Die Beschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 06. September 2012 - 5 BV 6/12 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
A
Die Beteiligten streiten über Ersetzung der verweigerten Zustimmung des Beteiligten zu 2) (im Folgenden: Betriebsrat) zur Versetzung und Umgruppierung des Arbeitnehmers A.
Die Beteiligte zu 1) (im Folgenden: Arbeitgeberin) ist ein Unternehmen, welches die Spielbank im B betreibt und unter anderem die Spiele Französisches Roulette, American Roulette, Black Jack und Poker anbietet. Sie beschäftigt regelmäßig weitaus mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer. Zu ihnen gehört der einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellte Arbeitnehmer A. Er ist seit dem 01. April 1991 in die Tarifstufe Croupier I und II eingruppiert. Nach der tarifvertraglichen Stellenbeschreibung arbeitet ein Croupier in dieser Entgeltgruppe am Spieltisch bei allen angebotenen Spielen, er kann zur Aufsicht am Spieltisch und bei entsprechender Eignung vorübergehend an der Kasse eingesetzt werden. Wegen des genauen Wortlauts der Stellenbeschreibung sowie der Beförderungsvoraussetzungen wird auf §§ 5, 6 des Tronc- und Gehaltstarifvertrages für die Arbeitnehmer der Gruppe A verwiesen. Bereits seit längerer Zeit ist der Arbeitnehmer A aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr am American Roulette in stehender Position einsetzbar. Mit Schreiben vom 04. Oktober 2010 fragte die Arbeitgeberin bei ihm an, ob sein Gesundheitszustand unverändert einer Beschäftigung im Stehen am American Roulette nicht zulasse und bat um Vorlage eines aktuellen Attests. In dem ärztlichen Attest vom 11. Oktober 2010 wird Folgendes ausgeführt:
"O. g. Patient ist nicht in der Lage aufgrund der anerkannten Behinderung in stehender Position am American Roulette/Roulite-Tisch bis auf weiteres zu arbeiten."
Wegen des weiteren Inhalts des Attests wird auf die Kopie Bl. 12 der Akte verwiesen. Daraufhin unterrichtete die Arbeitgeberin den Betriebsrat mit Schreiben vom 21. März 2011 über die beabsichtigte Versetzung und Umgruppierung des Arbeitnehmers in die Stufe Croupier III des Tronc- und Gehaltstarifvertrages und beantragte die Zustimmung zu den personellen Einzelmaßnahmen. Wegen des Inhalts des Schreibens wird auf die Kopie Bl 13 der Akten Bezug genommen. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmung mit Scheiben vom 24. März 2011. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf Bl 16 der Akten Bezug genommen. Im Anschluss daran leitete die Arbeitgeberin mit Schriftsatz vom 03. April 2012 beim Arbeitsgericht Wiesbaden ein Zustimmungsersetzungsverfahren ein. Das Integrationsamt erteilte die von der Arbeitgeberin beantragte Zustimmung zu der geplanten Änderungskündigung. Wegen des weiteren unstreitigen Sachverhalts, des Vortrags der Beteiligten im ersten Rechtszug sowie der dort gestellten Anträge wird im Übrigen auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses - Bl. 68 R bis Bl. 71 R d. A. - Bezug genommen.
