Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 19. Februar 2014 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten der Berufung mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst trägt.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die 1963 geborene Beigeladene ist seit dem 1. März 1992 bei der Klägerin als Angestellte beschäftigt und seit Juni 2008 mit einem Grad der Behinderung von 50 vom Hundert als Schwerbehinderte anerkannt. Auf das Beschäftigungsverhältnis finden die Vorschriften des Tarifvertrags für die Verbandsmitglieder der Tarifgemeinschaft der Deutschen Rentenversicherung Bund - TV DRV-Bund - Anwendung.
§ 33
Abs. 2 und
Abs. 3 dieses Tarifvertrages lauten:
"(2) Das Arbeitsverhältnis endet [...] mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid eines Rentenversicherungsträgers (Rentenbescheid) zugestellt wird, wonach die/der Beschäftigte voll oder teilweise erwerbsgemindert ist. Die/Der Beschäftigte hat den Arbeitgeber von der Zustellung des Rentenbescheids unverzüglich zu unterrichten. Beginnt die Rente erst nach der Zustellung des Rentenbescheids, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des dem Rentenbeginn vorangehenden Tages. Liegt im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine nach
§ 92 SGB IX erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes noch nicht vor, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Tages der Zustellung des Zustimmungsbescheids des Integrationsamtes. Das Arbeitsverhältnis endet nicht, wenn nach dem Bescheid des Rentenversicherungsträgers eine Rente auf Zeit gewährt wird. In diesem Falle ruht das Arbeitsverhältnis für den Zeitraum, für den eine Rente auf Zeit gewährt wird; beginnt die Rente rückwirkend, ruht das Arbeitsverhältnis ab dem ersten Tag des Monats, der auf den Monat der Zustellung des Rentenbescheids folgt.
(3) Im Falle teilweiser Erwerbsminderung endet
bzw. ruht das Arbeitsverhältnis nicht, wenn die/der Beschäftigte nach seinem vom Rentenversicherungsträger festgestellten Leistungsvermögen auf ihrem/seinem bisherigen oder einem anderen geeigneten und freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden könnte, soweit dringende dienstliche
bzw. betriebliche Gründe nicht entgegenstehen, und die/der Beschäftigte innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheids ihre/seine Weiterbeschäftigung schriftlich beantragt."
Mit Bescheid vom 15. Juni 2012 wurde der Beigeladenen eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf unbestimmte Dauer, beginnend mit dem 1. September 2012 gewährt. Eine Kopie dieses Bescheides überreichte die Beigeladene der Klägerin im Rahmen eines Präventionsgespräches am 6. August 2012.
Daraufhin beantragte die Klägerin beim Beklagten unter dem 18. August 2012 die Zustimmung zur Beendigung des mit der Beigeladenen bestehenden Arbeitsverhältnisses mit der Begründung, die Beigeladene habe für den Zeitraum ab 1. September 2012 einen schriftlichen Weiterbeschäftigungsantrag nach § 33
Abs. 3 TV DRV-Bund nicht fristgerecht gestellt. Mit Bescheid vom 18. September 2012 lehnte die Beklagte diesen Antrag mit der Begründung ab, die Klägerin verfüge über leidensgerechte Arbeitsplätze, auf denen die Beigeladene eingesetzt werden könne. Auf die Frage, ob ein schriftlicher Weiterbeschäftigungsantrag fristgerecht gestellt worden sei, komme es schwerbehindertenrechtlich nicht an; diese Frage sei von den Arbeitsgerichten zu würdigen. Den hiergegen eingelegten Widerspruch vom 28. September 2012 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 18. März 2013 zurück. Zur Begründung wiederholte und vertiefte er die Begründung des Ausgangsbescheids und führte weiter aus, die Klägerin habe sich nicht im ausreichenden Maße bemüht, der Beigeladenen einen leidensgerechten Arbeitsplatz zuzuweisen. Dafür spreche auch, dass nach Angaben des Personalrats Stellenteilungen bei der Klägerin immer möglich seien.
