Die zulässige Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. Die angefochtenen Bescheide sich rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten. Die Klägerin hat allerdings nur Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrages auf Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Beigeladenen.
Die nach
§ 85 Abs. 1 SGB IX erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen ist eine zwingende Wirksamkeitsvoraussetzung für diese rechtsgeschäftliche Gestaltungserklärung (
vgl. BVerwG, Beschluss v. 07.03.1991 - 5 B 114/89 - Buchholz 436.61, § 12
SchwbG Nr. 3). Bei der Entscheidung des Integrationsamtes über die Zustimmung zur Kündigung von schwerbehinderten Menschen handelt es sich um eine Ermessensentscheidung, mit der das Integrationsamt die vom Arbeitgeber geltend gemachten Kündigungsgründe mit den Schutzinteressen des behinderten Arbeitnehmers unter Berücksichtigung der in
§ 89 SGB IX vorgesehenen Einschränkungen abwägt. Sie ist an Sinn und Zweck des Sonderkündigungsschutzes für schwerbehinderte Menschen auszurichten (
vgl. BVerwG, Urt. 02.07.1992 -
5 C 51/90 - BVerwGE 90, 287). Besonders hohe Anforderungen an die Zumutbarkeit beim Arbeitgeber sind im Rahmen der Abwägung der gegensätzlichen Interessen dann zu stellen, wenn die Kündigung auf Gründen beruht, die in der Behinderung selbst ihre Ursache haben. Entsprechend ist der Schutz um so geringer, je weniger ein Zusammenhang zwischen Kündigungsgrund und Behinderung feststellbar ist. Andererseits ist auch die unternehmerische Gestaltungsfreiheit des Arbeitgebers mit dem ihr zukommenden Gewicht in die Abwägung einzustellen. Sinn und Zweck des Zustimmungserfordernisses ist es nicht, eine zusätzliche, zweite Kontrolle der arbeitsrechtlichen Zulässigkeit der Kündigung zu schaffen. Die §§ 85
ff. SGB IX sollen nach ihrer Regelungskonzeption erkennbar keinen umfassenden Schutz schwerbehinderter Arbeitnehmer vor einer Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses bieten (
vgl. BVerwG, Beschl. v. 11.05.2006 -
5 B 24/06 - juris-). Das Integrationsamt hat im Zustimmungsverfahren nach §§ 85
ff. SGB IX grundsätzlich auch nicht zu prüfen, ob die beabsichtigte Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Schwerbehinderten etwa sozial gerechtfertigt im Sinne von
§ 1 Abs. 2 KSchG ist (
vgl. BVerwG, Urt. v. 02.07.1992 - 5 C 51/90 - a.a.O.). Denn diese Prüfung ist allein von den Arbeitsgerichten vorzunehmen. Der Sonderkündigungsschutz soll vor allem die Nachteile der Schwerbehinderten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausgleichen (
vgl. BVerwG, Urt. v. 28.02.1968 -
V C 33.66 - BVerwGE 29, 140). Dessen Zweck geht dahin, den Schwerbehinderten vor den Gefahren, denen er wegen seiner Behinderung auf dem Arbeitsmarkt ausgesetzt ist, zu bewahren und sicherzustellen, dass er gegenüber den gesunden Arbeitnehmern nicht ins Hintertreffen gerät (
vgl. BVerwG, Urt, 12.01.1966 -
V C 62.64 - BVerwGE 23, 123). Bei der Entscheidung, ob die Zustimmung erteilt oder versagt werden soll, können deshalb nur Erwägungen eine Rolle speilen, die sich speziell aus der Schwerbehindertenfürsorge herleiten. Rechtfertigen solche Erwägungen eine Versagung der Zustimmung nicht, so hat die behördliche Zustimmung dem Kündigenden diejenige Rechtsstellung zurückzugeben, die er hätte, wenn es keinen besonderen Kündigungsschutz für Schwerbehinderte gäbe (
vgl. BverwG, Urt. v. 02.07.1992 - 5 C 51.90 - a.a.O.). Allerdings darf die Integrationsbehörde an einer offensichtlich unwirksamen Kündigung nicht mitwirken. Eine offensichtliche Unwirksamkeit der Kündigung kann aber nur angenommen werden, wenn sie ohne jeden vernünftigen Zweifel in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht offen zu Tage liegt, sich jedem Kundigen geradezu aufdrängt (
vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.09.1996 -
5 B 109/96 - Buchholz 436.61 § 21
SchwbG Nr. 8 ).