Durch Beschluss vom 09. September 2012 gab das Arbeitsgericht Wiesbaden den Anträgen der Arbeitgeberin statt und ersetzte die Zustimmung zur Versetzung und Umgruppierung des Arbeitnehmers A. Zur Begründung hat es - kurz zusammengefasst - Folgendes ausgeführt: Der Tronc- und Gehaltstarifvertrag erlaube die personellen Einzelmaßnahmen. Die Verwendung des Wortes "arbeitet" als aktives Verb verdeutliche, dass nach dem Wortlaut des § 5
Abs. 1 Ziff. 7 des Tronc- und Gehaltstarifvertrages auf die tatsächliche Einsatzfähigkeit und nicht allein auf die Teilnahme an der Grundausbildung abzustellen sei. Dafür spreche auch der Sinn und Zweck der Tarifnorm. Der Arbeitgeber zahle die höhere Vergütung, weil er mittels seines Direktionsrechts jederzeit in der Lage sei eine andere Tischbesetzung vorzunehmen. § 6 des Tronc- und Gehaltstarifvertrages stelle zusätzliche über § 5 Ziff. 7 hinausgehende Voraussetzungen auf. Die Absolvierung einer Grundausbildung sei nicht als alleinige Anforderung anzusehen. Auch die Tarifgeschichte stehe dem eindeutigen Wortlaut des § 5 des Tronc- und Gehaltstarifvertrages nicht entgegen. Unabhängig von der Frage, ob
§ 84 Abs. 2 SGB IX im Rahmen des
§ 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG überhaupt Anwendung finde, sei im Entscheidungsfall ein Präventionsverfahren nicht durchzuführen gewesen, da das Integrationsamt die Zustimmung zum Ausspruch einer Änderungskündigung erteilt habe. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf den angefochtenen Beschluss - Bl. 71 R bis Bl. 73 R - verwiesen. Gegen den am 06. November 2012 zugestellten Beschluss hat der Betriebsrat am 29. November 2012 Beschwerde eingelegt und diese - nach Verlängerung der Beschwerdebegründungsfrist bis 01. Februar 2013 auf rechtzeitigen Antrag hin - mit dem beim Hess. Landesarbeitsgericht am 01. Februar 2013 eingegangenen Schriftsatz begründet.
Der Betriebsrat verfolgt sein erstinstanzliches Begehren unter Wiederholung und Ergänzung seines bisherigen Vorbringens weiter. Er meint nach wie vor, dass eine tatsächliche Einsetzbarkeit keine Voraussetzung für die Eingruppierung sei. Zudem sei das erforderliche betriebliche Eingliederungsmanagement nicht durchgeführt worden. Wegen des weiteren Vorbringens im Beschwerdeverfahren wird auf die Schriftsätze des Betriebsrats vom 31. Januar 2013 Bl. 102 d. A. bis Bl. 114 d. A. - und 25. Juni 2014 Bl. 155 bis Bl. 158 d. A. Bezug genommen.
Der Betriebsrat beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 06. September 2012 - 5 BV 6/12 - abzuändern und die Anträge der Arbeitgeberin zurückzuweisen.
Die Arbeitgeberin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie verteidigt den Beschluss des Arbeitsgerichts unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Wegen der Einzelheiten des Vorbringens wird auf den Schriftsatz der Arbeitgeberin vom 09. April 2013 - Bl. 133 bis Bl. 137 d. A. - Bezug genommen. Im Übrigen wird auf die Sitzungsniederschrift über die Anhörung der Beteiligten am 26. Juni 2014 verwiesen.
B
I.
Die Beschwerde des Betriebsrats ist zulässig. Sie ist gemäß § 87
Abs. 1
ArbGG statthaft und gemäß §§ 87
Abs. 2 Satz1, 66
Abs. 1 Satz 1, 64
Abs. 6 Satz 1
ArbGG, 519, 520
Abs. 3
ZPO form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden.
II.
In der Sache hat das Rechtsmittel allerdings keinen Erfolg. Der Beschluss des Arbeitsgerichts ist nicht abzuändern, da die Zustimmungsersetzung zu den personellen Einzelmaßnahmen zu Recht erfolgt ist.
1.
a) Gegen die Zulässigkeit des Zustimmungsersetzungsantrags zur Umgruppierung bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis ist gegeben. Da die Arbeitgeberin in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt, bedarf die Umgruppierung gemäß
§ 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrats.