Das Verwaltungsgericht hat die hiergegen gerichtete Klage mit Urteil vom 19. Februar 2014 abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Die Klägerin habe weder einen Anspruch auf Zustimmung zur Beendigung des mit der Beigeladenen bestehenden Arbeitsverhältnisses noch einen Anspruch auf Neubescheidung ihres Antrags. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung infolge der tarifvertraglichen Regelungen in § 33
Abs. 2 und
Abs. 3 TV DRV-Bund sei gemäß § 92
SGB IX nur mit Zustimmung des Beklagten wirksam. Hier sei das Arbeitsverhältnis nach § 33
Abs. 2 TV DRV-Bund beendet und es gelte mangels fristgerechten Weiterbeschäftigungsantrags im Sinne des § 33
Abs. 3 TV DRV-Bund auch nicht als fortbestehend. Das dem Integrationsamt für die Erteilung der Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zustehende Ermessen sei nicht dahingehend reduziert, dass einzig die Zustimmungserteilung als rechtmäßige Entscheidung in Frage komme. Entgegen der Auffassung der Klägerin vermöge auch das Fehlen eines fristgemäßen schriftlichen Weiterbeschäftigungsantrags eine solche Ermessensreduzierung nicht zu begründen. Im Übrigen gehe das Gericht davon aus, dass der Beklagte zu Recht das Vorhandensein freier und leidensgerechter Arbeitsplätze, auf denen die Beigeladene beschäftigt werden könne, angenommen habe.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung, zu deren Begründung sie geltend macht: Der Beklagte sei verpflichtet, die begehrte Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Beigeladenen nach § 92
SGB IX zu erteilen. Der Beklagte habe nicht unberücksichtigt lassen dürfen, dass die Beigeladene einen wirksamen Antrag auf Weiterbeschäftigung gemäß § 33
Abs. 2 TV DRV-Bund nicht gestellt habe. In der hier vorliegenden Fallgestaltung eines nicht fristgerecht gestellten Weiterbeschäftigungsantrags sei das Ermessen des Integrationsamtes dahingehend reduziert, dass allein die Erteilung der Zustimmung rechtmäßig sei. Der Arbeitnehmer verliere den Schutz des § 92
SGB IX, wenn er - wie hier die Beigeladene - den Arbeitgeber nicht unverzüglich über einen ergangenen Rentenbescheid informiere. Dies folge auch aus der vom Verwaltungsgericht ausdrücklich zitierten, jedoch unrichtig interpretierten Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 15. März 2006 -
7 AZR 332/05 -. Danach dürfe das Integrationsamt das Fehlen eines wirksamen Antrags auf Weiterbeschäftigung gerade nicht unberücksichtigt lassen. Weiter gehöre es nicht zu den Aufgaben des Integrationsamtes, im Rahmen des Zustimmungsverfahrens die allgemeinen arbeitsrechtlichen Belange des Arbeitnehmers wahrzunehmen. Dem Integrationsamt obliege nur die Pflicht, die aus der Behinderung resultierenden Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt auszugleichen und dadurch eine Wettbewerbsfähigkeit mit Nichtbehinderten herzustellen. Eine Überprüfung der Rechtswirksamkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses sei dem Integrationsamt versagt. Ein Schwerbehinderter solle nicht schlechter als ein Nichtbehinderter gestellt werden, aber hinsichtlich des allgemeinen Bestandsschutzes auch nicht besser. Die Auffassung des Verwaltungsgerichts führe hinsichtlich des allgemeinen Bestandsschutzes aber zu einer eindeutigen Besserstellung der Schwerbehinderten gegenüber Nichtbehinderten. Letztere müssten die tariflichen Folgen einer versäumten Beantragung der Weiterbeschäftigung tragen, Schwerbehinderte nicht. Das entspreche auch nicht Sinn und Zweck des § 92
SGB IX, wonach die aus der Behinderung resultierenden Benachteiligungen auf dem Arbeitsmarkt ausgeglichen und dadurch eine Wettbewerbsfähigkeit mit Nichtbehinderten hergestellt werden solle. Schließlich würde die Auffassung des Verwaltungsgerichts dazu führen, dass das Integrationsamt mit der Verweigerung der zwingend gebotenen Zustimmung den Zugang zur Kontrolle der arbeitsrechtlichen Wirksamkeit der Vertragsbeendigung blockieren könnte und vorliegend auch blockiert habe. Das gehe über den Schutzzweck des § 92
SGB IX hinaus.
