Die nach § 42
Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO) als Verpflichtungsklage zulässige Klage führt in der Sache nicht zum Erfolg. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht im Sinne der §§ 113, 114
VwGO in ihren Rechten.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei einer Klage des Arbeitgebers auf Zustimmung zur Kündigung eines schwerbehinderten Menschen ist der Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, d.h. hier des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 15. Dezember 2010, da es sich zwar um eine Verpflichtungsklage handelt, der jedoch eine Ermessensentscheidung der Behörde zugrunde liegt (
BVerwG vom 22.1.1993
5 B 80.92;
BVerwG vom 10.11.2008,
5 B 79/08). Auf eventuelle Verbesserungen oder Verschlechterungen des Gesundheitszustandes der Beigeladenen seit dem Erlass des Widerspruchsbescheids kommt es daher in diesem Verfahren nicht an.
1. Nach
§ 85 des Sozialgesetzbuchs IX. Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (
SGB IX) bedarf eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines behinderten Menschen der vorherigen Zustimmung des Integrationsamts. Dies gilt gemäß
§ 68 Abs. 1 SGB IX auch für Menschen, die nach
§ 2 Abs. 3 SGB IX schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind. Mithin unterliegt auch die Beigeladene dem Schutz des § 85
SGB IX.
Will ein Arbeitgeber das mit einem Schwerbehinderten bestehende Arbeitsverhältnis durch Kündigung auflösen, so bedarf er dazu nach § 85
Abs. 1
SGB IX der Zustimmung des Integrationsamts. Ohne diese Zustimmung ist die Kündigung unwirksam (
vgl. BVerwG vom 7.3.1991, Buchholz 436.61 § 12
SchwbG Nr. 3). Bei der Ausübung des Kündigungsschutzes nach § 85
SGB IX hat das Integrationsamt eine Ermessensentscheidung zu treffen. Es hat dabei nach § 39
Abs. 1 Satz 1 des Sozialgesetzbuchs I. Buch - Allgemeiner Teil - (
SGB I) sein Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung auszuüben und dessen gesetzliche Grenzen einzuhalten. Soweit das Sozialgesetzbuch IX. Buch Regelungen über den Kündigungsschutz für schwerbehinderte Menschen trifft, ist es in erster Linie ein "Fürsorgegesetz", das die Nachteile schwerbehinderter Menschen auf dem Arbeitsmarkt ausgleichen soll. Der schwerbehinderte Mensch soll vor den Gefahren, denen er wegen seiner Behinderung ausgesetzt ist, bewahrt werden und es soll sichergestellt sein, dass er gegenüber gesunden Menschen nicht ins Hintertreffen gerät.
Die Entscheidung des Integrationsamtes erfordert daher eine Abwägung der Interessen des Arbeitgebers an der Erhaltung seiner betrieblichen Gestaltungsmöglichkeiten gegen das Interesse des schwerbehinderten Menschen an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes (
vgl. BVerwG vom 2.7.1992, BVerwGE 90, 287). An die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung des Schwerbehinderten sind besonders hohe Anforderungen zu stellen, wenn die Kündigung des Arbeitsverhältnisses - wie hier - auf Gründe gestützt wird, die in der Behinderung ihre Ursache haben. Kann die Arbeit am bisherigen Arbeitsplatz nicht fortgesetzt werden, ist der Arbeitgeber gemäß
§ 84 Abs. 4 S. 1 Nr. 4 SGB IX zu einer behinderungsgerechten Gestaltung des Arbeitsplatzes verpflichtet. Zuzumuten ist dem Arbeitgeber auch, den Schwerbehinderten nach Möglichkeit umzusetzen, das heißt, ihm im Rahmen der vorhandenen Arbeitsplätze einen geeigneten anderen Arbeitsplatz zuzuweisen, der unter Umständen auch aus mehreren anderen Arbeitsmöglichkeiten erst geschaffen werden muss (Vgl.
