Urteil
Keine Zustimmung des Integrationsamtes zur betriebsbedingten Kündigung eines Schwerbehinderten

Gericht:

VG Düsseldorf 17. Kammer


Aktenzeichen:

17 K 6243/02


Urteil vom:

19.11.2002


Tenor:

Der Beklagte wird unter Aufhebung der Entscheidung vom 25. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 2002 verpflichtet, die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beigeladenen zu erteilen.

Der Beklagte und der Beigeladene tragen die außergerichtlichen Kosten der Klägerin jeweils zur Hälfte. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Die Kosten des Vorverfahrens trägt der Beklagte. Im Übrigen tragen die Beteiligten ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Die Hinzuziehung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

Tatbestand:

Der am 3. Dezember 1963 geborene Beigeladene ist verheiratet und drei minderjährigen Kindern unterhaltspflichtig. Er ist Diplom-Ingenieur für Raumplanung. Seit dem 1. Januar 1998 steht er in einem Beschäftigungsverhältnis zu der Klägerin. In der Zeit vom 1. Januar 1998 bis zum 31. Juli 1998 war er auf der Grundlage eines unter dem 6. Januar 1998 zustande gekommenen Arbeitsvertrages für Sonderaufgaben im Planungsbereich der seinerseits als "X GmbH - Gesellschaft für Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung" firmierenden Klägerin im Rahmen eines geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses eingesetzt. Seit dem 1. Juli 1998 ist er auf der Grundlage eines am 30. Juni 1998 geschlossene Arbeitsvertrages mit der vollen regelmäßigen Arbeitszeit als technischer Angestellter beschäftigt.

Die Klägerin ist eine Tochtergesellschaft der Stadt X, die im Zuge der Verselbstständigung des ehemaligen Wirtschaftsförderungsamtes gegründet wurde. Ihr Geschäftsgegenstand erstreckt sich auf die Förderung und Entwicklung von Industrie, Gewerbe, Handel, Handwerk und des Arbeitsmarktes. Zu den Aufgabenbereichen des Unternehmens gehörte unter anderem die Projektentwicklung von Gewerbealtstandorten. Sie beschäftigte am 5. April 2001 fünfzehn Personen.

Die Klägerin kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Beigeladenen mit Schreiben vom 9. Februar 2001 fristgerecht unter Hinweis auf betriebsbedingte Gründe. Seither ist der Beigeladene von der Erbringung seiner Arbeitsleistung freigestellt.

Unter Aufhebung eines Bescheides vom 23. November 2000 erkannte das Versorgungsamt E mit Abhilfebescheid vom 28. Februar 2001 in Bezug auf den Beigeladenen rückwirkend ab dem 28. August 2000 auf einen Grad der Behinderung von 50. Als Funktionsbeeinträchtigungen benannte es "Insulinpflichtigen Diabetes mellitus mit Stoffwechselstörungen", "Leberleiden" und "Kreislaufstörungen".

Nach Vorlage einer Ablichtung des Schwerbehindertenausweises im arbeitsgerichtlichen Verfahren nahm die Klägerin am 12. März 2001 die Kündigungserklärung zurück.

Am 15. März 2001 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Erteilung der Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beigeladenen. Zur Begründung führte sie aus: Die Stadt X habe die Entwicklung von Gewerbeflächen zunächst sehr zögerlich betrieben. In der Folge habe sie, die Klägerin, sich dieses Aufgabenbereichs angenommen. Zwischenzeitlich habe das Ressort Stadtentwicklung und Stadtplanung der Stadt X die Industrie- und Gewerbeflächenentwicklung wieder an sich gezogen und hierfür auch qualifizierte Mitarbeiter eingestellt. Dies habe zur Folge, dass der Arbeitsbereich des Beigeladenen entfallen sei und die Stelle eines Raumplaners nicht länger ausgefüllt werden könne und daher eingespart werden sollte. Der Tätigkeitsbereich des Beigeladenen habe sich seit Monaten zunehmend reduziert. Eine seiner Qualifikation angemessene Beschäftigung sei nicht mehr möglich. Die verbleibenden beziehungsweise unter seiner Qualifikation liegenden Aufgaben machten keine Arbeitsstelle aus. Der Mitarbeiter O sei als Betriebswirt im Bereich Marketing und Firmenkontakte tätig. Er habe keine Zusatzausbildung im Bereich Raumplanung absolviert. Die von ihm besetzte Stelle sei deutlich höher dotiert und auch im Übrigen nicht vergleichbar mit derjenigen des Klägers. Eine Weiterbeschäftigung sei in Ermangelung eines vergleichbaren Arbeitsplatzes nicht möglich.

