Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer krankheitsbedingten Kündigung.
Der am 30.09.1962 geborene Kläger ist verheiratet und zwei Kindern gegenüber unterhaltspflichtig. Er ist seit dem 07.04.1992 bei der Beklagten beschäftigt und erzielte zuletzt einen durchschnittlichen monatlichen Bruttoverdienst von 2.291,00
EUR. Bei der Beklagten, die regelmäßig mehr als 10 Arbeitnehmer beschäftigt, ist ein Betriebsrat gewählt. Beim Kläger ist ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt.
Der Kläger war bis zum 31.08.2002 in der Kernmacherei im Werk I der Beklagten und seit dem 01.04.2003 als Walzwerk- und Gießereiarbeiter im Werk II der Beklagten tätig. Hinsichtlich dieses Arbeitsplatzes ist beim Kläger eine eingeschränkte Belastbarkeit gegeben.
Im Verfahren 1 Ca 907/06 haben die Parteien vor dem Arbeitsgericht Siegen um die Verpflichtung der Beklagten gestritten, dem Kläger einen leidensgerechten Arbeitsplatz in der Dreherei, in der Handmontage oder in der Kernmacherei zur Verfügung zu stellen und ihn dort zu beschäftigen. Durch Urteil vom 10.01.2008 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Im Berufungsverfahren, das unter dem Aktenzeichen 15 Sa 238/08 vor dem Landesarbeitsgericht Hamm geführt wurde, haben die Parteien im Termin vom 04.12.2008 folgenden Vergleich geschlossen:
"1. Die Beklagte verpflichtet sich, den Kläger nach entsprechender Vertragsänderung als Drehereiarbeiter in Wechselschicht und Entgeltgruppe 4 - vorbehaltlich der Zustimmung des Betriebsrats und erfolgter rechtswirksamer Freikündigung des Arbeitsplatzes - auf dem leidensgerechtem Arbeitsplatz der Dichtigkeitsprüfung in der Dreherei zu beschäftigen.
2. Die Parteien sind sich weiter darüber einig, dass zunächst eine stufenweise Wiedereingliederung von zunächst 3,5 Stunden pro Tag für 2 Wochen und dann von 5 Stunden pro Tag für 2 weitere Wochen erfolgen soll. Daran schließt sich ein Arbeitsversuch von 6 Monaten an. Nach erfolgreichem Arbeitsversuch wird der Kläger sodann dauerhaft auf diesem Arbeitsplatz eingesetzt.
3. Damit ist der Rechtsstreit 15 Sa 238/08 erledigt.
4. Hinsichtlich der Kosten der 1. Instanz verbleibt es bei der arbeitsgerichtlichen Entscheidung. Die Kosten der 2. Instanz werden gegeneinander aufgehoben."
Auf Antrag der Beklagten vom 11.12.2008 stimmte der Betriebsrat des Werkes II der Versetzung des Klägers in das Werk I noch unter dem 11.12.2008 zu. Der ebenfalls mit Schreiben vom 11.12.2008 zur Versetzung des Klägers angehörte Betriebsrat des Werkes I widersprach jedoch der Versetzung des Klägers mit Schreiben vom 17.12.2008, das folgenden Inhalt hat:
"Betriebsrat der Firma K3, Werk I O1, 17.12.2008
An die Geschäftsführung
Firma K3
Ihr Antrag auf Zustimmung über die Versetzung von Herrn I1 K1 aus der Gießerei II in die Dichtigkeitskontrolle Dreherei Werk I
hier: Widerspruch gemäß
§ 99 Ziff. 3 BetrVGSehr geehrte Damen und Herren,
der Betriebsrat hat auf seiner Sitzung vom 17. Dezember 2008 den Beschluss gefasst, dem Antrag auf Zustimmung über die Versetzung von Herrn K1, wie oben beschrieben, nach § 99 Ziffer 3
BetrVG zu widersprechen.