BVerwG vom 11.9.1990 in Buchholz 436.1 § 15
SchwbG 1986
Nr. 4). Der Arbeitgeber braucht für den Schwerbehinderten jedoch keinen neuen Arbeitsplatz zu schaffen, er kann in Ausnahmefällen aber sogar verpflichtet sein, den Schwerbehinderten wenigstens zeitlich befristet "durchzuschleppen", wenn etwa der Abschluss einer Umschulungsmaßnahme abgewartet werden soll. Die im Interesse des Schutzes Schwerbehinderter gebotene Fürsorge findet aber auf jeden Fall dort ihre Grenze, wo die Weiterbeschäftigung allen Grenzen wirtschaftlicher Vernunft widersprechen würde, also erkennbar ist, dass ein Arbeitsplatz, der den behinderungsbedingten Einschränkungen gerecht wird, nicht verfügbar ist und dem Arbeitgeber ohne Gegenleistung eine Lohnzahlungspflicht auferlegt wird (
vgl. BVerwG vom 16.6.1990, Buchholz 436.61 § 15
SchwbG 1986
Nr. 3).
Macht der Arbeitgeber einen Anspruch auf Zustimmung zur Kündigung geltend, so hat er darzulegen und zu beweisen, dass es für den Schwerbehinderten keine behinderungsgerechten Beschäftigungsmöglichkeiten gibt, ihre Schaffung ihm nicht zumutbar oder mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden ist (
vgl. § 81 Abs. 4 Satz 3 SGB IX). Dem schwerbehinderten Arbeitnehmer obliegt es dabei, Beschäftigungsmöglichkeiten anzusprechen, die aus seiner Sicht vorhanden sind. Hierbei ist einerseits zu berücksichtigen, dass der Arbeitnehmer bei größeren betrieblichen Einheiten nicht alle Beschäftigungsmöglichkeiten kennen kann, andererseits aber er selbst am ehesten in der Lage ist einzuschätzen, welche Tätigkeiten er ausüben kann.
Die auf dieser Grundlage zu treffende Ermessensentscheidung der Behörde unterliegt lediglich einer eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Überprüfung. Gemäß § 114 Satz 1
VwGO überprüft das Gericht, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder ob von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht wurde. Dabei ist zu untersuchen, ob die Behörde alle wesentlichen, den Streit zwischen den Parteien kennzeichnenden Gesichtspunkte in ihre Ermessenserwägungen eingestellt hat, ob sie dabei von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen ist und ob die sodann vorgenommene Gewichtung der widerstreitenden Interessen sachgerecht und vertretbar sowie das dabei gewonnene Abwägungsergebnis nicht unzumutbar ist.
2. Die hier getroffene Entscheidung des Beklagten hält einer Überprüfung an diesen Maßstäben stand. Der Beklagte ist zu Recht davon ausgegangen, dass hier das Interesse der Beigeladenen am Erhalt ihres Arbeitsplatzes das Interesse der Klägerin am Erhalt ihrer betrieblichen Organisations- und Gestaltungsmöglichkeiten überwiegt. Eine Zustimmung ist im Gegenteil regelmäßig dann fehlerhaft, wenn ein anderer Arbeitsplatz in demselben oder in einem anderen Betrieb desselben Arbeitgebers zur Verfügung steht (
VG Düsseldorf vom 19.11.2002,
17 K 6243/02). Eine Einschränkung der Ermessensentscheidung gemäß
§ 89 Abs. 1 SGB IX kommt nicht in Betracht.
a) Auf eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit der Beigeladenen bei der ...
GmbH können sich Beigeladene und Beklagter dabei jedoch nicht berufen. Im Rahmen des besonderen Kündigungsschutzes für Schwerbehinderte ist insoweit auf den Beschäftigungsbetrieb
bzw. den betreffenden Arbeitgeber abzustellen, nicht auf etwa im Konzern verbundene Unternehmen mit eigener Rechtspersönlichkeit. Die zivilrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten, die der Arbeitgeber im Rahmen seiner unternehmerischen Organisations- und Gestaltungsmöglichkeiten nutzt, sind hier zu berücksichtigen (
vgl. VG Düsseldorf vom 19.11.2002, a.a.O.;
VG Augsburg vom 1.2.2011, Au 3 K 10.1759). Dies folgt aus der Bestimmung des § 89
Abs. 1 Satz 3
SGB IX, deren gesetzgeberische Vorgabe auch im Rahmen des § 85
SGB IX zu beachten ist, da bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 89
Abs. 1 Satz 3
SGB IX das Integrationsamt seine Entscheidung nach § 85
SGB IX zu treffen hat (
VG Düsseldorf vom 19.11.2002, a.a.O.;
vgl. Düwell in LPK
SGB IX, 2 Auflage 2009,
Rdnr. 57f zu § 89). Darauf, dass im Rahmen des arbeitsrechtlichen Kündigungsschutzes unter bestimmten Voraussetzungen ein Konzern als Ganzes zu betrachten wäre, kommt es hier nicht an. Die Frage, ob eine Kündigung arbeitsrechtlich Bestand haben kann, also
z.B. gemäß
§ 1 des Kündigungsschutzgesetzes (
KSchG) sozial gerechtfertigt ist, ist im Verfahren beim Integrationsamt
bzw. bei den Verwaltungsgerichten in der Regel nicht zu überprüfen. Eine Berücksichtigung des allgemeinen arbeitsrechtlichen Arbeitnehmerschutzes im Zustimmungsverfahren kommt nur dann in Betracht, wenn die arbeitsrechtliche Unwirksamkeit der geplanten Kündigung ohne jeden vernünftigen Zweifel in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht offen zu Tage tritt, sich jedem Kundigen geradezu aufdrängt. Das Integrationsamt soll nicht an offensichtlich rechtswidrigen Kündigungen zu Lasten eines Schwerbehinderten mitwirken müssen (
vgl. z.B. BayVGH vom 18.6.2008,
12 BV 05.2467 zit. nach Juris). So ist die Sachlage aber hier nicht. Die Erwägungen des Beklagten zu einer Beschäftigung bei der ...