b) Die Zustimmung gilt auch nicht nach § 99
Abs. 3 Satz 2
BetrVG als erteilt. Der Betriebsrat hat sie innerhalb einer Woche nach Unterrichtung unter hinreichender Angabe von Gründen verweigert. Nach § 99
Abs. 2
Nr. 1
BetrVG kann der Betriebsrat - wie im Entscheidungsfall im Schreiben vom 24. März 2011 geschehen - der beabsichtigten Umgruppierung mit der Begründung widersprechen, dass sie gegen den Tarifvertrag verstößt, weil sie zu niedrig ist (
vgl. z. B.:
BAG 27. Juli 1999 - 2 ABR 36/99 - Rn 46, zitiert nach juris). Für weitergehende Angaben besteht schon deshalb keine Veranlassung, weil im Zustimmungsersetzungsverfahren lediglich die vom Arbeitgeber angestrebte Ein-
bzw. Umgruppierung geprüft wird (
vgl. BAG 03. Mai 1994 - 1 ABR 58/93 - Rn 37, zitiert nach juris).
2.
Der Antrag ist begründet. Die Arbeitgeberin hat das Zustimmungsersetzungsverfahren ordnungsgemäß eingeleitet und den Betriebsrat auch ausreichend unterrichtet. Die Zustimmungsverweigerung des Betriebsrats ist nicht berechtigt.
a) Die Unterrichtung des Betriebsrats durch die Arbeitgeberin genügt den Anforderungen des § 99
Abs. 1 Satz 1 und 2
BetrVG.
aa) Die Unterrichtung muss sich auf diejenigen tatsächlichen Umstände erstrecken, die der Betriebsrat benötigt, um sein Recht auf Stellungnahme nach § 99
Abs. 2
BetrVG sachgerecht ausüben zu können. Hierfür muss er so informiert werden, dass er aufgrund der mitgeteilten Tatsachen in die Lage versetzt wird zu prüfen, ob einer der in § 99
Abs. 2
BetrVG genannten Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegen (
vgl. BAG 01. Juni 2011 - 7 ABR 117/09- Rn 18, zitiert nach juris). Bei Umgruppierungen gehört zu einer vollständigen Unterrichtung im Sinne von § 99
Abs. 1 Satz 1
BetrVG die Angabe der bisherigen und der vorgesehenen Vergütungs- oder Entgeltgruppe sowie die Erläuterung der Gründe, weshalb der Arbeitnehmer in die vorgesehene Tarifgruppe einzureihen ist (
vgl. BAG 09 Dezember 2008 - 1 ABR 79/07 - Rn 22, zitiert nach juris;
BAG 09. März 2011 - 1 ABR 127/09 - Rn 18, zitiert nach juris).
bb) Eine solche Unterrichtung fand im Schreiben vom 21. März 2011 statt. Die Arbeitgeberin hat den Betriebsrat darüber unterrichtet, dass der bislang nach der Entgeltgruppe Croupier I vergütete Arbeitnehmer nunmehr in die Vergütungsgruppe Croupier III eingestuft werden soll. Die Gründe für die Umgruppierung hat sie dem Betriebsrat mitgeteilt, insbesondere hat sie die Entwicklung des Gesundheitszustandes näher geschildert und auf die Entbindung von der Tätigkeit im American Roulette hingewiesen. Schließlich hat sie auch die Zustimmung des Betriebsrats beantragt. Weitere Angaben musste die Arbeitgeberin nicht machen, weil sie annehmen durfte, sie habe den Betriebsrat vollständig unterrichtet und ihrer Pflicht aus § 99
Abs. 1 Satz 1
BetrVG jedenfalls "auf den ersten Blick" genüge getan (
vgl. BAG 14. Dezember 2004 -
1 ABR 55/03- Rn 47, zitiert nach juris).
cc) Entgegen der Auffassung des Betriebsrats musste die Unterrichtung auch nicht etwa deshalb wiederholt werden, weil der ursprünglich ins Auge gefasste Termin für die Umsetzung der personellen Einzelmaßnahme - der 31. Oktober 2011 - wegen der Zeitdauer des Zustimmungsverfahrens des Integrationsamtes nicht eingehalten werden konnte. Die Arbeitgeberin hat ihre ursprüngliche Eingruppierungsabsicht nicht aufgegeben, sondern weiter verfolgt und der Sachverhalt, der für die Beurteilung erforderlich ist, ob Zustimmungsverweigerungsgründe vorliegen, hat sich nicht verändert. Damit ist dem Zweck der Unterrichtungspflicht nach wie vor genüge getan. Eine erneute Unterrichtung wäre eine bloße Förmelei, weil sie sich darin erschöpfen würde, bereits mitgeteilte Informationen zu wiederholen.
