderen" Arbeitsbereich. Wegen der Einzelheiten der Berufungsbegründung des Beklagten wird auf den Schriftsatz vom 15. November 2005 Bezug genommen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 12. Mai 2005 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Der Kläger macht geltend: Die Berufung des Beklagten sei schon unzulässig, weil die Anfechtungsgründe nicht ausreichend dargelegt worden seien. Jedenfalls sei auch diese Berufung unbegründet.
4. Der Kläger hatte vor der mündlichen Verhandlung die erkennenden Richter und weitere Richter, den Berichterstatter mehrfach, abgelehnt. Seine Ablehnungsgesuche hatten keinen Erfolg (BayVGH vom 21.4.2006, 14.6.2006 und 26.7.2006).
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die vom Beklagten vorgelegten Behördenakten, auf die Gerichtsakten sowie auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Die Berufung der Beigeladenen und die Berufung des Beklagten haben Erfolg.
A.
Berufung der Beigeladenen.
I.
Die Berufung der Beigeladenen ist zulässig. Die Berufung ist form- und fristgerecht erhoben worden (1.). Der Prozessvertreter der Beigeladenen ist wirksam bevollmächtigt (2.).
1. Die Berufung ist wirksam eingelegt worden.
Nach § 124 a
Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO) ist die Berufung, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Diese Voraussetzungen gelten hier als erfüllt.
Zwar hat der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen die (nicht datierte) Berufungsschrift nicht an das Verwaltungsgericht, sondern an den Verwaltungsgerichtshof gerichtet. Dieser Mangel ist aber dadurch geheilt worden, dass der Verwaltungsgerichtshof dem Verwaltungsgericht einen Abdruck der Berufungsschrift übersandt hat. Diese Übersendung des Abdrucks der Berufungsschrift steht einer Weiterleitung der Berufungsschrift an das Verwaltungsgericht gleich. Der Eingang des Abdrucks der Berufungsschrift beim Verwaltungsgericht gilt damit als Einlegung der Berufung beim Verwaltungsgericht.
Dem Kläger ist einzuräumen, dass sich diese Rechtsauffassung nicht auf die Erwägungen des Bundesverfassungsgerichts in der Entscheidung vom 20. Juni 1995 (BVerfGE 93, 99 = NJW 1995, 3173) stützen lässt. In dieser Entscheidung hat das Bundesverfassungsgericht für den Zivilprozess, in dem Urteile keine Rechtsmittelbelehrung enthalten müssen, für das mit der Sache befasste erstinstanzliche Gericht aus dem Gebot eines fairen Verfahrens, das aus
Art. 2
Abs. 1
GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip folgt, eine Fürsorgepflicht gegenüber den Prozessparteien abgeleitet, die in der Weise nachwirke, dass das Gericht verpflichtet sei, zu Unrecht bei ihm eingereichte fristgebundene Schriftsätze für das Rechtsmittelverfahren im Zuge des ordentlichen Geschäftsgangs an das Rechtsmittelgericht weiterzuleiten (BVerfGE 93, 99/114 f. = NJW 1995, 3173/ 3175).
Diese Erwägungen treffen hier in mehrfacher Hinsicht nicht zu. Im Verwaltungsprozess müssen Urteile eine Rechtsmittelbelehrung enthalten (§ 117
Abs. 2
Nr. 6
VwGO). Die Berufung ist, anders als im Zivilprozess (§ 519
Abs. 1 der Zivilprozessordnung -
ZPO), nicht beim Berufungsgericht, sondern beim Verwaltungsgericht einzureichen (§ 124 a
Abs. 2 Satz 1
VwGO). Für das bisher mit der Sache nicht befasste Berufungsgericht gibt es keine "nachwirkende" Fürsorgepflicht.
Gleichwohl besteht im Verwaltungsprozess für das Berufungsgericht eine aus dem Rechtsstaatsprinzip folgende Fürsorgepflicht des Inhalts, dass eine (unter Verstoß gegen § 124 a
Abs. 2 Satz 1
VwGO) beim Berufungsgericht eingereichte Berufungsschrift im ordentlichen Geschäftsgang an das Verwaltungsgericht weiterzuleiten ist. Diese Weiterleitungspflicht ergibt sich für den Verwaltungsprozess daraus, dass die Bestimmung des § 124 a
Abs. 2 Satz 1
VwGO zum Einlegungsort von allgemeinen Prinzipien des Prozessrechts abweicht, ohne dass für diese Abweichung ein sachlicher Grund zu erkennen ist. Diese Regelung wirkt deshalb selbst für sehr prozesserfahrene Rechtsanwälte - und gerade für solche, wenn sie aufgrund ihrer bisherigen Berufserfahrung mit den Besonderheiten des Verwaltungsprozesses nicht in vertiefter Weise vertraut sind, "überraschend".
