Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. Januar 2013 geändert.
Es wird festgestellt, dass der Beschluss der Beteiligten zu 1 vom 23. März 2012 zum Aktenzeichen E04/12 betreffend die ordentliche Kündigung des Gleisbauers D... unwirksam ist.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Im Streit ist die Wirksamkeit eines Beschlusses der Einigungsstelle für Personalvertretungssachen (Beteiligte zu 1) vom 23. März 2012, mit dem diese es abgelehnt hat, die verweigerte Zustimmung des Personalrats zur beabsichtigten vorsorglichen ordentlichen personenbedingten Kündigung des Arbeitnehmers W zu ersetzen.
Der am 29. August 1986 geborene, ledige und kinderlose W wurde im Anschluss an seine erfolgreiche Ausbildung bei den Berliner Verkehrsbetrieben, einer rechtsfähigen Anstalt des öffentlichen Rechts, seit Juli 2008 als Gleisbauer zunächst befristet und ab 1. November 2009 nach betriebsärztlicher Untersuchung unbefristet im Unternehmensbereich Infrastruktur (VBI), einer Dienststelle im Sinne des Berliner Personalvertretungsgesetzes, beschäftigt und im Bereich Straßenbahn eingesetzt. Er ist nach der Anlage 1 zum TV Nahverkehr Berlin in die Entgeltgruppe E6 eingruppiert. Nach der Beschreibung seiner Arbeitsaufgaben hat er alle im Gleisbaubereich der Straßenbahn anfallenden Gleisbauarbeiten zur Aufrechterhaltung der Verkehrs- und Betriebssicherheit für den Zugverkehr zu verrichten, wozu u.a. der Einsatz als Sicherungsposten (Sipo) und Sicherungsaufsichtskraft (Sakra) gehört. Zu den sonstigen Voraussetzungen der Tätigkeit zählt die Streckendiensttauglichkeit. W war zuletzt zur Weichenreinigung in einem Zwei-Mann-Team eingesetzt, in dem sich die Beschäftigten mit der Reinigungstätigkeit und der Sicherung abwechselten.
Am 18. Januar 2011 wurde W betriebsärztlich auf seine Tauglichkeit für Tätigkeiten im Gleisbereich, als Sakra/Sipo und für den Erwerb des LKW-Führerscheins untersucht. Für die Tätigkeiten im Gleisbereich-Strecke ergab die Untersuchung: "keine gesundheitlichen Bedenken unter bestimmten Voraussetzungen, betriebsärztliche Auflage erteilt, Nachuntersuchung in einem Monat" mit der Bemerkung: "Einsatz im Gefahrenbereich der Gleise nur mit Sipo. Ich bitte dringend um ein gemeinsames Gespräch am runden Tisch." Für den Einsatz als Sakra/Sipo und für den Erwerb des LKW-Führerscheins ergab die Untersuchung: "gesundheitliche Bedenken auf Dauer, betriebsärztliche Auflage erteilt, Nachuntersuchung nach 12 Monaten". An der Gesprächsrunde am 14. Februar 2011 nahmen neben der Betriebsärztin und dem Arbeitnehmer dessen direkter Vorgesetzter sowie Mitarbeiter der Personalabteilung und der Personalratsvorsitzende teil. Die Betriebsärztin führte aus, dass W gesundheitliche Probleme habe, dienstuntauglich sei und dass die Untauglichkeit bis zu zwölf Monate andauern könne; ein Einsatz im Gleisbereich sei nur mit einem Sicherungsposten möglich. Konkretere Angaben konnten nicht gemacht werden, weil W die Betriebsärztin nicht von ihrer ärztlichen Schweigepflicht entband. Bei dieser Gelegenheit wurde W auf seine Mitwirkungspflicht bei der Wiedererlangung der vollen Tauglichkeit sowie darauf hingewiesen, dass bei einer dauerhaften Untauglichkeit keine Einsatzmöglichkeit für ihn bestehe. W sagte zu, den betriebsärztlichen Auflagen zu folgen und monatlich den Betriebsarzt aufzusuchen. Bei der Nachuntersuchung am 14. März 2011 kam die Betriebsärztin zu dem Ergebnis: "gesundheitliche Bedenken auf Dauer, betriebsärztliche Auflage erteilt, Nachuntersuchung nach einem Monat, kein Einsatz im Gleisbereich, die betriebsärztlichen Auflagen wurden nicht eingehalten, es bestehen Sicherheitsbedenken als BOStrab-Betriebsbediensteter mit Sicherungsaufgaben, es können noch körperlich leichte und mittelschwere Arbeiten verrichtet werden, ich empfehle ein Gespräch am runden Tisch".
Unter dem 14. April 2011 beantragte der Antragsteller beim Beteiligten zu 2 die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des W. Dem Schreiben waren eine nähere Begründung sowie ein Entwurf der fristgemäßen Kündigung gemäß § 19
Abs. 4 TV-N Berlin innerhalb eines Monats zum Monatsende beigefügt. W sei aufgrund der betriebsärztlichen Feststellungen nicht mehr in der Lage, seinen arbeitsvertraglichen Pflichten als Gleisbauer nachzukommen. Eine andere Beschäftigungsmöglichkeit einschließlich eines leidensgerechten Arbeitsplatzes innerhalb der BVG, welcher durch Ausübung des Direktionsrechts freigemacht werden könnte, sei geprüft, aber nicht gefunden worden.
Mit Schreiben vom 21. April 2011 verweigerte der Beteiligte zu 2 die Zustimmung zur beabsichtigten Kündigung mit der Begründung, die Mitteilung der Dienststelle enthalte keine nachvollziehbare Begründung für die Maßnahme. Der Arbeitnehmer sei nach Aktenlage im Besitz der Fahrerlaubnis Klasse C, sei in der Krankenlistung unauffällig und nie als dienstuntauglich vom Dienst suspendiert worden. Personenbedingtes Fehlverhalten sei nicht aktenkundig oder abgemahnt worden. Er habe sich regelmäßig zur Nachuntersuchung begeben. Den Unterlagen sei nicht zu entnehmen, gegen welche Auflagen er nur einen Monat nach dem Gespräch in so schwerwiegender Weise verstoßen habe, dass dies eine Kündigung rechtfertige. Mit Schreiben vom 5. Mai 2011 wies der Antragsteller die Verweigerungsgründe als unbeachtlich zurück und kündigte das Arbeitsverhältnis mit W mit Schreiben vom 6. Mai 2011 fristgerecht zum 30. Juni 2011. Der Beteiligte zu 2 leitete daraufhin ein personalvertretungsrechtliches Beschlussverfahren (
VG 60 K 13.11) mit dem Antrag ein, festzustellen, dass der Abbruch des Mitbestimmungsverfahrens sein Mitbestimmungsrecht verletze. Nach Antragsrücknahme wurde das Verfahren eingestellt.
Auf die Kündigungsschutzklage des W stellte das Arbeitsgericht Berlin mit Urteil vom 1. Dezember 2011 (59 Ca 7960/11) fest, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die ordentliche Kündigung aufgelöst worden sei. Die Kündigung sei mangels ordnungsgemäß durchgeführten Mitbestimmungsverfahrens unwirksam. Die vom Beteiligten zu 2 in seiner Zustimmungsverweigerung dargelegten Einwendungen seien beachtlich, so dass hier ein Einigungsverfahren einzuleiten gewesen wäre. Das Weiterbeschäftigungsbegehren des W lehnte das Arbeitsgericht ab. Die Berufungen beider Parteien wies das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 17. Juli 2012 (19 Sa 306/12 und 19 Sa 324/12) zurück. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Antragstellers blieb erfolglos (Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 25. Februar 2013 - 2 AZN 2352/12 -).
Mit Schreiben vom 12. Dezember 2011 bat der Antragsteller den Beteiligten zu 2 erneut um Zustimmung zur beabsichtigten ordentlichen Kündigung aus denselben Gründe wie im ersten Antrag: Der Arbeitnehmer sei weiterhin auf Dauer nicht in der Lage, seinen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen nachzukommen.
Unter dem 22. Dezember 2011 verweigerte der Beteiligte zu 2 wiederum seine Zustimmung: W sei nach der Beurteilung des betriebsärztlichen Dienstes nicht für Arbeiten im Gleisbereich einsetzbar. Da Ausfallzeiten aber auch bei anderen Kollegen geduldet und diese nicht im Gleisbereich eingesetzt worden seien, sei dies im Zuge der Gleichbehandlung dem W ebenfalls einzuräumen. Ihm könnten Gleisbauarbeiten übertragen werden, für die er keine Sipo-Tauglichkeit besitzen müsse. Es könne arbeitsorganisatorisch festgelegt werden, dass W in der Kleingruppe Gleisbauarbeiten verrichte, während das zweite Gruppenmitglied als Sipo tätig sei. Auch stünden aktuell freie leidensgerechte Arbeitsplätze für einen temporär für seinen Arbeitsbereich untauglichen Kollegen zur Verfügung. Nach der Aussage des W vor dem Arbeitsgericht, dass er sein Suchtproblem bis zu diesem Termin so nicht erkannt habe, und der glaubhaften Aussage, künftig keine Rauschmittel zu konsumieren, müsse W die Chance eingeräumt werden, seinen Arbeitsplatz zu erhalten. Mit dieser auch vom Arbeitgeber aufgenommenen Äußerung greife die Dienstvereinbarung Sucht. Es seien entsprechende Maßnahmen einzuleiten. Eine Kündigung sei erst nach Stufe 5 des Maßnahmenkatalogs möglich. Eine Kündigung sei unverhältnismäßig, mildere Mittel seien problemlos möglich und würden in vergleichbaren Fällen auch angewandt.