Der Beigeladene trat dem Begehren der Klägerin entgegen:
Er sei nicht als Projektentwickler, sondern als technischer Angestellter eingestellt worden. Die Stadt X habe die ihr obliegenden Planungsaufgaben bereits teilweise im März 1998, mithin vor seiner Einstellung als technischer Angestellter, wieder an sich gezogen. Ungeachtet der Wiederaufnahme der Bearbeitung des Bereichs der Projektentwicklung durch die Stadt X bestehe im Betrieb der Klägerin weiterhin Bedarf für die Stelle eines Raumplaners. Der Mitarbeiter O, der sich zum geprüften Wirtschaftsförderer fortgebildet und im Rahmen dieser Fortbildung auch raumplanerische Kenntnisse erworben habe, werde zu entsprechenden raumplanerischen Aufgaben herangezogen. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sei zudem erst drei Jahre, nachdem die Stadt X den betroffenen Bereich der Projektentwicklung wieder wahrzunehmen begonnen hat, ausgesprochen worden. Zu seinem Aufgabenbereich gehörten neben der Standortsuche, der Entwicklung von Konzepten, der Bewertung von Objekten, der Erstellung von Karten und Plänen, der Aktualisierung des Planungsrechts aber auch nicht zu den üblichen Aufgaben eines Raumplaners zählende Tätigkeiten wie die Erstellung von Kostenplänen, die Erstellung von Exposés, Koordinierungsarbeiten für die Immobilien-Abteilung, die Erstellung von Statistiken über verfügbare Gewerbeflächen der Stadt, die Pflege der Internetseiten der Klägerin mit Flächendaten, die Zusammenstellung von Informationsmaterial nach Kundenwünschen, die Begehung von Grundstücken mit Kunden, Grundstückseigentümern, Vermessern, allgemeine Internetrecherchen, Recherche und Zusammenstellung von Informationen über X an Gewerbetreibende, Vermessung von Gewerbeobjekten und Sammlung anderer Daten vor Umbaumaßnahmen, Protokollführung, Koordinationsaufgaben für die Klägerin, Sonderobjekte (zum Beispiel Regionale 2006, Mitarbeit bei der Route der Europäischen Industriekultur), Koordination der Beschilderung der Gewerbegebiete oder die Information der Bezirksvertretung über Gewerbeflächen. Diese Aufgaben füllten die Vollzeitstelle eines technischen Angestellten aus und fielen auch weiterhin an. Im Übrigen werde er seit geraumer Zeit von seiner Vorgesetzten gemobbt.

Sein Aufgabenbereich sei sukzessiv beschnitten worden. Er sei schon seit langem nicht mehr mit seiner Qualifikation entsprechenden Tätigkeiten ausgelastet. Die Aufgaben, mit denen er regelmäßig betraut werde, lägen unterhalb seiner Qualifikation. Bereits Ende des Jahres 2000 sei ihm angeraten worden, sich nach einem neuen Arbeitsplatz umzusehen. Dieses Mobbing verursache bei ihm extreme Blutzuckerschwankungen, die wiederum zu Hypernervosität, Schweißausbrüchen und Konzentrationsschwierigkeiten bei Überzuckerung beziehungsweise eine Verlangsamung der Arbeitsweise, Lähmungserscheinungen und Fehlinterpretationen bei Unterzuckerung führten. Insoweit bestehe zwischen der beabsichtigten betriebsbedingten Kündigung und dem Grund der Schwerbehinderung ein Zusammenhang. Versuche, ihn in andere Tätigkeiten zu unterweisen oder ihm solche zuzuweisen, seien nicht unternommen worden. Er sei indes bereit, auch solche Tätigkeiten auszuüben, die nicht seiner Ausbildung und Qualifikation entsprächen.