Die deutschen Prozessordnungen folgen dem Prinzip, dass Berufungen bei dem Gericht einzulegen sind, das über die Berufung zu entscheiden hat. Das ist, von den Besonderheiten des Strafprozesses abgesehen (
vgl. §§ 314, 319
Abs. 1 der Strafprozessordnung - StPO), das Berufungsgericht.
Dieser Einlegungsort ergibt sich für den Zivilprozess aus § 519
Abs. 1
ZPO, für den Arbeitsgerichtsprozess aus § 519
Abs. 1
ZPO in Verbindung mit § 64
Abs. 6 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes (
ArbGG) und für den Sozialgerichtsprozess aus § 151
Abs. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (
SGG). Im Verwaltungsprozess ist die Berufung hingegen - ohne dass hierfür ein sachlicher Unterscheidungsgrund erkennbar wäre - bei einem Gericht einzulegen, das nicht über die Berufung zu entscheiden hat (§ 124 a
Abs. 2 Satz 1
VwGO).
Das den Zugang zur Rechtsmittelinstanz erschwerende "Überraschungsmoment" dieser Regelung wird dadurch verstärkt, dass die Bestimmung des § 124 a
Abs. 2 Satz 1
VwGO außerdem von dem das Rechtsmittelrecht der Verwaltungsgerichtsordnung beherrschenden Prinzip abweicht, dass ein Rechtsmittel mit fristwahrender Wirkung sowohl bei dem Gericht eingelegt werden kann, das das angefochtene Urteil erlassen hat, als auch beim Rechtsmittelgericht. Diese Erleichterung zum Einlegungsort ergibt sich für die Revision aus § 139
Abs. 1 Sätze 1 und 2
VwGO, für die Beschwerde aus § 147
Abs. 1 Satz 1 und
Abs. 2
VwGO. Gleiches gilt für die der verwaltungsprozessualen Berufung artverwandte Berufung im Sozialgerichtsprozess. Nach § 151
Abs. 2
SGG kann die beim Landessozialgericht einzulegende Berufung mit fristwahrender Wirkung auch beim Sozialgericht eingelegt werden. Die Regelung des § 124 a
Abs. 2 Satz 1
VwGO zum Einlegungsort weicht auch von diesem Prinzip ab. Ein die Abweichung rechtfertigender Unterscheidungsgrund ist nicht erkennbar.
Der Einwand des Klägers, dass das angefochtene Urteil eine Rechtsmittelbelehrung mit dem Hinweis enthält, dass die Berufung beim Verwaltungsgericht einzulegen ist, führt zu keiner anderen Betrachtungsweise.
Der Mangel, den die prinzipienwidrige Regelung des § 124 a
Abs. 2 Satz 1
VwGO zum Ort der Berufungseinlegung aufweist, wird durch die Rechtsmittelbelehrung des Urteils nur gemildert, nicht beseitigt. Vorliegend kommt erschwerend hinzu, dass die Rechtsmittelbelehrung gerade zur Frage des Einlegungsortes eine Unrichtigkeit enthält, weil das Gericht, bei dem die Berufung einzulegen ist, unrichtig bezeichnet ist ("Bayerisches Verwaltungsgericht München"). Die richtige Bezeichnung des Gerichts lautet "Verwaltungsgericht München". Das ergibt sich aus dem Passus "die bayerischen Verwaltungsgerichte" in
Art. 1
Abs. 2 des Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (AGVwGO) und - ausdrücklich - aus der Bezeichnung "Verwaltungsgericht München" in
Art. 2
Abs. Satz 1 Halbs. 1 AGVwGO. Die richtige Bezeichnung wird durch
Art. 42
Abs. 2
Nr. 1 des am 1. Januar 2006 in Kraft getretenen Bayerischen Disziplinargesetzes (BayDG) vom 24. Dezember 2005 (GVBl
S. 665, BayRS 2031-1-1-F) bestätigt ("Verwaltungsgericht München"). Der Hinweis in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils, dass die Berufung "beim Bayerischen Verwaltungsgericht München" eingelegt werden kann, ist geeignet, zu einer Verwechslung mit dem "Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München" zu führen. Es ist nicht auszuschließen, dass diese unrichtige Bezeichnung des Verwaltungsgerichts den Prozessbevollmächtigten der Beigeladenen - möglicherweise in Verbindung mit der Vorstellung, dass eine Berufung beim Berufungsgericht einzulegen sei - dazu verleitet hat, die Berufungsschrift statt beim Verwaltungsgericht München beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München einzureichen.