GmbH tragen daher die Versagung der Zustimmung nicht. Auf die Rechtmäßigkeit der Ermessensentscheidung wirkt sich dies hier jedoch deshalb nicht aus, weil insbesondere auch im Widerspruchsbescheid ebenso darauf abgestellt wurde, dass eine Beschäftigung im Bereich der "Zustellkasse" leidensgerecht und dem Arbeitgeber zumutbar sei. Entscheidend für die Frage der Zustimmung ist jedoch nicht, in wie vielen Betriebsbereichen eine Weiterbeschäftigung des Schwerbehinderten möglich wäre, sondern ob eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit überhaupt besteht.
b) Insbesondere durch die Aussage des Zeugen ... steht zur Überzeugung des Gerichts jedoch fest, dass eine behinderungsgerechte Beschäftigung der Beigeladenen im Bereich der "Zustellkasse" oder im Bereich des "Service- und Adressmanagements" möglich wäre
bzw. gegebenenfalls mittels einer technischen Umrüstung dieser Arbeitsplätze ermöglicht werden könnte. Die der Versagung der Zustimmung zugrunde liegende Annahme des Beklagten, dass Arbeitsplätze, auf denen eine leidensgerechte Beschäftigung der Beigeladenen jedenfalls theoretisch möglich ist, bestehen, ist somit zutreffend. Insoweit konnte auch auf die Vernehmung der Zeugin ... zu der Problematik, ob Einigkeit zwischen Klägerin und Beigeladener bestand, dass dies nicht der Fall ist und zum Ablauf des betrieblichen Eingliederungsverfahrens verzichtet werden, denn auf diese Fragen kommt es letztlich nicht mehr an.
c) Durch die Aussagen der Zeugen ... und ... steht weiterhin zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Personalbedarf insbesondere in deren Zustellkasse tatsächlich höher ist als der rein rechnerische Bedarf von 2,5
bzw. (unter Berücksichtigung von Urlaubszeiten
usw.) 3,2 Arbeitskräften. Dies insbesondere auch deshalb, weil hier einer der wenigen Bereiche im Betrieb der Klägerin angesprochen ist, in dem leistungsgeminderte Personen einsetzbar sind und in erheblichem Maße auch eingesetzt werden. Beide Zeugen haben dies für die Klägerseite bestätigt. Eine weitere Vernehmung der Zeugin ... zu diesem Punkt ist damit entbehrlich.
d) Aufgrund der Fluktuation in diesem Bereich, die unter anderem auch durch Krankheitszeiten bedingt ist, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Arbeitsplätze hier auf unabsehbare Zeit dauerhaft besetzt sind.
Dass die Beklagte im Rahmen der zu treffenden Ermessensentscheidung von einer falschen Tatsachengrundlage ausgegangen wäre, kann daher insoweit nicht angenommen werden, als im Betrieb der Klägerin nicht nur Arbeitsplätze vorhanden sind, die für Menschen mit körperlichen Einschränkungen, wie die Beigeladene sie hat, geeignet sind, sondern dass hier auch Möglichkeiten zur leidensgerechten Beschäftigung der Beigeladenen bestehen.
e) Auch kann nicht davon ausgegangen werden, dass die vom Beklagten auf dieser Grundlage vorgenommene Abwägung fehlerhaft im Sinne des § 114
VwGO war. Der Beklagte hat hier insbesondere auf die Frage abgestellt, ob der Klägerin eine Weiterbeschäftigung der Beigeladenen zumutbar ist. Auch ohne Berücksichtigung der im Bereich der ...