b) Der auf § 99
Abs. 2
Nr. 1
BetrVG gestützte Widerspruch des Betriebsrats gegen die Umgruppierung ist unbegründet. Die Maßnahme ist tarifrechtlich nicht zu beanstanden.
aa) Die für die Umgruppierung maßgeblichen Vorschriften haben - soweit sie für den Rechtsstreit von Bedeutung sind - folgenden Wortlaut:
"§ 5 Stellenbeschreibung und Stellenbegrenzung
...
7. Croupier I: arbeitet am Spieltisch bei allen angebotenen Spielen und kann zur Aufsicht am Spieltisch und bei entsprechender Eignung vorübergehend in der Kasse eingesetzt werden. Er kann in Saalleitungs-Aufgaben eingewiesen und vorübergehend als Aufsicht im Spielsaal eingesetzt werden.
8. Croupier II: arbeitet am Spieltisch bei allen angebotenen Spielen und kann zur Aufsicht am Spieltisch und bei entsprechender Eignung vorübergehend in der Kasse eingesetzt werden.
9. Croupier III - X: arbeitet am Spieltisch und kann bei entsprechender Eignung vorübergehend in der Kasse eingesetzt werden.
...
§ 6 Beförderungsrhythmus und Voraussetzungen
1. Grundvoraussetzung für eine Beförderung ist neben einer freien Planstelle nach § 5 die positive Beurteilung der Mitarbeiterleistung und/oder die Eignung im Hinblick auf die zu besetzende Position ...
2. In die Croupierstufe X kann nur übernommen werden, wer am des Kessel französischen Rouletts und am Black Jack einsetzbar ist, in die Croupierstufe V nur, wer darüber hinaus auch am American Roulette einsetzbar ist, in die Croupierstufe II nur, wer in allen angebotenen Spielen erfolgreich an einer Grundausbildung teilgenommen hat".
bb) Danach genügt es entgegen der Auffassung des Betriebsrats nicht, dass der Arbeitnehmer A erfolgreich an einer Grundausbildung teilgenommen hat. Vielmehr setzt nach der Tarifnorm die auszuübende Tätigkeit zumindest die Einsetzbarkeit bei allen angebotenen Spielen voraus. Dies ergibt eine Auslegung des Tarifvertrages.
(1.) Der Wortlaut der Tarifnorm ist unmissverständlich. Die Verwendung des aktiven Verbs "arbeitet" spricht sogar dafür, dass ein tatsächlicher Einsatz bei allen angebotenen Spielen erforderlich ist. Jedenfalls wird auf die tatsächliche Einsatzfähigkeit abgestellt und nicht allein auf die Teilnahme an der Grundausbildung (so bereits Hess.
LAG 01. Juni 2006 - 9 Sa 1743/05 -; auch Hess.
LAG 13 Sa 1603/11 -
S. 14). Bestätigt wird dieses Verständnis durch den Gesamtzusammenhang. Hinsichtlich der "Aufsicht am Spieltisch" und der Tätigkeit "in der Kasse" wird die Einsatzfähigkeit des Arbeitnehmers gefordert, denn für diese Tätigkeitsbereiche wird ausdrücklich vorausgesetzt, dass der Mitarbeiter "eingesetzt werden kann". Der Wortlaut der Tarifnorm enthält auch keine Anhaltspunkte für die Annahme, dass für die verschiedenen Tätigkeitsbereiche unterschiedliche Anforderungen bezüglich des Erfordernisses der Einsatzfähigkeit aufgestellt werden sollten. Der Einwand des Betriebsrats, dass die gerichtliche Auslegung Anforderungen aufstelle, deren Erfüllung unmöglich sei, ist nicht berechtigt. Für die Einstufung in die Vergütungsgruppe Croupier I und II wird weder vom Gericht noch vom Wortlaut der Tarifnorm gefordert, dass "zeitgleich" an allen Spieltischen gearbeitet werden soll. Ein Bezugszeitraum innerhalb dessen der Einsatz bei allen von der Arbeitgeberin angebotenen Spielen erfolgen soll, ist gerade nicht festgelegt worden. Ob dies beispielsweise innerhalb einer Woche oder eines Monats geschehen könnte, ist eine weitere Auslegungsfrage, die im Streitfall allerdings nicht entscheidungserheblich ist.