Der durch § 124 a
Abs. 2 Satz 1
VwGO bewirkten Erschwerung des Zugangs zur Berufungsinstanz und der durch die unrichtige Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils bewirkten Verwechselungsgefahr sind durch Fürsorgemaßnahmen des Berufungsgerichts und durch eine systemkonforme Auslegung des § 124 a
Abs. 2 Satz 1
VwGO zu begegnen.
Aus der Fürsorgepflicht des Berufungsgerichts folgt seine Pflicht, eine bei ihm eingereichte Berufungsschrift im ordentlichen Geschäftsgang an das Verwaltungsgericht weiterzuleiten. Aus der systemkonformen Auslegung des § 124 a
Abs. 2 Satz 1
VwGO folgt der Satz, dass auch die Übermittlung eines Abdrucks der Berufungsschrift ausreicht.
§ 124 a
Abs. 2 Satz 1
VwGO hat den Zweck, das Verwaltungsgericht von der Berufung in Kenntnis zu setzen und es zu veranlassen, die Akten an das Berufungsgericht abzugeben. Dieser Zweck wird nicht nur durch die Weiterleitung der Berufungsschrift, sondern auch durch die Übermittlung eines Abdrucks der Berufungsschrift erreicht. Alles andere wäre bloße Förmelei. Wollte man nämlich fordern, dass der Mangel, dass die Berufungsschrift nicht beim empfangszuständigen Verwaltungsgericht, sondern beim Berufungsgericht eingereicht worden ist, nur durch eine Weiterleitung des Originals der Berufungsschrift an das Verwaltungsgericht geheilt werden könne, dann läge in der Übermittlung eines Abdrucks der Berufungsschrift ein Verfahrensfehler des Berufungsgerichts. Dieser Verfahrensfehler könnte dadurch geheilt werden, dass das Berufungsgericht das Original der Berufungsschrift nachträglich an das Verwaltungsgericht mit der Bitte weiterleitet, sie unverzüglich zurückzuleiten, und dass das Berufungsgericht, wenn wegen seines Verfahrensfehlers die Berufungsfrist versäumt worden ist, gemäß § 125
Abs. 1 Satz 1, § 60
Abs. 2 Satz 4
VwGO von Amts wegen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen hat die Berufungsschrift so rechtzeitig beim Berufungsgericht eingereicht, dass sie im gewöhnlichen Geschäftsgang an das Verwaltungsgericht weitergeleitet werden konnte und - in Abdruck - auch weitergeleitet worden ist. Risiken aus der Sphäre des zur Weiterleitung verpflichteten Berufungsgerichts wirken sich auf ein etwaiges Verschulden der Partei (§ 60
Abs. 1
VwGO) oder ihres Prozessbevollmächtigten (§ 85
Abs. 2
ZPO, § 173
VwGO) nicht mehr aus (
BVerfG vom 14.5.1985 BVerfGE 69, 381/ 386; vom 20.6.1995 BVerfGE 93, 99/115 f. = NJW 1995, 3173/3175).
2. Der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen ist wirksam bevollmächtigt worden.
Die Prozessvollmachten, die die Beigeladene ihrem Prozessvertreter im Klageverfahren und im Berufungsverfahren erteilt hat, sind nach deutschem Recht zu beurteilen, weil sie für einen Rechtsstreit erteilt worden sind, der vor deutschen Gerichten geführt wird (lex fori). Das gilt unabhängig davon, ob die Vollmachten im Inland oder im Ausland erteilt worden sind (
BGH vom 26.4.1990 NJW 1990, 3088
Nr. II.1.a.; vom 23.10.1963 BGHZ 40, 197/203 = NJW 1964, 203/204; Spellenberg in Münchener Kommentar,
BGB, 4. Aufl., Internationales Privatrecht. Personenrecht und Rechtsgeschäfte, Vor
Art. 11 EGBGB RdNr. 219 mit weiteren Nachweisen).
2.1. Nach § 67
Abs. 3 Satz 1
VwGO ist die Vollmacht schriftlich zu erteilen. Diese Voraussetzung ist erfüllt.
2.1.1. Der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen hat dem Verwaltungsgericht München mit Schriftsatz vom 2. September 1996 Fotokopie einer am 30. Juni 1995 in Washington ausgestellten, von "A. ... ..., Counselor, R., Inc." unterzeichneten Vollmacht vorgelegt, durch die er ab 1. Juli 1995 zum Leiter der "Generalrepräsentanz R., Inc. Deutschland" ernannt und bevollmächtigt worden ist, alle zur Abwicklung von R., Inc. in Deutschland erforderlichen Maßnahmen gegenüber den ehemaligen Arbeitnehmern, sonstigen Gläubigern und Schuldnern, gegenüber anderen Unternehmen und Institutionen, sowie gegenüber Behörden durchzuführen.