GmbH bestehenden oder nicht bestehenden Beschäftigungsmöglichkeiten ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte die Zumutbarkeit bejaht.
Zugunsten der Klägerin war hier zu berücksichtigen, dass sie, bedingt durch die grundlegende organisatorische Neugestaltung der ... mit einem erheblichen Personalüberhang, insbesondere auch im Bereich der Beamten zu kämpfen hat und sich die sinnvolle Unterbringung von Überhangpersonal schwierig gestaltet, nicht zuletzt auch dadurch, dass bei Beamten immer ein Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung zu berücksichtigen ist. Auch hat die Klägerin nachvollziehbar dargelegt, dass in ihrem Unternehmen relativ wenige Arbeitsbereiche bestehen, in denen leistungsgeminderte Personen beschäftigt werden können. Der Beklagte hat den bei der Klägerin bestehenden Personalüberhang bei seiner Entscheidung im Widerspruchsbescheid jedoch berücksichtigt.
Gleichwohl ging der Beklagte bei seiner Entscheidung zu Recht davon aus, dass der Klägerin eine Weiterbeschäftigung der Beigeladenen in dieser Situation zumutbar war
bzw. dass mindestens die Unzumutbarkeit dieser Weiterbeschäftigung nicht nachvollziehbar dargelegt wurde.
Ein Rechtsgrundsatz, dass in der geschilderten Situation der Klägerin bei der Besetzung freier Arbeitsplätze stets den (schwerbehinderten) Beamten vor den schwerbehinderten Arbeitnehmern Vorrang bei der Besetzung geeigneter Stellen zu gewähren sei, besteht nicht. Das Sozialgesetzbuch IX. Buch differenziert hinsichtlich des besonderen Kündigungsschutzes nicht zwischen Beamten und Arbeitnehmern. Vielmehr ist in einer Situation, in der besonders vor Kündigung Geschützte mit unkündbaren Beschäftigten um wenige Arbeitsplätze konkurrieren, vom Arbeitgeber zu erwarten, dass er seine Auswahlentscheidung hinsichtlich dieser Arbeitsplätze und damit insbesondere die Entscheidung, warum die Beschäftigung eines bestimmten zu kündigenden Schwerbehinderten auf einem dieser Arbeitsplätze dem Arbeitgeber nicht zumutbar ist, transparent und nachvollziehbar darlegt. Dass der Beklagte eine Weiterbeschäftigung fehlerhaft für zumutbar hält, kann ihm hier jedenfalls schon deswegen nicht vorgeworfen werden, weil die Klägerin nach ihrem Sachvortrag insbesondere davon ausging, es seien keine leidensgerechten Arbeitsplätze für die Beigeladene vorhanden und sie deshalb trotz ihrer Bewerbungen auf geeignete Arbeitsplätze hierfür nicht in die Auswahl mit einbezogen hat. Soweit sich die Klägerin auf Beamte im Überhang beruft, die anderweitig untergebracht sind oder auf den in Frage kommenden Arbeitsplätzen in der Zustellkasse "unterwertig", d.h. nicht "amtsangemessen" beschäftigt würden, kann ebenfalls nicht davon ausgegangen werden, dass die Entscheidung, die Zustimmung zur Kündigung zu versagen, fehlerhaft von einer Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung ausgeht. Aus der Aussage der Zeuginnen ... und ... ergibt sich insoweit, dass der bei der Klägerin bestehende Personalüberhang sich nicht dergestalt auf die Beschäftigungsmöglichkeiten der Beigeladenen auswirkt, dass sie mit den gesamten Beamten im Überhang konkurrieren müsste. Vielmehr ist der weit überwiegende Anteil dieser Beschäftigten auf festen Dienstposten untergebracht. Die Zeugin ... hat weiter dargelegt, dass ein Großteil der dann noch verbleibenden schwerbehinderten Beamten auf den für die Beigeladene in Frage kommenden Arbeitsplätzen deshalb nicht beschäftigt werden kann, weil die Arbeitsplätze für diese Beamten "unterwertig" wären. Auf die von der Beigeladenen mit Schriftsatz vom 27. Juni 2011 vorgelegte Aufstellung zu den schwerbehinderten Beamten der Klägerin und ihrer Beschäftigung (Bl. 170 d.A.) wird insoweit Bezug genommen. Da die Klägerin, ausgehend von ihrer Einschätzung, die Beigeladene sei in der Zustellkasse nicht leidensgerecht zu beschäftigen, diese bisher in die Auswahl für in der Zustellkasse frei werdende Arbeitsplätze nicht einbezogen hat, kann deshalb auch bei einem noch verbleibenden gewissen Überhang von zu beschäftigten Beamten nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass eine Weiterbeschäftigung der Beigeladenen in diesem Bereich der Klägerin nicht zumutbar wäre.
