Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen hat diese selbst zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der noch festzusetzenden Kosten abwenden, sofern nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in entsprechender Höhe leistet.
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer von dem Beklagten versagten Zustimmung zur Kündigung der Beigeladenen.
Die Beigeladene ist seit dem 22.08.95 bei einer von der Klägerin betriebenen Schule für Körperbehinderte (Förderschule) als Lehrerin beschäftigt.
Die Klägerin ist ein Unternehmen der J. - Gesellschaft, deren Gesellschaften Träger von Krankenhäusern, Altenheimen und Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen sind.
Die Klägerin ist Mitglied des …-Verbandes und eine Einrichtung der katholischen Kirche.
Die Beigeladene trat am 07.06.05 - wie bereits einmal 1994 zuvor - aus der katholischen Kirche aus.
Die Klägerin, die hiervon durch Sachbearbeiter erstmals am 29.04.08 Kenntnis erlangte, bot der Beigeladenen hieraufhin mit Schreiben vom 14.05.08 ein klärendes Gespräch mit einem Pfarrer der J. - Gesellschaft an, was die Beigeladene jedoch mit Schreiben vom 19.05.08 ablehnte.
Am 04.06.08 erhielt der kündigungsberechtigte Geschäftsführer der Klägerin Kenntnis vom Kirchenaustritt der Beigeladenen.
Die Klägerin beabsichtigte daraufhin, die Beigeladene zum 31.03.09 zu kündigen.
Da der Beigeladenen vom Hessischen Versorgungsamt B-Stadt am 08.11.04 ein Grad der Schwerbehinderung von 60 % zuerkannt worden war, beantragte die Klägerin zunächst mit Schreiben vom 02.07.08, eingegangen am 01.07.08, die Zustimmung des Beklagten zur ordentlichen Kündigung der Beigeladenen bei der Klägerin.
Nachdem die Klägerin festgestellt hatte, dass die ordentliche Kündigung aufgrund tarifvertraglicher Bestimmungen nicht zulässig war, nahm sie den Antrag am 11.07.08 zurück.
Noch am 11.07.08, eingegangen am 15.07.08, stellte die Klägerin beim Beklagten einen Antrag auf Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Beigeladenen.
Zur Begründung führte sie aus, dass personenbedingte Gründe der Kündigung zugrunde liegen würden. Aufgrund ihres Kirchenaustritts habe die Beigeladene ihre Loyalitätspflichten gegenüber der katholischen Kirche verletzt und käme so nicht mehr als Mitarbeiterin im erzieherischen Dienst in Frage.
Die von der Klägerin informierte Mitarbeitervertretung hatte ihre Zustimmung zur Kündigung am 09.07.08 zunächst erteilt, dann aber am 24.07.08 nicht mehr erteilt.
Mit Bescheid vom 25.07.08 versagte der Beklagte nach Anhörung der Beteiligten die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Klägerin gegenüber der Beigeladenen.
Gegen den Bescheid des Beklagten legte die Klägerin am 21.08.08, eingegangen am selben Tag Widerspruch ein.
Mit Bescheid vom 23.12.08 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Klägerin die bei der Antragstellung
gem. § 91 Abs. 2 S. 1 SGB IX zu wahrende Ausschlussfrist von 2 Wochen nicht eingehalten habe.
Mit am 22.01.09 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin hiergegen Klage erhoben.
Zur Begründung ihrer Klage wiederholt und vertieft sie ihr bisheriges Vorbringen.
Ergänzend ist sie der Ansicht, dass die Ausschlussfrist des § 91
Abs. 2
S. 1
SGB IX bei Stellung des Antrags beim Beklagten noch nicht abgelaufen gewesen sei.
Sie ist der Meinung, dass das fristauslösende Ereignis nicht der Tag des Kirchenaustritts der Beigeladenen (07.06.05)
bzw. die Kenntnis des Arbeitgebers vom Kirchenaustritt (04.06.08) sei.
Vielmehr sei im vorliegenden Fall - noch - gar keine Ausschlussfrist in Lauf gesetzt.
Kündigungsauslösendes Ereignis sei nämlich das "nicht mehr der katholischen Kirche angehören", was einen "Dauerzustand"
bzw. Dauertatbestand darstellen würde, bei dem erst ab dessen Beendigung überhaupt eine Frist zu laufen beginne.
Die Klägerin begründet diese Ansicht damit, dass sich die Beigeladene durch den Kirchenaustritt - der personenbedingt sei - ungeeignet zur Ausübung ihrer Tätigkeit bei der Klägerin gemacht habe.
Denn die Zugehörigkeit zur katholischen Kirche sei
gem. Art. 3 II Grundordnung katholische Kirche die Voraussetzung für Mitarbeiter im erzieherischen Dienst. Mitarbeiter die aus der katholischen Kirche austreten, könnten nicht weiter beschäftigt werden.