2.1.2. Die Erteilung einer schriftlichen Vollmacht ist ausreichend nachgewiesen.
Unerheblich ist, dass der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen die Vollmacht vom 30. Juni 1995 nicht zu den Gerichtsakten gegeben hat. Die Bestimmung in § 173
VwGO, § 80
Abs. 1 Alt. 2
ZPO, dass die schriftliche Vollmacht zu den Gerichtsakten abzugeben ist, ist hier gemäß § 88
Abs. 2 Halbs. 2
ZPO nicht anzuwenden, weil der Bevollmächtigte ein Rechtsanwalt ist.
2.1.3. Die Vollmacht umfasst (auch) die vorliegende Streitsache.
Die Vollmacht vom 30. Juni 1995 erstreckt sich auf alle zur Abwicklung gegenüber den (ehemaligen) Arbeitnehmern erforderlichen Maßnahmen. Der Kläger zählt zu dem in der Vollmacht genannten Personenkreis. Das Verfahren wegen Zustimmung zur Kündigung des Klägers nach dem Schwerbehindertengesetz ist ein zur Abwicklung erforderliches Verfahren. Das gilt nicht nur für das Verwaltungsverfahren und für das Widerspruchsverfahren, sondern auch für das gerichtliche Verfahren in allen Instanzen.
2.1.4. Die formellen Anforderungen an die Prozessbevollmächtigung sind durch zwei zusätzliche Vollmachtserklärungen erfüllt und bekräftigt worden.
Der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen hat dem Verwaltungsgericht München mit Schriftsatz vom 27. August 2002 das Original einer am 20. August 2002 in Prag von "..., President, R., Inc." unterzeichnete Prozess- und Zustellungsvollmacht für das Verfahren des Klägers gegen den Beklagten wegen Zustimmung zur Kündigung nach dem Schwerbehindertengesetz vorgelegt. Damit sind auch die Anforderungen des § 80
Abs. 1 Alt. 2
ZPO gewahrt. Die Vollmacht vom 20. August 2002 erstreckt sich gemäß § 81
ZPO in Verbindung mit § 173
VwGO auch auf das Berufungsverfahren.
Der Prozessbevollmächtigte der Beigeladenen hat dem Verwaltungsgerichtshof mit Schriftsatz vom 6. März 2006 das Original einer am 27. Februar 2006 in Washington, D. C., von "..., Acting President, R., Inc." unterzeichneten Prozess-Vollmacht für das vorliegende Berufungsverfahren vorgelegt. Damit sind die Voraussetzungen § 80
Abs. 1 Alt. 2
ZPO ein weiteres Mal erfüllt worden.
2.2. Die Bevollmächtigung des Beigeladenenvertreters ist auch materiell wirksam.
2.2.1. Schon die Abwicklungsvollmacht vom 30. Juni 1995 ist von einem für die Vollmachtserteilung zuständigen Organ der Beigeladenen (
vgl. § 62
Abs. 3
VwGO) erteilt worden.
Die Frage, welches Gesellschaftsorgan der Beigeladenen zur Erteilung der Vollmacht zuständig ist, beurteilt sich nach amerikanischem Recht. Die Befugnisse der Gesellschaftsorgane ergeben sich aus dem Gesellschaftsrecht. Da die Beigeladene eine im US-Bundesstaat Delaware nach dessen Rechtsvorschriften (General Corporation Law of the State of Delaware) gegründete Gesellschaft ist, wird das Gesellschaftsstatut gemäß der Kollisionsnorm des
Art. XXV
Abs. 5 Satz 2 des am 14. Juli 1956 in Kraft getretenen Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag vom 29. Oktober 1954 zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika durch das amerikanische Recht bestimmt.
Art. XXV des Vertrags vom 29. Oktober 1954 ist anwendbar.
Die Bestimmungen dieses Vertrags sind mit ihrem Inkrafttreten am 14. Juli 1956 in Deutschland unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden. Das ergibt sich daraus, dass sie durch das Gesetz vom 7. Mai 1956 (BGBl II
S. 487) in die deutsche Rechtsordnung eingegliedert (inkorporiert) worden sind.
71 Die Kollisionsregelung des
Art. XXV
Abs. 5 Satz 2 des Vertrags geht den gewohnheitsrechtlichen (richterrechtlichen) Regelungen des in Deutschland nicht kodifizierten (nicht durch gesetzliche Vorschriften geregelten) Internationalen Gesellschaftsrechts (
vgl. Art. 37 Nrn. 3 und 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche - EGBGB) im Range vor. Dieser Anwendungsvorrang folgt aus einer entsprechenden Anwendung des
Art. 25 Satz 2 Alt. 1 des Grundgesetzes (
GG) auf die inkorporierten Vertragsbestimmungen.