Die Arbeitsämter X und E äußerten unter dem 30. März 2001 beziehungsweise 9. April 2001 hinsichtlich der Erteilung der Zustimmung Bedenken wegen der Lage und Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt. Eine am 5. Juni 2001 durchgeführte Kündigungsschutzverhandlung führte zu keiner einvernehmlichen Streitbeilegung.

Mit Entscheidung vom 25. September 2001 versagte das Integrationsamt des Beklagten der Klägerin die beantragte Erteilung der Zustimmung zur Kündigung gemäß § 85 SGB IX. Zur Begründung seiner Ermessensentscheidung führte es unter anderem aus:
Ein dringendes betriebliches Erfordernis für die beabsichtigte Kündigung liegt nicht vor. Die Antragstellerin hat nicht versucht, die Kündigung durch ihr mögliche zumutbare Maßnahmen zu vermeiden. Unstreitig ist ein Teil der Aufgaben, für die der Antragsgegner bislang zuständig war, bei der Antragstellerin weggefallen, seitdem die Stadt X die Raumplanung in vollem Umfang wieder selbst durchführt. Die Antragsgegnerin hat behauptet, dass die Stadt schon vor seiner unbefristeten Einstellung diese Aufgaben, zumindest teilweise, wieder selbst übernommen hat. Dem hat die Antragstellerin nicht widersprochen. Diese Behauptung wird gestützt durch die Tatsache, dass der Antragsgegner als technischer Angestellter und eben nicht mit einer ausschließlichen Zuständigkeit für die Raumplanung eingestellt wurde. Weiterhin ist der Antragsgegner auch für die Erledigung von Aufgaben über die Raumplanung hinaus zuständig. Zwar ist die Antragstellerin der Auffassung, dass diese Aufgaben erheblich unter der Qualifikation des Antragsgegners liegen. Sie räumt damit jedoch ein, dass nach wie vor Arbeiten von dem Antragsgegner zu erledigen sind, die in den Aufgabenbereich eines technischen Angestellten fallen. Diese Aufgaben sind auch nicht weggefallen, sondern werden nach wie vor von dem Antragsgegner erledigt. Ob der Antragsgegner für die Erledigung dieser Aufgaben tatsächlich überqualifiziert ist, kann dahin stehen. Er hat mehrfach angeboten, auch zu ungünstigeren Bedingungen zukünftig bei der Antragstellerin zu arbeiten. Daraus kann geschlossen werden, dass er ggf. auch bereit ist, Tätigkeit unterhalb seiner Qualifikation auszuführen. Unabhängig davon ist die Antragstellerin auf dieses Angebot überhaupt nicht eingegangen. Selbst wenn die beim Antragsgegner verbliebenen Aufgaben eine Vollzeitbeschäftigung ggf. nicht rechtfertigen, muss sie zunächst mit dem Antragsgegner über eine Teilzeitbeschäftigung und der damit verbundenen Herabsetzung des Gehaltes sprechen. Diese Maßnahme ist der Antragstellerin auch möglich und zumutbar, um die beabsichtigte betriebsbedingte Kündigung zu vermeiden. Eine Beschäftigung des Antragsgegners bei der Antragstellerin ist nach Überzeugung des Integrationsamtes unter geänderten Bedingungen auch zukünftig ohne weiteres möglich.