Durch diese Ungeeignetheit zur Ausübung der Tätigkeiten realisiere sich der oben beschriebene Dauertatbestand jeden Tag - in dem die Beigeladene nicht zur katholischen Kirche gehöre - neu und dauere bis heute an.
Dies habe nach Ansicht der Klägerin im Ergebnis zur Folge, dass - entsprechend den zu § 626
Abs. 2
S. 1
BGB von der arbeitsrechtlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen - erst dann die Ausschlussfrist
i.S.v. § 91
Abs. 2
SGB IX zu laufen beginne, sobald die Klägerin den Dauertatbestand beende und wieder in die katholische Kirche eintrete.
Da dies noch nicht geschehen sei, habe die Ausschlussfrist vorliegend noch nicht einmal zu laufen begonnen, so dass der Klägerin nicht entgegengehalten werden könne, den Antrag an die Beklagte zu spät gestellt zu haben.
Letztlich ist sie der Meinung, dass der Beklagte den Loyalitätsverstoß durch die Beigeladene, nämlich ihren Kirchenaustritt, nicht hinreichend berücksichtigt habe; insbesondere habe der Beklagte das Selbstbestimmungsrecht (
Art. 140
GG i.V.m. 137 WRV) der Kirchen nicht genügend beachtet.
Die Klägerin beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 25.07.08 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.09 zu verpflichten, die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Beigeladenen mit sozialer Auslauffrist zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte wiederholt im Wesentlichen seine Ausführungen aus den angegriffenen Bescheiden, wonach insbesondere die Ausschlussfrist nach § 91
Abs. 2
SGB IX von der Klägerin nicht eingehalten worden sei.
Ein Dauertatbestand sei durch den Kirchenaustritt deswegen nicht entstanden, weil dieser einen abgeschlossenen Vorgang darstelle, der lediglich noch fortwirke.
Solche abgeschlossenen Vorgänge seien aber von Dauertatbeständen zu unterscheiden.
Auch wenn der Kirchenaustritt zu einem fortwirkenden Vertrauensverlust geführt habe, sei er zumindest keine - für einen Dauertatbestand nach § 626
Abs. 2
BGB notwendige - jeden Tag wieder neu eintretende Tatsache, die jeweils wieder den Ausspruch einer Kündigung rechtfertige.
Mit Beschluss vom 17.02.09 ist im Rechtsstreit Frau D., D-Straße, B-Stadt, beigeladen worden.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte (1 Heft) verwiesen, die vorgelegen haben und zum Gegenstand der Entscheidung gemacht wurden.
Mit Beschluss vom 15.10.2009 hat die Kammer den Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung übertragen.
Die Entscheidung konnte ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren ergehen, weil die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erteilt haben (§ 101
Abs. 2
VwGO).
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Versagung der Zustimmung zur Kündigung mit Bescheid vom 25.07.08 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 05.02.09 ist nicht rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113
Abs. 5
S. 1
VwGO).
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung der Zustimmung gegen den Beklagten.
Anspruchsgrundlage ist § 91
Abs. 4
SGB IX i. V. m. § 626
Abs. 1
S. 1
BGB. Hiernach soll das die Zustimmung - zu einer außerordentlichen Kündigung - erteilen, wenn die Kündigung aus einem - anerkannten - Grunde erfolgt, der nicht im Zusammenhang mit der Behinderung steht und der Antrag
gem. § 91
Abs. 2 .
S. 1 1 Hs.
SGB IX innerhalb der Ausschlussfrist gestellt worden ist.
Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Zunächst ist die Zustimmung des Beklagten zur Kündigung hier nach
§ 85 SGB IX erforderlich gewesen, denn die Beigeladene ist nach dem Bescheid des Versorgungsamtes B-Stadt vom 08.11.04 zu 60 % schwerbehindert.
Die Klägerin hat die Zustimmung zur beabsichtigten außerordentlichen Kündigung der Beigeladenen nicht innerhalb der 2 Wochen Frist des § 91
Abs. 2
S. 1
SGB IX beantragt.
Gem. § 91
Abs. 2
S. 2
SGB IX beginnt diese Frist mit dem Zeitpunkt, in dem der Arbeitgeber von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Die Vorschrift des § 91
Abs. 2
S. 2
SGB IX entspricht dem § 626
Abs. 2
S. 2
BGB. Die zur Auslegung dieser Norm entwickelten Grundsätze, insbesondere dazu, wann der Arbeitgeber von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt, sind deshalb auch bei der Auslegung von § 91
Abs. 2
S. 2
SGB IX zu berücksichtigen (VGH Mannheim, Urteil vom 05.08.1996 -
7 S 483/95 -
m.w.N.).