(2.) Der gerichtlichen Auslegung kann ferner nicht entgegengehalten werden, dass nach § 6
Abs. 2 in die Croupierstufe II übernommen werden kann, "wer in allen angebotenen Spielen erfolgreich an einer Grundausbildung teilgenommen hat". Dabei wird außer Acht gelassen, dass § 6 des Tarifvertrages zwischen der fachlichen Qualifikation in Ziff. 2 und der "Eignung im Hinblick auf die zu besetzende Position" in der Ziff. 1 der Tarifnorm unterscheidet. In Ziff. 2 werden lediglich fachliche Qualifikationen wie Kenntnisse und Fertigkeiten angesprochen. Demgegenüber ist mit der Eignung nach Ziff. 1 auch gemeint, das der Arbeitnehmer gesundheitlich und charakterlich in der Lage ist, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Da dieser Umstand eine "Grundvoraussetzung" für eine Beförderung ist, muss sie zusätzlich zu den fachlichen Qualifikationsanforderungen erfüllt sein.
(3.) Die Überlegung des Betriebsrats zum Zweck der Tarifnorm überzeugen nicht. Es ist ungewöhnlich, dass ein Tarifvertrag die Höhe des Entgelts anhand von Qualifikationen bemisst, die der Arbeitgeber überhaupt nicht nutzen kann. Für diese Annahme hätte es deutlicherer Anhaltspunkte in der Tarifnorm bedurft. Demgegenüber steht die bereits vom Arbeitsgericht angenommene Zwecksetzung, die breitere Einsatzmöglichkeit eines Arbeitnehmers zu entlohnen, mit dem Wortlaut im Einklang.
(4.) Aus der Tarifgeschichte kann kein dem klaren Wortlaut der Tarifnorm widersprechendes Ergebnis abgeleitet werden. Auch die früheren Fassungen des Tarifvertrages sagen nichts, was die Bedeutung der aktuellen Fassung relativieren könnte. Immer war vom tatsächlichen Arbeiten, nicht nur von der Qualifikation für einen Einsatz die Rede. Zunächst galt der Tarifvertrag vom 05. Juli 1992. Dieser sah folgende Regelungen vor:
"§ 5 Stellenbeschreibung und Stellenbegrenzung
...
7. Croupier I und II: arbeitet am Spieltisch bei allen angebotenen Spielen und kann zur Aufsicht am Spieltisch und bei entsprechender Eignung vorübergehend an der Kasse eingesetzt werden.
8. Croupier III - X: arbeitet am Spieltisch und kann bei entsprechender Eignung vorübergehend an der Kasse eingesetzt werden.
§ 6 Beförderungsrhythmus und Voraussetzungen
1. Grundvoraussetzung für eine Beförderung ist neben einer freien Planstelle auch nach § 5 die positive Beurteilung der Mitarbeiterleistung und/oder die Eignung im Hinblick auf die zu besetzende Position ...
2. In der Croupierstufe I kann nur übernommen werden, wer am Kessel des französischen Rouletts und am Black Jack einsetzbar ist, in die Croupierstufe V nur, wer darüber hinaus auch am American Roulette einsetzbar ist.
3. Spieltechniker innerhalb der Stufen Croupier V bis Souschef die bei Inkrafttreten dieses Tarifvertrages nicht bei allen angebotenen Spielen einsetzbar sind, behalten ihre Eingruppierung/Anteile und ihre Position, wenn sie bis zum 30. Juni 1993 die erforderliche Qualifikation nachgewiesen haben, anderenfalls werden sie um einen Anteil zurückgestuft und erhalten die dann erreichte Croupierstufe ...".