Sie beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 19. Februar 2014 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Landesamtes für Gesundheit und Soziales Berlin - Integrationsamt - vom 18. September 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. März 2013 zu verpflichten, die Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Beigeladenen zu erteilen.
hilfsweise,
über den Antrag der Klägerin vom 8. August 2012 auf Erteilung der Zustimmung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens.
Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt, allerdings schriftsätzlich bekundet, weiterhin Angestellte der Klägerin bleiben zu wollen.
Wegen der weiteren Einzelakten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Streitakte sowie der Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
I. Die Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft. Der Umstand, dass der Tenor des erstinstanzlichen Urteils keinen Ausspruch über die Zulassung der Berufung enthält, ist insoweit unschädlich. Die "Willenserklärung" des Gerichts über die Zulassung eines Rechtsmittels braucht nicht notwendigerweise in den förmlichen Entscheidungsausspruch aufgenommen zu werden. Die Zulassung kann auch in den Entscheidungsgründen enthalten sein oder sich ausnahmsweise aus der Rechtsmittelbelehrung ergeben. Zwar stellt eine entsprechende Rechtsmittelbelehrung, nach der den Beteiligten gegen das Urteil die Berufung zusteht, für sich allein in aller Regel keinen Ausspruch über die Zulassung der Berufung dar (
BVerwG, Urteil vom 28. Februar 1985 - 2 C 14/84 -, BVerwGE 71, 73
ff., Rn. 14 bei juris
m.w.N.). Hier hat aber das Verwaltungsgericht in der dem Urteil beigefügten Rechtsmittelbelehrung nicht nur über eine Berufung belehrt, sondern darüber hinaus am Ende der Entscheidungsgründe zudem ausgeführt, dass die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen gewesen sei. Hieraus lässt sich schließen, dass das Verwaltungsgericht die Berufung zulassen wollte und ein entsprechender Ausspruch im Tenor nur versehentlich unterblieben ist.
II. Die Berufung der Klägerin gegen die Entscheidung des Integrationsamtes ist allerdings unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klägerin hat weder Anspruch auf Erteilung der begehrten Zustimmung des Beklagten zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Beigeladenen noch auf Neubescheidung ihres hierauf gerichteten Begehrens. Der dies ablehnende Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin daher nicht in ihren Rechten (§ 113
Abs. 5
VwGO).
1. Rechtsgrundlage der Zustimmungsentscheidung ist § 92
SGB IX. Nach Satz 1 dieser Vorschrift bedarf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen auch dann der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes, wenn sie im Falle des Eintritts einer teilweisen Erwerbsminderung, der Erwerbsminderung auf Zeit, der Berufsunfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ohne Kündigung erfolgt. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.
Das Arbeitsverhältnis der Beigeladenen endet gemäß § 33
Abs. 2 TV DRV-Bund wegen deren teilweiser Erwerbsminderung ohne Kündigung.
2. Als Maßstab für die Zustimmung nach § 92 Satz 1
SGB IX gelten nach Satz 2 der Norm die Vorschriften der
§§ 85 ff. SGB IX über die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung entsprechend.
a) Nach § 85
SGB IX bedarf die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes. Hierbei handelt es sich um eine nach § 113
VwGO in Verbindung mit § 114
VwGO nur eingeschränkt überprüfbare Ermessensentscheidung. Das bedeutet, dass das Gericht anhand der verlautbarten Gründe der Verwaltungsentscheidung zu prüfen hat, ob die Ablehnung des Verwaltungsakts rechtswidrig war, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten worden sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht worden ist; insbesondere ist zu berücksichtigen, ob das Amt bei seiner Entscheidung von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist und ob es den maßgeblichen Sachverhalt ordnungsgemäß aufgeklärt hat. Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung dieser Voraussetzungen ist der der letzten Behördenentscheidung, also der des Erlasses des Widerspruchsbescheides (Senatsurteil vom 28. März 2007 -
OVG 6 B 14.06 -, Rn. 23 bei juris
m.w.N.).