Die Einigungsverhandlung zwischen dem Beteiligten zu 2 und dem für Personal zuständigen Vorstandsmitglied der BVG am 11. Januar 2012 blieb erfolglos. Das zuständige Vorstandsmitglied entschied am Schluss der Verhandlung, an der Kündigung festzuhalten. Die Niederschrift über die Einigungsverhandlung ging dem Beteiligten zu 2 am 13. Januar 2012 zu.
Mit Schreiben vom 25. Januar 2012, bei der Beteiligten zu 1 eingegangen am 26. Januar 2012, leitete der Beteiligte zu 2 das Einigungsstellenverfahren ein. Der Antragsteller wies gegenüber der Einigungsstelle darauf hin, dass sowohl der Sicherungsposten als auch der im Gleis beschäftigte Mitarbeiter die Tauglichkeitskriterien erfüllen müssten, um herannahende Züge aufgrund eigener Wahrnehmung rechtzeitig zu erkennen. Ein Einsatz in einer Kleingruppe ohne Tauglichkeit als Sicherungsposten und ohne die Fähigkeit sich mit seinem Arbeitskollegen bei entsprechenden Arbeiten abzulösen, sei nicht möglich. Der Prüfung eines anderen Arbeitsplatzes habe die aktuelle Lage zugrunde gelegen. Von einer Suchtproblematik des W sei nichts bekannt.
Die Beteiligte zu 1 lehnte es mit Beschluss vom 23. März 2012, dem Antragsteller zugestellt am 2. August 2012, ab, die Zustimmung zu ersetzen. Zur Begründung heißt es: Der Arbeitgeber habe nicht alle zumutbaren Maßnahmen zur Vermeidung einer Kündigung ergriffen. Unstreitig habe er spätestens seit dem Termin der mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht Kenntnis von einer Suchtmittelproblematik des W gehabt, der zugegeben habe, regelmäßig Cannabis zu konsumieren. Infolgedessen habe der Arbeitgeber die Tatsache einer Suchtproblematik bei der Prüfung, ob eine Kündigung geboten sei, zu berücksichtigen. Eine Kündigung sei aber nur dann erforderlich, wenn sie nicht durch mildere Maßnahmen vermieden werden könne. Möge der betriebsärztliche Befund einer Unmöglichkeit zur Erfüllung der vertraglichen Pflichten als im Grundsatz ausreichender Kündigungsgrund geeignet sein, so gelte dies nicht für die vorliegende Verletzung der DV Sucht. Anhaltspunkte dafür, dass die DV Sucht nicht anwendbar sei, seien nicht ersichtlich. In der DV Sucht und dem zugehörigen Maßnahmenkatalog seien nach dem Prinzip des "konstruktiven Drucks" umfangreiche Schritte im Sinne von Hilfsangeboten vorgesehen. Während der Zeit der Anwendung des Maßnahmenkatalogs dürfe die Dienststelle keine hiervon abweichenden mit der Suchtproblematik begründeten arbeitsrechtlichen Schritte einleiten. Die Verletzung der DV Sucht führe bereits zur Unwirksamkeit der Kündigung. Hinzu komme die Vergleichbarkeit mit der Interessen- und Rechtslage bei der Unterlassung eines so genannten Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) nach
§ 84 Abs. 2 SGB IX. Unterlasse der Arbeitgeber ohne sachlichen Grund ein solches BEM, werde regelmäßig unterstellt, dass es eine alternative Beschäftigungsmöglichkeit zur Vermeidung einer Kündigung gebe. Auch die DV Sucht sei von dem Grundsatz einer vorrangigen Verpflichtung des Arbeitgebers geprägt, den Arbeitnehmer zu einer Therapie zu veranlassen, um den Arbeitsplatz zu erhalten. Die Grundsätze der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum unterlassenen BEM seien auf die DV Sucht zu übertragen. Der Arbeitgeber habe aus nicht nachvollziehbaren Gründen die DV Sucht ignoriert und es unterlassen, dem Arbeitnehmer im Sinne der DV Sucht zu helfen. Es sei somit zu unterstellen, dass nicht mit der ausreichenden Ernsthaftigkeit nach einer alternativen Beschäftigungsmöglichkeit gesucht worden sei.
Am 10. August 2012 hat der Antragsteller das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren eingeleitet und vorgetragen: Der Arbeitnehmer W sei nicht als Gleisbauer einsatzfähig. Bei der Weichenreinigung, die er bislang verrichtet habe, müssten sich beide Mitarbeiter des Teams gegenseitig absichern. W müsse als Betriebsbediensteter geistig und körperlich tauglich sein. Dazu seien Tauglichkeitsrichtlinien des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) aufgestellt worden, anhand derer die Untersuchungen stattfänden. Dem Arbeitgeber werde allerdings keine Auskunft darüber gegeben, was der Hintergrund einer etwaigen Untauglichkeit sei. Der Arbeitgeber dürfe einen untauglichen Betriebsbediensteten nicht einsetzen, auch wenn er den gesundheitlichen Hintergrund nicht kenne. So liege es auch bei W, der den betriebsärztlichen Dienst nicht von der ärztlichen Schweigepflicht gegenüber dem Arbeitgeber entbunden habe. Nach Einschätzung des betriebsärztlichen Dienstes dürfe er nicht als Sakra oder Sipo eingesetzt werden und dürfe keine Tätigkeiten im Gleisbereich Strecke verrichten, was einen Einsatz als Betriebsbediensteten mit Sicherungsaufgaben ausschließe, sei es bei der Weichenreinigung oder bei anderen Tätigkeiten im Gleisbau. Es sei für W innerhalb des Gesamtunternehmens der BVG nach Einsatzmöglichkeiten gesucht worden, jedoch keine geeignete freie Stelle gefunden worden. Im Zeitpunkt der Kündigungsentscheidung seien ausschließlich Stellen mit kaufmännischen oder Bürotätigkeiten frei gewesen, für die W nach seiner Ausbildung nicht geeignet sei. Einen betriebsinternen Stellenpool gebe es nur für diejenigen Altbeschäftigten, die aus dem Fahrdienst kämen und gesundheitlich nicht mehr in der Lage seien, ihre Fahrtätigkeit zu verrichten. Für diese werde unabhängig vom Vorhandensein freier Stellen nach Einsatzmöglichkeiten gesucht. Dafür sei aber eine 15-jährige Betriebszugehörigkeit Voraussetzung, die W nicht erfülle. Es habe auch kein leidensgerechter Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden, der durch Ausübung des Direktionsrechts hätte freigemacht werden können. Eine Prüfung eines leidensgerechten Arbeitsplatzes sei allerdings nur eingeschränkt möglich gewesen, weil W die Ärzte nicht von ihrer Schweigepflicht entbunden habe. Die DV Sucht komme hier nicht zum Zuge. Ihre Anwendung setze, da es keine äußerlichen Hinweise auf eine Suchterkrankung bei W gegeben habe, dessen Mitwirkung in Form entweder einer Offenbarung der Suchterkrankung oder einer Schweigepflichtentbindung der Betriebsärzte gegenüber der Dienststelle voraus. Bis zur Abgabe der Schweigepflichtentbindungserklärung im Mai 2013 hätten die Vorgesetzten mangels Kenntnis von einer Suchterkrankung keine Maßnahmen nach der DV Sucht ergreifen können. Ein Drogenproblem des W sei dem Antragsteller übrigens bis heute nicht positiv bekannt. Dieser habe zwar gegenüber dem Arbeitsgericht auf einen bestehenden Drogenkonsum hingewiesen, aber im Verlauf des Verfahrens jede Suchterkrankung bestritten. Bestreite der Mitarbeiter eine Suchterkrankung, könne die Dienstvereinbarung zum Umgang mit Suchtmitteln auf ihn keine Anwendung finden. Der Antragsteller habe auch keine Anhaltspunkte für eine Suchtgefährdung oder -erkrankung bei dem Arbeitnehmer. Es sei ihm nicht erlaubt, von einem gelegentlichen Cannabiskonsum auf eine Suchtproblematik oder gar eine daraus resultierende Betriebsdienstuntauglichkeit zu schließen. Nachdem der Arbeitnehmer zwei Angebote der Betriebsärztin zu einer weiteren Untersuchung ohne Reaktion habe verstreichen lassen, habe die oberste Dienstbehörde entschieden, das vorsorgliche weitere Kündigungsverfahren weiter zu betreiben. Der von der Beteiligten zu 1 gezogene Vergleich mit einem Betrieblichen Eingliederungsmanagement sei unzulässig. Ein BEM setze die Zustimmung des Arbeitnehmers voraus. Verweigere der Arbeitnehmer sie, werde ein BEM nicht durchgeführt, ebenso wie eine Anwendung der DV Sucht bei einer Verweigerung des Arbeitnehmers scheitere. Die Beteiligte zu 1 habe es zudem unterlassen, Feststellungen dazu zu treffen, ob - wie sie meine - geeignete Beschäftigungsmöglichkeiten für W vorhanden seien.
Der Antragsteller hat beantragt,
1. festzustellen, dass der Beschluss der Beteiligten zu 1 vom 23. März 2012 zum Aktenzeichen E04/12 betreffend die ordentliche Kündigung des Gleisbauers D... unwirksam ist,
2. den Beschluss der Beteiligten zu 1 vom 23. März 2012 zum Aktenzeichen E04/12 betreffend die ordentliche Kündigung des Gleisbauers D... aufzuheben.
Die Beteiligte zu 1 hat sich nicht geäußert.