Am 31. Oktober 2001 erhob die Klägerin gegen die vorbezeichnete Entscheidung Widerspruch, zu dessen Begründung sie ausführte:
Alleiniges Aufgabengebiet des Beigeladenen sei der Bereich der Raumplanung gewesen. Dies ergebe sich auch aus dem Umstand, dass er als direkter Nachfolger eines zur Stadt X zurückgekehrten Raumplaners eingestellt worden sei. Die Einstellung als technischer Angestellter lasse keinen Rückschluss auf sonstige Aufgabenbereiche zu, die ihm übertragen worden seien. Der Beigeladene sei am 9. Februar 2001 von der Erbringung der Arbeitsleistung freigestellt worden, weil für ihn keine Aufgabenbereiche mehr vorhanden gewesen seien und er habe nicht mehr beschäftigt werden können. Als technische Angestellte würden lediglich Architekten beschäftigt, deren Aufgaben der Beigeladene nicht wahrzunehmen in der Lage sei. Im Übrigen sei es Aufgabe des Arbeitgebers, die Anforderung an die Qualifikation seiner Mitarbeiter festzulegen. Mit Ausnahme von Hilfstätigkeiten wie etwa Bürohilfstätigkeiten und Botenfahrten seien ihm keine Arbeitsaufgaben mehr zugewiesen worden. Eine Statistik über verfügbare Gewerbeflächen werde nicht geführt. Die Zusammenstellung von Informationsmaterial stelle sich als reine Hilfstätigkeit dar. Die Begehung von Grundstücken mit Kunden habe dem Beigeladenen nicht oblegen. Aufgaben zu allgemeinen Internetrecherchen sowie zu Recherchen und zur Zusammenstellung von Informationen über X für Gewerbetreibende seien ihm nicht erteilt worden. Für die Vermessung von Gewerbeobjekten sei er nicht zuständig gewesen. Koordinierungsaufgaben für die Immobilienabteilung habe er nicht in ihrem Auftrag geleistet. Stattdessen habe der Beigeladene versucht, sich in Ermangelung von Aufgaben im Bereich der Raumplanung anderweitig zu beschäftigen. Mittlerweile habe sich die Geschäftstätigkeit des Unternehmens auf den Bereich der Verwertung und Verwaltung des Immobilienbestandes reduziert. Der Bereich der Maklertätigkeit sei vollständig entfallen. Die Betreuung des verbliebenen Geschäftsbereichs würde durch Architekten gewährleistet. Anderweitige Aufgaben die der Beigeladene übernehmen könnte, existieren nicht.
Der Bereich der Wirtschaftsförderung werde nunmehr allein von der ausgegliederten "Wirtschafts- und Beschäftigungförderungsgesellschaft X gGmbH" betreut.
Der Beigeladene suchte unter dem 12. Dezember 2001 und 31. Januar 2002 um die Genehmigung einer Fortbildungsmaßnahme mit dem Thema "Einführung in das Immobilienmaklergeschäft" nach. Der Widerspruchsbegründung der Klägerin trat er entgegen:
Der Diplomstudiengang Raumplanung sei interdisziplinär und erfasse neben den planerischen Fächern auch Bereiche wie Vermessungswesen, Bodenmanagement, Volkswirtschaftslehre, Rechtsgrundlage, soziologische Grundlage, politische Ökonomie, Ver- und Entsorgungssysteme, Ökologie oder Datenverarbeitung. Eine Weiterbeschäftigung als technischer Angestellter sei möglich. Als solcher und nicht als direkter Nachfolger eines Raumplaners sei er eingestellt worden. Sein Tätigkeitsbereich habe sich auf eine Vielzahl von Aufgaben erstreckt. Diesen sei er in der Zeit von Juli 1998 bis Februar 2001 in gleich bleibender Weise nachgekommen. Überdies habe er auch Tätigkeiten, die den bei der Klägerin beschäftigten Architekten oblegen hätten, so etwa das Ausmessen von gewerblich zu nutzenden Objekten, übernommen. Diese Tätigkeiten seien nicht weggefallen. Soweit er in der Vergangenheit mit einfachen Bürotätigkeiten beauftragt worden sei, habe es sich um Zusammenhangstätigkeiten gehandelt, die sich aus der konkreten Aufgabenstellung ergeben hätten. Nach seinem Ausscheiden sei er von verschiedenen Mitarbeitern der Klägerin angerufen und um Rat gefragt worden.

Mit Beschluss der Gesellschaftsversammlung vom 9. April 2002 wurde die Firma der seinerzeitigen "X GmbH - Gesellschaft für Wirtschafts- und Beschäftigungsförderung" in "Gewerbeimmobilien X GmbH" geändert. Der Gesellschaftsvertrag wurde einschließlich der Aufgabenbeschreibung neugefasst. Die Neustrukturierung der Gesellschaft war in einer Beschlussvorlage des Oberbürgermeisters der Stadt X vom 5. Juni 2001 unter anderem wie folgt begründet worden:

"Bedingt durch zahlreiche Ankäufe in den letzten Jahren und auf Grund der Tatsache, dass diese Objekte nicht zeitnah wieder veräußert werden konnten bzw. können, hat sich ein beachtlicher Bestand angesammelt, wodurch sich die Geschäftstätigkeit immer stärker auf die Immobilienverwaltung verlagert hat. Der Erwerb der Objekte ist vollständig fremd finanziert worden, sodass sich erhebliche Aufwendung für Zinsen ergeben. Dadurch hat sich ... eine existenzbedrohende wirtschaftliche Entwicklung für die X GmbH ergeben. Seit 1997 sind stetig steigende Jahresfehlbeträge zu beobachten. ... Die drohende Insolvenz der X GmbH ist zu vermeiden. Ergebnis ist die vorgeschlagene Gründung einer neuen Wirtschaftsförderungsgesellschaft und der Vertrieb des Immobiliengeschäfts im bereits bestehenden Rechtsmantel X GmbH. ... Die verbleibende X GmbH soll lediglich eine Gesellschaft zur Verwaltung und Verwertung der Bestandsimmobilien sein. ... Perspektivisch ist im Übrigen vorgesehen, die sich als unverkäuflich erweisenden Objekte im Zuge einer zu gegebener Zeit erforderlichen Auflösung der Gesellschaft an die Stadt X zur Verwaltung der durch das Gebäudemanagement zu übertragen. ... Bei der X GmbH ist eine Umfirmierung in "Gewerbeimmobilien GmbH" vorgesehen. Des Weiteren ist eine Anpassung des Unternehmensgegenstandes und eine Änderung aller Bestimmungen im Sinne des neuen Unternehmenszwecks vorgenommen worden. ... Einhergehend mit der Reduzierung der Aufgaben bei der Gewerbeimmobilien GmbH ist parallel die mittelfristige Reduzierung der Personalkosten der Gewerbeimmobilien GmbH durch die sukzessive Überleitung des Personals an das GMW möglich."

Mit am 7. August 2002 gegen Empfangsbekenntnis zugestelltem Widerspruchsbescheid vom 5. August 2002 gab der Beklagte der Klägerin bekannt, dass der Widerspruchsausschuss bei dem Integrationsamt in seiner Sitzung vom 27. Juni 2002 ihren Widerspruch am gleichen Tage zurückgewiesen habe. Zur Begründung dieser Entscheidung führte er unter anderem aus:

"Nach einer umfassenden Gesamtabwägung der zu treffenden Ermessensentscheidung war im vorliegenden Fall im Ergebnis dem Interesse des Beteiligten an der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses gegenüber demjenigen der Widerspruchsführerin an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Vorrang einzuräumen. Die Widerspruchsführerin hat den Wegfall des Arbeitsplatzes des Beteiligten nicht ausreichend begründet. Zur Überzeugung des Widerspruchsausschusses steht fest, dass der Beteiligte insbesondere durch seine Einstellung als "technischer Angestellter" und seine Ausbildung als Raumplaner, wobei es sich um eine interdisziplinäre Ausbildung mit vielfachen Einsatzmöglichkeit handelt, auf einem anderen Arbeitsplatz im Unternehmen der Widerspruchsführerin hätte eingesetzt werden können. Der vom Beteiligten wahrgenommene Aufgabenbereich umfasst neben der Raumplanung auch die Standortsuche und Entwicklung von Konzepten, die Erstellung von Karten und Plänen sowie sonstige Tätigkeiten wie die Pflege der Internetseiten, die Erstellung von Exposés und Koordinierungsarbeiten für die Immobilienabteilung. Diese Tätigkeiten kann er auch weiterhin ausführen. Er hat sich sogar bereit erklärt, Aufgaben zu erledigen, für die er eigentlich überqualifiziert ist.
Die Behauptung der Widerspruchsführerin, es gäbe für den Beteiligten schlichtweg keine Aufgabenbereiche, weshalb er auch freigestellt wurde, vermag nicht zu überzeugen. Aufgrund der vielfachen Einsatzmöglichkeiten des Beteiligten und der Größe des Unternehmens hätte nach Überzeugung des Widerspruchsausschusses ein Arbeitsplatz für den Beteiligten gefunden werden können. Die Widerspruchsführerin hat auch nicht der Behauptung des Beteiligten widersprochen, dass die Stadt X schon vor der unbefristeten Einstellung des Beteiligten die Raumplanung teilweise selbst übernommen habe. Die Widerspruchsführerin kann dies daher nicht als Grund für die Kündigung geltend machen. Auch der Betriebsübergang von der X GmbH in die Gewerbeimmobilien GmbH vermag eine Kündigung nicht zu rechtfertigen. Dies ist nämlich schon gemäß § 613a IV BGB nicht möglich. Die Widerspruchsführerin kann sich daher nicht darauf berufen, dass der Arbeitsplatz des Beteiligten im Wege der Umstrukturierung weggefallen sei. Da die Stadt X 100-prozentig Gesellschafterin der Gewerbeimmobilien X GmbH ist, hätte auch diese prüfen müssen, ob eine Einsatzmöglichkeit des Beteiligten besteht. Die Beschäftigten der ehemaligen Immobilienabteilung sind inzwischen mit der Verwertung und Verwaltung des vorhandenen Immobilienbestandes in enger Zusammenarbeit mit dem Gebäudemanagementwesen der Stadt X beschäftigt. Zur Überzeugung des Widerspruchsausschusses könnte der Beteiligte auch in diesem Bereich tätig werden. Diese Möglichkeit wurde von der Stadt X aber nicht geprüft. Zu Gunsten des Widerspruchsführers wertet der Widerspruchsausschuss weiterhin, dass durch das zuständige Arbeitsamt auf Grund der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes Bedenken gegen die Zustimmung zur Kündigung erhoben worden waren. Ebenso wurde seine persönliche und wirtschaftliche Situation mit in die Gesamtabwägung einbezogen."