Zu den Gründen:
Herrn K1 wurde die Arbeitsstelle in der Sichtigkeitskontrolle Dreherei Werk I im Rahmen eines Vergleichs vor dem Landesarbeitsgericht Hamm als leidensgerecht angeboten. Von diesem Angebot sind jetzt die anderen Mitarbeiter im Bereich der Dichtigkeitskontrolle Dreherei Werk I betroffen, da im Rahmen einer Sozialauswahl für ein Freikündigen des Arbeitsplatzes für Herrn K1 einer Person konkret gekündigt werden soll (siehe Antrag auf Kündigung von Frau J1 S3 zum 31.01.2009). Die Geschäftsführung kann jedoch bis heute nicht sagen, ob der Arbeitseinsatz von Herrn K1 in dem oben beschriebenen Bereich überhaupt von Erfolg gekrönt sein wird, da vereinbarungsgemäß zunächst eine stufenweise Wiedereingliederung von zunächst 3,5 Stunden pro Tag für 2 Wochen und dann von 5 Stunden pro Tag für 2 weitere Wochen erfolgen soll. Aus den Erfahrungen der Vergangenheit heraus hat Herr K1 auf allen Arbeitsplätzen im Unternehmen mit gesundheitlichen Problemen reagiert. Hier stellt sich für den Betriebsrat die Frage, ob das Unternehmen im Rahmen seiner Fürsorgepflicht, Herrn K1 überhaupt ein Arbeiten im Betrieb zumuten sollte. Nochmals: es steht die Kündigung von Frau J1 S3 zwecks Freimachen des leidensgerechten Arbeitsplatzes für Herrn K1 an, ohne daß überhaupt klar ist, ob die Wiedereingliederung von Erfolg gekrönt sein wird. Dies ist für den Betriebsrat inakzeptabel. Im übrigen gilt zu bedenken, ob durch die Kündigung von Frau S3, die eine gute, fleißige Kollegin und Mitarbeiterin ist und sich in ihrer Abteilung allgemeiner Beliebtheit erfreut, der Betriebsfrieden nicht erheblich gefährdet ist und ob Herrn K1 ein Arbeiten unter solchen Umständen überhaupt zugemutet werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
* R4 N1 -
Betriebsratsvorsitzender"
Mit Schreiben vom 02.02.2009 beantragte die Beklagte erneut beim Betriebsrat des Werkes I die Versetzung des Klägers aus der Gießerei des Werkes II in die Endkontrolle Gießerei oder in die mechanische Bearbeitung/Automatenbedienung
bzw. die Montage oder an den Arbeitsplatz an der Waschmaschine des Werkes I. Wegen der Einzelheiten des Anhörungsschreibens wird auf Bl. 56 der Akten Bezug genommen. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung hierzu mit Schreiben vom 03.02.2009. Wegen der Einzelheiten dieses Schreibens wird auf Bl. 57 der Akten verwiesen.
Auf Antrag der Beklagten vom 06.04.2009 stimmte das Integrationsamt der ordentlichen Kündigung des Klägers mit Bescheid vom 09.09.2009 zu. Nachdem der Widerspruch des Klägers hiergegen zurückgewiesen worden war, hat der Kläger inzwischen Klage gegen die Zustimmungsentscheidung erhoben.
Mit Schreiben vom 17.09.2009 (Bl. 70 d. A.) hörte die Beklagte den Betriebsrat zur fristgerechten Kündigung des Klägers aus personenbedingten Gründen an. Unter dem Datum des 18.09.2009 teilte der Betriebsrat der Beklagten mit, er habe gegen die Kündigung keine Bedenken. Mit Schreiben vom 21.09.2009, das dem Kläger am 23.09.2009 zuging, erklärte die Beklagte die fristgerechte Kündigung zum 31.03.2010. Hiergegen richtet sich die am 26.09.2009 beim Arbeitsgericht Siegen eingegangene Feststellungsklage.