Der Beteiligte zu 2 hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen,
und erwidert: Die Ergebnisse der betriebsärztlichen Untersuchungen berechtigten nicht zur Kündigung. W sei zum Führen von Zwei-Wege-Fahrzeugen mangels einschlägiger Fahrerlaubnis nicht berechtigt und werde dazu auch nicht eingesetzt. Der tatsächliche Einsatz erfolge vielmehr als Weichenreiniger in einem Zwei-Mann-Team mit einem Spritzwagenfahrzeug. Der Wagenführer sei zugleich der Sicherungsposten für den eigentlichen Weichenreiniger. W sei stets mit den Reinigungsarbeiten betraut und nicht als Sicherungsposten oder Fahrer eingesetzt worden. Die Auflage der Betriebsärztin, dass W nur mit einem Sicherungsposten einzusetzen sei, habe somit dem bis dahin erfolgten Einsatz entsprochen. Auch die Untersuchung am 14. März 2011 habe Einschränkungen lediglich bei Tätigkeiten ergeben, die W gar nicht ausübe. Er bestreite, dass W vor Einleitung des zweiten Kündigungsverfahrens zwei Termine für eine betriebsärztliche Untersuchung angeboten worden seien. Die Einigungsstelle habe hierzu festgestellt, dass eine ordnungsgemäße Dokumentation nicht vorgelegen habe. Die DV Sucht sei nicht erst bei Vorliegen einer Suchterkrankung anzuwenden, sondern bereits bei Vorliegen von Anhaltspunkten für eine Suchtgefährdung. Ausgehend von der Erkenntnis, dass suchtgefährdete oder suchterkrankte Beschäftigte das bei ihnen bestehende Problem häufig leugneten, solle die DV Sucht bereits so rechtzeitig zur Anwendung kommen, dass Gefährdung und Abhängigkeit vermieden werden könnten. Auf ein Bestreiten der Suchtgefährdung durch den Beschäftigten komme es daher nicht an. Schließlich sei die beabsichtigte ordentliche Kündigung auch nicht sozial gerechtfertigt. Zum einen sei eine Weiterbeschäftigung von W wie bisher mit einem Sicherungsposten möglich. Zum anderen bestreite er die Suche nach einer geeigneten freien Stelle für W innerhalb der BVG mit Nichtwissen, ebenso das Nichtvorhandensein einer solchen Stelle oder einer leidensgerechten Stelle, die durch Ausübung des Direktionsrechts hätte frei gemacht werden können. Es sei nicht plausibel, dass sich innerhalb der BVG mit 12.000 Beschäftigten kein geeigneter Arbeitsplatz finden lasse. Zudem habe sich W für zehn Tage in eine Entzugsklinik begeben. Er nehme außerdem regelmäßig an einer ambulanten Drogentherapie teil. Nach Einschätzung der behandelnden Therapeutin liege eine Abhängigkeitserkrankung vor. Aufgrund des derzeitigen Behandlungsstandes bedeute dies jedoch nicht, dass es W unmöglich wäre, die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. Zutreffend habe die Beteiligte zu 1 die Grundsätze des BEM entsprechend auf die DV Sucht angewendet mit der Folge, dass bei Nichtanwendung der Arbeitgeber nachzuweisen habe, dass auch bei Anwendung der DV Sucht eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit unvermeidbar gewesen wäre. Dem Arbeitnehmer sei die Anwendung der DV Sucht auch zu keinem Zeitpunkt angeboten worden, ebenso wenig wie ein BEM-Verfahren. Nur wenn dem Beschäftigten Sinn und Zweck der Verfahren sowie der Umgang mit den dort erworbenen Informationen zutreffend und ausführlich erläutert worden sei, schade dem Beschäftigten eine Verweigerung des angebotenen Verfahrens.
Mit Beschluss vom 17. Januar 2013 hat das Verwaltungsgericht Berlin den Antrag zurückgewiesen und zur Begründung angeführt: Der Beschluss der Beteiligten zu 1 sei nicht zu beanstanden. Die ordentliche Kündigung eines Arbeitnehmers der BVG müsse sozial gerechtfertigt sein. Eine krankheitsbedingte dauernde Unfähigkeit, die vertraglich geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen, berechtige den Arbeitgeber zwar zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses. Eine solche Kündigung sei aber entsprechend dem das ganze Kündigungsrecht beherrschenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz unverhältnismäßig und damit rechtsunwirksam, wenn sie durch mildere Mittel vermieden werden könne. Die Kündigung des W sei nach dem Erkenntnisstand zum Zeitpunkt des Beschlusses der Beteiligten zu 1 wie auch zum Zeitpunkt der mündlichen Anhörung durch die Kammer nicht (mehr) erforderlich. Der Arbeitgeber dürfe allerdings von den Feststellungen der Betriebsärztin ausgehen, soweit diese die Verwendungsfähigkeit verneine und der Arbeitnehmer ihm weitere Aufklärung dadurch unmöglich mache, dass er die Betriebsärztin nicht von der ärztlichen Schweigepflicht entbinde. In einem solchen Fall dürfe der Arbeitgeber unterstellen, dass die Untauglichkeit nicht allein auf der angeblichen Suchtproblematik beruhe, sondern (auch) ein suchtunabhängiger Grund vorliege. Bei einem suchtunabhängigen Grund käme es nicht, wie die Beteiligte zu 1 meine, auf die einer Kündigung vorhergehende Anwendung der DV Sucht an. Dem Arbeitgeber wäre auch nach Durchführung des dort geregelten Verfahrens wegen der verbleibenden Zweifel an der Tauglichkeit ein Einsatz des Arbeitnehmers im Gleisbau aus Rücksicht auf die denkbaren Folgen für den Arbeitnehmer, dessen Kollegen sowie unbeteiligte Dritte und Sachmittel nicht zumutbar. Es falle in die Sphäre des Arbeitnehmers, diese Bedenken auszuräumen. Das sei mit der bloßen Behauptung einer Suchtproblematik als angeblich einzigem Grund nicht geschehen. Angesichts dessen wäre es bedeutsam, ob sich die vom Arbeitnehmer im arbeitsgerichtlichen Verfahren erklärte Schweigepflichtentbindung nur auf die Kenntnisnahme durch das Arbeitsgericht oder auch auf die Unterrichtung des Arbeitgebers beziehe. Dieser Frage brauche die Kammer indes nicht nachzugehen. Selbst wenn sich die Schweigepflichtentbindung nicht auf den Arbeitgeber erstreckt habe, trage die Feststellung der Betriebsärztin aus zeitlichen Gründen nicht mehr die beabsichtigte Kündigung. Sie habe in dem Gespräch am 14. Februar 2011 mitgeteilt, dass die Untauglichkeit bis zu zwölf Monate andauern könne, was ohne weiteres nicht die Annahme des Antragstellers rechtfertige, dass die Untauglichkeit noch am 23. März 2012 bestanden habe, als die Beteiligte zu 1 in der Sache beschlossen habe. Die betriebsärztliche Feststellung habe aktualisiert werden müssen. Es sei nicht dargetan oder ersichtlich, dass W eine erneute Untersuchung abgelehnt habe. Davon abgesehen hätte die Betriebsärztin ihre zumindest missverständliche Erklärung erläutern müssen. Denn nach dem protokollierten Wortlaut scheine die Untauglichkeit durch Zeitablauf gleichsam von alleine zu enden.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers die er wie folgt begründet: Die Fachkammer habe unberücksichtigt gelassen, dass der betriebsärztliche Dienst dem W erfolglos zwei Untersuchungstermine angeboten habe, um die Feststellung der Tauglichkeit
bzw. Untauglichkeit aktualisieren zu können. Außerdem habe W über den Personalratsvorsitzenden dem Vorstand Personal und Soziales gelegentlich einer Besprechung ausrichten lassen, dass er auf eine erneute betriebsärztliche Untersuchung keinen Wert lege. Daher sei es dem Antragsteller nicht zuzumuten gewesen, weiterhin laufend die Bereitschaft des Arbeitnehmers zu einer betriebsärztlichen Untersuchung abzufragen. Im gesamten arbeitsgerichtlichen Verfahren betreffend die erste Kündigung habe die BVG mangels Schweigepflichtentbindung eine Suchterkrankung nicht als gegeben annehmen können. Das Vorbringen des Mitarbeiters sei deshalb nicht prüf- und nicht erwiderungsfähig gewesen. In der Zwischenzeit sei die Erkenntnislage nicht besser geworden: Der Arbeitnehmer sei am 27. März 2013 erneut betriebsärztlich untersucht worden. Er sei zuvor gebeten worden, aktuelle Befunde mitzubringen. Er sei zur betriebsärztlichen Untersuchung erschienen, habe aber keine Befunde mitgebracht. Er habe behauptet, dass er sich einer Entziehungs- und Entwöhnungsbehandlung unterzogen habe, die er aus für die Betriebsärztin nicht plausibel erläuterten Gründen abgebrochen habe. Angaben zu Einzelheiten der Behandlung habe er nicht gemacht. Die Betriebsärztin habe eine Laboruntersuchung der Blutwerte veranlasst, die zu dem Ergebnis gekommen sei, dass der Cannabinole-Wert positiv und achtfach überhöht gewesen sei. Außerdem habe sie eine Haaranalyse auf THC zur Abstinenzkontrolle bei anamnestisch jahrelangem und regelmäßigem Cannabiskonsum durch das Institut für Rechtsmedizin der Charité veranlasst. W sei zur Entnahme der Haarprobe am 3. April 2013 erschienen, habe jedoch die Schweigepflichtentbindungserklärung streichen lassen. Auch wenn die ermittelten Blutwerte die Annahme eines regelmäßigen Cannabiskonsums und somit eines Missbrauch von Cannabis bestätigten, führe dies ohne weitere Untersuchungen noch nicht zur Annahme einer Suchterkrankung. Eine solche lasse sich erst nach Vorlage des Haarbefundes, der Befunde der Hausärzte und der Ärzte, die eine etwaige Entziehungs- und Entwöhnungsbehandlung begleitet hätten, beurteilen. Am 22. April 2013 habe die Betriebsärztin daher erneut eine gesundheitliche Nichteignung auf Dauer festgestellt. Erst am 2. Mai 2013 habe W die Betriebsärztin und das Institut für Rechtsmedizin der Charité von der Schweigepflicht entbunden. Aufgrund des widersprüchlichen Verhaltens des W und der nicht ausreichenden Erkenntnisgrundlage sei es dem Antragsteller bislang nicht möglich, eine Suchterkrankung festzustellen. Die Betriebsärztin gehe derzeit davon aus, dass bei W zwar Drogenmissbrauch durch regelmäßigen Cannabiskonsum, aber keine Suchterkrankung vorliege. Solange nicht durch Vorlage entsprechender Befunde feststehe, dass W ein Verzicht auf Cannabis ohne entsprechende medizinische Hilfe nicht möglich sei, sei er zwar gesundheitlich nicht geeignet, könne aber noch keine Suchterkrankung angenommen werden. Die BVG habe dem Mitarbeiter auch keine Schweigepflichtentbindungserklärung über das Untersuchungsergebnis hinaus abverlangen dürfen. Insbesondere könne der Mitarbeiter nicht mit arbeitsrechtlichen Mitteln zur Abgabe der Erklärung gezwungen werden. Bei gesundheitlicher Nichteignung bedürfe die Entscheidung des Arbeitgebers nicht der Kenntnis der Diagnose, deren Abfrage beim betriebsärztlichen Dienst im Hinblick auf das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers auch nicht zulässig sei. Bis zur Abgabe der Schweigepflichtentbindungserklärung im Mai 2013 hätten die Vorgesetzten daher mangels Kenntnis von den Ursachen der Untauglichkeit des Mitarbeiters keine Maßnahmen nach der DV Sucht ergreifen können. Die DV Sucht sei am 14. Juni 2012 zum 31. Dezember 2012 gekündigt worden. Eine Nachwirkung bestehe nicht. Nach der aktuellen Stellensituation gebe es weiterhin keine freie ausbildungsadäquate Stelle für W außerhalb des Gleisbaus.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin vom 17. Januar 2013 zu ändern und festzustellen, dass der Beschluss der Beteiligten zu 1 vom 23. März 2012 zum Aktenzeichen E 04/12 betreffend die ordentliche Kündigung des Gleisbauers D... unwirksam ist.
