I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 29.09.2021 - 3 Ca 1284/20 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
II. Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Parteien streiten darüber, ob die Klägerin zur Mitnahme ihres Hundes an den Arbeitsplatz berechtigt ist. Weiterhin macht die Klägerin Ansprüche auf Entschädigung sowie Schadensersatz aufgrund einer Benachteiligung wegen der Behinderung geltend und begehrt hilfsweise die Zurverfügungstellung eines Homeoffice-Arbeitsplatzes.
Die am ... Juni 1968 geborene Klägerin ist aufgrund des Arbeitsvertrags vom 09. Oktober 1998 (Bl. 6 d. A.) seit dem 01. Januar 1999 bei der Beklagten als Verwaltungsangestellte mit derzeit 34 Wochenstunden gegen ein durchschnittliches Bruttomonatsentgelt in Höhe von zuletzt 2.673,00
EUR im Eigenbetrieb Stadtentsorgung (ESN) beschäftigt.
Die Klägerin leidet unter einer posttraumatischen Belastungsstörung. Seit Ende 2017 war sie arbeitsunfähig erkrankt. Im Jahr 2018 schaffte sie sich nach dem Tod ihres Hundes "L." den neuen Hund "P." an. Im Mai 2019 begann sie die Wiedereingliederung in der Verwaltung des Eigenbetriebs (ESN) und brachte ihren Hund "P." mit zur Arbeit. Dabei erledigte sie Arbeiten von Frau
S., die damals für längere Zeit ausfiel. Nach Rückkehr von Frau
S., die eine Hundehaarallergie hat, wurde die Klägerin ab Dezember 2019 mit ihrem Hund in verschiedenen Räumlichkeiten des Eigenbetriebs (ESN) untergebracht. Am 01. September 2020 ging Frau
S. in Rente.
Per E-Mail vom 09. April 2020 (Bl. 51 d. A.) wurde vom Werkleiter, Herrn K., unter Verweis auf das Thema Coronavirus im Hinblick auf das unklare Risiko bei Haustieren ab dem 14. April 2020 das Mitbringen von Haustieren auf Grundstücke des Eigenbetriebs (ESN) verboten. Nach einem Gespräch im Mai 2020 mit dem Werkleiter durfte die Klägerin ihren Hund mitbringen, der aber auf der Terrasse und im Garten bleiben sollte. Per E-Mail vom 06. Juli 2020 (Bl. 10 f. d. A.) teilte der Werkleiter der Klägerin Folgendes mit:
"Sehr geehrte Frau A.,
leider kann ich das weitere Mitbringen Ihres Hundes zum ESN nicht mehr zulassen.
Ich sehe auch die Lösung mit dem Hund im Garten als gescheitert an.
Dies hat zum einen den Grund, dass ich Ihren Hund als gefährlich ansehe, zum anderen ist die Regelung nicht umzusetzen
bzw. der Hund lief trotzdem ohne Leine in das Haus.
Die Bedrohung, welche durch diesen nicht sozialisierten Hund ausgeht, sehe ich als erheblich.
Sie haben nicht beweisen können, dass das von mir entgegengebrachte Vertrauen angebracht ist.
Ich bitte Sie um Verständnis, dass ich zu diesem Ergebnis komme.
Das Verhalten des Tieres und ihr Umgang mit den getroffenen Regelungen lassen mir keine andere Wahl, als das Mitbringen des Hundes in den Bereich des ESN zu verbieten.
Bei Zuwiderhandlungen muss mit disziplinarischen Maßnahmen gerechnet werden."
In der Folgezeit war die Klägerin arbeitsunfähig erkrankt. Mit anwaltlichem Schreiben vom 24. Juli 2020 (Bl. 13 f. d. A.) teilte die Klägerin der Beklagten mit, dass ihr Hund "P." ein Assistenzhund sei und sie zur Arbeit begleiten müsse. Von Seiten der Beklagten wurde mit Schreiben vom 30. Juli 2020 (Bl. 52 f. d. A.) dem Hund die Eigenschaft als Assistenzhund abgesprochen und darauf verwiesen, dass das Verbot gemäß der E-Mail vom 06. Juli 2020 uneingeschränkt weiter gelte.
Am 19. November 2020 fand ein Gespräch im Rahmen des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) mit der Klägerin statt. Mit Schreiben vom 27. November 2020 (Bl. 50 d. A.) untersagte die Beklagte der Klägerin eine Arbeitsaufnahme mit Begleitung ihres Hundes unter Verweis darauf, dass der Hund nicht sozial kompatibel sei und dadurch die betrieblichen Abläufe nachhaltig gestört würden.
Am 21. Juli 2020 stellte die Klägerin beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung einen Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft (Eingangsbestätigung vom 24. Juli 2020, Bl. 139 d. A.).
Mit ihrer am 25. August 2020 beim Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein eingegangenen Klage hat die Klägerin die Feststellung begehrt, dass sie zur Mitnahme ihres Assistenzhundes an den Arbeitsplatz berechtigt ist, und Ansprüche auf Schmerzensgeld sowie Schadenersatz geltend gemacht. Klageerweiternd hat sie hilfsweise die Zurverfügungstellung eines Einzelbüros zur Mitnahme ihres Hundes und hilfsweise die Zurverfügungstellung eines Homeoffice-Arbeitsplatzes verlangt. Im Termin vom 12. Mai 2021 vor dem Arbeitsgericht wurde abgesprochen, dass man versuche, der Klägerin für eine Probezeit zu ermöglichen, mit dem Hund vor Ort zu Arbeiten. Daraufhin wurde die Klägerin in der Zeit von Mai bis Dezember 2021 beim Eigenbetrieb (ESN) zur Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben im Bereich der Abwasserreinigung eingesetzt und arbeitete dort mit ihrem Hund in einem der zur Einzelnutzung angemieteten Bürocontainer.
Wegen der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 29. September 2021 - 3 Ca 1284/20 - verwiesen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
1. festzustellen, dass sie zur Mitnahme ihres Assistenzhundes an den Arbeitsplatz berechtigt ist,
2. die Beklagte zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, im Falle der Säumnis zur Wahrung der Vornahme einer Zwangsvollstreckung wird das Schmerzensgeld mit 5.000,00
EUR beziffert,
3. die Beklagte zu verurteilen, an sie Schadensersatz in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern, mithin mind. 8.020,00
EUR, nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
4. hilfsweise ihr ein Einzelbüro zur Verfügung zu stellen, das den speziellen Bedürfnissen für das Mitbringen eines Hundes gerecht werden kann,
5. hilfsweise ihr als Verwaltungsangestellte einen Homeoffice-Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 29. September 2021 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe seines Urteils verwiesen.
Mit Schreiben vom 22. Dezember 2022 (Bl. 350 d. A.) hat die Beklagte unter Verweis auf das - ihr am 06. Dezember 2021 zugestellte - Urteil des Arbeitsgerichts vom 29. September 2021 der Klägerin mitgeteilt, dass sie ab 01. Januar 2022 ihren Hund P. nicht mehr an ihren Arbeitsplatz mitbringen dürfe.
Mit Schriftsatz vom 30. Dezember 2021, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, hat die Klägerin gegen das - ihr am 30. November 2021 zugestellte - Urteil des Arbeitsgerichts Berufung eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 28. Februar 2022 mit Schriftsatz vom 28. Februar 2022, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet. Im Berufungsverfahren hat die Klägerin den Hilfsantrag auf Zurverfügungstellung eines Einzelbüros im Hinblick auf den zuletzt zur Verfügung gestellten Container nicht mehr weiterverfolgt.