Der Kläger hat zur Begründung seiner Klage vorgetragen, im Betrieb der Beklagten seien gegebenenfalls nach einfacher Umgestaltung leidensgerechte Arbeitsplätze für ihn vorhanden. Aus diesem Grunde hätten die Parteien vor dem Landesarbeitsgericht Hamm im Verfahren 15 Sa 238/08 im Termin vom 04.12.2008 den oben genannten Vergleich geschlossen. Soweit die Beklagte geltend mache, der Betriebsrat habe seiner Versetzung auf die von der Beklagten ins Auge gefassten Arbeitsplätze widersprochen, müsse er darauf hinweisen, dass die Begründung des Widerspruchs nicht § 99
Abs. 2
BetrVG entspreche. Demgemäß habe er die Beklagte mit Telefax vom 22.01.2009 aufgefordert, das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99
Abs. 4
BetrVG durchzuführen. Dies habe die Beklagte mit Telefax vom 02.02.2009 abgelehnt. Hierzu sei die Beklagte aber verpflichtet gewesen. Die Begründung des Widerspruchs durch den Betriebsrat sei inakzeptabel.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die schriftliche, ordentliche Kündigung der Beklagten vom 21.09.2009, zugegangen am 23.09.2009, nicht aufgelöst ist, sondern fortbesteht.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat vorgetragen, der Kläger sei dauerhaft unfähig, seine vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. Zwar sei er ausweislich des vom Arbeitsgericht eingeholten Sachverständigengutachtens vom 25.05.2007 bedingt einsetzbar an Arbeitsplätzen der Maschinenbedienerei, der Dichtigkeitsprüfung und der Waschmaschine in der Dreherei. Als geeignete Arbeitsplätze seien laut Gutachten Arbeitsplätze beim Handschlichten und Kerne kleben im Werk I und im Trockenraum der Gießerei Werk I sowie in der Handmontage der Dreherei angegeben worden. Dementsprechend habe sie sich im Verfahren 15 Sa 238/08 vor dem Landesarbeitsgericht Hamm im Vergleich vom 04.12.2008 verpflichtet, den Kläger vorbehaltlich der Zustimmung des Betriebsrates und erfolgter rechtswirksamer Freikündigung des Arbeitsplatzes auf einem leidensgerechten Arbeitsplatz der Dichtigkeitsprüfung in der Dreherei zu beschäftigen. Um den Kläger aus der Gießerei im Werk II in die Dichtigkeitskontrolle im Werk I zu versetzen, habe sie am 11.12.2008 einen Antrag beim Betriebsrats des Werkes II auf Zustimmung zur Versetzung gestellt. Hiergegen habe der Betriebsrat des Werkes II keine Bedenken erhoben. Sodann habe sie beim Betriebsrat des Werkes I einen Antrag auf Zustimmung zur Versetzung des Klägers von der Gießerei im Werk II in die Dichtigkeitskontrolle des Werkes I gestellt. Der Antrag sei am 11.12.2008 erfolgt. Der Betriebsrat habe am 17.12.2008 die Zustimmung verweigert.
Am 02.02.2009 habe sie erneut beim Betriebsrat des Werkes I einen Antrag auf Zustimmung zur Versetzung des Klägers von der Gießerei des Werkes II in die Endkontrolle Gießerei, mechanische Bearbeitung/Automatenbedienung, Montage, Waschmaschine gestellt. Der Betriebsrat habe am 03.02.2009 hierzu seine Zustimmung verweigert.
Da andere Arbeitsplätze zur leidensgerechten Beschäftigung des Klägers nicht zur Verfügung gestanden hätten, habe sie, die Beklagte, am 06.04.2009 einen Antrag auf Zustimmung zur Kündigung beim Integrationsamt gestellt. Nach Erteilung der Zustimmung mit Bescheid vom 09.09.2009 und Anhörung des Betriebsrats am 17.09.2009 habe sie die streitgegenständliche Kündigung ausgesprochen.
Entgegen der Auffassung des Klägers sei sie nicht verpflichtet gewesen, weiter auf den Betriebsrat einzudringen oder ein entsprechendes Beschlussverfahren durchzuführen. Die Zustimmung des Integrationsamts habe die Funktion, dem Arbeitgeber nach
§ 88 Abs. 3 SGB IX den Ausspruch der Kündigung innerhalb eines Monats nach Zustimmung zu ermöglichen. Die Einleitung weiterer, innerhalb eines Monats regelmäßig nicht abzuwickelnder Maßnahmen sei dem Arbeitgeber nicht zuzumuten.
Durch Urteil vom 23.02.2010 hat das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen. Gegen diese Entscheidung, die dem Kläger am 16.03.2010 zugestellt worden ist, richtet sich die Berufung des Klägers, die am 23.03.2010 beim Landesarbeitsgericht eingegangen und am 08.04.2010 begründet worden ist.