Die Beteilige zu 1 hat sich nicht geäußert.
Der Beteiligte zu 2 beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Er meint, die Beschwerde sei bereits als unzulässig zu verwerfen, weil sie sich mit der Begründung des angefochtenen Beschlusses nicht auseinandersetze. Es sei nicht dargetan oder ersichtlich, dass W eine erneute Untersuchung abgelehnt hätte. Der Einwand der Beschwerde, man habe W erfolglos zwei Untersuchungstermine angeboten, greife zu kurz. Bereits die Beteiligte zu 1 habe diesen Vortrag aufgrund fehlender Dokumentation abgelehnt. Es sei auch nicht richtig, dass der Vorsitzende des Beteiligten zu 2 dem Vorstand Personal und Soziales gelegentlich einer Besprechung mitgeteilt habe, dass W keinen Wert auf eine erneute betriebsärztliche Untersuchung lege. Richtig sei vielmehr, dass der Vorsitzende des Beteiligten zu 2 vergeblich versucht habe, W telefonisch zu erreichen, was er dem Vorstand Personal und Soziales mitgeteilt habe. Der weitere Vortrag der Beschwerde beziehe sich auf den Zeitraum nach Erlass des Spruchs der Einigungsstelle, was aber auf dessen Richtigkeit keinen Einfluss habe. Ungeachtet dessen stehe spätestens nach dem Ergebnis der Haarprobe die Suchterkrankung bei W fest. Die DV Sucht entfalte im Einigungsstellenverfahren Nachwirkung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Verfahrensbeteiligten einschließlich Anlagen sowie auf die vom Senat beigezogenen Personal- und Gesundheitsakten des W Bezug genommen.
II.
Der Senat konnte in Abwesenheit des Vertreters der Beteiligten zu 1 verhandeln und entscheiden. Die Beteiligte zu 1 ist mit der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden.
Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig.
Die Beschwerdebegründung bezeichnet entgegen der Auffassung des Beteiligten zu 2 hinreichend im Sinne von § 520
Abs. 3 Satz 2
Nr. 2 und 3
ZPO die Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt
bzw. konkrete Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten. Gerügt wird die entscheidungstragende Feststellung im angefochtenen Beschluss, dass die betriebsärztliche Feststellung der gesundheitlichen Untauglichkeit bei W entgegen der Mitteilung der Betriebsärztin vom 14. Februar 2011, die Untauglichkeit könne bis zu 12 Monate andauern, es nicht rechtfertige, von einer solchen Untauglichkeit auch noch im Zeitpunkt der Entscheidung der Beteiligten zu 1 am 23. März 2012 auszugehen, ohne die betriebsärztlichen Feststellungen zu aktualisieren und zu erläutern. Zur Begründung dieser Rüge wird auf den erstinstanzlichen Vortrag Bezug genommen, wonach W zwei angebotene Termine beim betriebsärztlichen Dienst nicht wahrgenommen habe und außerdem der Vorsitzende des Beteiligten zu 2 dem Vorstand Personal und Soziales gelegentlich einer Besprechung mitgeteilt habe, dass W keinen Wert auf eine erneute betriebsärztliche Untersuchung lege. Das genügt den formalen Anforderungen. Ob die Behauptungen zutreffen und geeignet sind, der Beschwerde im Ergebnis zum Erfolg zu verhelfen, stellt sich erst im Rahmen der Begründetheit der Beschwerde. Die Begründetheitsprüfung ist allerdings nicht auf das Vorbringen im Beschwerdebegründungsschriftsatz beschränkt.
Die Beschwerde ist auch begründet.
Der Feststellungsantrag ist zulässig. Die Entscheidung der Einigungsstelle unterliegt gemäß § 91
Abs. 1
Nr. 3 PersVG Berlin der gerichtlichen Überprüfung im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren. Der gerichtliche Ausspruch kann auf die Feststellung der Unwirksamkeit des Beschlusses der Einigungsstelle gerichtet sein. Ist der Beschluss rechtskräftig für unwirksam erklärt worden, so hat die Einigungsstelle dem Mitbestimmungsverfahren unter Vermeidung der gerichtlich festgestellten Rechtsfehler Fortgang zu geben (
vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. Juni 2010 -
BVerwG 6 PB 4.10 -, juris Rn. 4).
Die ordentliche Kündigung des W unterliegt nach § 87
Nr. 8 PersVG Berlin der vollen Mitbestimmung des Beteiligten zu 2. Zwar kann die Aufsichtsbehörde gemäß § 81
Abs. 2 Satz 1 PersVG Berlin bei den in § 87
Nr. 8 PersVG genannten Angelegenheiten binnen eines Monats nach Zustellung des Beschlusses der Einigungsstelle die Entscheidung des Senats von Berlin beantragen. Dies gilt jedoch bei Kündigungsangelegenheiten nur im Falle von Arbeitnehmern, die - anders als der Gleisbauer W - in ihrer Tätigkeit zeitlich überwiegend hoheitsrechtliche Befugnisse im Sinne von
Art. 33
Abs. 4
GG ausüben.
Zwar darf die Entscheidung darüber, ob gegenüber W die beabsichtigte Kündigung ausgesprochen wird, nicht der Einigungsstelle zur Alleinentscheidung übertragen werden, weil die Entscheidung über eine Kündigung als personelle Einzelmaßnahme wegen des Demokratiegebots aus
Art. 28
Abs. 1 Satz 1
GG i.V.m. Art. 20
Abs. 2
GG nur einer Stelle übertragen werden darf, die Parlament und Regierung verantwortlich ist, die Einigungsstelle aber in diesem Sinne nicht demokratisch legitimiert ist. Wird jedoch der Einigungsstelle kein eigener Bewertungs- und Beurteilungsspielraum zuerkannt und unterliegt der Beschluss der Einigungsstelle in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht zugleich der vollen gerichtlichen Überprüfung, genügt § 83
Abs. 3 Satz 3 PersVG Berlin
i.V.m. §§ 79
Abs. 1, 87
Nr. 8 PersVG Berlin den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Demokratieprinzips. Denn die Letztentscheidung verbleibt dann bei der Dienststelle mit der verfassungsrechtlich zulässigen Möglichkeit einer doppelten gerichtlichen Prüfung der Kündigungsentscheidung in Form der kollektivrechtlichen Prüfung im personalvertretungsrechtlichen Einigungsstellen- und Beschlussverfahren einerseits und der individualrechtlichen Prüfung im arbeitsgerichtlichen Erkenntnisverfahren. Die mit dem gerichtlichen Überprüfungsverfahren einhergehenden Einschränkungen bei der Erfüllung des Amtsauftrags sind nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts hinzunehmen (
vgl. Urteil vom 27. Januar 2011 - 2 AZR 744/09 -, juris Rn. 32).
Die Entscheidung der Einigungsstelle hat, um verfassungsrechtlichen Anforderungen zu genügen, strikt rechtsgebunden zu sein, darf sich "maximal" auf die Prüfung erstrecken, ob die gesetzlichen Voraussetzungen der Kündigung erfüllt sind und ob die Dienststelle bei der Ausübung ihres Entschließungsermessens den Gleichbehandlungsgrundsatz gewahrt hat (Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 4. Juni 2010, a.a.O., Rn. 14).