Die Klägerin trägt vor, sie habe einen Anspruch auf Mitnahme ihres Assistenzhundes P. zur Arbeit, hilfsweise einen Anspruch auf Homeoffice. Das Arbeitsgericht habe unterstellt, dass eine einzelvertragliche Vereinbarung auf Mitnahme ihres Hundes im Rahmen des Arbeitsverhältnisses nicht vorhanden sei, ohne die gebotene Bewertung der davorliegenden neun Jahre unter Mitnahme ihrer Hunde vorzunehmen. Dabei habe das Arbeitsgericht verkannt, dass bereits ihr Hund L. vor ihrem Hunde P. jahrelang mit zur Arbeit gedurft hätte. Unstreitig habe sie ihre Hunde L. und P. mit zur Arbeit nehmen dürfen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts habe die Mitnahme der Hunde zu einer Konkretisierung des Arbeitsvertrages geführt. Die Gestattung des Mitbringens sei zu dem Zeitpunkt konkretisiert worden, als sie mitgeteilt habe, dass es sich bei ihrem Hund P. um einen Assistenzhund handele, und sie daraufhin den Hund weiter habe mitbringen dürfen. Damit habe die Beklagte ihr Recht uneingeschränkt anerkannt, den Assistenzhund weiter mitzubringen. Sie habe auch im Jahr 2021 weiter mit dem Hund gearbeitet, ohne dass es zu irgendwelchen Vorkommnissen gekommen sei. Sie habe den Hund zu einem Begleithund ausbilden lassen, während eine Zertifizierung als Assistenzhund in Deutschland derzeit noch nicht möglich sei. Die Beklagte habe den Assistenzhund anerkannt und eine Arbeitsumgebung geschaffen, in der sie arbeiten könne. Diese Arbeitsbedingungen seien beizubehalten. Sie habe in der Zeit von Mai bis Dezember 2021 durchgehend mit ihrem Hund in einem Container gearbeitet, der nach wie vor auf dem Gelände stehe und ihrer Information nach weiterhin auf dem Gelände verbleiben solle. In der Zeit bis Dezember 2021 habe es keine weiteren Vorkommnisse mit dem Hund gegeben. Die ihr im Dezember 2021 erteilte Weisung, dass sie ihren Assistenzhund nicht mehr mitbringen dürfe, verstoße gegen
§ 12e Behindertengleichstellungsgesetz (BGG). Im Zuge der Umsetzung des Gesetzes sei die Zertifizierung allerdings erst ab dem 01. Januar 2023 möglich. Daher müsse ihr Hund, der die Begleithundeprüfung bestanden habe, als Assistenzhund anerkannt werden. Es liege auch eine betriebliche Übung vor. Es sei für sie gerade nicht ersichtlich gewesen, dass die Beklagte nicht auf ihr Direktionsrecht habe verzichten wollen und ihr Weisungsrecht nur in bestimmter Weise ausgeübt habe. Nachdem sie mit dem Hund weiter habe arbeiten dürfen, sei auf das Direktionsrecht verzichtet und das Weisungsrecht gerade nicht ausgeübt worden, nicht zuletzt weil ihr Assistenzhund einem Blindenhund gleichzusetzen sei. Im Hinblick darauf, dass ein Blindenhund von der Beklagten nicht ausgeschlossen und ihm auch nicht der Zutritt verwehrt werde, verstoße das erneute Verbot, ihren Hund mitzunehmen, gegen das Willkürverbot. Das am 06. Juli 2020 ausgesprochene und mit Schreiben vom 30. Juli 2020 aufrechterhaltene Verbot, den Hund mitzubringen, habe die Grenzen billigen Ermessens nicht gewahrt. Es sei ärztlich nachgewiesen worden, dass P. als Assistenzhund ihr notwendiger Begleiter sei. Die ärztlichen Stellungnahmen seien nicht in Frage gestellt worden. Der Wertungsmaßstab müsse daher dazu führen, dass auch auf die Behinderungen Rücksicht genommen werden müsse. Daran ändere auch die Einschätzung des Werkleiters nichts, der nicht den notwendigen Hundesachverstand besitze und diesen auch nicht eingeholt habe. Falls der Werkleiter tatsächlich den Hund als potentielle Gefahr gesehen haben sollte, so hätte er sich sachkundige Hilfe holen müssen. Das Bellen und Knurren des Hundes habe am fehlenden Sachverstand der Mitarbeiter gelegen. Es habe keine Schulung gegeben, wie mit dem Hund umgegangen werden müsse. Nachdem der Hund erst durch den Hinweis des Arztes im Sommer 2020 ein nach außen sichtbares Geschirr erhalten habe, sei dieser damit sowohl zum Gütetermin als auch zum Kammertermin vor dem Arbeitsgericht im Sitzungssaal ohne Vorkommnisse anwesend gewesen. Die Änderung des Sinneswandels des Werkleiters könne mit einfacher E-Mail vom 06. Juli 2020 nicht erfolgen. Es fehle an einer den Ausschluss des Hundes berechtigenden Pflichtverletzung. Das Arbeitsgericht habe verfahrensfehlerhaft die Sachverhaltsaufklärung über die tatsächlichen Gegebenheiten der Arbeitsbedingungen mit ihrem Hund hinsichtlich des von der Beklagten behaupteten Fehlverhaltens des Hundes unterlassen und ihr rechtliches Gehör hinsichtlich der tatsächlichen arbeitsvertraglichen Bedingungen versagt. Sie habe aufgrund ihrer Behinderung das Recht, ihren Hund P. mit an den Arbeitsplatz zu bringen. Das Verbot der Beklagten stelle sich auch unter diesem Aspekt nicht als verhältnismäßig dar. Im Hinblick darauf, dass sie nachgewiesenermaßen eine Behinderung habe und auf den Hund als Assistenzhund angewiesen sei, werde sie hierdurch unter Verstoß gegen
Art. 3
Abs. 3
GG in verfassungswidriger Weise benachteiligt. Die Forderung des Arbeitsgerichts nach einem erfolgreich ausgebildeten Assistenzhund oder einem Hund, der sich bereits in einer solchen Phase einer erfolgreich verlaufenden Ausbildung befinde, damit die Inanspruchnahme von Sonderrechten gerechtfertigt sei, gehe fehl. Da es in Deutschland derzeit keine gesetzlich geregelte Ausbildung
bzw. Zertifizierung für Assistenzhunde gebe, könne dies vom Gericht auch nicht gefordert werden. Ihr Hund P. habe erfolgreich die Begleithundeprüfung bestanden und werde von den Ärzten als Assistenzhund eingestuft. Das Gericht habe sich zu keinem Zeitpunkt ein Bild vom Verhalten des Hundes gemacht, der still und adäquat im Gerichtssaal gelegen habe. Soweit das Arbeitsgericht angenommen habe, die Beklagte habe berechtigterweise konkrete Bedenken im Hinblick auf das territoriale Verhalten und den Beschützerinstinkt ihres Hundes P., sei verkannt worden, dass genau diese Punkte für den individuell notwendigen Bedarf wesentlich seien. Sie habe ihre posttraumatische Belastungsstörung nicht zuletzt aufgrund der Bedrohungslage am Arbeitsplatz bei der Beklagten, wo ihr Schläge angedroht worden seien und sie Todesangst gehabt habe. Der Assistenzhund solle ihr die Teilhabe am Arbeitsplatz ermöglichen. Dieses Vorbringen sei unberücksichtigt geblieben, weil eine Überprüfung des tatsächlichen Verhaltens ihres Hundes P. von Seiten des Arbeitsgerichts nicht erfolgt sei. Das Arbeitsgericht habe nicht von einer Beweisaufnahme absehen dürfen, weil es bereits an einer schlüssigen Darlegung des Hundefehlverhaltens durch die Beklagte gefehlt habe, mithin ein weitergehendes Bestreiten von ihrer Seite weder habe erfolgen können noch erforderlich gewesen sei. Weiterhin habe das Arbeitsgericht den Anspruch auf Entschädigung nach