Ist die Behörde ermächtigt, nach ihrem Ermessen zu handeln, so unterliegt die Verwaltungsentscheidung einer eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Kontrolle. Danach prüft das Gericht nur, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einem dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 114 Satz 1
VwGO). Dies beinhaltet die Prüfung, ob die Behörde in ihre Ermessenserwägungen alle wesentlichen, den Streit zwischen den Beteiligten kennzeichnenden Gesichtspunkte eingestellt hat und ob sie dabei von einem richtigen und vollständigen Sachverhalt ausgegangen ist (
vgl. VGH Mannheim Urt. v. 09.05.1994 -
7 S 2294/92 - juris - und Urt. v. 05.07.1989 -
6 S 1739/87 - juris). Die Ermessensentscheidung ist danach fehlerhaft, wenn die Behörde Umstände außer Betracht lässt, die zu berücksichtigen waren, desgleichen, wenn sie Umstände in die Ermessensbetätigung einstellt, die nicht ausreichend ermittelt sind, aber auch, wenn sie einzelne Gesichtspunkte zwar erkennt, diese aber unzutreffend gewichtet.
Bei einer Verpflichtungsklage auf Zustimmung zur Kündigung eines Schwerbehinderten kommt es auf die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung an (
vgl. BVerwG, Urt. v. 22.01.1993
5 B 80/92 - Buchholz 436.61 § 15
SchwbG Nr. 7).
Nach diesen Grundsätzen ist die vom Integrationsamt getroffene Ermessensentscheidung fehlerhaft. Allerdings ist der Beklagte zutreffend davon ausgegangen, dass der Kündigungsgrund nicht im Zusammenhang mit der Schwerbehinderung des Beigeladenen steht, sondern betriebsbedingt ist und der Schwerbehindertenschutz unter diesen Voraussetzungen an Intensität verliert. Ein Zusammenhang mit der Schwerbehinderung wird auch vom Beigeladenen nicht geltend gemacht.
Der Beklagte hat im Rahmen seiner Ermessensentscheidung jedoch zu Unrecht den von der Klägerin geltend gemachten Kündigungsgrund überprüft und als nicht gerechtfertigt bewertet. Hierbei hat der Beklagte übersehen, dass § 85
SGB IX weder ein Prüfungsrecht noch gar eine Prüfungspflicht zum Vorliegen eines wichtigen Grundes i.
S. des § 626
Abs. 1
BGB begründet. Es ist nicht Aufgabe des Sonderkündigungsschutzes der §§ 85 ff
SGB IX, den von den Arbeitsgerichten nach erfolgter Kündigung zu gewährenden arbeitsrechtlichen Kündigungsschutz zu ersetzen oder gar überflüssig zu machen. Dem Integrationsamt ist nicht die umfassende Abwägung aller den Kündigungsstreit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer bestimmenden widerstreitenden Interessen aufgetragen, sondern nur die Einbringung bestimmter vom Schutzzweck des Schwerbehindertenrechts erfasster Interessen. Es ist auch nicht Sinn des Sonderkündigungsschutzes nach § 85
SGB IX, dem Schwerbehinderten die Unannehmlichkeiten und Belastungen eines Kündigungsschutzstreits mit dem Arbeitgeber abzunehmen. Derartige Belastungen können alle Arbeitnehmer treffen.