Das Prüfprogramm der Einigungsstelle - und in der Folge auch der Verwaltungsgerichte im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren - ist jedoch darüber hinaus auch noch aus personalvertretungsrechtlichen Gründen eingeschränkt. Im Einigungsstellenverfahren wird nicht über die Rechtmäßigkeit der beabsichtigen Maßnahme entschieden - dies ist im Falle einer ordentlichen Kündigung
ggf. dem arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzverfahren vorbehalten - sondern allein darüber, ob die Einwendungen des Personalrats gegen die beteiligungspflichtige Maßnahme der Dienststelle berechtigt sind oder nicht. Auch wenn der Personalrat die Zustimmung, da Verweigerungsgründe im Berliner Personalvertretungsgesetz nicht abschließend geregelt sind, grundsätzlich aus allen Gründen verweigern kann, die sich inhaltlich dem Mitbestimmungstatbestand "Kündigung" zuordnen lassen, muss er solche Gründe benennen (
vgl. § 79
Abs. 2 Satz 3 PersVG Berlin). Diese Gründe sind die Grundlage der gegenseitigen Befugnisse und Pflichten von Personalvertretung und Dienststelle im Mitbestimmungsverfahren einschließlich des Einigungsstellenverfahrens. Letzteres hat somit nur die Berechtigung der vom Personalrat vorgebrachten Einwendungen zum Gegenstand (
vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Dezember 1990 -
BVerwG 6 P 24.88 -, Juris Rn. 24
ff.). Gegenstand des Mitbestimmungsverfahrens einschließlich des Verfahrens der Einigungsstelle ist hier nach alledem allein die Frage, ob die vom Beteiligten zu 2 vorgebrachten Einwendungen nach der gegebenen Begründung berechtigt sind oder nicht. Die Einigungsstelle ist dagegen nicht befugt, vorgebrachte, sich jedoch als unberechtigt herausstellenden Einwände der Personalvertretung durch eigene, von ihr als berechtigt angesehene Einwände zu ersetzen (
vgl. Beschluss des Senats vom 12. November 2009 -
OVG 60 PV 1.09 -, juris Rn. 50
ff.).
Diesem Prüfprogramm folgt wiederum das Prüfprogramm der Verwaltungsgerichte im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren. Sie prüfen die Entscheidung der Einigungsstelle auf ihre Rechtmäßigkeit innerhalb der vorgebrachten Einwände des Personalrats. Auch die Verwaltungsgerichte sind nicht befugt, eine Tatsache, die vom Personalrat nicht zum Gegenstand der Zustimmungsverweigerung gemacht worden ist, zur Grundlage einer die Entscheidung der Einigungsstelle im Ergebnis haltenden Entscheidung zu machen.
Der Feststellungsantrag ist auch begründet. Der Beschluss der Einigungsstelle vom 23. März 2012 ist wegen Verstoßes gegen § 83
Abs. 2 Satz 1
i.V.m. § 87
Nr. 8 PersVG Berlin rechtswidrig und unwirksam.
Die Beteiligte zu 1 geht zwar vom richtigen Prüfprogramm aus und hat zunächst den Einwand des Beteiligten zu 2 zu Recht verworfen, W habe erstinstanzlich seine Kündigungsschutzklage gewonnen und befinde sich in ungekündigtem Zustand. Jedoch nimmt die Einigungsstelle fehlerhaft einen Verstoß gegen die DV Sucht an.
Das Beteiligungsrecht ist - wie gesagt - gesetzlich nicht an eine abschließende Aufzählung bestimmter Verweigerungsgründe gebunden. Der Beteiligte zu 2 hat deshalb in formal nicht zu beanstandender Weise das Fehlen einer sozialen Rechtfertigung der Kündigung des W und einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, insbesondere einen Verstoß gegen die DV Sucht, gerügt. Nach § 620
Abs. 2
BGB, § 19 TV-N Berlin,
§§ 1 Abs. 1 und Abs. 2,
23 KSchG ist die fristgerechte Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen - wie hier - ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist. Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung unter anderem, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, bedingt ist.
Der Arbeitnehmer W war im Zeitpunkt der Zustimmungsverweigerung wie im Zeitpunkt der Entscheidung der Einigungsstelle und auch jetzt noch nach der Beurteilung des betriebsärztlichen Dienstes der BVG (Untersuchungen vom 20. Januar 2011, 14. März 2011 und 27. März 2013) auf Dauer untauglich für einen Einsatz im Gleisbereich. An der Richtigkeit dieser ärztlichen Einschätzung hat der Beteiligte zu 2 nie einen Zweifel geäußert. Deshalb ist die entscheidungstragende Feststellung im angefochtenen Beschluss der Fachkammer, der Antragsteller habe nicht ohne weiteres von einer fortbestehenden Untauglichkeit des Arbeitnehmers im Zeitpunkt der Entscheidung der Beteiligten zu 1 ausgehen, die betriebsärztlichen Feststellungen vielmehr aktualisieren müssen, im Ansatz unzutreffend, weil sie über das oben dargestellte Prüfprogramm hinausgeht.
Gerügt hat der Beteiligte zu 2 lediglich, dass von einer so beschriebenen Untauglichkeit nicht darauf geschlossen werden könne, W sei nicht mehr in der Lage, seine arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung als Gleisbauer bei der BVG zu erbringen. Dem ist die Beteiligte zu 1 - nach ihrer Entscheidung folgerichtig - nicht weiter nachgegangen ("Mag ... geeignet sein"). Klarzustellen ist, dass der oben beschriebene betriebsärztliche Befund, ohne dass diesbezüglich Einzelheiten bekannt sind, die Feststellung trägt, W könne aus in seiner Person liegenden Gründen die geschuldete Arbeitsleistung auf Dauer nicht mehr erbringen. Denn ausweislich der vom Antragsteller eingereichten Tätigkeitsbeschreibungen für die Arbeitsplätze der Gleisbauer bei der BVG (Straßenbahn und U-Bahn) gehört der Einsatz als Sakra/Sipo und die Arbeit im Gefahrenbereich der Gleise zu den unabdingbaren Tätigkeitsmerkmalen eines Gleisbauers. Ob W im Gesamtunternehmen BVG auf einem anderen Arbeitsplatz als dem eines Gleisbauers beschäftigt werden könnte, ist erst im Rahmen der Verhältnismäßigkeit der Kündigung zu prüfen. Weitere Einzelheiten der Untauglichkeit konnten dem Antragsteller nicht bekannt sein, weil W seine Erklärung, die Betriebsärztin von der Schweigepflicht zu entbinden, ausdrücklich und auch nach Belehrung nur auf das Ergebnis der Untersuchung beschränkt hat. Die Betriebsärztin hat beim "Runden Tisch"-Gespräch am 14. Februar 2011 in Anwesenheit des W ausgeführt, ein Einsatz im Gleisbereich sei nur mit Sipo möglich, W habe gesundheitliche Probleme und sei daher untauglich. Die Untauglichkeit könne bis zu zwölf Monate andauern. Konkretere Angaben seien ihr mangels erteilter Schweigepflichtentbindungserklärung nicht möglich. W erklärte (nur), den Auflagen folgen zu wollen und monatlich den Betriebsarzt aufzusuchen.
W war und ist für die ihm übertragene Tätigkeit eines Betriebsbediensteten nach § 1
Abs. 6
Nr. 3 der Verordnung über den Bau und Betrieb der Straßenbahnen (BOStrab) vom 11. Dezember 1987 (BGBl. I
S. 2648), zuletzt geändert durch Verordnung vom 8. November 2007 (BGBl. I
S. 2569), nicht mehr tauglich. Nach § 10
Abs. 1 BOStrab darf als Betriebsbediensteter u.a. nur tätig sein, wer geistig und körperlich tauglich ist. Die Tauglichkeit ist vor erstmaliger Aufnahme der Tätigkeit und aus besonderem Anlass durch einen für ein Straßenbahnunternehmen bestellten Betriebsarzt festzustellen (
Abs. 2 bis 4 der Vorschrift). Für die Beurteilung zieht der Antragsteller beanstandungsfrei die VDV-Schrift 714 "Leitfaden für die Beurteilung der Betriebstauglichkeit in Verkehrsunternehmen" heran. Nach deren
Nr. 1.3 liegt die gesundheitliche Eignung für die Weiterbeschäftigung (nur) vor, wenn der Bewerber die körperlichen und geistigen Voraussetzungen für die Tätigkeit weiterhin erfüllt, d.h. keine physischen oder psychischen Gesundheitsstörungen vorliegen, die die Sicherheit des Betriebes gefährden können oder sich bei Fortführung der Tätigkeit absehbar verschlechtern könnten.
Nach der Bekanntmachung
Nr. 20/2008 der BVG "Feststellung der Tauglichkeit von Betriebsbediensteten" unterfällt W den Tauglichkeitsgruppen TglT2.3 (Sicherungsposten) und TglT2.4 (Arbeitnehmer mit Tätigkeiten im Gleisbereich Strecke). Der Antragsteller hat - insoweit unwidersprochen und im Einklang mit der Tätigkeitsbeschreibung für den Arbeitsplatz eines Gleisbauers - vorgetragen, dass W als Gleisbauer bei der Straßenbahn (für den Bereich der U-Bahn gilt im Ergebnis nichts anderes) die Tätigkeit eines Gleisbauers in allen erdenklichen Facetten ausführen können muss und dass dazu auch der Einsatz als Sicherungsposten gehört, um sich und die Kollegen gegenseitig zu sichern. Das gilt - insoweit hat der Beteiligte zu 2 widersprochen - auch für die bislang von W ausgeübte konkrete Tätigkeit der Weichenreinigung in Zwei-Mann-Teams, bei der die beiden Mitarbeiter die Sicherung wechselseitig übernehmen. Der dagegen gerichtete Einwand des Beteiligten zu 2 im Beschlussverfahren trägt nicht. Es mag sein, dass ein Einsatz von W mit einem (anderen als) Sicherungsposten möglich wäre. Dies würde aber die Verstärkung jedes Teams, in dem W mitarbeitet, um eine weitere Kraft als zusätzlichen Sicherungsposten bedingen. W wäre nicht in der Lage, die von ihm geschuldete Tätigkeit eines Gleisbauers im arbeitsvertraglich vereinbarten Umfang zu verrichten. Das hat der Beteiligte zu 2 letztlich in seiner Zustimmungsverweigerung vom 22. Dezember 2011 nicht anders gesehen. Er hat nur gemeint, es könne arbeitsorganisatorisch festgelegt werden, wer in der Kleingruppe Sipo und wer Gleisbauer sei. Die Gleisbauarbeiten könnten W weiter übertragen werden, während sein Kollege als Sipo tätig sei. Das betrifft aber einen gegenüber seinen arbeitsvertraglichen Pflichten eingeschränkten Einsatz des W als Gleisbauer und berührt die Frage der Tauglichkeit zunächst nicht. Darüber hilft der Vortrag des Beteiligten zu 2 nicht hinweg, W habe auch bisher keine Sipo-Tätigkeit verrichtet, weil er das Reinigungsfahrzeug nicht habe führen dürfen, weshalb der Fahrer die Sipo-Aufgaben übernommen habe. Denn die Notwendigkeit gegenseitiger Sicherung besteht unabhängig davon, wer gerade das Reinigungsfahrzeug führt.