72
Art. 25 Satz 2 Alt. 1
GG ist auf die durch das (einfache) Bundesgesetz vom 7. Mai 1956 in die deutsche Rechtsordnung inkorporierten Bestimmungen des Vertrags vom 29. Oktober 1954 entsprechend anwendbar. Das folgt daraus, dass mit der Inkorporation der völkerrechtlichen Regelungen auch die völkerrechtlichen Rangregeln inkorporiert worden sind. Da das Völkervertragsrecht - zwingendes völkerrechtliches Gewohnheitsrecht ausgenommen (
vgl. Art. 53, 64 der Wiener Übereinkommens über das Recht der Verträge - WVRK) - dem völkerrechtlichen Gewohnheitsrecht und den allgemeinen völkerrechtlichen Rechtsgrundsätzen im Rang vorgeht (
vgl. Art. 38
Abs. 1 Buchst. a, b und c des Statuts des Internationalen Gerichtshofs - IGH-Statut), und da nach der in
Art. 25 Satz 2 Alt. 2
GG zum Ausdruck gekommenen Wertung des deutschen Verfassungsgebers die gemäß
Art. 25 Satz 1
GG in die deutsche Rechtsordnung inkorporierten allgemeinen Regeln des Völkerrechts (
vgl. Art. 38
Abs. 1 Buchst. b und c IGH-Statut) Vorrang vor dem einfachen Bundesrecht haben, kann inkorporiertes Völkervertragsrecht innerstaatlich (grundsätzlich) keinen geringeren Rang als die allgemeinen Regeln des Völkerrechts haben. Gesetzliche Regelungen, die die unmittelbare innerstaatliche Anwendung der Kollisionsnorm des
Art. XXV
Abs. 5 Satz 2 des Vertrags vom 29. Oktober 1954 oder ihren Anwendungsvorrang vor dem einfachen Bundesrecht einschränken ("Treaty Overriding"), sind nicht erlassen worden.
Der Anwendungsvorrang der Kollisionsregelung des
Art. XXV
Abs. 5 Satz 2 des Vertrags vor den gewohnheitsrechtlichen Regelungen des deutschen Internationalen Gesellschaftsrechts wird durch die Bestimmung des
Art. 3
Abs. 2 Satz 1 EGBGB bestätigt, nach der die Regelungen in völkerrechtlichen Vereinbarungen, soweit sie unmittelbar anwendbares innerstaatliches Recht geworden sind, den Vorschriften dieses Gesetzes - und damit auch den ranggleichen gewohnheitsrechtlichen Regelungen - vorgehen.
Art. 3
Abs. 2 Satz 1 EGBGB dient nur der Klarstellung (
vgl. Begründung des Gesetzentwurfs zur Neuregelung des Internationalen Privatrechts, Bundestagsdrucksache 10/504 Seite 36: "... Absatz 2 enthält daher zur Förderung sachgemäßer Rechtsanwendung einen ausschließlich klarstellenden Hinweis auf die vorrangig zu prüfenden völkerrechtlichen Vereinbarungen").
Der Syndikus ("Counselor") ... ... ... war nach dem amerikanischen Gesellschaftsstatut zur Erteilung der Abwicklungsvollmacht zuständig. Es ist weder schlüssig vorgetragen noch zu ersehen, dass er hierbei seine Befugnisse überschritten haben könnte. Zu dem Zeitpunkt, zu dem die Vollmacht erteilt worden ist (30.06.1995), war der Betrieb in München bereits abgewickelt und geschlossen. Die Errichtung einer "Generalrepräsentanz R., Inc. Deutschland", die Bestellung des Rechtsanwalts ... zum Leiter dieser Stelle und seine Ermächtigung, die noch erforderlichen Abwicklungsmaßnahmen durchzuführen, dienten (und dienen) lediglich dem (restlichen) Vollzug der vom Träger der Gesellschaft getroffenen Entscheidung, den Sender zu verlegen und den Betrieb in München zu schließen. Anscheinsgrundsätze sprechen dafür, dass der Syndikus der Gesellschaft im Auftrag der zuständigen Gesellschaftsorgane gehandelt hat, als er mit der Erteilung der Abwicklungsvollmacht eine Maßnahme zur Ausführung der grundlegenden Entscheidung der Gesellschaft traf.
2.2.2. Unabhängig davon war jedenfalls der damalige Generaldirektor (president) der Beigeladenen ... ... als vertretungsberechtigtes Gesellschaftsorgan zuständig, die von ihm am 20. August 2002 in Prag unterzeichneten Prozess- und Zustellungsvollmacht zu erteilen.