Der Kläger vertritt weiter die Auffassung, das Arbeitsverhältnis sei durch die Kündigung vom 21.09.2009 nicht aufgelöst worden. Entgegen der Darstellung der Beklagten hätten freie, leidensgerechte Arbeitsplätze für ihn zur Verfügung gestanden. Die Beklagte habe Mitte des Jahres 2006
ca. 50 Mitarbeiter befristet eingestellt. Diese Arbeitsplätze seien somit bereits Mitte des Jahres 2006 frei gewesen, sodass er, der Kläger, dort hätte eingesetzt werden können. Auch nach Ablauf der jeweiligen Befristung hätte die Beklagte ihm einen freien Arbeitsplatz zur Verfügung stellen können. Erst nachdem dies nach Auslaufen der befristeten Arbeitsverhältnisse der neu eingestellten Mitarbeiter nicht mehr möglich gewesen sei, habe die Beklagte mit Schriftsatz vom 08.02.2010 vor dem Arbeitsgericht Siegen ein Beschlussverfahren eingeleitet und beantragt, die Zustimmung des Betriebsrats zu seiner Versetzung zu ersetzen. Hierzu sei die Beklagte jedoch bereits vor Ausspruch der Kündigung verpflichtet gewesen. Die Zustimmung des Betriebsrats sei offenkundig mit einer unzutreffenden und scheinbar auch missbräuchlichen Begründung verweigert worden.
Von einer dauerhaften Unmöglichkeit, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, könne keine Rede sein. Aufgrund der Verzögerungstaktik der Beklagten könne lediglich von einer dauerhaften Suspendierung im bestehenden Arbeitsverhältnis gesprochen werden, welche jedoch ausschließlich im Verhalten der Beklagten begründet sei. Er, der Kläger, sei in der Lage zu arbeiten und wolle arbeiten.
Die Kündigung sei schließlich auch gemäß
§ 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Der Betriebsrat sei von der Beklagten nicht umfassend informiert worden.
Der Kläger beantragt,
das am 23.02.2010 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Siegen - 3 Ca 1703/09 O - aufzuheben und festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die schriftliche, ordentliche Kündigung der Beklagten vom 21.09.2009, zugegangen am 23.09.2009 nicht aufgelöst worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Sie verteidigt das arbeitsgerichtliche Urteil und trägt vor, der Kläger sei aufgrund seiner Erkrankung nicht in der Lage gewesen, die vertraglich geschuldete Tätigkeit in der Gießerei auszuführen. Dies ergebe sich aus der ärztlichen Bescheinigung vom 20.03.2006, die der Kläger vorgelegt habe. Auch im Sachverständigengutachten vom 25.05.2007 sei festgestellt, dass der Kläger auf dem vertraglich geschuldeten Arbeitsplatz in der Gießerei dauerhaft nicht beschäftigt werden könne.
Soweit der Vergleich vom 04.12.2008 im Verfahren 15 Sa 238/08 Landesarbeitsgericht Hamm in Frage stehe, sei sie, die Beklagte, rechtlich nicht in der Lage, die Voraussetzungen für eine wirksame Umsetzung des Klägers zu schaffen. Sie habe sich ernsthaft bemüht, eine Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung auf den im Vergleich genannten Arbeitsplatz zu erreichen. Hierbei habe sie es jedoch nicht belassen, sondern gleichfalls die Zustimmung zur Versetzung auf die weiteren, im Gutachten genannten Arbeitsplätze erfolglos beantragt. Insoweit sei sie mit dem Zustimmungsverfahren zu den anderen Arbeitsplätzen bereits über den Vergleichsinhalt hinaus tätig geworden.
Sie, die Beklagte, sei nicht verpflichtet gewesen, ein Zustimmungsersetzungsverfahren beim Arbeitsgericht anzustrengen. Dies ergebe sich aus der Historie des Verfahrens vor dem Landesarbeitsgericht Hamm. Hätte der Kläger die Durchführung des Zustimmungsersetzungsverfahrens für erforderlich oder unabdingbar für einen Vergleichsabschluss gehalten, so hätte er darauf bestehen müssen, dies entsprechend dem Vergleichsvorschlag der erkennenden Kammer vom 06.08.2008 in den Vergleichstext aufzunehmen.