Der Beklagte hat nach § 85
SGB IX die Aufgabe, Sonderkündigungsschutz für Behinderte zu gewähren. Es handelt sich um ein Fürsorgegesetz, das dem Ausgleich der besonderen Nachteile des behinderten Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt dient (
BVerwG, Urteil vom 2. Juli 1992 -
5 C 51.90 -, BVerwGE 90, 287, 292). Der Beklagte soll einen ermessensgerechten Ausgleich zwischen den gegensätzlichen Interessen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers finden. Von besonderer Bedeutung sind für den behinderungsbedingten Kündigungsschutz die Kündigungsgründe, die in der Behinderung selbst ihre Ursache haben (
BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 1995 -
5 C 24.93 -, BVerwGE 99, 336). In diesem Bereich bedarf der schwerbehinderte Arbeitnehmer des besonderen Schutzes. Er soll nicht wegen der besonderen Gefahren, denen er wegen seiner Behinderung ausgesetzt ist, gegenüber den gesunden Arbeitnehmern ins Hintertreffen geraten. Bei der Ausübung des besonderen Kündigungsschutzes nach § 85
SGB IX trifft das Integrationsamt eine Ermessensentscheidung, die gemäß § 39
SGB I nur durch Sinn und Zweck des
SGB IX gebunden ist. Diese Entscheidung erfordert eine Abwägung des Interesses des Arbeitgebers an der Erhaltung seiner Gestaltungsmöglichkeiten gegen das Interesse des Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes (
BVerwG, Urteil vom 2. Juli 1992,
a. a. O.). Bei dieser Abwägung muss das Integrationsamt berücksichtigen, ob und inwieweit die Kündigung die besondere, durch das körperliche Leiden bedingte Stellung des behinderten Menschen im Arbeitsleben berührt. Es ist hingegen grundsätzlich nicht Aufgabe des Integrationsamtes, bei seiner Entscheidung die allgemeinen sozialen Interessen des schwerbehinderten Arbeitnehmers zu wahren, die beim arbeitsrechtlichen Schutz zu würdigen sind, den das Kündigungsschutzgesetz bietet. Das Integrationsamt hat nicht - gleichsam parallel zum Arbeitsgericht - über die Frage der Sozialwidrigkeit der Kündigung zu befinden (
BVerwG, Urteil vom 2. Juli 1992, a.a.O.). Rechtfertigen die aus der Schwerbehinderung herrührenden Belange die Versagung der Zustimmung zur Kündigung nicht, so ist sie zu erteilen und dem Arbeitgeber diejenige Rechtsstellung zurückzugeben, die er hätte, wenn es keinen besonderen Kündigungsschutz für behinderte Menschen gäbe. Der Schwerbehindertenschutz gewinnt hingegen an Gewicht, wenn die Kündigung auf Gründe gestützt wird, die in der Behinderung selbst ihre Ursache haben (
BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 1995, a.a.O.). Bei der Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung hat der Gesetzgeber das in
§ 91 Abs. 4 SGB IX dadurch verdeutlicht, dass dort die Zustimmung erteilt werden soll, wenn die Kündigung aus einem Grunde erfolgt, der nicht in Zusammenhang mit der Behinderung steht (Senatsurteil, a.a.O., Rn. 24 bei juris).
b) Unter Zugrundelegung dieser sinngemäß auf den Fall einer ohne Kündigung erfolgenden Beendigung des Arbeitsverhältnisses anzuwendenden Maßstäbe ist die Ermessensentscheidung des Beklagten nicht zu beanstanden.