Der Schwerbehinderte hat insoweit keinen besonderen Schutzanspruch. Das Gesetz will ihn nicht gegenüber Nichtbehinderten bevorzugen, sondern lediglich seine behinderungsbedingten Nachteile ausgleichen. Der Behinderte muss sich deshalb, was die privatrechtliche Wirksamkeit der Kündigung anlangt, auf die Überprüfung durch die Arbeitsgerichte verweisen lassen. Dies gilt auch in Fällen von vorgetäuschten Kündigungsgründen. Den Schwerbehinderten vor vorgetäuschten Kündigungsgründen zu schützen, ist nicht Aufgabe des Integrationsamtes, sondern der Arbeitsgerichte. Denn der Gefahr, mit vorgetäuschten Kündigungsgründen überzogen zu werden, ist der nichtbehinderte Arbeitnehmer gleichermaßen ausgesetzt, so dass es auch insoweit gerechtfertigt ist, den Schwerbehinderten wie jeden anderen Arbeitnehmer auf den repressiven Rechtsschutz durch die Arbeitsgerichte zu verweisen (
vgl. BVerwG, Urt. v. 02.07.192 -
5 C 39.90 - BVerwGE 90. 275; VGH Mannheim Beschl. v. 24.11.2005 -
9 S 2178/05 -. VBIBW 2006, 148). Etwas anderes könnte nur dann gelten, wenn sich im Rahmen der im Zustimmungsverfahren vorzunehmenden Ermittlungen herausstellen sollte, dass die vom Arbeitgeber geltend gemachten Gründe eine ordentliche Kündigung offensichtlich nicht zu rechtfertigen vermögen. Eine derartige offensichtliche Unwirksamkeit der Kündigung kann aber nur dann angenommen werden, wenn sie ohne jeden vernünftigen Zweifel in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht offen zutage liegt, sich jedem Kundigen nahezu aufdrängt (
vgl. BverwG, Urt. v. 02.07.1992 - 5 C 30.90 - a.a.O). Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Es ist zwischen den Beteiligten höchst streitig, ob eine unternehmerische Entscheidung, sich von den ungelernten Helfern zu trennen, getroffen wurde und die Umsatzprobleme eine derartige unternehmerische Entscheidung rechtfertigen könnten. Von einer offensichtlichen Fehlerhaftigkeit der Kündigung kann bei diesem Sach- und Streitstand keine Rede sein.
Der Beklagte hat in seiner Ermessensentscheidung zudem die von der Klägerin getroffene Sozialauswahl geprüft und beanstandet. Hierbei hat er jedoch übersehen, dass er nicht über die Frage der Sozialwidrigkeit der Kündigung zu entscheiden hat; die ist vielmehr Sache des Arbeitsgerichts (
vgl. BVerwG, Urt. v. 02.07.1992 5 C 51/90 - BVerwGE 90, 287).
Trotz Rechtswidrigkeit der angefochtenen Entscheidung steht der Klägerin kein Anspruch auf Erteilung der Zustimmung zu. Ein solcher wäre nur gegeben, wenn der der Behörde grundsätzlich eröffnete Ermessensspielraum nach den konkreten Umständen des Einzelfalls dahin verdichtet ist, dass sich nur die Erteilung der begehrten Zustimmung als rechtmäßige Ermessensbetätigung erweist (sog. Ermessensreduzierung auf Null). Hiervon kann vorliegend nicht ausgegangen werden. Der Beklagte hatte bislang nicht geprüft, ob die Klägerin ihre Pflicht aus
§ 71 Abs. 1 SGB IX erfüllt. Die Beschäftigungspflicht nach § 71
Abs. 1
SGB IX ist nach
§ 156 Abs. 1 SGB IX bußgeldbewehrt. Es handelt sich um eine Rechtspflicht, die die Sozialpflichtigkeit des Eigentums (
Art. 14
Abs. 2
GG) konkretisiert. Falls die Klägerin die Pflicht aus § 71
Abs. 1
SGB IX im Falle der Kündigung des Beigeladenen nicht mehr erfüllt, muss der Beklagte - in Art einer "Unzumutbarkeitsprüfung"- dahingehen Erwägungen anstellen, ob er einem Verstoß der Klägerin gegen die gesetzliche Pflicht aus § 71
Abs. 1
SGB IX zustimmt (
vgl. VG Stuttgart Urt. v. 12.05.2011 -
11 K 5112/10 - juris -). Der Beklagte hat danach unter Berücksichtigung des maßgeblichen Sachverhalts und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen eine erneute Ermessensentscheidung zu treffen.
Die Kostenentscheidung beruht aus § 154
Abs. 3, § 155
Abs. 1, § 188 Satz 2
VwGO.
Die Zuziehung eine Bevollmächtigen im Vorverfahren durch die Klägerin war gemäß § 162
Abs. 2 Satz 2
VwGO für notwendig zu erklären.