Zudem ist W nach betriebsärztlicher Einschätzung jedenfalls seit März 2011 auch nicht mehr tauglich, Arbeiten im Gleisbereich zu verrichten. Die betriebsärztliche Untersuchung am 18. Januar 2011 ergab für den Bereich der Streckentauglichkeit "keine gesundheitlichen Bedenken unter bestimmten Voraussetzungen" (Einsatz im Gefahrenbereich der Gleise nur mit Sipo). Die Nachuntersuchung am 14. März 2011 ergab dann, dass W (auch mit Sipo) wegen gesundheitlicher Bedenken auf Dauer im Gefahrenbereich der Gleise nicht mehr eingesetzt werden könne. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war der Kündigungsgrund der Unmöglichkeit des Arbeitnehmers zur Erbringung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung gegeben, einschließlich der Prognose, der Arbeitnehmer werde dauerhaft nicht in der Lage zu sein, die vertraglich geschuldete Tätigkeit ordnungsgemäß zu erbringen.
Auch wenn Gründe in der Person des W die beabsichtigte Kündigung tragen, ist sie nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz aber auch dann ungerechtfertigt, wenn sie zur Beseitigung der betrieblichen Beeinträchtigungen und der eingetretenen Vertragsstörung nicht erforderlich ist. Sie ist nicht erforderlich, solange der Arbeitgeber nicht alle anderen geeigneten milderen Mittel zur Vermeidung künftiger Störungen ausgeschöpft hat. Zu den die Kündigung bedingenden Tatsachen gehört deshalb auch das Fehlen alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten, die einen zukünftigen störungsfreien Verlauf des Arbeitsverhältnisses möglich erscheinen lassen. Dafür trägt der Arbeitgeber nach § 1
Abs. 2 Satz 4
KSchG die Darlegungs- und Beweislast.
Da die persönlichen Gründe, die zur Untauglichkeit führen, nach der betriebsärztlichen Einschätzung gesundheitsbedingt sind, finden die für krankheitsbedingte Kündigungen geltenden Grundsätze Anwendung. Danach kann der Arbeitgeber zunächst pauschal behaupten, es bestünden keine anderen Beschäftigungsmöglichkeiten für den erkrankten Arbeitnehmer. Darin liegt regelmäßig zugleich die Behauptung, es bestehe keine Möglichkeit einer leidensgerechten Ausgestaltung des Arbeitsplatzes und der Arbeitsbedingungen. Daraufhin hat der Arbeitnehmer konkret darzulegen, wie er sich eine Änderung des bisherigen Arbeitsplatzes oder seine weitere Beschäftigung -
ggf. zu geänderten Arbeitsbedingungen - unter Berücksichtigung seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen vorstellt.
Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung gewinnt die DV Sucht Bedeutung. Dabei kann dahinstehen, ob - wofür viel spricht - die Nichteinhaltung der DV Sucht ein Kündigungsverbot darstellt (in einem vergleichbaren Fall offen gelassen vom Bundesarbeitsgericht im Urteil vom 20. Dezember 2012 -
2 AZR 32/11 -, juris Rn. 38
ff.) oder ob sie - wie die Nichteinhaltung des BEM nach
§ 84 Abs. 2 SGB IX (dazu Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 10. Dezember 2009 -
2 AZR 400/08 -, juris Rn. 17
ff.) nur Bedeutung für die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast hat. Denn der Anwendungsbereich der DV Sucht ist nicht eröffnet.
Nach der für alle Beschäftigten der BVG geltenden Dienstvereinbarung 03/2001 zum Umgang mit Suchtmitteln zwischen dem Vorstand der BVG und dem Gesamtpersonalrat der BVG vom 24. Januar 2001 (DV Sucht) ist während der Zeit der Anwendung des Maßnahmenkatalogs eine Kündigung erst auf der fünften Stufe eines gestaffelten Verfahrens vorgesehen; die vorhergehenden vier Maßnahmenstufen sind "Gesprächsstufen". Während der Zeit der Anwendung des Maßnahmenkatalogs darf die Dienststelle keine hiervon abweichenden - mit der Suchtproblematik begründeten - arbeitsrechtlichen Schritte einleiten (Zif. 6 DV Sucht).
Die Anwendung der DV Sucht setzt aber nach Zif. 5
Abs. 5 und 6 eine "krankheitsbedingte Fehlhandlung" voraus, wobei Fehlhandlungen definiert sind als Verstöße gegen das Verbot des Suchtmittelgebrauchs. Die Regelungen der DV Sucht grenzen solche Fehlhandlungen wie folgt ab: Gibt es keine Anhaltspunkte für eine krankheitsbedingte Fehlhandlung, handelt es sich um eine verhaltensbedingte dienstliche Verfehlung. In diesem Fällen ist entsprechend der Schwere des Verstoßes eine angemessene disziplinarische Reaktion erforderlich. Sprechen Anhaltspunkte (
z.B. andauernder Leistungsabfall, Häufung von Einzelfehltagen, Veränderung der Persönlichkeit o.ä.) dafür, dass die Fehlhandlung auf eine Sucht zurückzuführen ist - oder gibt sich der Beschäftigte als suchtkrank zu erkennen -, liegt eine krankheitsbedingte Fehlhandlung vor. In diesen Fällen ist nach dem in der Anlage dargestellten Maßnahmenkatalog zu verfahren.
Unstreitig gab es bei W keine suchtbedingten Fehlhandlungen. Die betriebsärztliche Einschätzung, W sei aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr tauglich, rechtfertigt eine solche Annahme nicht. Eine Anwendung der DV Sucht käme daher nur in Betracht, wenn sich W als suchtkrank zu erkennen gegeben hätte. Das aber ist nicht der Fall.
Der Wortlaut dieser Anwendungsregeln der DV Sucht lässt eine - vom Beteiligten zu 2 bevorzugte - Auslegung dahingehend nicht zu, es genüge für die Anwendung der Dienstvereinbarung, dass der Antragsteller Kenntnis von einer Suchtproblematik des Arbeitnehmers habe. Erforderlich ist ein "Sich-als-suchtkrank-zu-erkennen-Geben" als Ausdruck der Freiwilligkeit, ähnlich wie im Fall des Betrieblichen Eingliederungsmanagements nach § 84
SGB IX, das nach Absatz 2 Satz 1 der Vorschrift die Zustimmung des Arbeitnehmers voraussetzt.
Hat die Dienstvereinbarung, wie die Beteiligten zu 1 und 2 meinen und wofür viel spricht, normativen Charakter, weil Betriebsvereinbarungen und Dienstvereinbarungen wesensverwandte kollektivrechtliche Instrumente sind, die jeweils die Beschäftigungsverhältnisse normativ gestalten, ist sie wie ein Gesetz auszulegen (
vgl. Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. Dezember 2001 -
BVerwG 6 P 12.00 -, juris Rn. 28 und Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Dezember 2012 -
2 AZR 32/11 -, juris Rn. 43). Auszugehen ist dementsprechend vom Wortlaut und dem durch ihn vermittelten Wortsinn. Darüber hinaus kommt es auf den Gesamtzusammenhang und die Systematik der Bestimmung an. Von besonderer Bedeutung sind ferner der Sinn und der Zweck der Regelung. Der tatsächliche Wille der Betriebsparteien ist zu berücksichtigen, soweit er in dem Regelungswerk seinen Niederschlag gefunden hat. Im Zweifel gebührt derjenigen Auslegung der Vorzug, die zu einem sachgerechten, zweckorientierten, praktisch brauchbaren und gesetzeskonformen Verständnis der Regelung führt.
Der systematische Zusammenhang von Zif. 5
Abs. 5 und 6 DV Sucht mit den übrigen Regelungen der DV Sucht einschließlich des Maßnahmenkatalogs spricht für die hier vertretene Auslegung. Anlass der Einleitung eines Verfahrens wie auch der Sprung in die nächste Gesprächsstufe nach der DV Sucht ist die Fehlhandlung
bzw. sind weitere Auffälligkeiten. Dem stünde eine Anwendung der DV Sucht ohne eine solche Fehlhandlung/Auffälligkeiten oder eine positive Kenntnis des Arbeitgebers von einer Suchterkrankung entgegen.
Der Präventionsgedanke der DV Sucht (
vgl. z.B. Präambel der Dienstvereinbarung) rechtfertigt es nicht, auf eine Offenbarung der Suchterkrankung zu verzichten, wenn es nicht zu suchtbedingten Fehlhandlungen des Arbeitnehmers gekommen ist, an die der Arbeitgeber anknüpfen könnte. Denn neben dem Präventionsgedanken steht die Hilfe bei Suchtkrankheiten im Vordergrund (
vgl. die genannte Präambel und Ziele 4 und 5 in Zif. 2 der DV Sucht).