§ 15 Abs. 2 AGG rechtsfehlerhaft abgewiesen. Sie sei durch das Verbot, ihren Hund P. mit an den Arbeitsplatz zu bringen, wegen ihrer Behinderung benachteiligt worden. Das Gericht habe verkannt, dass ihre Ärzte ihren Hund P. als ihren Assistenzhund einstufen würden. Mangels fehlender Ausbildungsmöglichkeit und gesetzlicher Grundlage könne eine Ausbildung derzeit nicht erfolgen. Die Einschätzung des Hundes als gefährlich sei nicht durch einen Arzt oder jemanden mit Hundesachverstand erfolgt. Auf diese Einschätzung dürfe sich weder ein Arbeitgeber noch ein Gericht verlassen. Daher liege sehr wohl eine Diskriminierung vor. Tatsächlich sei ab Sommer 2021 die Zurverfügungstellung eines Arbeitsplatzes mit Hund und Arbeit ohne ständigen Wechsel möglich gewesen. Dies zeige, dass die Arbeitsplatz- und Aufgabenwechsel als Schikane anzusehen und nicht auf den Hund zurückzuführen seien. Die Unruhe sei dem fehlenden Sachverstand der Beklagten zuzuschreiben. Sie benötige Stabilität, Sicherheit und Schutz, was ihr von der Beklagten nicht nur versagt, sondern auch massiv dagegen gearbeitet werde. Darin sei die Benachteiligung zu sehen. Die Beklagte sei ihrer Fürsorgepflicht nicht nachgekommen, sondern habe auch und gerade kontraindiziert gehandelt, indem sie sie versetzt und ständig mit neuen Aufgaben betraut habe. In der Zeit, in der sie seit Sommer in einem Container alleine mit Hund gearbeitet habe, sei es zu keinem Vorfall gekommen, aber ja, der Hund belle. Ihr stehe ein Homeoffice-Arbeitsplatz zu. Sie könne einen Anspruch aus
§ 164 Abs. 4 SGB IX analog in Verbindung mit der
EU-Behindertenkonvention ableiten. Danach stehe ihr aufgrund ihrer Behinderung ein leidensgerechter Arbeitsplatz zu. Auch nach § 2
Abs. 4 SARS-CoV-2 Arbeitsschutzverordnung und § 28 b
Abs. 7 IfSG treffe die Verpflichtung nicht einen normalen Arbeitgeber. Die Beklagte sei Teil des öffentlichen Dienstes und damit in besonderem Maße ihren Arbeitnehmern verpflichtet. Die Ablehnung des Einrichtens des Homeoffice-Arbeitsplatzes sei rechtswidrig gewesen, zumal sie bereits auch im Homeoffice gearbeitet habe. Insofern komme ein Anspruch auf Wiederaufnahme der Homeoffice-Arbeitsmöglichkeit als milderes Mittel zur Einrichtung eines Einzelbüros in Betracht.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 29. September 2021 - 3 Ca 1284/20 - abzuändern und
1. festzustellen, dass sie zur Mitnahme ihres Assistenzhundes an den Arbeitsplatz berechtigt ist,
2. die Beklagte zu verurteilen, an sie eine Entschädigung zu zahlen, deren Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt, aber auf mindestens 5.000,00
EUR beziffert wird,
3. die Beklagte zu verurteilen, an sie Schadensersatz in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern, mithin mindestens 8.020,00
EUR, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,
4. hilfsweise zum Antrag zu 1. die Beklagte zu verurteilen, ihr als Verwaltungsangestellte einen Homeoffice-Arbeitsplatz zur Verfügung zu stellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen. Sie erwidert, die Berufung sei bereits mangels ordnungsgemäßer Berufungsbegründung unzulässig. Im Übrigen sei die Berufung unbegründet. Das Arbeitsgericht habe zutreffend festgestellt, dass die Klägerin nicht zur Mitnahme ihres Hundes an den Arbeitsplatz berechtigt sei. Entgegen dem Vorwurf der Klägerin habe das Arbeitsgericht keineswegs verkannt, dass bereits der vorherige Hund der Klägerin, L., diese jahrelang mit zur Arbeit begleitet habe, sondern vielmehr ausgeführt, dass keine Anhaltspunkte dafür vorliegen würden, dass eine einzelvertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien zur Mitnahme des Hundes getroffen worden sei. Der Arbeitsvertrag weise keine einzelvertragliche Regelung zur Mitnahme des Hundes aus. Andere einzelvertragliche Regelungen seien nicht getroffen worden. Entgegen der Auffassung der Klägerin seien die zu erbringende Arbeitsleistung und die Modalitäten am Arbeitsplatz auch nicht so weit konkretisiert worden, dass die Klägerin davon habe ausgehen dürfen, sie werde ihr Weisungsrecht nicht mehr ausüben. Dem stehe schon der Umstand entgegen, dass es sich um zwei unterschiedliche Hunde und damit um zwei unterschiedlich zu bewertende Sachverhalte handele. Die Klägerin habe nicht einfach davon ausgehen dürfen, die in der Vergangenheit tolerierte Mitnahme des Hundes habe ihre Arbeit zu einer solchen unter steter Hundebegleitung
bzw. unter Hundeschutz gemacht. Zwar sei richtig, dass die Klägerin auch im Jahr 2021 weiter noch mit dem Hund gearbeitet habe. Nicht richtig sei aber die Behauptung der Klägerin, sie habe den Assistenzhund anerkannt und eine Arbeitsumgebung geschaffen, in der die Klägerin arbeiten könne. Vielmehr habe sie im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht nach einvernehmlicher Erklärung der Parteien zum Ruhen des Verfahrens der Klägerin provisorisch ermöglicht, den Hund weiter mit zur Arbeit zu nehmen, weil zwischenzeitlich eine Stellungnahme des Hundetrainers vorgelegt worden sei. Dies sei jedoch stets unter Vorbehalt erfolgt, so dass das Verhalten des Hundes letztendlich maßgeblich gewesen sei. Sie habe sich insoweit damit einverstanden erklärt, dass die Klägerin den Hund weiter mit zur Arbeit nehme, wenn dadurch der Betriebsfrieden und -ablauf gewährleistet würden, was bekanntermaßen gescheitert sei. Eine betriebliche Übung liege gemäß der zutreffenden Feststellung des Arbeitsgerichts nicht vor. Es würden keinerlei Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie davon habe absehen wollen, ihr Weisungsrecht auszuüben. Allein die Duldung des Hundes über einen längeren Zeitraum reiche dafür nicht aus. Die Nichtausübung des Direktionsrechts begründe keinen Vertrauenstatbestand. Die Gestattung der Mitnahme des Hundes habe stets unter dem Vorbehalt des angemessenen Verhaltens des Hundes gestanden und eine immer wiederkehrende und zur aktualisierende Einzelfallbetrachtung erfordert. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei der von ihr eingesetzte Hund nicht mit einem Blindenhund gleichzusetzen. Ein solcher Blindenhund werde eingesetzt, wenn körperliche Beeinträchtigungen ausgeglichen werden sollten, so dass der Blindenhund dazu diene, die durch die Beeinträchtigung der Sehkraft eingetretene Unmöglichkeit der Ausführung der Arbeit auszugleichen. Die Klägerin führe jedoch selbst aus, sie benötige den Hund ausschließlich dazu, sich vor Angriffen Dritter zu schützen und dadurch ein Sicherheitsgefühl zu erfahren. Der Hund gleiche insofern keine fehlende körperliche Funktion aus, sondern erweitere die körperlichen Möglichkeiten im Sinne eines "Schutzschildes". Der Hund P. sei tatsächlich nicht als Assistenzhund geeignet, weil er insoweit den Betriebsfrieden störe, als Mitarbeiter verängstigt und in ihrem üblichen Verhalten beeinträchtigt würden. Eine solche Beeinträchtigung wäre im Übrigen gleichermaßen festzustellen, wenn der Hund ein Zertifikat als Assistenzhund aufweisen würde. Es sei nicht erforderlich, dass der Werkleiter einen entsprechenden Hundesachverstand besitze. Im Hinblick darauf, dass es um den Betriebsfrieden und eine Betriebsstörung
bzw. Beeinträchtigung ihrer Mitarbeiter gehe, müsse ihr Werkleiter lediglich einzuschätzen wissen, inwieweit sich ihre Mitarbeiter durch die Mitnahme des Hundes eingeschränkt sehen würden. Dass sich der Hund im Rahmen des arbeitsgerichtlichen Termins unauffällig verhalten habe, könne an dieser Stelle nicht berücksichtigt werden, weil keine Vergleichbarkeit vorliege. Ab Sommer 2021 sei die Arbeit durch die Klägerin durch Mitnahme ihres Hundes tatsächlich fortgesetzt worden, jedoch sei zu diesem Zeitpunkt das Verfahren nicht abgeschlossen gewesen, sondern lediglich beantragt worden, das Verfahren ruhen zu lassen. Insofern könne nicht von einer vorbehaltlosen Gewährung der Mitnahme des Hundes ausgegangen werden. Von ihr werde nicht das Vorliegen der Behinderung der Klägerin, sondern vielmehr bestritten, dass diese nachgewiesenermaßen auf den Hund als Assistenzhund angewiesen sei. Es möge sein, dass man der Klägerin ärztlich bestätigt habe, dass sie auf ihren Hund angewiesen sei und man diesen als Assistenzhund klassifiziere. Keineswegs sei jedoch dadurch nachgewiesen worden, dass es sich um einen Assistenzhund handele, wenngleich die genaue Klassifizierung aufgrund der fehlenden Möglichkeit des Erwerbs eines Zertifikats ohnehin in Frage zu stellen sei. Im Übrigen gehe es nicht darum, den Hund zu klassifizieren, sondern darum, dessen Verhalten zu bewerten und festzustellen, ob es möglich sei, diesen unter Wahrung des Betriebsfriedens und der Geschäftsabläufe mit zur Arbeitsstelle zu bringen. Die Klägerin habe selbst ausgeführt, dass die in einem auffallenden territorialen Verhalten und einem Beschützerinstinkt liegenden problematischen Verhaltensweisen des Hundes P. genau die Punkte seien, die für den individuell notwendigen Bedarf wesentlich seien. Aus diesem Grund stelle sich die Frage, ob der Hund überhaupt noch berechtigterweise als Assistenzhund geführt werde oder vielmehr ein "Schutzhund" sei, der vergleichbar mit einem abwehrenden Schutzschild geführt werde. Gerade dieses Verhalten sei im Hinblick auf den Arbeitsablauf und die zu berücksichtigenden Interessen ihrer Mitarbeiter nicht tragbar. So diene das Mitführen des Hundes P. der Klägerin wohl gerade dazu, sich die Mitarbeiter auf Abstand zu halten. Nach ihrem eigenen Vortrag nutze die Klägerin den Hund damit überhaupt nicht mehr zu rein therapeutischen Zwecken oder zum Ausgleich körperlicher Beeinträchtigungen. Eine Einschätzung des Hundes als gefährlich sei insofern nicht erforderlich gewesen, als der Hund nicht losgelöst von jeglichem Zusammenhang hinsichtlich seines Wesens zu bewerten sei, sondern eine Einschätzung des Verhaltens am Arbeitsplatz habe stattfinden sollen, der die Reaktion der Mitarbeiter zum Maßstab habe. Der Arbeitsplatzwechsel sei der Klägerin als entgegenkommende Maßnahme zur Beibehaltung des Hundes am Arbeitsplatz ermöglicht worden und stelle keine bloße Schikane dar. Jedes Verhalten sei ausschließlich auf die durch den Hund ausgelöste Reaktion der Mitarbeiter zurückzuführen. Gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts sei es gerade doch zu Vorfällen gekommen und auch die Belegung eines Einzelbüros bedeute nicht, dass der Kontakt zu weiteren Mitarbeitern ausgeschlossen werde. Vielmehr würde die Belegung eines Einzelbüros unter der aktuellen Verhaltensweise dazu führen, dass das Betreten des Einzelbüros und Begegnungen außerhalb dessen, die nicht zu vermeiden seien, gleichermaßen vom Abwehrverhalten des Hundes geprägt würden. Ihre Mitarbeiter seien durch das Verhalten des Hundes eingeschüchtert und gezwungen, ihr eigenes Verhalten zu ändern
bzw. sich an den Hund anzupassen. Es sei jedoch nicht tragbar, dass sich die Mitarbeiter an den Hund anpassen sollten und nicht der Hund in umgekehrter Weise sich so angepasst verhalte, dass ihre Mitarbeiter nicht in ihrem Arbeitsalltag und Ablauf gestört würden. Daran vermöge auch die Belegung eines Einzelbüros nichts zu ändern. Bei ihrer gesamten Argumentation habe die Klägerin verkannt, dass der von ihr eingesetzte Hund nach ihrem eigenen Vortrag im beruflichen Umfeld gerade Mitmenschen von ihr fernhalten solle, wodurch eine Zusammenarbeit mit anderen und die Wahrnehmung milderer Mittel zur Gestaltung des Arbeitsplatzes mit Hund faktisch unmöglich werde. Wenn es sich bei dem Hund tatsächlich um einen Assistenzhund handeln würde, was bestritten bleibe, könne dies auf die gerichtliche Entscheidung keinen Einfluss haben. Ein Assistenzhund, der aufgrund seines konkreten Einsatzes für die übrigen Mitarbeiter eine Bedrohung oder eine Gefahr darstelle
bzw. vor dem die übrigen Mitarbeiter berechtigt Angst hätten, störe den Betriebsfrieden und den Betriebsablauf.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen sowie auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
Die gemäß § 64
Abs. 1 und 2 Buchst. b
ArbGG statthafte Berufung der Klägerin, mit der sie ihrer Klage mit Ausnahme des Hilfsantrags auf Zurverfügungstellung eines Einzelbüros weiterverfolgt, ist zulässig. Sie ist insbesondere form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 66
Abs. 1, 64
Abs. 6
ArbGG i.V.m. 519, 520
ZPO).