Da es einem Arbeitgeber insbesondere auch zumutbar ist, einen Arbeitnehmer befristet auch einmal durchzuschleppen, ist gerade im Hinblick auf die im Bereich der Zustellkasse offensichtlich auftretende Fluktuation auch nicht ausgeschlossen, dass sich in diesem Bereich des Öfteren Möglichkeiten für die Unterbringung schwerbehinderter Arbeitnehmer ergeben. Ob eine Auswahlentscheidung korrekt getroffen wird, also alle in Frage kommenden Arbeitnehmer einbezieht, ist daher für die Frage der Zumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung entscheidungserheblich. Ersichtlich wurde dies hier jedoch bisher nicht berücksichtigt, so dass der Beklagte zu Recht davon ausging, dass die Interessen der Beigeladenen hier schon deshalb überwiegen, weil die Klägerin nicht nachvollziehbar dargelegt hat, dass eine Weiterbeschäftigung unzumutbar ist.
Der Beklagte konnte zulasten der Klägerin auch berücksichtigen, dass ein Präventionsverfahren gemäß
§ 84 SGB IX insoweit nicht stattgefunden hat, als das Integrationsamt zwar zur Erörterung der für die Beigeladene bestehenden Möglichkeiten im Arbeitsverhältnis eingeschaltet wurde, jedoch eine effektive Beratung durch das Integrationsamt insoweit verhindert wurde, als die Begutachtung der Arbeitsplätze in der Zustellkasse im Hinblick auf eine leidensgerechte technische Ausrüstung dieser Arbeitsplätze verhindert wurde.
Die Durchführung eines Präventionsverfahrens gemäß § 84
SGB IX ist zwar nicht Voraussetzung für die Erteilung einer Zustimmung nach § 85
SGB IX und auch keine Wirksamkeitsvoraussetzung für eine krankheitsbedingte Kündigung. Vielmehr ist das Erfordernis eines derartigen Verfahrens Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, da eine Kündigung nur zulässig ist, wenn sie nicht durch andere und mildere Mittel vermieden werden kann. § 84
Abs. 2
SGB IX ist insbesondere in Bezug auf die Kündigung schwerbehinderter Menschen kein Verbotsgesetz. Die Behörde kann jedoch die unvollständige Durchführung des Präventionsverfahrens im Rahmen der Interessenabwägung zu Lasten des Arbeitgebers berücksichtigen, wenn bei ordnungsgemäßer Durchführung des Präventionsverfahrens die Möglichkeit bestanden hätte, eine Kündigung zu vermeiden (
BVerwG vom 29.8.2007
5 B 77/07 zit. nach Juris).
Dass der Beklagte deshalb wegen der nicht ordnungsgemäßen Durchführung des Präventionsverfahrens und ausgehend davon, dass die Klägerin die Unzumutbarkeit der Weiterbeschäftigung der Beigeladenen nicht ausreichend dartun konnte, von einem Überwiegen der Interessen der Beigeladenen am Erhalt ihres Arbeitsplatzes ausgegangen ist, ist somit hier nicht zu beanstanden.
3. Die Klägerin trägt als unterliegende Partei die Kosten des Verfahrens gemäß § 154
Abs. 1
VwGO einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen (§ 162
Abs. 3
VwGO). Da die Beigeladene einen förmlichen Antrag gestellt hat, könnten ihr gemäß § 154
Abs. 3 Satz 1
VwGO Verfahrenskosten auferlegt werden. Es entspricht daher der Billigkeit nach § 162
Abs. 3
VwGO, dass ihre außergerichtlichen Kosten erstattet werden, da sie sich selbst auch einem Kostenrisiko ausgesetzt hat.
Beschluss:
Der Gegenstandswert wird auf 5.000,--
EUR festgesetzt (§ 33 RVG,
Nr. 39.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).