Dass die DV Sucht für ihre Anwendung außerhalb suchtbedingter Fehlhandlungen des Arbeitnehmers verlangt, dass sich der Arbeitnehmer als suchtkrank zu erkennen gibt, rechtfertigt sich daraus, dass der Arbeitgeber in diesem Fall ohne eine Offenbarung des Arbeitnehmers keine Maßnahmen zur Hilfe ergreifen kann. Das zeigt der vorliegende Fall exemplarisch. Ist die Suchterkrankung dem betriebsärztlichen Dienst bekannt, muss dieser den Arbeitnehmer als dienstuntauglich einstufen, darf die dieser Einschätzung zugrunde liegenden Befunde aber dem Arbeitgeber mangels Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht nicht zur Kenntnis geben. Demzufolge kann der Arbeitgeber dem erkrankten Arbeitnehmer nicht im Sinne der DV Sucht helfen, weil er dabei "im Dunkeln tappen" würde. Dieser zu vermeidende Zwiespalt wurde hier daran deutlich, dass einerseits der betriebsärztliche Dienst bereits bei der ersten Untersuchung des W festhielt, W sei "in die DV Sucht einzutakten", dies aber selbst nicht bewerkstelligen konnte, weil der betriebsärztliche Dienst nicht der Herr des Verfahrens nach der DV Sucht ist, er aber andererseits an der Weitergabe der Erkenntnisse aufgrund der Schweigepflicht gegenüber dem Antragsteller rechtlich gehindert war. Die Vermeidung eines solchen Wissensgefälles zwischen betriebsärztlichem Dienst einerseits und Arbeitgeber andererseits ist ersichtlich der Sinn und Zweck der alternativen Anwendungsvoraussetzung der Offenbarung einer Suchterkrankung.
Richtig ist zwar, dass die DV Sucht an verschiedenen Stellen erkennen lässt, dass sie schon dann zur Anwendung kommen soll, wenn "Anhaltspunkte ... dafür (sprechen), dass die Fehlhandlung auf eine Sucht zurückzuführen ist" (Zif. 5
Abs. 6 DV Sucht). Auch der Maßnahmenkatalog geht in seiner Einleitung davon aus, dass der Maßnahmenkatalog häufig erst die Einsicht des Betroffenen in die Krankheit ermöglicht. Eine bei W möglicherweise Verweigerung der Einsicht in eine Suchterkrankung lässt seine Mitwirkungspflicht in Form der Entbindung von der Schweigepflicht als Form der Offenbarung unberührt. Dabei ist dem Beteiligten zu 2 einzuräumen, dass der Übergang von einer Suchtgefährdung aufgrund langandauernden regelmäßigen Drogenkonsums zu einer Suchterkrankung fließend ist und eine bereits ärztlich diagnostizierte Suchterkrankung oder eine Eigenerkenntnis des Arbeitnehmers deshalb nicht verlangt werden kann, wohl aber die Offenbarung der einer möglichen Suchterkrankung zugrundeliegenden Tatsachen.
An einer so verstandenen Offenbarung einer Suchterkrankung fehlt es hier. W hat sich seit der ersten betriebsärztlichen Untersuchung am 20. Januar 2011 trotz laufender Hinweise auf seine Mitwirkungspflicht und mehrfacher Aufforderung zur Abgabe einer Schweigepflichtentbindungserklärung bis zum 2. Mai 2013 geweigert, den betriebsärztlichen Dienst von seiner Schweigepflicht gegenüber dem Arbeitgeber zu entbinden. Damit war der Antragsteller auf die Erkenntnis beschränkt, W sei nach Einschätzung des betriebsärztlichen Dienstes aus gesundheitlichen Gründen dienstuntauglich.
W hat sich entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1 und 2 auch nicht im arbeitsgerichtlichen Verfahren betreffend die erste Kündigung im Sinne der DV Sucht als suchtkrank zu erkennen gegeben. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren ließ er sich dahingehend ein, er habe anlässlich der betriebsärztlichen Untersuchung freiwillig angegeben, an Wochenenden in seiner Freizeit auch Cannabis zu konsumieren. Aus dem Ergebnis der Urinuntersuchung sei ersichtlich, dass lediglich der Wert der Cannabinole etwas erhöht gewesen sei. Der gemessene Wert für die Cannabinole sei deutlich niedriger als bei Cannabiskonsumenten, die regelmäßig aufgrund einer Suchtproblematik Cannabis zu sich nähmen. Das Ergebnis bei ihm deute höchstens auf einen gelegentlichen Konsum hin, den er dahingehend nicht leugne, dass er gelegentlich und nur in seiner Freizeit am Wochenende Cannabis konsumiere. Auf dieses Vorbringen hat der Antragsteller nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag im Schriftsatz vom 15. August 2013 im Arbeitsgerichtsprozess erwidert, dass das klägerische Vorbringen nicht prüfbar und nicht erwiderungsfähig sei und er deshalb alternativ sowohl für ein denkbares Vorliegen einer Suchterkrankung als auch für ein denkbares Nichtvorliegen einer Suchterkrankung vorgetragen habe. Eine Offenbarung einer Suchterkrankung ist in der Einlassung des W im Arbeitsgerichtsprozess jedenfalls nicht zu erblicken.
Der Antragsteller konnte während des Laufs des Arbeitsgerichtsprozesses seine Unkenntnis auch nicht durch Nachfrage beim betriebsärztlichen Dienst ausräumen, weil W den betriebsärztlichen Dienst in diesem Prozess nur von der ärztlichen Schweigepflicht gegenüber seinen Rechtsanwälten und gegenüber den Arbeitsgerichten entbunden hatte. Ein stillschweigendes Einverständnis mit einer Offenbarung der betriebsärztlichen Befunde gegenüber dem Arbeitgeber war damit nicht verbunden. Etwas anderes könnte nur gelten, wenn die Arbeitsgerichte von der Schweigepflichtentbindungserklärung Gebrauch gemacht und die Betriebsärztin angehört oder die Gesundheitsakten angefordert hätten, was aber nicht geschehen ist.
Es reicht für die Erfüllung des Merkmals des "Sich-als-suchtkrank-zu-erkennen-Gebens" nach der DV Sucht gerade nicht aus, dass der Antragsteller, ohne dass suchtbedingte Fehlhandlungen zu verzeichnen waren, von "gelegentlichem Cannabiskonsum am Wochenende" bei W Kenntnis hatte. Die entscheidungserhebliche Rechtsauffassung der Beteiligten zu 1, den Antragsteller habe spätestens seit dem Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht am 1. Dezember 2011 eine Pflicht zur Anwendung der DV Sucht getroffen, trifft nach alledem nicht zu.
Dem Antragsteller kann auch nicht vorgeworfen werden, er habe nicht hinlänglich versucht, eine Schweigepflichtentbindungserklärung von W zu erhalten. Ausweislich der beigezogenen Gesundheitsakten ist W bei den betriebsärztlichen Untersuchungen und auch bei dem Gespräch am runden Tisch stets auf seine Mitwirkungspflicht und die Abgabe einer Schweigepflichtentbindungserklärung im eigenen Interesse hingewiesen worden - im Ergebnis aber ohne Erfolg. Es mag nach der Rechtsprechung der Arbeitsgerichte zulässig sein, nicht nur eine Pflicht des Arbeitnehmers zur betriebsärztlichen Untersuchung, sondern auch die Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht des Betriebsarztes auf der Grundlage von § 3
Abs. 4 TV-N Berlin durchzusetzen (
vgl. Urteile des Bundesarbeitsgerichts vom 6. November 1997 -
2 AZR 801/96 -, juris Rn. 13
ff., und vom 7. November 2002 -
2 AZR 475/01 -, juris Rn. 19
ff., sowie Urteil des
LAG Schleswig-Holstein vom 12. Mai 2009 -
5 Sa 458/08 -, juris Rn. 41
ff.). Voraussetzung einer personenbedingten Kündigung bei betriebsärztlich festgestellter Dienstuntauglichkeit ist eine solche Vorgehensweise indes nicht.
Abgesehen davon hat W auch mit dem betriebsärztlichen Dienst nicht arbeitsvertragskonform zusammengearbeitet. Er hat seit der Untersuchung am 20. Januar 2011 dadurch gegen seine arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen und dadurch letztlich auch die Feststellung einer Suchterkrankung im Sinne der DV Sucht selbst unmöglich gemacht, indem er die betriebsärztlichen Auflagen zur monatlichen Vorstellung beim betriebsärztlichen Dienst aus eigenem Antrieb, zur Beibringung der Befund- und Behandlungsberichte der behandelnden Ärzte sowie der Unterlagen betreffend die angeblich begonnenen, aber abgebrochenen stationären oder ambulanten Therapien nicht eingehalten hat. Dabei ist es für die Entscheidung belanglos, ob der betriebsärztliche Dienst in gehöriger Weise Einladungen zu Nachuntersuchungen dokumentiert hat. Ausweislich eines Vermerks in den Gesundheitsakten ist W ein Untersuchungstermin am 19. oder 20. Dezember 2011 fernmündlich angeboten worden. Die näheren Umstände, weshalb W den Termin nicht wahrgenommen hat, bedurften keiner Aufklärung, weil es nach den betriebsärztlichen Auflagen an W war, sich monatlich beim betriebsärztlichen Dienst vorzustellen.