Nach
Nr. 5.8 der Satzung der Beigeladenen ist der Generaldirektor (president) als der oberste leitende Angestellte (chief executive officer) der Gesellschaft in jeder Hinsicht der gesetzliche Vertreter der Gesellschaft und berechtigt, einige oder sämtliche seiner Vollmachten als gesetzlicher Vertreter der Gesellschaft an andere Funktionsträger zu delegieren. Diese Regelung ist wirksam. Sie verstößt nicht gegen gesetzliche Vorschriften, insbesondere nicht gegen die maßgebliche Bestimmung in § 142 Buchst. a Satz 1 des Allgemeinen Gesellschaftsgesetzes des Staates Delaware (General Corporation Law of the State of Delaware), nach der die Gesellschaften (unter anderem) ermächtigt sind, die Leitung der Gesellschaft und die Befugnisse der Gesellschaftsorgane in ihren Satzungen zu regeln ("Every corporation organized under this chapter shall have such officers with such titles and duties as shall be stated in the bylaws or in a resolution of the board of directors which is not inconsistent with the bylaws ...").
Aus dem gleichen Grunde ist auch die vom geschäftsführenden Generaldirektor ("Acting President") ... am 27. Februar 2006 in Washington D. C. unterzeichnete Prozessvollmacht für das Berufungsverfahren wirksam.
Der Kläger überschätzt bei seinen Rügen, die Gesellschaftsorgane der Beigeladenen, die Rechtsanwalt ... in dieser Sache bevollmächtigt haben, seien hierzu gesellschaftsrechtlich nicht befugt gewesen, die gesellschaftsrechtliche Bedeutung seiner Klage für die Beigeladene. Die Beigeladene ist, wie der Kläger weiß, eine weltweit tätige Gesellschaft. Das vorliegende Verfahren mag zwar im Hinblick auf den Verfahrensablauf und die Verfahrensdauer von Interesse sein.
Für die Beigeladene handelt es sich aber bei objektiver Betrachtungsweise lediglich um eine örtliche Angelegenheit, bei der es darum geht, das letzte von etwa 1.400 Arbeitsverhältnissen für einen seit 1995 stillgelegten Betrieb zu beenden.
II.
Die Berufung der Beigeladenen ist begründet.
Das Verwaltungsgericht hätte die Klage abweisen müssen. Die Klage ist unbegründet, denn der vom Kläger angefochtene Bescheid vom 6. Juni 1994 ist rechtmäßig (§ 113
Abs. 1 Satz 1
VwGO).
1. Der Bescheid ist formell rechtmäßig.
1.1. Der Antrag vom 25. März 1994 auf Erteilung der Zustimmung zur Kündigung, der gemäß § 17
Abs. 1 Satz 1 des Schwerbehindertengesetzes vom 26. August 1986 (BGBl I
S. 1421) in der zuletzt durch
Art. 9 des Gesetzes vom 13. Juni 1994 (BGBl I
S. 1229) geänderten Fassung, der gemäß
Art. 10
Abs. 5 des Gesetzes rückwirkend zum 1. Januar 1994 in Kraft getreten ist (
SchwbG 1994), erforderliche war, ist wirksam. Die Personalabteilung des Betriebes in München war betriebsintern zuständig, bei der Hauptfürsorgestelle die Zustimmung zu beantragen.
1.2. Der Zustimmungsbescheid weist eine ausreichende Begründung auf.
Nach § 35
Abs. 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuchs (
SGB X) ist ein schriftlicher Verwaltungsakt mit einer Begründung zu versehen (Satz 1). In der Begründung sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zu ihrer Entscheidung bewogen haben (Satz 2). Die Begründung von Ermessensentscheidungen muss auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist (Satz 3).
Diese Bestimmungen stellen nur Anforderungen an eine verfahrensrechtlich korrekte Begründung.
Sie fordern keine materiell richtige Begründung (
vgl. BVerwG vom 29.9.1998 NVwZ 1999, 303; P. Stelkens/U. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 6. Aufl., § 39 RdNr. 21 mit weiteren Nachweisen). Zweck der Begründungspflicht ist es, die Beteiligten über die maßgeblichen Erwägungen der Behörde zu informieren, um sie zu überzeugen oder um ihnen zu erleichtern, sich darüber schlüssig zu werden, ob sie die Entscheidung anfechten wollen. Die Begründungspflicht dient darüber hinaus der Selbstkontrolle der Behörde sowie der Kontrolle durch die Widerspruchsbehörde, durch Aufsichtsbehörden und durch Gerichte. Von daher muss die Begründung grundsätzlich auf den konkreten Fall abstellen. Auf Umstände, die den Beteiligten bereits bekannt sind oder auch ohne Begründung für sie ohne weiteres erkennbar sind, braucht die Begründung nicht einzugehen (§ 35
Abs. 2
Nr. 2
SGB X).