Da der Betriebsrat die Zustimmung zur Versetzung des Klägers verweigert habe, habe sie, die Beklagte, dem Kläger deshalb andere Tätigkeiten nicht zuweisen können; auf der anderen Seite sei der Kläger dauerhaft nicht in der Lage, die vertraglich geschuldete Tätigkeit in der Gießerei auszuführen, sodass das Arbeitsverhältnis sinnentleert sei. Da der Kläger bereits seit knapp sieben Jahren arbeitsunfähig sei, müsse die Interessenabwägung zu seinen Lasten ausgehen.
Auch die Betriebsratsanhörung sei ordnungsgemäß erfolgt. Dem Betriebsrat seien alle erforderlichen Informationen erteilt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
I.
Die Berufung des Klägers ist an sich statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
II.
Der Sache nach hat die Berufung des Klägers Erfolg. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 21.09.2009 nicht mit Ablauf des 31.03.2010 aufgelöst worden. Denn die Kündigung ist sozial nicht gerechtfertigt. Dies hat der Kläger rechtzeitig innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist gerichtlich geltend gemacht.
1. Nach
§ 1 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 b KSchG ist die Kündigung auch dann sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden kann. Die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung auf einem freien leidensgerechten Arbeitsplatz schließt nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit auch ohne Widerspruch des Betriebsrats eine krankheitsbedingte Kündigung aus. Eine bestehende Weiterbeschäftigungsmöglichkeit auf einem anderen Arbeitsplatz geht auch dann einer Beendigungskündigung vor, wenn die Beschäftigung nur zu geänderten Arbeitsbedingungen erfolgen kann (
vgl. BAG, Urteil vom 22.09.2005 -
2 AZR 519/04, NZA 2006, 486
m.w.N.). Dass dabei andere Arbeitnehmer umgesetzt werden müssten, ist unerheblich. Schon zur Vermeidung einer krankheitsbedingten Kündigung eines nicht schwerbehinderten Menschen können derartige Maßnahmen erforderlich sein (
vgl. BAG, Urteil vom 03.12.2002 -
9 AZR 481/01; Urteil vom 29.01.1997 -
2 AZR 9/96, BAGE 85, 107).
2. In Anwendung dieser Grundsätze ist die Kündigung vom 21.09.2009 als unverhältnismäßig und damit als rechtsunwirksam anzusehen. Denn es bestand die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung auf einem leidensgerechten Arbeitsplatz.
a) Materiell-rechtlich war die Beklagte nicht gehindert, den Kläger auf die von ihr ins Auge gefassten Arbeitsplätze in der Dichtigkeitskontrolle der Dreherei im Werk I
bzw. der Endkontrolle der Gießerei, der mechanischen Bearbeitung/Automatenbedienung, der Montage
bzw. an der Waschmaschine zu versetzen. Arbeitsvertraglich war die Beklagte berechtigt, dem Kläger diese Arbeitsplätze kraft ihres Direktionsrechts zuzuweisen. Ausweislich der Anträge der Beklagten gegenüber dem Betriebsrat auf Zustimmung zur Versetzung sind die
o. g. Arbeitsplätze von ihr als vergleichbar und für den Kläger infrage kommend bezeichnet worden. Dass diese Arbeitsplätze im Zeitpunkt der Anträge auf Zustimmung zur Versetzung mit anderen Arbeitnehmern besetzt waren, steht der Versetzung des Klägers materiell-rechtlich nicht entgegen. Entgegen der Annahme der Beklagten und ihren Ausführungen im Antrag auf Versetzung des Klägers bedurfte es zur Beschäftigung des Klägers auf den ins Auge gefassten Arbeitsplätzen keiner Entlassung anderer Arbeitnehmer. Wie die Beklagte bereits erstinstanzlich in ihrem Schriftsatz vom 15.12.2009 auf Seite 6
Abs. 3 vorgetragen hat, war sie gezwungen, "den Arbeitsplatz des Klägers vertretungsweise anderweitig zu besetzen". Wäre der Kläger wieder in der Lage gewesen, seinen ursprünglichen Arbeitsplatz in der Gießerei des Werkes II einzunehmen, wäre die Beklagte arbeitsvertraglich verpflichtet gewesen, ihn dort weiterhin zu beschäftigen. Dies wäre rechtlich und tatsächlich ohne Weiteres möglich gewesen, da der Arbeitsplatz des Klägers lediglich mit einer Vertretung besetzt war. Nicht anders ist die Sach- und Rechtslage, wenn die Beklagte den Kläger nicht auf seinem ursprünglichen Arbeitsplatz, sondern auf einem der von ihr als geeignet angesehenen Arbeitsplätze, die auch im Gutachten des Sachverständigen