Erstmals mit Abgabe der Erklärung einer uneingeschränkten Entbindung von der ärztlichen Schweigepflicht vom 2. Mai 2013 war dem Antragsteller der Zugang zu den betriebsärztlichen Feststellungen eröffnet und hat sich W als suchtkrank zu erkennen gegeben. Dieser Zeitpunkt liegt allerdings zeitlich weit nach der Entscheidung der Beteiligten zu 1 und nach dem Außerkrafttreten der zum 31. Dezember 2012 gekündigten DV Sucht. Die Frage, welche Folgerungen aus den späteren Vorgängen zu ziehen sind, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahren, in dem es nur um die Rechtmäßigkeit und Wirksamkeit des Beschlusses der Einigungsstelle geht, was sich nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der Entscheidung der Beteiligten zu 1 beurteilt.
Damit bleibt der im Beteiligungsverfahren vom Beteiligten zu 2 erhobene weitere Vorwurf zu prüfen, die Kündigung sei nicht erforderlich, um der im Grundsatz bestehenden Störung des Arbeitsverhältnisses zu begegnen.
Als milderes Mittel nennt der Beteiligte zu 2 zunächst eine Gleichbehandlung mit Kollegen, bei denen Ausfallzeiten geduldet und die nicht im Gleisbereich eingesetzt worden seien. Bei W ging es aber nicht um häufige krankheitsbedingte Ausfallzeiten, sondern um eine betriebsärztlich festgestellte Dienstuntauglichkeit auf Dauer.
Da der Beteiligte zu 2 darüber hinaus aber auch allgemein die Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gerügt hat, steht die Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bei krankheitsbedingter Kündigung im Übrigen zur Debatte.
Für das Vorhandensein einer geeigneten freien Stelle für W als betriebsdienstuntauglichen Gleisbauer bei der BVG spricht nichts. Der Beteiligte zu 2 behauptet selbst nicht, dass ein nicht betriebsdiensttauglicher Gleisbauer bei der BVG im Gleisbau im Bereich Straßenbahn beschäftigt werden könnte. Der Hinweis auf eine Gleisbautätigkeit im Bereich der U-Bahn hilft nicht weiter, weil auch dort die Tauglichkeit für den Einsatz als Sakra/Sipo und für die Arbeit im Gleisbereich nach der einschlägigen Tätigkeitsbeschreibung unabdingbare Voraussetzung ist.
Möglicherweise anderweitig vorhandene freie Stellen erfordern nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Antragstellers eine Berufsausbildung, die W nicht vorzuweisen hat (kaufmännische oder Verwaltungstätigkeiten,
vgl. die Stellenangebote in den Computerausdrucken des Personalmanagements der BVG vom 12. April 2011, vom 12. Dezember 2011 und vom 8. Mai 2013). Einen betriebsinternen Stellenpool für nicht mehr einsetzbare Gleisbauer gibt es entgegen der Behauptung des Beteiligten zu 2 bei der BVG nicht. Dem diesbezüglichen substantiierten Vortrag des Antragstellers im Schriftsatz vom 26. Oktober 2012 hat der Beteiligte zu 2 nicht mehr widersprochen.
Bei einer krankheitsbedingten Kündigung kommt indes nicht nur eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen, freien Arbeitsplatz in Betracht. Der Arbeitgeber hat vielmehr alle gleichwertigen, leidensgerechten Arbeitsplätze, auf denen der betroffene Arbeitnehmer unter Wahrnehmung des Direktionsrechts einsetzbar wäre, in Betracht zu ziehen und
ggf. "freizumachen" (
vgl. Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 30. September 2010 -
2 AZR 88/09 -, juris Rn. 12).
Der Arbeitgeber kann insoweit - außerhalb der Verpflichtung zur Durchführung eines BEM oder der Anwendung der DV Sucht - zunächst pauschal behaupten, es bestehe für den dauerhaft erkrankten Arbeitnehmer keine andere Beschäftigungsmöglichkeit. Diese pauschale Behauptung umfasst den Vortrag, es bestehe keine Möglichkeit einer leidensgerechten Anpassung des Arbeitsverhältnisses oder des Arbeitsplatzes. Der Arbeitnehmer muss sodann konkret darlegen, wie er sich eine Änderung des bisherigen Arbeitsplatzes oder eine Beschäftigung - an einem anderen Arbeitsplatz - vorstellt, die er trotz seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung ausüben könnte. Es ist dann Sache des Arbeitgebers, hierauf zu erwidern und
ggf. darzulegen, warum eine solche Beschäftigung nicht möglich ist.
Diese Verteilung der Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen einer alternativen Beschäftigungsmöglichkeit gilt entsprechend auch im Mitbestimmungsverfahren dergestalt, dass den die Zustimmung verweigernden Personalrat dieselben Darlegungs- und Beweisobliegenheiten treffen wie den Beschäftigten. Dabei kann unterstellt werden, dass ein Personalrat Einblick in die organisatorischen Arbeitsabläufe auch in anderen Bereichen des Betriebes hat oder ihn sich unschwer verschaffen kann. Dem Grundsatz, dass einer Partei nicht ein ihr unmöglicher Grad an Konkretisierung ihres Vortrags abverlangt werden darf, ist dadurch Rechnung getragen, dass der Personalrat lediglich konkret darlegen muss, wie er sich die anderweitige Beschäftigung des Arbeitnehmers vorstellt. Von ihm wird nicht verlangt, dass er dazu ganz bestimmte Arbeitsplätze im Betrieb oder Unternehmen benennt. Aus dem Sachvortrag des Personalrats muss sich allerdings ergeben, dass der Beschäftigte die seinen Vorstellungen entsprechende Tätigkeit trotz seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung ausüben kann.
Unter Anwendung dieser Grundsätze hat der Antragsteller seiner Darlegungslast genügt, indem er vorgetragen hat, es sei innerhalb des gesamten Betriebes nach Einsatzmöglichkeiten für W gesucht worden, es habe jedoch kein leidensgerechter Arbeitsplatz zur Verfügung gestanden, der hätte freigemacht werden können. Dabei ist zu berücksichtigen, dass W durch seine verweigerte Mitarbeit auch die Feststellung verhindert hat, was genau "leidensgerecht" ist.
Seiner Obliegenheit daraufhin konkret darzulegen, wie er sich eine Änderung des bisherigen Arbeitsplatzes oder eine Beschäftigung an einem anderen Arbeitsplatz vorstellt, die W trotz seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung ausüben könnte, hat der Beteiligte zu 2 nicht genügt. Konkrete anderweitige Beschäftigungsmöglichkeiten hat er nicht benannt. Allein die Zahl von 12.000 Mitarbeitern der BVG, die überwiegend als Fahrer mit der hierfür notwendigen Fahrerlaubnis und gesundheitlicher Tauglichkeit, die W nicht besitzt, beschäftigt werden, sagt noch nichts über freie oder freizumachende leidensgerechte Arbeitsplätze aus. Mit dem Argument, aus der Suche der BVG nach einem leidensgerechten Arbeitsplatz für W sei auf einen Verstoß gegen die DV Sucht zu schließen, ist der Beteiligte zu 2 ersichtlich einem Zirkelschluss aufgesessen.
Die Abwägung der beiderseitigen Interessen ergibt, dass die Belange des Antragstellers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit W dessen Interesse an der Beibehaltung des Arbeitsplatzes überwiegen. Die auf Dauer bestehende Dienstuntauglichkeit muss der Antragsteller nicht hinnehmen. Die Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen folgt hier daraus, dass wegen des bei W auch künftig nicht auszuschließenden Cannabiskonsums nicht hinnehmbar ist, dass er die gefahrenträchtige Tätigkeit als Gleisbauer ausübt. Wie das Landesarbeitsgericht in seinem Urteil vom 17. Juli 2012 - 19 Sa 306/12 und 19 Sa 324/12 - Seite 12
ff. des UA, zutreffend ausgeführt hat, ist der Antragsteller an die Einhaltung der Sicherheitsrichtlinien und die Festlegungen der Betriebsärztin gebunden und schon rechtlich verpflichtet, darauf zu achten, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsaufgaben nur dann durchführt, wenn aus arbeitsmedizinischer Sicht feststeht, dass er weder für sich noch für andere Personen ein Sicherheitsrisiko darstellt. Der Kläger stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar, wenn er weiterhin als Gleisbauer bei laufendem Straßenbahnbetrieb tätig wird, ohne dass ausgeschlossen werden kann, dass er mit erhöhten Cannabinole-Werten
bzw. mit Folgeerscheinungen einer Drogensuchterkrankung seine Arbeit verrichtet. Dieses betriebliche Interesse des Antragstellers wiegt schwerer als das Interesse des jungen, ledigen und kinderlosen Arbeitnehmers mit verhältnismäßig kurzer Beschäftigungsdauer am Erhalt des Arbeitsplatzes.
Die Kündigung ist weiterhin erforderlich, obwohl W derzeit keinen Arbeitslohn beanspruchen kann. Steht kein (leidensgerechter) Arbeitsplatz für W zur Verfügung, ist die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses für den Antragsteller unzumutbar. Der Antragsteller wäre auf Dauer mit der arbeitsvertraglichen Nebenpflicht belastet, bei jedem Angebot der Arbeitskraft durch W dessen Diensttauglichkeit auf eigene Kosten zu prüfen, um nicht in Annahmeverzug zu geraten. Bestünde Aussicht auf eine Überwindung der Drogensucht wäre das auch in der DV Sucht anstelle der Kündigung vorgesehene Instrument eines Auflösungsvertrages mit Wiedereinstellungszusage bei nachgewiesener langandauernder Abstinenz das allenfalls zumutbare mildere Mittel. Da aber W es nach wie vor an einer vollständigen Mitwirkung fehlen lässt, d.h. die betriebsärztlichen Auflagen zur Beibringung der Vorbefunde
etc. bis heute nicht erfüllt hat, die Erfolgsaussichten einer Drogentherapie mithin nicht beurteilbar sind, scheidet auch diese Möglichkeit aus.
Die Rechtsbeschwerde war mangels Zulassungsgrundes nicht zu eröffnen.