Entgegen der Ansicht der Beklagten genügt die Berufungsbegründung der Klägerin vom 28. Februar 2022 den gesetzlichen Mindestanforderungen des § 520
Abs. 3 Satz 2
Nr. 2
ZPO. Die Klägerin hat sich mit der tragenden Argumentation der klageabweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts auseinandergesetzt und vorgetragen, aus welchen Gründen sie entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts zur Mitnahme ihres Hundes an den Arbeitsplatz berechtigt sein soll
bzw. ihr hilfsweise ein Homeoffice-Arbeitsplatz zustehen soll. Eine schlüssige, rechtlich haltbare Berufungsbegründung setzt § 520
Abs. 3 Satz 2
Nr. 2
ZPO nicht voraus. Es kommt daher nicht darauf an, ob und inwieweit die rechtliche Bewertung der Klägerin richtig ist oder nicht (
vgl. BAG 24. Januar 2001 - 5 AZR 132/00 - Rn. 11)
Die hiernach zulässige Berufung der Klägerin hat aber in der Sache keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen, soweit sie mit der Berufung weiterverfolgt worden ist. Der gemäß § 256
Abs. 1
ZPO zulässige Feststellungsantrag zu 1. ist unbegründet. Die Klägerin ist gemäß der ihr erteilten zulässigen Weisung der Beklagten nicht zur Mitnahme ihres Hundes "P." an den Arbeitsplatz berechtigt. Der mit dem Antrag zu 2. geltend gemachte Entschädigungsanspruch ist mangels Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot des § 7
Abs. 1
AGG unbegründet. Der auf Zahlung materiellen Schadenersatzes in Höhe von drei Bruttomonatsentgelten (mindestens 8.020,00
EUR) gerichtete Antrag zu 3. ist bereits unzulässig, weil nicht hinreichend bestimmt
i.S.v. § 253
Abs. 2
Nr. 2
ZPO angegeben ist, für welchen Zeitraum welcher Schaden konkret geltend gemacht wird. In Bezug auf den im Berufungsverfahren nicht mehr weiterverfolgten Hilfsantrag auf Zurverfügungstellung eines Einzelbüros hat die Klägerin die Berufung im Termin vom 08. September 2022 insoweit zurückgenommen. Der Hilfsantrag auf Zurverfügungstellung eines Homeoffice-Arbeitsplatzes ist unbegründet, weil die Klägerin hierauf unter keinem der angeführten rechtlichen Gesichtspunkte einen Anspruch hat.
I.
Der gemäß § 256
Abs. 1
ZPO zulässige Feststellungsantrag zu 1. ist unbegründet. Gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts (zu A. I. der Gründe =
S. 12 - 19 des Urteils), denen das Berufungsgericht folgt (§ 69
Abs. 2
ArbGG), ist die Klägerin nicht zur Mitnahme ihres Hundes "P." an den Arbeitsplatz berechtigt.
1. Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt gemäß § 106 Satz 2 GewO auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber nach § 106 Satz 3 GewO auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.
Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315
BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 106 Satz 1 GewO, § 315
Abs. 1
BGB verbleibt für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb dieses Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 106
Abs. 1 GewO, § 315
Abs. 1
BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat. Bei dieser Prüfung kommt es nicht auf die vom Bestimmungsberechtigten angestellten Erwägungen an, sondern darauf, ob das Ergebnis der getroffenen Entscheidung den gesetzlichen Anforderungen genügt. Die Darlegungs- und Beweislast für die Einhaltung dieser Grenzen hat der Bestimmungsberechtigte. Maßgeblich Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hatte (
BAG 27. April 2021 - 9 AZR 343/20 - Rn. 68). Eine vom Arbeitgeber vorgenommene Weisung hat für den Arbeitnehmer Bestand, bis sie durch eine andere (wirksame) Weisung ersetzt wird. Der Arbeitnehmer kann (und muss) seine Arbeitsleistung so erbringen, wie sie durch die letzte wirksame Weisung konkretisiert wurde. Die Erteilung einer neuen Weisung durch den Arbeitgeber ist mit Wirkung für die Zukunft im Rahmen der arbeitsvertraglichen Bestimmungen jederzeit möglich. Nach § 315
Abs. 3 Satz 1
BGB ist die Weisung nur verbindlich, wenn sie der Billigkeit entspricht (
BAG 27. April 2021 - 9 AZR 343/20 - Rn. 65).
2. Danach ist die der Klägerin erteilte Weisung, nach der ihr Hund "P." nicht mehr an ihren Arbeitsplatz mitgebracht werden darf, vom Direktionsrecht der Beklagten gedeckt und hat die Grenzen billigen Ermessens gewahrt. Das Berufungsgericht folgt den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts (zu A. I. 2. der Gründe =
S. 12 - 19 des Urteils) und stellt dies hiermit ausdrücklich fest (§ 69
Abs. 2
ArbGG). Die hiergegen gerichteten Berufungsangriffe sind unbegründet.
a) Das Arbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass das Direktionsrecht der Beklagten in Bezug auf eine Mitnahme des Hundes der Klägerin weder durch den Arbeitsvertrag
bzw. eine Konkretisierung oder betriebliche Übung noch durch gesetzliche Vorschriften beschränkt ist.
aa) Eine einzelvertragliche Vereinbarung über eine Mitnahme des Hundes der Klägerin an ihren Arbeitsplatz ist zwischen den Parteien nicht getroffen worden.
Verträge kommen durch auf den Vertragsschluss gerichtete, einander entsprechende Willenserklärungen zustande, indem ein Angebot (§ 145
BGB) der einen Vertragspartei gemäß den §§ 146 bis 149
BGB von der anderen Vertragspartei angenommen wird. Eine Willenserklärung ist eine Äußerung, die auf die Herbeiführung eines rechtsgeschäftlichen Erfolgs gerichtet ist. Sie kann nicht nur durch eine ausdrückliche Erklärung, sondern auch durch schlüssiges Verhalten abgegeben werden. Ob eine Äußerung oder ein Verhalten als Willenserklärung zu verstehen ist, ist durch Auslegung (§§ 133, 157
BGB) zu ermitteln (
vgl. hierzu
BAG 27. April 2021 - 9 AZR 343/20 - Rn. 37 - 39).
Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte durch eine ausdrückliche Erklärung oder durch schlüssiges Verhalten der Klägerin rechtlich verbindlich die Mitnahme ihres Hundes an den Arbeitsplatz dauerhaft gestatten wollte. Allein der von der Klägerin in ihrer Berufungsbegründung angeführte Umstand, dass die Klägerin in der Vergangenheit bereits ihren Hund "L." und dann ihren Hund "P." mit zur Arbeit nehmen durfte, ermöglicht nicht den rechtlichen Schluss, dass die Beklagte über eine bloße Gestattung in Ausübung ihres Weisungsrechts hinaus eine rechtsgeschäftliche Erklärung mit einem entsprechenden Rechtsbindungswillen abgegeben hat.
bb) Gemäß der zutreffenden Annahme des Arbeitsgerichts hat die gestattete Mitnahme zunächst des Hundes "L." und sodann des Hundes "P." auch nicht zu einer entsprechenden Konkretisierung des Arbeitsvertrags geführt.
Eine das Weisungsrecht einschränkende Konkretisierung tritt regelmäßig nicht allein dadurch ein, dass ein Arbeitnehmer längere Zeit in einer bestimmten Weise beschäftigt worden ist. Zum reinen Zeitablauf müssen besondere Umstände hinzukommen, die erkennen lassen, der Arbeitnehmer solle künftig verpflichtet sein, seine Arbeit nur noch wie bisher zu erbringen. Allein aus der Beibehaltung einer betrieblichen Praxis über einen längeren Zeitraum hinweg kann der Arbeitnehmer nicht schließen, der Arbeitgeber werde diese Praxis auch künftig beibehalten und sein Weisungsrecht nicht mehr anders ausüben (
BAG 19. Juli 2012 -
2 AZR 25/11 - Rn. 27).
Im Streitfall hat die Klägerin keine besonderen Umstände vorgebracht, die den Schluss auf einen Verzicht der Beklagten zulassen, von ihrem Weisungsrecht anderen Gebrauch zu machen. Insbesondere rechtfertigt auch der Umstand, dass sich die Klägerin mit ihrem anwaltlichen Schreiben vom 24. Juli 2020 auf die Eigenschaft ihres Hundes "P." als sog. Assistenzhund berufen hat, keine andere Beurteilung. Die Beklagte hat daraufhin mit Schreiben vom 30. Juli 2020 zunächst das von ihr per E-Mail vom 06. Juli 2020 ausgesprochenen Verbot aufrechterhalten und der Klägerin mit Schreiben vom 27. November 2020 eine Arbeitsaufnahme in Begleitung ihres Hundes mit der Begründung untersagt, dass der Hund nicht "sozial kompatibel" sei und dadurch die betrieblichen Abläufe nachhaltig gestört würden. Zwar hat die Beklagte in der Folgezeit der Klägerin versuchsweise die Mitnahme ihres Hundes wieder gestattet. Daraus konnte die Klägerin aber ersichtlich nicht schließen, dass ihr künftig ungeachtet des beanstandeten Verhaltens ihres Hundes die Mitnahme dauerhaft gestattet wird und die Beklagte auf eine anderweitige Ausübung ihres Weisungsrechts verzichtet.
cc) Dementsprechend kommt auch die Annahme einer betrieblichen Übung nicht in Betracht.