aa) Insbesondere war sein Ermessen nicht in der von der Klägerin angenommenen Weise dahingehend reduziert, dass allein die Erteilung der Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Beigeladenen rechtmäßig gewesen wäre. Die Regelung in § 33
Abs. 3 TV DRV-Bund, die unter bestimmten Voraussetzungen eine Ausnahme von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 33
Abs. 2 TV DRV-Bund vorsieht, rechtfertigt keine andere Einschätzung. Vielmehr kommt es im Rahmen des § 92
SGB IX nicht darauf an, ob die Beigeladene form- und fristgerecht einen Weiterbeschäftigungsantrag bei der Klägerin gestellt hat oder ob es der Klägerin mit Blick auf den auch im öffentlichen Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242
BGB verwehrt ist, sich auf das Fehlen eines solchen Antrags zu berufen (
vgl. dazu:
BAG, Urteil vom 15. März 2006 -
7 AZR 332/05 -, BAGE 117, 255
ff., Rn. 32 bei juris). Die gegenteilige Ansicht der Klägerin überzeugt nicht.
(1) Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ihre Auffassung dahingehend erläutert, dass dem Integrationsamt eine materielle Prüfungskompetenz nur dann zukomme, wenn der betreffende schwerbehinderte Beschäftigte einen Weiterbeschäftigungsantrag gestellt habe. Die Prüfungskompetenz des Integrationsamtes beziehe sich dann auf die Frage, ob leidensgerechte Arbeitsplätze bei der Klägerin vorhanden seien. Fehle es an einem form- und fristgerechten Weiterbeschäftigungsantrag im Sinne des § 33
Abs. 3 TV DRV-Bund, sei formal zwar die Zustimmung des Integrationsamtes zur Wirksamkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erforderlich, in materieller Hinsicht sei das Integrationsamt aber gezwungen, die Zustimmung zu erteilen.
Dieser Auffassung liegt die Fehlvorstellung zu Grunde, dass sich die Auslegung und Anwendung des § 92
SGB IX an den tarifvertraglichen Regelungen zu orientieren hätte. Sie verkennt, dass im Kollisionsfalle zwischen tarifvertraglichen und gesetzlichen Regelungen Letztere vorgehen. Die Frage, ob und nach welchen inhaltlichen Kriterien über die Erteilung der Zustimmung zu entscheiden ist, unterliegt nicht der Disposition der Tarifvertragsparteien. Ebenso wenig lassen sich tarifvertragliche Vereinbarungen zur Interpretation der gesetzlichen Bestimmungen im
SGB IX heranziehen.
(2) Auch dessen ungeachtet kommt eine Auslegung des § 92
SGB IX im Sinne der Klägerin nicht in Betracht.
Die Vorschrift bietet schon ihrem Wortlaut nach keinerlei Anhaltspunkt für die von der Klägerin angenommene Differenzierung des Prüfungsprogramms des Integrationsamtes, je nachdem, ob ein Weiterbeschäftigungsantrag gestellt wurde oder nicht.
Ebenso wenig lässt sich die Ansicht der Klägerin mit dem Schutzzweck der §§ 85 bis 92
SGB IX rechtfertigen. Durch die danach vorgesehene staatliche Kontrolle sollen bereits im Vorfeld einer Kündigung
bzw. Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Schutzinteressen schwerbehinderter und ihnen gleich gestellter behinderter Menschen Berücksichtigung finden. Hierdurch sollen die schwerbehinderten Arbeitnehmer vor den besonderen Gefahren, denen sie wegen ihrer Behinderung auf dem Arbeitsmarkt ausgesetzt sind, bewahrt und sichergestellt werden, dass sie gegenüber nichtbehinderten Menschen nicht ins Hintertreffen geraten (
BVerwG, Urteil vom 2. Juli 1992 -
5 C 51/90 -, BVerwGE 90, 287
ff., Rn. 23 bei juris). Diese Zwecksetzung büßt ihre Bedeutung nicht dadurch ein, dass ein schwerbehinderter Arbeitnehmer einen Weiterbeschäftigungsantrag nicht oder zumindest nicht form- oder fristgerecht gestellt haben mag. Der Umstand, dass auf einen Weiterbeschäftigungsantrag im Sinne des § 33
Abs. 3 TV DRV-Bund verzichtet wurde, wird das Integrationsamt im Rahmen seiner Ermessensentscheidung zum Anlass nehmen müssen, die Hintergründe für dieses Verhalten zu ermitteln. Sollte sich danach ergeben, dass der Antrag unterblieben ist, weil der Betroffene kein Interesse an einer Weiterbeschäftigung hat, muss das Integrationsamt diesen Umstand im Rahmen seiner Ermessensausübung entsprechend berücksichtigen. Sofern der schwerbehinderte Arbeitnehmer gegenüber dem Integrationsamt ein Weiterbeschäftigungsinteresse bekundet, erscheint er aus Sicht des Schwerbehindertenrechts aber nicht weniger schutzwürdig, weil er einen tarifvertraglich vorgesehenen Antrag auf Weiterbeschäftigung unterlassen hat. Der gesetzliche Schutz für Schwerbehinderte richtet sich nach ihrer materiellen Schutzbedürftigkeit und nicht danach, ob sie formale tarifvertragliche Anforderungen erfüllen.