Am 9. September 2002 hat die Klägerin Klage erhoben, zu deren Begründung sie vorträgt: Am 5. August 2002 seien für die Klägerin außer dem Beigeladenen neben dem Geschäftsführer drei Mitarbeiter in der Verwaltung und zwei Architektinnen beschäftigt gewesen. Die beiden Architektinnen seien in dem Geschäftsfeld der Immobilienbetreuung tätig und erbrächten dort im Team Architektenleistungen im Bereich von Entwurf, Neubau, Bauunterhaltung und Außenanlagen. Die Stellenbeschreibung sehe insoweit die Qualifikation als Diplom-Ingenieur des Fachgebiets Hochbau vor. Diese Anforderungen seien vom Arbeitgeber festzulegen. Dass der Beigeladene im Arbeitsvertrag als technischer Angestellter bezeichnet sei, ändere nichts an der Tatsache, dass er als Raumplaner eingestellt und beschäftigt worden sei. Ein Ersatzarbeitsplatz bestehe nicht. Aufgaben, die der Beigeladene im Betrieb erfüllen könnte, seien nicht mehr vorhanden.

Die Klägerin beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung der Entscheidung vom 25. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 2002 zu verpflichten, die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beigeladenen zu erteilen.

Der Beklagte und der Beigeladene beantragen,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, des beigezogenen Verwaltungsvorgangs des Beklagten und der den Beigeladenen betreffenden Personalakte des Klägers Bezug genommen.

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

Sozialgerichtsbarkeit BRD

Entscheidungsgründe:

I.

Die Klage ist begründet.

Die mit der angefochtenen Entscheidung vom 25. September 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. August 2002 ausgesprochene Versagung der Erteilung der Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen ist rechtswidrig und verletzt jene in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).

Der Anspruch der Klägerin auf Erteilung der Zustimmung gründet sich auf den mit Wirkung vom 1. Juli 2001 in Kraft getretenen § 85 SGB IX, der der Vorgängerregelung des § 15 SchwbG inhaltlich entspricht. Danach bedarf die ordentliche Kündigung eines Schwerbehinderten durch den Arbeitgeber der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes.

Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der der ablehnenden Entscheidung über die Erteilung der Zustimmung zugrunde zulegenden Sachlage im Rahmen einer von dem Arbeitgeber erhobenen Verpflichtungsklage ist nicht der Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung, sondern entsprechend den allgemeinen Grundsätzen in Bezug auf Verwaltungsakte, die im Ermessen der Behörde stehen, derjenige des Erlasses der letzten behördlichen Entscheidung;
Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschl. v. 22. Januar 1993 - 5 B 80.92 -, br 1994, 21 f.; Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht, Urt. v. 22. Juni 1994 - 4 L 4474/93 -; Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Entscheidung v. 29. Mai 1998 - 12 A 12950/97 -; Verwaltungsgericht Berlin, Urt. v. 27. Juni 1995 - 8 A 362.94 -.