Soweit die Beklagte ihr Weisungsrecht, das gemäß § 106 Satz 2 GewO auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb gilt, dahingehend ausgeübt hat, dass Mitarbeiter ihre Hunde mit an den Arbeitsplatz nehmen können, kann daraus nicht auf einen entsprechenden Bindungswillen der Beklagten geschlossen werden, dies dauerhaft ungeachtet des Verhaltens des betreffenden Hundes und der betrieblichen Abläufe zu gestatten. Gemäß der zutreffenden Bewertung des Arbeitsgerichts fehlt es hierfür offensichtlich an einem entsprechenden Bindungswillen der Beklagten.
dd) Schließlich gibt es derzeit auch keine gesetzliche Regelung, aufgrund derer die Beklagte die Mitnahme des Hundes der Klägerin an ihren Arbeitsplatz gestatten müsste.
Soweit sich die Klägerin auf
§ 12e Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) berufen hat, liegen die hierfür in § 12e
Abs. 3
BGG aufgestellten Voraussetzungen für einen Assistenzhund nicht vor. Daran ändert auch der von der Klägerin angeführte Umstand nichts, dass die verlangte Zertifizierung erst im nächsten Jahr möglich ist.
b) Die zunächst mit Schreiben vom 06. und 30. Juli 2020 und zuletzt mit Schreiben vom 22. Dezember 2021 erteilte Weisung, dass der Hund "P." von der Klägerin nicht mehr an ihren Arbeitsplatz mitgebracht werden darf, hat die Grenzen billigen Ermessens (§ 106 Satz 1 GewO, § 315
Abs. 1
BGB) gewahrt.
Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung kann zugunsten der Klägerin unterstellt werden, dass bei ihr aufgrund der angeführten posttraumatischen Belastungsstörung eine Behinderung vorliegt, auf die die Beklagte bei der Ausübung ihres Ermessens gemäß §106 Satz 3 GewO Rücksicht zu nehmen hat.
Nach
Art. 3
Abs. 3 Satz 2
GG darf niemand wegen seiner Behinderung benachteiligt werden; eine Schlechterstellung von Menschen mit Behinderungen ist nur zulässig, wenn dafür zwingende Gründe vorliegen. Eine nach
Art. 3
Abs. 3 Satz 2
GG verbotene Benachteiligung liegt nicht nur bei Maßnahmen vor, die die Situation von Behinderten wegen der Behinderung verschlechtern. Eine Benachteiligung kann auch bei einem Ausschluss von Entfaltungs- und Betätigungsmöglichkeiten gegeben sein, wenn dieser Ausschluss nicht durch eine auf die Behinderung bezogene Förderungsmaßnahme hinlänglich kompensiert wird. Erfasst werden auch mittelbare Benachteiligungen, bei denen sich der Ausschluss von Betätigungsmöglichkeiten nicht als Ziel, sondern als Nebenfolge einer Maßnahme darstellt. Das Verbot der Benachteiligung von Menschen mit Behinderungen gemäß
Art. 3
Abs. 3 Satz 2
GG ist Grundrecht und zugleich objektive Wertentscheidung. Nach dem Willen des Verfassungsgebers fließt das Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen als Teil der objektiven Wertordnung auch in die Auslegung des Zivilrechts ein. Das Recht auf persönliche Mobilität aus
Art. 20 der
UN-Behindertenrechtskonvention (
BRK) ist bei der Auslegung zivilrechtlicher Normen ebenfalls zu berücksichtigen. Nach
Art. 20 Buchst. b
BRK treffen die Vertragsstaaten wirksame Maßnahmen, um für Menschen mit Behinderungen persönliche Mobilität mit größtmöglicher Unabhängigkeit sicherzustellen, indem sie unter anderem ihren Zugang zu tierischer Hilfe erleichtern. Völkervertragliche Bindungen haben innerstaatlich zwar nicht den Rang von Verfassungsrecht. Der
UN-Behindertenrechtskonvention hat der Bundesgesetzgeber mittels förmlichen Gesetzes gemäß
Art. 59
Abs. 2
GG zugestimmt. Innerhalb der deutschen Rechtsordnung steht sie damit im Rang eines Bundesgesetzes. Gleichwohl besitzt sie verfassungsrechtliche Bedeutung als Auslegungshilfe für die Bestimmung des Inhalts und der Reichweite der Grundrechte und rechtsstaatlichen Grundsätze des Grundgesetzes. Das Benachteiligungsverbot in
Art. 3
Abs. 3 Satz 2
GG soll es Menschen mit Behinderungen ermöglichen, soweit wie möglich ein selbstbestimmtes und selbstständiges Leben zu führen. Das Benachteiligungsverbot untersagt es, behinderte Menschen von Betätigungen auszuschließen, die nicht Behinderten offenstehen, wenn nicht zwingende Gründe für einen solchen Ausschluss vorliegen. Dieser Auslegung des
Art. 3
Abs. 3 Satz 2
GG liegt das auch in
Art. 1 und
Art. 3 Buchst. a und c
BRK zum Ausdruck kommende Ziel zugrunde, die individuelle Autonomie, einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, sowie die Unabhängigkeit von Menschen mit Behinderung zu achten und ihnen die volle und wirksame Teilhabe an der und die Einbeziehung in die Gesellschaft zu gewährleisten (
vgl. zu einem Durchgangsverbot für einen Blindenführhund in einer Arztpraxis als nicht gerechtfertigte Benachteiligung