Darüber hinaus spricht in rechtssystematischer Hinsicht gegen die Auffassung der Klägerin, dass die im Einzelfall mitunter schwierige Beantwortung der Frage, ob der schwerbehinderte Arbeitnehmer einen Weiterbeschäftigungsantrag form- und fristgerecht gestellt hat oder ob es der Klägerin möglicherweise mit Blick auf Treu und Glauben verwehrt ist, sich auf das Fehlen eines solchen Antrags zu berufen, die Auslegung und Anwendung des Tarifvertrages betrifft und daher grundsätzlich den Arbeitsgerichten obliegt. Hiermit gerät die Ansicht der Klägerin in Konflikt, weil sie diese Prüfung letztlich dem Integrationsamt auferlegt.
Zu Unrecht meint die Klägerin, dem entgegenhalten zu können, hierdurch würden nicht nur Benachteiligungen Schwerbehinderter ausgeglichen, sondern diese würden in Verkennung des Gesetzeszwecks gegenüber nicht behinderten Beschäftigten bevorzugt. Der Umstand, dass die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu seiner Wirksamkeit der Zustimmung des Integrationsamtes bedarf, stellt keine dem Gesetzeszweck widersprechende Bevorzugung schwerbehinderter Arbeitnehmer dar, sondern ist im System des Schwerbehindertenrechts angelegt. Darüber hinaus setzt die Argumentation der Klägerin voraus, dass es überhaupt Anwendungsfälle des § 33
Abs. 2 und
Abs. 3 TV DRV-Bund gibt, in denen ein Beschäftigter nicht als Schwerbehinderter anerkannt ist. Es erscheint bereits fraglich, ob sie überhaupt in nennenswertem Umfang auftreten. Die Klägerin selbst hat in der mündlichen Verhandlung eingeräumt, dass ihr keine solchen Fälle bekannt seien und sie selbst davon ausgehe, dass nach § 33
Abs. 2 TV DRV-Bund berentete Arbeitnehmer typischerweise auch als Schwerbehinderte anerkannt seien. Sollte es solche Fälle gleichwohl vereinzelt geben, wäre die Ungleichbehandlung aber jedenfalls dadurch sachlich gerechtfertigt, dass in einem Fall eine anerkannte Schwerbehinderung vorläge, im anderen aber nicht.
Es trifft - anders als die Klägerin meint - auch nicht zu, dass das Integrationsamt seine Kompetenz überschritten, weil es die arbeitsrechtliche Wirksamkeit der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses geprüft hätte. Das Integrationsamt hat sich zur arbeitsrechtlichen Wirksamkeit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht geäußert. Die im Widerspruchsbescheid enthaltene Feststellung, dass bei der Prüfung durch das Integrationsamt nicht der verspätete schriftliche Antrag auf Weiterbeschäftigung im Vordergrund stehe, da dies nur arbeitsgerichtlich gewürdigt werden könne, war vielmehr aus den dargelegten Gründen in der Sache zutreffend. Es ist demgegenüber gerade die Auffassung der Klägerin, die zu Konflikten in der Aufteilung der Prüfungskompetenzen zwischen Integrationsämtern und Arbeitsgerichten führt.