Dr. K6 vom 25.05.2007 als solche genannt worden waren, weiterbeschäftigen will. Der Beklagten ist es möglich, den Arbeitnehmer, der auf dem für den Kläger ins Auge gefassten Arbeitsplatz eingesetzt ist, auf den vom Kläger ursprünglich inne gehaltenen Arbeitsplatz in der Gießerei des Werkes II zu versetzen und damit den für den Kläger in Betracht kommenden Arbeitsplatz frei zu machen. Weshalb eine solche Maßnahme nicht möglich sein soll, ist weder vorgetragen noch ersichtlich. Materiell-rechtlich ist die Beklagte deshalb nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zur Vermeidung einer krankheitsbedingten Kündigung verpflichtet, den Kläger auf einem der von ihr ins Auge gefassten Arbeitsplätze, die in den Anträgen gegenüber dem Betriebsrat auf Zustimmung zur Versetzung genannt sind, weiter zu beschäftigen.
b) Der Möglichkeit, den Kläger auf einem der in den Anträgen auf Zustimmung zur Versetzung genannten Arbeitsplätze zur Vermeidung der Kündigung vom 21.09.2009 weiter zu beschäftigen, steht nicht entgegen, dass der Betriebsrat am 17.12.2008
bzw. am 03.02.2009 jeweils die Zustimmung zur Versetzung verweigert hat. Denn die Beklagte war verpflichtet, das Zustimmungsersetzungsverfahren nach
§ 99 Abs. 4 BetrVG durchzuführen.
aa) Die Durchführung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens ist einem Arbeitgeber nicht von vornherein unzumutbar. Aus der gemeinsamen Verantwortung für die Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben folgt, dass der Arbeitgeber die vom Betriebsrat ordnungsgemäß und fristgerecht geltend gemachten Zustimmungsverweigerungsgründe überprüfen muss. Erkennt er, dass die geltend gemachten Zustimmungsverweigerungsgründe tatsächlich nicht vorliegen, hat er alles zu tun, um das Teilhabehindernis zu beseitigen. Das ist auch nicht mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden. Das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99
Abs. 4
BetrVG ist das vom Gesetzgeber festgelegte Mittel, um eine unberechtigte Zustimmungsverweigerung des Betriebsrates aus der Welt zu schaffen. Zur Durchführung dieses Verfahrens ist der Arbeitgeber allerdings dann nicht verpflichtet, wenn feststeht, dass die vom Betriebsrat geltend gemachten Zustimmungsverweigerungsgründe objektiv vorliegen und die Zustimmungsverweigerung rechtlich tragen. Denn es ist dem Arbeitgeber unzumutbar, ein gerichtliches Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen, wenn dieses keine Aussicht auf Erfolg hat. Ist der Arbeitgeber jedoch gehalten, das gerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen und kommt er dieser Pflicht nur unzureichend nach, kann dies einen Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers begründen (
vgl. BAG, Urteil vom 03.12.2002 -
9 AZR 481/01, AP
Nr. 2 zu § 81
SGB IX m.w.N.).
Ist allerdings die Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung des Arbeitnehmers erteilt, so ist dem Arbeitgeber im Normalfall die Durchführung des Zustimmungsersetzungsverfahrens gemäß § 99
Abs. 4
BetrVG unzumutbar, weil die damit verbundene erhebliche Verzögerung des Kündigungsverfahrens mit unverhältnismäßigen Aufwendungen im Sinne des
§ 81 Abs. 4 Satz 3 SGB IX verbunden wäre (so
BAG, Urteil vom 22.09.2005 -
2 AZR 519/04, NZA 2006, 486
m.w.N.). Der Arbeitgeber würde riskieren, dass er nach Durchführung des Zustimmungsersetzungsverfahrens erneut die Zustimmung des Integrationsamtes zu einer dann auszusprechenden Kündigung beantragen müsste. Denn der Arbeitgeber kann die Kündigung gemäß
§ 88 Abs. 2 SGB IX nur innerhalb eines Monats nach Zustimmung des Integrationsamtes erklären. Lediglich bei Vorliegen besonderer Umstände kann eine Pflicht des Arbeitgebers angenommen werden, gegen den Betriebsrat nach § 99
Abs. 4
BetrVG vorzugehen und durch ein entsprechendes Beschlussverfahren gegebenenfalls die Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat zu belasten. Zu denken ist hier an einen offensichtlich unbegründeten Widerspruch des Betriebsrats. Entsprechendes hat in den Fällen zu gelten, in denen der Widerspruch des Betriebsrats auf einem kollusiven Zusammenwirken zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat beruht (
vgl. BAG, Urteil vom 22.09.2005 a.a.O.).