Die dem Bescheid vom 6. Juni 1994 beigefügte Begründung genügt den Anforderungen des § 35
SGB X. Das ergibt sich daraus, dass die Behörde - nach einer gedrängten Darstellung der Auffassung der Beigeladenen und der Auffassung des Klägers im Teil I der Gründe - im Teil II die wesentlichen Erwägungen für ihre Auffassung dargelegt hat. Unerheblich ist, dass die Behörde von einer Ermessensentscheidung ausgegangen ist und nicht erkannt hat, dass es sich wegen einer Betriebsschließung um eine gebundene Entscheidung gehandelt hat. Unabhängig davon weist auch der Widerspruchsbescheid vom 7. August 1995 eine den formellen Anforderungen des § 35
SGB X genügende Begründung auf.
2. Der Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.
Maßgebend für die materielle Rechtmäßigkeit einer Zustimmung zur Kündigung eines Schwerbehinderten ist letztlich die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung (
BVerwG vom 7.3.1991 BB 1991, 1121). Das ist der Zeitpunkt, zu dem von dem Verwaltungsakt durch die Kündigung, einer privatrechtlichen Gestaltungserklärung, Gebrauch gemacht worden ist. Dieser Zeitpunkt und nicht der Zeitpunkt der Erteilung der Zustimmung ist maßgebend, weil eine zum Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe rechtmäßige Zustimmung zur Kündigung nicht aufrecht erhalten werden darf, wenn sich vor dem Zugang der Kündigung die Sach- oder Rechtslage so geändert hat, dass die Zustimmung nunmehr nicht mehr erteilt werden dürfte (§ 48
Abs. 1 Satz 2
Nr. 1
SGB X analog). Andererseits kann eine zum Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe materiell rechtswidrige Zustimmung im Widerspruchsverfahren mit Rückwirkung zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung geheilt werden, wenn zu diesem Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Erteilung der Zustimmung vorgelegen haben.
Die Zustimmung zu der am 22. Juni 1994 zugegangenen Kündigung ist durch § 19
Abs. 1 Satz 1
SchwbG 1994 gedeckt.
Nach § 19
Abs. 1 Satz 1
SchwbG 1994 hat die Hauptfürsorgestelle die Zustimmung zu erteilen bei Kündigungen in Betrieben und Dienststellen, die nicht nur vorübergehend eingestellt oder aufgelöst werden, wenn zwischen dem Tage der Kündigung und dem Tage, bis zu dem Gehalt oder Lohn gezahlt wird, mindestens 3 Monate liegen.
Diese Bestimmung ist hier anwendbar. Sie wird nicht durch die Regelung in Satz 3 der Vorschrift ausgeschlossen. Nach § 19
Abs. 1 Satz 3
SchwbG 1994 gilt Satz 1 nicht, wenn eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz desselben Betriebes oder auf einem freien Arbeitsplatz in einem anderen Betrieb desselben Arbeitgebers mit Einverständnis des Schwerbehinderten möglich und für den Arbeitgeber zumutbar ist. Diese Voraussetzungen lagen im Juni 1994 nicht mehr vor.
Die Beigeladene hat schlüssig dargelegt, dass der Betrieb in München ab 30. Juni 1994 in mehreren Phasen eingestellt und am 30. Juni 1995 ganz aufgelöst worden ist. Der Kläger hat diese Behauptung nicht in substanziierter Weise bestritten. Damit gab es im Juni 1994 im Betrieb in München keinen für eine (dauerhafte) Weiterbeschäftigung geeigneten Arbeitsplatz mehr (§ 19
Abs. 1 Satz 3 Alt. 1
SchwbG 1994), weil der gesamte Betrieb zur Auflösung anstand.
Die Beigeladene hat außerdem schlüssig dargelegt, dass sie im Juni 1994 in Deutschland auch keinen anderen Betrieb hatte, in dem der Kläger hätte weiterbeschäftigt werden können. Der Kläger hat auch diese Behauptung nicht in substanziierter Weise bestritten. Die bloße Behauptung, es habe Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten gegeben, reicht nicht aus. Damit steht fest, dass es im Juni 1994 im Geltungsbereich des Schwerbehindertengesetzes auch keinen freien Arbeitsplatz in einem anderen Betrieb desselben Arbeitgebers (§ 19
Abs. 1 Satz 3 Alt. 2
SchwbG 1994) gegeben hat.
Entgegen der Auffassung des Klägers kommt es nicht darauf an, ob der Sender von München nach Warschau "verlegt" worden ist und ob er in Warschau von einer Einrichtung weiterbetrieben worden ist, die derselben amerikanischen Aufsichtsbehörde wie die Beigeladene unterstand.