Schließlich rechtfertigt auch der Hinweis der Klägerin auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 15. März 2006 -
7 AZR 332/05 -, wonach das Integrationsamt das Fehlen eines wirksamen Antrags auf Weiterbeschäftigung gemäß § 33
Abs. 3 TV DRV-Bund nicht unberücksichtigt lassen dürfe, keine andere Einschätzung. Das Bundesarbeitsgericht hat sich zu dieser - schwerbehindertenrechtlichen - Frage nicht geäußert. Der jener Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt ist mit dem hiesigen im Übrigen schon deshalb nicht vergleichbar, weil in jener Entscheidung die Zustimmung des Integrationsamtes zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses erteilt worden war (s. dort, Rn. 5 bei juris). Die hier von der Klägerin angesprochene Problematik bestand deshalb dort gerade nicht.
(3) Ob die Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach
§ 29 SGB IX zu erteilen ist, bestimmt sich deshalb nach den dargelegten allgemeinen Kriterien, die ein im Rahmen der Zweckbindung des Gesetzes auszuübendes, aber ansonsten grundsätzlich freies Ermessen vorsehen.
bb) Um der besonderen Zweckrichtung des Zustimmungserfordernisses Rechnung zu tragen, ist bei der Ausübung des Ermessens zunächst danach zu fragen, ob die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung im vorliegenden Fall "behinderungsbedingt" ist. Das ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Gründe, die den Tatbestand des § 33
Abs. 2 TV DRV-Bund ausgelöst haben, also die Gründe, die zur Annahme der teilweisen Erwerbsminderung bei der Beigeladenen geführt haben, dieselben sind, die zur Anerkennung ihrer Schwerbehinderung geführt haben. Dies ist vorliegend zu bejahen.
Für diese Annahme spricht aus den dargelegten Gründen bereits eine gewisse Vermutung. Auch die vorhandenen Unterlagen bestätigen dies. Die Schwerbehinderung der Beigeladenen beruht ausweislich der fachdienstlichen Stellungnahme des Diplom-Psychologen G... vom 12. September 2012 auf Depression, Verschleißerscheinungen der Wirbelsäule bei Fehlstellung sowie chronisch venöser Insuffizienz. Die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung wurde ihr ausweislich des ärztlichen Befundberichtes zum Rentenantrag der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie H... vom 17. April 2012 gewährt, weil ihre psychische Belastungs- und Leistungsfähigkeit reduziert sei, sie leide an einer rezidivierenden depressiven Störung und Dysthymia (chronische Depression).
cc) Vor diesem Hintergrund sind die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Ermessenserwägungen nicht zu beanstanden. Für die Behörde standen fürsorgerische Gesichtspunkte im Vordergrund. Sie hat hierzu ausgeführt, die Abwägung der Interessen der Fürsorge für schwerbehinderte Menschen an der Erhaltung des Arbeitsplatzes einerseits und das Bestreben des Arbeitgebers, durch eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Voraussetzungen für eine bestmögliche Nutzung der vorhandenen Arbeitsplätze zu schaffen andererseits, ginge zu Gunsten der Beigeladenen aus, da es der Klägerin zuzumuten sei, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Die Beigeladene selbst nehme an, ihre bisherige Tätigkeit mit voller Stundenzahl ausüben zu können. Im Übrigen seien Stellenteilungen bei der Deutschen Rentenversicherung Bund nach Angaben des Personalrats stets möglich. Die Klägerin ist dieser Wertung nicht entgegengetreten. Insbesondere stellt sie auch die dieser Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen Annahmen nicht in Abrede.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154
Abs. 2
VwGO. Die Beigeladene hat ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen, weil sie keinen Antrag gestellt und sich damit auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154
Abs. 3, § 162
Abs. 3
VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Satz 1
VwGO in Verbindung mit § 708
Nr. 10, § 711 der Zivilprozessordnung.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132
Abs. 2
VwGO genannten Gründe vorliegt.