Abzustellen ist somit auf denjenigen Sachverhalt, der dem Beklagten im Zeitpunkt des Ergehens der Entscheidung über den Widerspruch der Klägerin bekannt war beziehungsweise bekannt sein musste. Dass bedeutet, dass alle Umstände, die nach diesem Zeitpunkt eingetreten beziehungsweise die dem Widerspruchsausschuss bei seiner Entscheidungsfindung weder bekannt waren noch bekannt sein mussten, nicht zu berücksichtigen sind.

1. Die angefochtene Kündigungszustimmung erging formell ordnungsgemäß. Insbesondere hat der Beklagte im Einklang mit § 87 Abs. 2 SGB IX die Stellungnahme sowohl des für den Sitz des Betriebes als auch für den Wohnort des schwerbehinderten Menschen zuständigen Arbeitsamtes eingeholt;
vgl. insoweit BVerwG, Urt. v. 28. September 1995 - 5 C 14.94 - u. Beschl. v. 13. August 1996 - 5 B 79.96 -; OVG NRW, Entscheidung v. 9. Februar 1996 - 24 A 5457/94 -.


2. Die angegriffene Entscheidung ist jedoch materiellrechtlich zu beanstanden.

a) Mit einem Grad der Behinderung von 50 unterfällt der Beigeladene gemäß § 2 SGB IX dem Kündigungsschutz des § 85 SGB IX.

b) Gemäß § 85 SGB IX steht die Entscheidung über die Erteilung der Zustimmung im Ermessen der Behörde. Sie unterliegt lediglich einer eingeschränkten verwaltungsgerichtlichen Überprüfung. Das Gericht prüft gem. § 114 S. 1 VwGO, ob die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder ob von dem Ermessen in einer den Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Hierbei ist zu untersuchen, ob die Behörde in ihre Ermessenserwägungen alle wesentlichen, den Streit zwischen den Parteien kennzeichnenden Gesichtspunkte eingestellt hat, ob sie dabei von einem richtigen Sachverhalt ausgegangen ist und ob ihre sodann vorgenommene Gewichtung der widerstreitenden Interessen sachgerecht und vertretbar sowie das dabei gewonnene Abwägungsergebnis nicht schlechterdings unzumutbar ist. Hält die Versagung der Erteilung der Zustimmung zur Kündigung einer dahingehenden Überprüfung stand, ist sie zu akzeptieren, das heißt, von der erkennenden Kammer auch dann nicht zu beanstanden, wenn sie deren Wertung nicht entspräche. Denn das Gericht ist nicht befugt, seine eigenen Ermessensentscheidungen an die Stelle derjenigen der Behörde zu setzen;
Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urt. v. 6. Juni 1991 - 13 A 1361/90 -.

Die Versagung der Erteilung der Zustimmung des Beklagten zur ordentlichen Kündigung des Arbeitsverhältnisses zwischen der Klägerin und der Beigeladenen ist unter Zugrundelegung des vorbezeichneten Prüfungsmaßstabes zu beanstanden. Die Entscheidung erweist sich als ermessensfehlerhaft, da der Beklagte von dem ihm eingeräumten Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat.

aa) Ob die Neugründung der Wirtschafts- und Beschägtigungsförderungsgesellschaft X GmbH einen Wechsel des Betriebsinhabers im Sinne des § 613a BGB zur Folge hatte, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Ein entsprechender Betriebsübergang führte im vorliegenden Verfahren allein zu der Feststellung, dass ein Arbeitsverhältnis zur Klägerin nicht mehr bestünde, es vielmehr der neu gegründeten Gesellschaft obläge, um die Zustimmung zur Kündigung nachzusuchen;