bb) Nach diesen Grundsätzen war die Beklagte verpflichtet, im Anschluss an die Verweigerung der Zustimmung vom 17.12.2008 und 03.02.2009 zur Versetzung des Klägers auf die von ihr ins Auge gefassten Arbeitsplätze das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99
Abs. 4
BetrVG zu betreiben.
(1) Entgegen der Auffassung der Beklagten war die Durchführung dieses Verfahrens nicht unzumutbar. Denn zum damaligen Zeitpunkt war das Kündigungsverfahren in Bezug auf den Kläger noch nicht eingeleitet, insbesondere die Zustimmung des Integrationsamtes weder beantragt noch erteilt worden. Die Zustimmung des Integrationsamtes ist erst auf Antrag der Beklagten vom 06.04.2009 mit Bescheid vom 09.09.2009 erfolgt. Erst mit diesem Zeitpunkt lief die Monatsfrist des § 88
Abs. 3
SGB IX. Im Zeitpunkt der Zustimmungsverweigerung vom 17.12.2008
bzw. 03.02.2009 hätte die Beklagte ohne Zeitdruck das Zustimmungsersetzungsverfahren einleiten können. Die Beklagte hat dies jedoch erst am 08.02.2010 getan.
(2) Ein unmittelbar nach Verweigerung der Zustimmung zur Versetzung des Klägers eingeleitetes Zustimmungsersetzungsverfahren hätte nach Ansicht der erkennenden Kammer auch Aussicht auf Erfolg gehabt. Wie sich dem Schreiben des Betriebsrats vom 03.02.2009 entnehmen lässt, hat der Betriebsrat die Versetzung des Klägers offensichtlich insbesondere deshalb abgelehnt, da sie mit einer "Freikündigung verbunden wäre". Wie oben bereits ausgeführt wurde, entspricht diese Annahme des Betriebsrats nicht den Tatsachen. Vielmehr hätte der von der Beklagten zur Weiterbeschäftigung des Klägers ins Auge gefasste Arbeitsplatz im Wege der Versetzung freigemacht werden können. Unter diesen Umständen ist nicht ersichtlich, dass dem Betriebsrat ein Zustimmungsverweigerungsgrund gemäß § 99
Abs. 2
BetrVG zustand. Dass das Arbeitsgericht Siegen inzwischen durch Beschluss vom 30.06.2010 den Antrag der Beklagten auf Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung des Klägers abgewiesen hat, ist aus den oben genannten Gründen für die Entscheidung des vorliegenden Falles unerheblich.
(3) Dahinstehen kann, ob die Beklagte angesichts der Formulierung des Vergleichs vom 04.12.2008 nicht verpflichtet war, das Zustimmungsersetzungsverfahren im Hinblick auf die Versetzung des Klägers aus der Gießerei des Werkes II in die Dichtigkeitskontrolle der Dreherei im Werk I durchzuführen. Dies mag im Hinblick auf diesen Arbeitsplatz zu erwägen sein, gilt aber nicht im Hinblick auf die Arbeitsplätze, die im Antrag auf Zustimmung zur Versetzung des Klägers vom 02.02.2009 genannt sind. Die dort von der Beklagten für eine Weiterbeschäftigung des Klägers in Betracht gezogenen Arbeitsplätze sind durch den Vergleich vom 04.12.2008 keinerlei Beschränkungen im Hinblick auf die Notwendigkeit der Durchführung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens unterworfen.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91
ZPO.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.