BVerfG 30. Januar 2020 -
2 BvR 1005/18 -).
Das von der Beklagten gegenüber der Klägerin ausgesprochene Verbot, ihren Hund "P." mit zum Arbeitsplatz zu bringen, ist gemäß der zutreffenden Interessenabwägung des Arbeitsgerichts auch unter Berücksichtigung von
Art. 3
Abs. 3 Satz 2
GG durch ein überwiegendes Interesse der Beklagten sachlich gerechtfertigt. Die Beklagte hat der Klägerin - anders als den anderen Mitarbeitern zuletzt wegen des Themas Coronavirus bei Haustieren - nicht etwa generell das Mitbringen eines Hundes unabhängig von dessen Verhalten verboten, sondern hinsichtlich ihres Hundes "P." erst und letztlich nur deswegen untersagt, weil das spezifische Verhalten dieses Hundes gegenüber den anderen Mitarbeitern nach der Einschätzung ihres Werkleiters als gefährlich angesehen wird und die Beklagte mit dem Verbot bezogen auf den konkreten Hund künftige Beeinträchtigungen durch dessen Verhalten zum Schutze ihrer anderen Mitarbeiter im Interesse eines geordneten Arbeitsablaufs ausschließen will. Die subjektive Einschätzung der Beklagten
bzw. ihres Werkleiters, der Hund sei aufgrund seines spezifischen Verhaltens gefährlich, ist ein sachlicher Grund für das Verbot der weiteren Mitnahme dieses konkreten Hundes an den Arbeitsplatz. Das Arbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, dass es bereits zwei problematische Situationen gegeben hat, nämlich zum einen das Vorkommnis auf der Terrasse gegenüber dem Werkleiter und zum anderen der Vorfall gegenüber dem Abteilungsleiter Finanzen, Herr Z., beim Betreten eines Zimmers. Wie die Klägerin selbst einräumt, zeigt der Hund einen starken Beschützerinstinkt. Unstreitig wurden Mitarbeiter angebellt und angeknurrt. Soweit die Klägerin darauf verwiesen hat, dass das "Bellen, Knurren und Zähne zeigen keine Angst auslösen, sondern vielmehr Abstand wahren" solle, ändert dies nichts daran, dass hierdurch die anderen Mitarbeiter nachvollziehbarerweise verängstigt werden und sich bedroht fühlen, wie das in den mit Schriftsatz der Beklagten vom 15. Januar 2021 vorgelegten Stellungnahmen der Mitarbeiter auch zum Ausdruck kommt. In Bezug auf das vom Arbeitsgericht in diesem Zusammenhang angeführte territoriale Verhalten und den Beschützerinstinkt bei "P." hat die Klägerin darauf verwiesen, dass genau diese Punkte für den individuell notwendigen Bedarf wesentlich seien. Das von der Klägerin damit nicht in Abrede gestellte, sondern von ihr sogar als notwendig erachtete territoriale Verhalten ihres Hundes "P.", das andere Personen auf Abstand halten soll, ist im Hinblick auf die berechtigten Interessen anderer Mitarbeiter und das Interesse der Beklagten an einem ungestörten Arbeitsablauf gemäß der von ihr zutreffend vorgenommenen Abwägung und Bewertung nicht tragbar. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist unerheblich, dass sich ihr Hund außerhalb ihres beruflichen Umfeldes bei Gerichtsterminen
bzw. nach den von ihr vorgelegten Bestätigungen sowie der Begleithundeprüfung unauffällig verhält und es zuletzt während ihrer versuchsweise erfolgten Arbeit in einem Container zu keinem Vorfall mehr gekommen sein soll. Das ändert nichts daran, dass der Hund der Klägerin weiterhin im Arbeitsalltag ein territoriales Verhalten zeigt und Mitarbeiter unstreitig anbellt. Soweit die Klägerin angeführt hat, dass es an einer "schlüssigen Darlegung des Hundefehlverhaltens" fehle und die Einschätzung des Hundes als gefährlich nicht durch einen Arzt oder jemanden mit Hundesachverstand erfolgt sei, kommt es darauf nicht an. Maßgeblich ist nicht, ob ein Arzt oder jemand mit "Hundesachverstand" den Hund als objektiv gefährlich einstuft, sondern ob die Mitarbeiter der Beklagten im Büroalltag berechtigterweise das Verhalten des Hundes als bedrohlich empfinden und dadurch die Arbeitsabläufe beeinträchtigt werden (
vgl. hierzu auch
LAG Düsseldorf 24. März 2014 - 9 Sa 1207/13 -). Das ist hier in Anbetracht der beiden Vorkommnisse in der Vergangenheit und des weiterhin gezeigten territorialen Verhaltens des Hundes "P." mit einem starken Beschützerinstinkt der Fall, auch wenn Personen mit "Hundesachverstand" das anders sehen sollten. Soweit die Klägerin angeführt hat, dass das Bellen und Knurren des Hundes am fehlenden Sachverstand der Mitarbeiter und des Herrn Z. liegen würde und es keine Schulung gegeben habe, wie mit dem Hund umgegangen werden müsse, hat die Beklagte zu Recht darauf verwiesen, dass sich nicht ihre Mitarbeiter durch eine eigens durchzuführende Schulung an das spezifische Verhalten des Hundes der Klägerin anpassen müssten. Soweit die Klägerin tatsächlich aufgrund ihrer Behinderung - entsprechend dem von ihr gezogenen Vergleich mit einem Blindenführhund - auf die Begleitung durch einen Assistenzhund am Arbeitsplatz angewiesen ist, hat sie durch einen entsprechend ausgebildeten Assistenzhund zu gewährleisten, dass die anderen Mitarbeiter und die Arbeitsabläufe nicht beeinträchtigt werden. Soweit die Klägerin angeführt hat, dass die verlangte Zertifizierung für einen Assistenzhund erst ab dem nächsten Jahr möglich sei, ändert dies nichts daran, dass ihr Hund "P." aufgrund seines territorialen Verhaltens und seines starken Beschützerinstinkts ohne weiteres nachvollziehbar als potentiell gefährlich angesehen wird, zumal die Klägerin gerade dieses spezifische Verhalten ihres Hundes auch noch als für sie notwendig erachtet. Soweit die Beklagte der Klägerin gemäß der im Kammertermin vor dem Arbeitsgericht vom 12. Mai 2021 getroffene Absprache in der Zeit von Mai bis Dezember 2021 sogar noch versuchsweise ermöglicht hat, mit ihrem Hund vor Ort in einem Container zu arbeiten, steht dies nicht etwa in Widerspruch zu dem letztlich mit Schreiben vom 22. Dezember 2021 verhängten Verbot, sondern spricht vielmehr zugunsten der Beklagten dafür, dass sie der Klägerin bei einem entsprechend unauffälligen Verhalten des Hundes dessen Mitnahme durchaus ermöglichen würde, letztendlich aber an dem Verbot festgehalten hat, weil sich das Verhalten des Hundes "P." nicht gebessert habe. Im Hinblick darauf, dass der Hund der Klägerin aufgrund seines territorialen Verhaltens und seines ausgeprägten Beschützerinstinktes weiterhin andere Mitarbeiter durch sein gezeigtes Verhalten auf Abstand hält und dies nach dem eigenen Vortrag der Klägerin auch soll, erscheint das zuletzt mit Schreiben vom 22. Dezember 2021 aufrechterhaltene Verbot bei Abwägung der beiderseitigen Interessen als sachlich gerechtfertigt.
II.
Der auf Zahlung einer Entschädigung nach § 15
Abs. 2
AGG gerichtete Klageantrag zu 2. ist ebenfalls unbegründet.
Das Arbeitsgericht hat mit zutreffender Begründung (zu A. II. der Gründe =
S. 19 bis 21 des Urteils), der das Berufungsgericht folgt, angenommen, dass kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot des § 7
Abs. 1
AGG vorliegt. Gemäß den obigen Ausführungen wurde das Verbot aufgrund der Einschätzung des Hundes "P." als gefährlich wegen dessen spezifischen Verhaltens gegenüber den anderen Mitarbeitern ausgesprochen. Indizien, die eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen (
§ 22 AGG), liegen nicht vor. Der von der Klägerin beanstandete Wechsel des Arbeitsplatzes stand gemäß den zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts gerade im Zusammenhang mit der von ihr selbst gewünschten Mitnahme ihres Hundes. Die Klägerin kann der Beklagten nicht vorwerfen, dass sie durch verschiedene Umsetzungen versucht hat, die von ihr selbst gewünschte Mitnahme ihres Hundes zu ermöglichen. Jedenfalls liegt darin keine mittelbare Benachteiligung der Klägerin wegen ihrer Behinderung.
III.
Der auf materiellen Schadenersatz gerichtete Klageantrag zu 3. ist bereits mangels hinreichend bestimmter Angabe des Klagegrundes
i.S.v. § 253
Abs. 2
Nr. 2
ZPO unzulässig.
