Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg.
Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis ist durch die angegriffenen Kündigungen nicht beendet worden. Die Kündigung vom 21.12.2005 ist bereits wegen der fehlenden Zustimmung des Integrationsamtes unwirksam (1). Soweit es die weitere Kündigung vom 18.04.2006 betrifft, bedarf es keiner Klärung, ob auch insoweit von einer fehlenden Zustimmung des Integrationsamtes auszugehen ist, nachdem das erteilte Negativattest vom Verwaltungsgericht aufgehoben worden ist. Jedenfalls erweist sich die Kündigung vom 18.04.2006 als sozialwidrig im Sinne des § 1
Abs. 1
KSchG, da die Kündigung durch Beschäftigung des Klägers auf einem geeigneten freien Arbeitsplatz vermeidbar war (2).
I
Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 21.12.2005 nicht beendet worden. Unstreitig ist der Kläger rückwirkend ab Antragstellung, d.h. zum 30.03.2005 als Schwerbehinderter anerkannt worden. Allein die objektive Anerkennung als Schwerbehinderter und die Stellung eines Anerkennungsantrages vor Ausspruch der Kündigung sind allerdings nach der Neufassung des
§ 90 SGB IX zur Erlangung des Sonderkündigungsschutzes nicht mehr ausreichend. Vielmehr setzt die Zubilligung des gesetzlichen Sonderkündigungsschutzes nunmehr voraus, dass der Arbeitnehmer seinen Anerkennungsantrag mindestens drei Wochen vor Ausspruch der Kündigung gestellt hat. Darauf, ob sodann das Versorgungsamt selbst, der Widerspruchsausschuss oder das Sozialgericht dem Anerkennungsantrag entspricht, kommt es demgegenüber, wie zwischenzeitlich das Bundesarbeitsgericht entschieden hat, nicht an (
BAG, 06.09.2007,
2 AZR 324/06).
Die ohne die erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes ausgesprochene Kündigung ist danach bereits aus diesem Grunde unwirksam. Der Kläger hat den genannten Unwirksamkeitsgrund auch bereits im ersten Rechtszuge vorgebracht.
II
Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist auch durch die weitere Kündigung vom 18.04.2006 nicht beendet worden.
1. Auch insoweit fehlt es - jedenfalls derzeit - an der erforderlichen Zustimmung des Integrationsamtes, nachdem das Verwaltungsgericht das vom Integrationsamt erteilte Negativattest aufgehoben hat. Die genannte Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig, vielmehr hat das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss vom 01.04.2008 die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen. Auch wenn es als wenig naheliegend erscheint, dass die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung die Vorschrift des § 90
Abs. 2 a
SGB IX abweichend von der zitierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 06.09.2007 auslegen wird, kann aus Rechtsgründen derzeit noch nicht eine endgültig fehlende Zustimmung des Integrationsamtes angenommen werden. Einer Aussetzung des Verfahrens bis zum Abschluss des Verwaltungsgerichtsverfahrens bedarf es indessen nicht, da sich die Kündigung schon aus anderen Gründen als unwirksam erweist.
2. Die Kündigung der Beklagten vom 18.04.2006 ist nicht durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des
§ 1 Abs. 2 KSchG gerechtfertigt. Auch wenn zu Gunsten der Beklagten als wahr unterstellt wird, dass für eine Beschäftigung des Klägers an seinem bisherigen Arbeitsplatz kein Bedarf mehr bestand, setzt die soziale Rechtfertigung der Kündigung doch das Fehlen anderweitiger Beschäftigungsmöglichkeiten, insbesondere auf einem freien Arbeitsplatz voraus.
Wie unstreitig ist, war im Zeitpunkt der Kündigung als Spänefahrer dauerhaft ein Leiharbeitnehmer beschäftigt. Die Beschäftigung eines Leiharbeitnehmers auf einem Dauerarbeitsplatz steht in rechtlicher Hinsicht einem freien Arbeitsplatz gleich. Da der Kläger - wie das Sachverständigengutachten ergeben hat - den Anforderungen dieses Arbeitsplatzes auch in gesundheitlicher Hinsicht gewachsen ist, war eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses durch weitere Beschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz - gegebenenfalls zu geänderten Vertragsbedingungen - möglich.