Vorliegend hat der kündigungsberechtigte Geschäftsführer der Klägerin bereits am 04.06.08 Kenntnis vom Kirchenaustritt der Beigeladenen erlangt, aber erst mit am 15.07.08 - 41 Tage nach Kenntnis - eingegangenem Schreiben einen Antrag auf Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung der Beigeladenen gestellt.
Entgegen der Ansicht der Klägerin ist das kündigungsauslösende Ereignis des Kirchenaustritts insoweit auch für die Kenntnis der Klägerin hiervon maßgebend und nicht, dass der Kirchenaustritt bis heute noch andauert.
Denn der - nach der katholischen Grundordnung - zu sanktionierende Akt des Kirchenaustritts stellt ein einmaliges und zeitlich klar zu bestimmendes Ereignis dar, so dass die Folgen hiervon anschließend nur noch fortwirken, aber nicht weiterhin zu einem sanktionierenden Verhalten der Beigeladenen führen.
Insofern soll die Ausschlussfrist den Kündigenden nach einem kündigungsberechtigenden Ereignis gerade veranlassen, sich alsbald schlüssig zu werden, ob er aus einem bestimmten wichtigen Grund kündigen will, weil ansonsten zweifelhaft wird, ob der Grund wirklich so schwer wiegt, dass die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist (MüKo/Henssler, 5. Auflg., 2009, § 626 Rn. 282).
Indem die Klägerin erst 41 Tage nach Kenntnis des Kirchenaustritts einen Antrag auf Zustimmung zur Kündigung gestellt hat, hat sie zu erkennen gegeben, dass sie den Vertrauensverlust nicht als so stark ansieht, dass eine weitere Tätigkeit der Beigeladenen als Erzieherin - trotz der Nichtzugehörigkeit zur katholischen Kirche - nicht mehr in Betracht kommt.
Dass die Klägerin auch den Kirchenaustritt sanktionieren wollte und gerade nicht die anschließende Nichtzugehörigkeit zur Kirche einen - personenbedingten - Verhinderungsgrund zur Ausübung der erzieherischen Tätigkeit der Beigeladenen darstellt, hat die Klägerin in ihren zahlreichen Schreiben an den Beklagten und das Gericht immer wieder zum Ausdruck gebracht.
So hieß es schon im Antrag an den Beklagten auf Erteilung der Zustimmung zur Kündigung vom 11.07.08, dass beabsichtigt werde, die Beigeladene "wegen Verletzung der Loyalitätspflichten (Austritt aus der katholischen Kirche) außerordentlich zu kündigen".
Entgegen der Ansicht der Klägerin liegt durch den Kirchenaustritt kein sog. Dauertatbestand vor, der zur Folge hätte, dass - bis zum Wiedereintritt in die Kirche - überhaupt keine Ausschlussfrist laufen würde.
Fälle von solchen Dauertatbeständen bei § 626
Abs. 2
BGB hat die Arbeitsgerichtsrechtsprechung
z.B. bei dauerndem Fernbleiben vom Arbeitsplatz, fortgesetzten Beleidigungen des Arbeitgebers oder andauernder krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit anerkannt (
vgl. Palandt/Weidenkaff, 67. Auflg., 2008, § 626 Rn. 27).
Die genannten Fälle sind dadurch gekennzeichnet, dass der potentielle Kündigungsgegner fortlaufend neue Gründe setzt, die für die Kündigung maßgeblich sind (MüKo/Henssler, § 626 Rn. 307).
Hierdurch unterscheiden sie sich von dem vorliegend zu entscheidenden Fall, in dem nur ein Ereignis - nämlich der über 3 Jahre zurückliegende Kirchenaustritt - zum Vertrauensverlust geführt hat.
Ein solches Verhalten wäre innerhalb der Ausschlussfrist zu sanktionieren gewesen.
Es kann aber nicht angenommen werden und wäre lebensfremd, dass die Beigeladene nach ihrem Kirchenaustritt nun fortlaufend - also täglich - neue Gründe setzt - indem sie nicht wieder in die Kirche eintritt -, die für die Kündigung maßgeblich sind.
Die Folgen des Kirchenaustritts wirken insoweit - wie oben bereits dargestellt - nur fort.
Jede andere Art der Auslegung würde zu dem befremdlichen Ergebnis führen, dass es die Klägerin in der Hand hätte, die Beigeladene entweder weiterzubeschäftigen, oder auch aufgrund eines einmaligen Aktes für unbestimmte Zeit jederzeit außerordentlich kündigen zu können.
Als unterliegende Partei trägt die Klägerin die Kosten des Verfahrens, § 154
Abs. 1
VwGO. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst, weil sie keinen Antrag gestellt hat und sich somit nicht dem Risiko des Unterliegens ausgesetzt hat, § 162
Abs. 3
VwGO.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 188
S. 1
VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 167
VwGO, § 708
Nr. 11, 711
ZPO.