Als "andere Betriebe desselben Arbeitgebers" im Sinne des § 19
Abs. 1 Satz 3
SchwbG 1994 kommen nämlich nur Betriebe im Geltungsbereich des Schwerbehindertengesetzes (
vgl. § 1
SchwbG 1994) und damit nur Betriebe auf dem Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland in Betracht (
vgl. Wiegand,
SchwbG, § 15 RdNr. 23). Das Schwerbehindertengesetz ist öffentliches Recht. Die betriebsbezogenen Regelungen des Gesetzes knüpfen an die Lage des Betriebes, nicht an die Staatsangehörigkeit oder an das Gesellschaftsstatut des Betriebsinhabers und auch nicht an die Staatsangehörigkeit des Arbeitnehmers an. Bei der Auslegung und Anwendung des Gesetzes ist zu berücksichtigen, dass die Territorialhoheit der Staaten grundsätzlich auf ihr Staatsgebiet beschränkt ist. Damit ist unerheblich, dass es sich bei dem Betrieb in Warschau, in den die polnische Sendeabteilung im Juni 1994 verlegt worden ist, nicht um einen
Betrieb der Beigeladenen gehandelt hat.
B.
Berufung des Beklagten.
I.
Die Berufung des Beklagten ist zulässig.
Alt. 2
VwGO müssen in der Berufungsbegründung die Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) im Einzelnen angeführt werden. Ziel der Regelung ist es, dass der Berufungsführer zur Entlastung des Berufungsgerichts in ausreichender Weise zum Ausdruck bringt, aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen das angefochtene Urteil unrichtig sein soll. Das erfordert eine Sichtung, Prüfung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs und eine konkrete Auseinandersetzung mit den entscheidungstragenden Erwägungen des Verwaltungsgerichts. An die Darlegung der Berufungsgründe sind umso höhere Anforderungen zu stellen, je sorgfältiger das angefochtene Urteil begründet worden ist. Umgekehrt gilt, dass an die Darlegung der Berufungsgründe umso geringere Anforderungen zu stellen sind, je fragwürdiger das angefochtene Urteil in Ergebnis und Begründung ist. Eine kurze, präzise und auf die wesentlichen Gesichtspunkte beschränkte Begründung reicht aus (Seibert in Sodan/Ziekow,
VwGO, 2. Aufl., § 124 a RdNr. 107).
Nach diesem Maßstab hat der Beklagte seine Berufung ordnungsgemäß begründet. Die Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichts erwecken schon auf den ersten Blick Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Das Verwaltungsgericht hat unter Verstoß gegen seine Amtsermittlungspflicht (
vgl. § 86
Abs. 1, § 113
Abs. 3 Satz 1 und 4
VwGO) die Sache nicht spruchreif gemacht (
vgl. zur Ermittlungspflicht der Gerichte in Schwerbehindertensachen
BVerwG vom 27.10.1971 BVerwGE 39, 36/37f.; vom 28.2.1968 Buchholz 436.6 § 14
Nr. 5; Neumann/Pahlen,
SchwbG, 8. Aufl., § 15 RdNr. 15). Deshalb hat es schon die Frage nicht geklärt, ob es sich bei dem angefochtenen Bescheid wegen Betriebsauflösung um eine gebundene Entscheidung handelt. Von seinem Standpunkt aus, dass es sich um eine Ermessensentscheidung handle, hätte das Verwaltungsgericht jedenfalls klären müssen, ob die Behörden bei ihren Entscheidungen von unrichtigen Tatsachen ausgegangen sind.
Der Beklagte hat mit der Rüge, das Verwaltungsgericht habe nicht berücksichtigt, dass es sich bei der Zustimmung um eine gebundene Entscheidung handele, weil es für den Kläger bei demselben Arbeitgeber im Inland keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit gebe, das angefochtene Urteil in Ergebnis und Begründung schlüssig in Frage gestellt. Das genügt. Damit kommt es nicht mehr darauf an, dass der Beklagte in seiner Berufungsbegründung noch weitere Rügen erhoben hat.
II.
Die Berufung des Beklagten ist begründet.
Insoweit wird auf die Darlegungen zur Begründetheit der Berufung der Beigeladenen unter
Nr. II Bezug genommen.
C.
Der Kläger hat gemäß § 154
Abs. 1
VwGO die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 188 Satz 2 Halbs. 1
VwGO). Es entspricht der Billigkeit (§ 162
Abs. 3
VwGO), dem Kläger auch die Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen. Die Beigeladene hat sich im Klageverfahren durch einen Antrag, im Berufungsverfahren durch ein Rechtsmittel dem Kostenrisiko des § 154
Abs. 3 Halbs. 1
VwGO ausgesetzt. Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167
VwGO, § 708
Nr. 11
ZPO. Die Entscheidung über die Abwendungsbefugnis des Klägers beruht auf § 711
ZPO.
Die Voraussetzungen des § 132
Abs. 2
VwGO für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.