In der Folgezeit kam es zu Tarifverhandlungen zwischen der Arbeitgeberin und der Gewerkschaft C, Landesbezirk Hessen, die am 30. Mai 1995 zu einer neuen Tarifvereinbarung führten. Danach wurde § 5 Tronc- und Gehaltstarifvertrag für die Gruppe A wie folgt formuliert:
"Croupier I und II: hat in allen angebotenen Spielen erfolgreich an einer Grundausbildung teilgenommen, arbeitet am Spieltisch und kann bei entsprechender Eignung vorübergehend an der Kasse eingesetzt werden."
Die Änderung des Tarifwortlauts kann sogar als zusätzliches Argument für die gefundene Auslegung herangezogen werden, da die Teilnahme an einer Grundausbildung ursprünglich als eigenständiges - sodann entfallenes - Tatbestandsmerkmal neben der Arbeit am Spieltisch aufgeführt wurde. Mit dem Tarifvertrag vom 12. Dezember 2013 wurde der Wortlaut in die heute geltende Fassung geändert.
Im Übrigen vermag die Tarifgeschichte am Auslegungsergebnis, das sich aufgrund des Wortlauts und des Gesamtzusammenhangs der Tarifnormen ergibt, nichts zu ändern. Sie darf nämlich zur Auslegung nur dann herangezogen werden, wenn der Tarifwortlaut und der tarifliche Gesamtzusammenhang noch keinen Aufschluss über den im Tarifvertrag zum Ausdruck gekommenen Willen der Tarifvertragsparteien geben (
BAG 01. September 1982 - 4 AZR 951/79- Rn 20, zitiert nach juris). Von ihr darf nur zurückhaltend und unterstützend Gebrauch gemacht werden, wenn sie ein auf anderem Weg ermitteltes Ergebnis bestätigt (
vgl. BAG 24. Juni 1980 - 6 AZR 1020/78 - Rn 43, zitiert nach juris). Die Tarifgeschichte hat also für die Tarifauslegung gegenüber dem Tarifwortlaut und dem tariflichen Gesamtzusammenhang, die in erster Linie maßgebend sind, nur subsidiäre Bedeutung (
vgl. BAG 09. Juli 1980 - 4 AZR 560/78 - Rn 30, zitiert nach juris). Führt die Auslegung einer Tarifnorm nach Tarifwortlaut und tariflichem Gesamtzusammenhang zu einem eindeutigen Ergebnis, kommt es auf andere Auslegungskriterien, insbesondere die Tarifgeschichte, nicht an (
BAG 23. April 1986 - 4 AZR 39/85 - Rn 17, zitiert nach juris).
Auch die Protokollerklärung Ziff. 2 b anlässlich der Einigungsstellensitzung vom 09. März 1985 führt nicht dazu, den Tarifvertrag gegen seinen Wortlaut auszulegen. Abgesehen davon, dass es sich dabei lediglich um eine Absichtserklärung handelt (so schon Hess.
LAG 01. Juni 2006 - 9 Sa 1743/05 - Rn 23, zitiert nach juris;
LAG 15. Mai 2008 -
5 TaBV 149/07 -; Hess.
LAG -
13 Sa 1603/11 -
S. 15) ist sie im Entscheidungsfall bedeutungslos, da nur von den Tarifvertragsparteien stammende Protokollerklärungen/Protokollnotizen Tarifbestandteile sind (
vgl. BAG 18. Mai 1994 - 4 AZR 412/93- Rn 50, zitiert nach juris).
Dem Auslegungsergebnis steht auch nicht die Erklärung der Bundeskoordinierung Spielbanken der Gewerkschaft D entgegen. Völlig zu Recht hat bereits das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass sie im Wesentlichen lediglich die Tarifgeschichte wiedergibt.
II.