Die Geltendmachung eines materiellen Schadensersatzanspruchs erfordert die bestimmte Angabe, für welchen Zeitraum welcher Schaden konkret geltend gemacht wird. Die Klägerin hat in Bezug auf den Antrag zu 3. auf materiellen Schadenersatz lediglich darauf verwiesen, dass es sich hierbei um einen eher symbolischen Wert für den gesamten Zeitraum handele. Danach fehlt es bereits an der zur Bestimmung des Streitgegenstandes erforderlichen bestimmten Angabe des Klagegrundes des erhobenen Anspruchs.
IV.
Der aufgrund des Unterliegens der Klägerin mit dem Feststellungsantrag zu 1. zur Entscheidung gestellte Hilfsantrag auf Zurverfügungstellung eines Homeoffice-Arbeitsplatzes ist ebenfalls unbegründet.
1. Ein Anspruch aus § 164
Abs. 4
SGB IX besteht nicht, weil die hierfür erforderliche Schwerbehinderteneigenschaft oder Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen nicht festgestellt ist.
2. Mit der Neuregelung des § 28b IfSG in der Fassung vom 18. März 2022 ist § 28b
Abs. 4 IfSG ersatzlos entfallen (
vgl. hierzu auch
OVG Nordrhein-Westfalen 28. April 2022 - 1 B 180/22 - Rn. 12). Die Sars-CoV-2- ArbSchV ist am 25. Mai 2022 ausgelaufen.
3. Die Klägerin kann einen Anspruch auf einen Homeoffice-Arbeitsplatz auch nicht aus § 241
Abs. 2
BGB i.V.m. § 106 GewO herleiten.
a) Nach § 241
Abs. 2
BGB ist jede Partei des Arbeitsvertrags zur Rücksichtnahme auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen ihres Vertragspartners verpflichtet. Dies dient dem Schutz und der Förderung des Vertragszwecks. Ist der Arbeitnehmer aus in seiner Person liegenden Gründen nicht mehr in der Lage, die vom Arbeitgeber aufgrund seines Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO näher bestimmte Leistung zu erbringen, kann es die Rücksichtnahmepflicht aus § 241
Abs. 2
BGB gebieten, dass der Arbeitgeber von seinem Direktionsrecht erneut Gebrauch macht und die vom Arbeitnehmer zu erbringende Leistung innerhalb des arbeitsvertraglich vereinbarten Rahmens anderweitig derart konkretisiert, dass dem Arbeitnehmer die Leistungserbringung wieder möglich wird. Die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Neubestimmung der Tätigkeit des Arbeitnehmers setzt voraus, dass der Arbeitnehmer die Umsetzung auf einen seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatz verlangt und dem Arbeitgeber mitgeteilt hat, wie er sich seine weitere, die aufgetretenen Leistungshindernisse ausräumende Beschäftigung vorstellt. Dem Verlangen des Arbeitnehmers muss der Arbeitgeber regelmäßig entsprechen, wenn ihm die in der Zuweisung einer anderen Tätigkeit liegende Neubestimmung der zu bewirkenden Arbeitsleistung zumutbar und rechtlich möglich ist (
BAG 27. Mai 2015 - 5 AZR 88/14 - Rn. 26). Zumutbar ist dem Arbeitgeber die Zuweisung einer anderen Tätigkeit, wenn dem keine betrieblichen Gründe, zu denen auch wirtschaftliche Erwägungen zählen können, oder die Rücksichtnahmepflicht gegenüber anderen Arbeitnehmern entgegenstehen (
BAG 19. Mai 2010 -
5 AZR 162/09 - Rn. 29). Unter Umständen kann es geboten sein, auf den Wunsch des Beschäftigten nach einer Vertragsanpassung einzugehen. Das gilt insbesondere dann, wenn anderenfalls dem Beschäftigten die Erbringung seiner Arbeitsleistung nicht mehr möglich ist (
BAG 17. März 2016 - 6 AZR 221/15 - Rn. 47). Bei behinderten Menschen ist bei der Anwendung des § 241
Abs. 2
BGB auch die in
Art. 5 der Richtlinie 2000/78/
EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf normierte Verpflichtung des Arbeitgebers, angemessene Vorkehrungen zu treffen, die den behinderten Menschen die weitere aktive Ausübung ihres Berufes ermöglichen, zu berücksichtigen (
BAG 17. März 2016 -
6 AZR 221/15 - Rn. 48).
b) Ausgehend von diesen Grundsätzen folgt im Streitfall aus der in § 241
Abs. 2
BGB normierten Rücksichtnahmepflicht auch unter Berücksichtigung der Erkrankung und Behinderung der Klägerin kein Anspruch auf einen Homeoffice-Arbeitsplatz.
Die Beklagte hat hierzu vorgetragen, dass die von ihr angeführten Stellen
bzw. Tätigkeiten der Entgeltgruppe 5, in der die Klägerin eingruppiert ist, nach den von ihr dargestellten Aufgaben, die von Mithilfen und Zuarbeit gekennzeichnet seien, zwingend Absprachen und die Anwesenheit am Dienstort erforderten. Im Streitfall stehen die von der Beklagten vorgebrachten betrieblichen Gründe einer Homeoffice-Tätigkeit der Klägerin entgegen (
vgl. hierzu
LAG München 26. August 2021 - 3 SaGa 13/21 - Rn. 62). Zum wesentlichen Inhalt der freien unternehmerischen Entscheidung gehört die Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers bezüglich der betrieblichen Organisation (
LAG Rheinland-Pfalz 18. Dezember 2014 - 5 Sa 378/14 -Rn. 36). Denn es obliegt seiner unternehmerischen Entscheidung und Planungshoheit, wie er den Betrieb und die zu verrichtende Arbeit organisiert und welche Arbeitsplätze er hierfür einrichtet (
BAG 28. Juni 2017 -
5 AZR 263/16 - Rn. 35). Das Arbeitsgericht hat unter Verweis auf die Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers bezüglich der betrieblichen Organisation zutreffend ausgeführt, dass eine Arbeitgeberin, die Wert auch auf eine entsprechende Präsenz lege, jedenfalls nicht dauerhaft verpflichtet werden könne, persönlichen Kontakt nur noch über das Abholen und Bringen von Arbeit durch die Arbeitnehmerin, die sich ansonsten im Homeoffice aufhalte, zu halten. Allein der Verweis der Klägerin darauf, dass die Beklagte als Teil des öffentlichen Dienstes in besonderem Maße ihren Arbeitnehmern verpflichtet sei und sie auch schon einmal im Homeoffice gearbeitet habe, vermag keinen Anspruch auf einen Homeoffice-Arbeitsplatz zu begründen. Auch unter Berücksichtigung ihrer Erkrankung und der gebotenen Rücksichtnahme auf die von ihr angeführte Behinderung (§ 106 Satz 3 GewO) überwiegt das Interesse der Klägerin, ihr die Leistungserbringung durch Zuweisung einer Homeoffice-Tätigkeit zu ermöglichen, nicht die von der Beklagten hiergegen vorgebrachten betrieblichen Gründe in Anbetracht ihrer grundsätzlich anzuerkennenden Organisationsfreiheit. Danach erscheint im Streitfall unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen eine dauerhafte Einrichtung eines Homeoffice-Arbeitsplatzes auch nicht als angemessene und zumutbare Vorkehrung, die nach § 241
Abs. 2
BGB i.V.m. Art. 5 RL 2000/78/
EG eine entsprechende Verpflichtung der Beklagten zu begründen vermag.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97
Abs. 1
ZPO.
Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72
Abs. 2
ArbGG) nicht vorliegen.