a) Entgegen der Auffassung der Beklagten war der Arbeitsplatz des Spänefahrers im rechtlichen Sinne als "frei" anzusehen. Der Arbeitgeber ist zwar in der Gestaltung der Arbeitsorganisation frei, ohne dass die Arbeitsgerichte die Zweckmäßigkeit der getroffenen Organisationsentscheidung zu überprüfen haben. Dies gilt insbesondere auch für die Frage, ob einzelne betriebliche Aufgaben von betriebszugehörigen Arbeitnehmern oder etwa auf dienst- oder werkvertraglicher Grundlage im Rahmen einer fremdgesteuerten Arbeitsorganisation durchgeführt werden sollen. Vorliegend hat die Beklagte nicht etwa die Entscheidung getroffen, die Tätigkeit des Spänefahrers - wie die frühere Tätigkeit des Klägers - durch ein anderes Unternehmen erledigen zu lassen, welches seinerseits zur Erledigung des Auftrages Arbeitnehmer einsetzt, vielmehr nimmt die Beklagte mit der Beschäftigung eines Leiharbeitnehmers selbst Arbeitgeberbefugnisse wahr und steuert durch eigene Weisungen den Arbeitseinsatz. Die Entscheidung der Beklagten, als Spänefahrer nicht einen betriebsangehörigen Arbeitnehmer einzusetzen, sondern einen ausgeliehenen Arbeitnehmer zu beschäftigen, kann damit nicht als eine der gerichtlichen Nachprüfung entzogene Organisationsentscheidung angesehen werden (
vgl. LAG Hamm, 05.03.2007, 11 Sa 1338/06 = DB 2007,1701). Auch soweit das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung vom 01.03.2007(
2 AZR 650/05 - AP
KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung
Nr. 164) dem Arbeitgeber die unternehmerische Entscheidung darüber zubilligt, ob er einen vorübergehenden Vertretungsbedarf mit eigenem Reservepersonal oder mit Leiharbeitnehmern abdeckt, sind diese Grundsätze auf die vorliegende Fallgestaltung nicht übertragbar. Träfe der gegenteilige Standpunkt der Beklagten zu, jedweder Einsatz von Leiharbeitnehmern stelle eine nicht zu überprüfende Organisationsentscheidung dar, so wäre der vom Bundesarbeitsgericht herausgestellte Gesichtspunkt des Vertretungsbedarfs entbehrlich. In Übereinstimmung mit weiteren Entscheidungen des Landesarbeitsgerichts (24.07.2007, 12 Sa 320/07; 06.08.2007, 8 Sa 2311/04) steht danach der von einem Leiharbeitnehmer dauerhaft besetzte Arbeitsplatz rechtlich einem freien Arbeitsplatz gleich, welcher zur Vermeidung einer Beendigungskündigung dem zu entlassenden Arbeitnehmer angeboten werden muss, sofern dieser den entsprechenden Arbeitsplatzanforderungen genügt.
b) Auf der Grundlage des eingeholten Sachverständigengutachtens bestehen gegen die gesundheitliche Eignung des Klägers für die Tätigkeit des Spänefahrers keine Bedenken. Der Sachverständige hat nach körperlicher Untersuchung des Klägers und ergänzender Arbeitsplatzbesichtigung die zu erledigende Tätigkeit zwar als körperlich belastend eingestuft, eine akute Gesundheitsgefährdung oder gar die Prognose, dass der Kläger durch die Ausübung der Tätigkeit seine Gesundheit aufopfere, jedoch verneint. Unter Berücksichtigung der gesetzlichen Beweislastverteilung gemäß § 1
Abs. 2 Satz 4
KSchG kann die Kammer keinesfalls die Überzeugung gewinnen, der Kläger sei den Anforderungen an den Arbeitsplatz eines Spänefahrers nicht gewachsen, zumal er während der Prozessbeschäftigung die fragliche Tätigkeit problemlos bewältigt hat.
c) Unabhängig von den weiteren vom Kläger erhobenen Einwendungen erweist sich die Kündigung nach alledem schon wegen des Verstoßes gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und den Vorrang der Änderungskündigung als unwirksam. Dies muss zur Zurückweisung der Berufung führen.
III
Die Kosten der erfolglosen Berufung hat die Beklagte zu tragen.
IVDie Kammer hat die Revision gegen das Urteil gemäß § 72
Abs. 2
ArbGG zugelassen.