Das Arbeitsgericht hat auch dem Zustimmungsersetzungsantrag zur Versetzung des Arbeitnehmers A zu Recht stattgegeben.
a) Der Antrag ist zulässig.
aa) Er ist dahingehend zu verstehen, dass die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu der Maßnahme begehrt wird, den Arbeitnehmer A nur noch eingeschränkt im Spielbetrieb einzusetzen. Er soll nicht mehr wie bisher bei allen von der Arbeitgeberin angebotenen Spielen tätig werden, sondern nur noch unter Ausschluss des American Roulette.
bb) Der so ausgelegte Antrag der Arbeitgeberin ist gemäß § 253
Abs. 2
Nr. 2
ZPO hinreichend bestimmt. Es ist genau bezeichnet, gegen wen sich der Antrag richtet, um welche personelle Einzelmaßnahme es sich handelt und für welchen Arbeitnehmer die Zustimmung ersetzt werden soll. Einer weiteren Konkretisierung bedurfte es nicht. Der Verfahrensgegenstand ist so genau bezeichnet, dass die eigentliche Streitfrage mit Rechtskraftwirkung zwischen den Beteiligten entschieden werden kann (vergl.
z. B. BAG 17. Juni 2008 - 1 ABR 38/07 - Rn 13 m. w. N., zitiert nach juris). Zwar ist der Ausdruck "Versetzung" ein Rechtsbegriff, der als solcher und isoliert keine konkrete Handlung bezeichnet (
vgl. BAG 17. Juni 2008 - 1 ABR 38/07 -, Rn 14, zitiert nach juris) und zwischen den Beteiligten ist auch gerade streitig, ob die konkrete Maßnahme der Arbeitgeberin die Anforderungen des Versetzungsbegriffs erfüllt. Gleichwohl steht eindeutig fest, für welche tatsächlichen Vorgänge die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats begehrt wird.
cc) Die begehrte Zustimmung des Betriebsrats gilt nicht gemäß § 99
Abs. 3 Satz 2
BetrVG als erteilt, da er seine Zustimmung innerhalb einer Woche nach Einreichung unter hinreichender Angabe von Gründen verweigert hat. Der Hinweis des Betriebsrats auf die Entscheidungen des Hess. Landesarbeitsgerichts und des Bundesarbeitsgerichts lassen es als möglich erscheinen, dass ein Widerspruchsgrund nach § 99
Abs. 2
Nr. 1
BetrVG vorliegt.
b) Der Zustimmungsersetzungsantrag ist begründet.
aa) Die Maßnahme ist als Versetzung zu qualifizieren.
(1.) Der Betriebsrat hat nach § 99
Abs. 1 Satz 1
BetrVG ein Mitbestimmungsrecht bei der Versetzung von Arbeitnehmern. Nach
§ 95 Abs. 3 BetrVG handelt es sich bei einer Versetzung um die Zuweisung eines anderen Arbeitsbereiches, die voraussichtlich die Dauer eines Monats überschreitet, oder die mit einer erheblichen Änderung der Umstände verbunden ist, unter denen die Arbeit zu leisten ist. Dem Arbeitnehmer wird ein anderer Arbeitsbereich zugewiesen, wenn sich das Gesamtbild seiner bisherigen Tätigkeit so verändert, dass sich die neue Tätigkeit vom Standpunkt eines mit den betrieblichen Verhältnissen vertrauten Beobachters als eine "andere" darstellt. Daher bedeutet nicht jede Veränderung in der Tätigkeit eines Arbeitnehmers dessen Versetzung. Wird der bisherige Arbeitsbereich etwa durch Zuweisung oder Wegnahme von Teilfunktionen erweitert oder verkleinert, ohne dass auf diese Weise ein von dem bisherigen grundlegend abweichender und damit ein neuer Aufgabenbereich entsteht, dann wird der Arbeitsbereich gewechselt (
vgl. BAG 27. März 1980 - 2 AZR 506/78 - Rn 26, zitiert nach juris).
(2.) Die von der Arbeitgeberin vorgenommene Anpassung der übertragenen Aufgaben an die gesundheitliche Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers A, nämlich das Abstandnehmen von einem Einsatz beim American Roulette, erfüllt die Voraussetzung der Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs. Eine Versetzung liegt nämlich immer dann vor, wenn dem Arbeitnehmer - wie im Entscheidungsfall geschehen - eine tariflich niedriger zu bewertende Tätigkeit übertragen werden soll, da in der veränderten tariflichen Entlohnung eine Veränderung der Tätigkeit zum Ausdruck kommt (
vgl. LAG Düsseldorf 21. Dezember 2011 - 6 TaBV 75/11- Rn 136, zitiert nach juris).
bb) Die Arbeitgeberin hat das Zustimmungsersetzungsverfahren ordnungsgemäß eingeleitet und den Betriebsrat ausreichend unterrichtet. Im Schreiben vom 21. März 2011 hat sie sich nicht nur mit der Umgruppierung, sondern unmissverständlich auch mit der Versetzung des Arbeitnehmers A befasst. Insbesondere hat sie zum Ausdruck gebracht, dass er zukünftig nicht mehr mit Tätigkeiten und Aufgaben im American Roulette befasst werden soll. Ebenso wie die Unterrichtung über die Eingruppierungsmaßnahme muss auch die Unterrichtung über die beabsichtigte Versetzung nicht wiederholt werden.
bb) Zustimmungsverweigerungsgründe greifen nicht ein.
(1.) Die im Zusammenhang mit der Eingruppierung gemachten Ausführungen gelten für die Versetzung entsprechend.
(2.) Soweit der Betriebsrat in seinem Schreiben vom 24. März 2011 die Wirksamkeit der beabsichtigten Änderungskündigung in Abrede stellt, lässt sich daraus ein Zustimmungsverweigerungsgrund nicht herleiten. Der "Kündigungsteil" der Änderungskündigung unterliegt nicht der Mitbestimmung nach § 99
BetrVG, weil er nicht der individualrechtlichen Umsetzung der Versetzung dient (
vgl. GK-Raab,
BetrVG, § 99 Rn 163).
(3.) Inwieweit ein Verstoß gegen die gesetzliche Regelung des Eingliederungsmanagements im Sinne des
§ 84 Abs. 2 SGB IX einen Zustimmungsverweigerungsgrund im Sinne der Ziffer 1 des § 99
Abs. 2
BetrVG zu bilden vermag, bedarf keiner Entscheidung. Dem Betriebsrat ist es nämlich verwehrt, sich auf diesen Gesichtspunkt zu berufen, weil er ihn nicht innerhalb der Wochenfrist des § 99
Abs. 3 Satz 1
BetrVG geltend gemacht hat.
(aa) Ein Nachschieben von Zustimmungsverweigerungsgründen ist dem Betriebsrat verwehrt, wenn es - wie im Entscheidungsfall - nicht nur um rechtliche Argumente, sondern um Gründe tatsächlicher Art geht. Der Arbeitgeber soll davor geschützt werden, sich im Zustimmungsersetzungsverfahren mit immer neuen Lebenssachverhalten auseinandersetzen zu müssen (
vgl. BAG 18. August 2009 - 1 ABR 49/08 - Rn 23, zitiert nach juris;
BAG 28. April 1998 - 1 ABR 50/97 - Rn 25, zitiert nach juris;
BAG 10. August 1993 - 1 WAR 22/93 - Rn 40, zitiert nach juris). Die Vorschriften über Form und Frist in § 99
Abs. 3 Satz 1
BetrVG dienen der alsbaldigen Klarheit und der Rechtssicherheit (
vgl. BAG 17. Oktober 2010 - 7 ABR 120/09 - Rn 34 zitiert nach juris).
(bb) Der Betriebsrat hat in seinem Zustimmungsverweigerungsschreiben mit keinem Wort erwähnt, dass er die unterbliebene Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements rügt. Erst im Beschlussverfahren hat er auf diesen Gesichtspunkt hingewiesen.
C
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde hat ihren Grund in der Divergenz der vorliegenden Entscheidung zu der zitierten Entscheidung des Hess. Landesarbeitsgerichts vom 28. April 2005 - 18/4 TABV 89/04 - (§ 72
Abs. 2
Nr. 2
ArbGG).