OVG NRW, Urt. v. 21. März 2000 - 22 A 5137/99 -, BR 2000, 205 - 207: "Vorliegend geht es um die beabsichtigte Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Klägerin. War diese Mangels eines Betriebsübergangs auf die Firma ( ... ) noch Arbeitgeberin, hat sie nach obigen Ausführungen Anspruch darauf, dass die Beklagte die beabsichtigte Kündigung für zulässig erklärt. War der Betrieb der Klägerin dagegen auf die Firma (...) übergegangen, war diese damit gemäß § 613a BGB in die Rechte und Pflichten der bestehenden Arbeitsverhältnisse, also auch in das mit der Beigeladenen, eingetreten. Das bedeutet, dass im Falle eines Betriebsüberganges die Firma (...) als Arbeitgeberin selbst den Antrag auf Zulässigkeitserklärung stellen müsste, wenn sie der Beigeladenen während des Erziehungsurlaubs kündigen wollte. Eine Kündigung der Beigeladenen durch die Klägerin wäre im Falle eines bereits erfolgten Betriebsübergangs rechtlich bedeutungslos und hätte insbesondere auch auf das dann zwischen der Beigeladenen und der Firma (...) bestehende Arbeitsverhältnis keinen Einfluss. ... Liegt dagegen ein Betriebsübergang vor, wovon die Beigeladene ausgeht mit der Folge, dass sie selbst die Klägerin gar nicht mehr als ihre Arbeitgeberin ansieht - berührt die Kündigung der Beigeladenen nicht, weil sie ins Leere geht. Einen Arbeitsgerichtsprozess mit dem - angenommenen - Betriebsübernehmer kann die Beigeladene ohnehin nicht vermeiden, wenn dieser das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses mit ihr bestreitet"; in diesem Sinne auch Verwaltungsgericht Düsseldorf, Urt. v. 26. Februar 2002 - 17 K 4331/01 -.

bb) Dessen ungeachtet unterliegt die Frage, ob eine Kündigung im Sinne von § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt ist, grundsätzlich nicht der Überprüfung durch das Integrationsamt beziehungsweise der Verwaltungsgerichte, sondern ist in erster Linie eine Frage des Arbeitsrechts und daher der Entscheidung durch die Arbeitsgerichte im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens überantwortet. Für die Entscheidung, ob die Zustimmung nach § 85 SGB IX erteilt oder versagt werden soll, spielen grundsätzlich nur solche Erwägungen eine Rolle, die sich speziell aus der Schwerbehindertenfürsorge herleiten. Zweck der besonderen und neben dem allgemeinem Kündigungsschutz gegebenen Kündigungsschutzes nach § 85 SGB IX ist es, den Schwerbehinderten vor den besonderen Gefahren, denen er wegen seiner Behinderung auf dem Arbeitsmarkt ausgesetzt ist, zu bewahren und sicherzustellen, dass er gegenüber gesunden Arbeitnehmern nicht ins Hintertreffen gerät. Bei der vorzunehmenden Abwägung des Interesses des Arbeitgebers an der Erhaltung seiner Gestaltungsmöglichkeiten und des Interesses des (schwerbehinderten) Arbeitnehmers an der Erhaltung seines Arbeitsplatzes ist es Aufgabe des Integrationsamtes zu prüfen, ob und inwieweit die Kündigung die besondere, durch das körperliche Leiden bedingte Stellung des schwerbehinderten Menschen als Arbeitnehmer berührt. Demgegenüber ist es grundsätzlich nicht ihre Aufgabe, bei ihrer Entscheidung die allgemeinen sozialen Interessen des schwerbehinderten Menschen zu wahren;

BVerwG, Urt. v. 2. Juli 1992 - 5 C 51.90 -, BR 1993, 15 (16), u. Beschl. v. 20. Oktober 1994 - 5 B 19.94 -.

Eine Vorwegnahme der Gewährung arbeitsrechtlichen Schutzes für den Schwerbehinderten im Rahmen des Zustimmungsverfahrens ist allenfalls dann in Betracht zu nehmen, wenn die Unrichtigkeit des Sachvortrages und die arbeitsrechtliche Unwirksamkeit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses ohne jeden vernünftigen Zweifel in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht offen zu Tage tritt, sich mithin jedem Kundigen geradezu aufdrängt;

Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht (OVG Nds.), Urt. v. 14. April 1993 - 4 L 6322/92 - und 22. Juni 1994 - 4 L 4474/93 -; Bay. Verwaltungsgerichthof Baden-Württemberg (VGH BW), Entscheidung v. 16. November 1993 - 12 B 92.84 u. 12 B 93.2264 - u. 9. März 1995 - 12 B 93.3543 - ; Bayrisches Verwaltungsgericht München, Enstcheidung v. 3. Juli 1998 - M 6 K 378.97 -.

Ein solcher Fall ist vorliegend indes nicht gegeben.

Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer betriebsbedingten Kündigung ist, dass außerbetriebliche oder innerbetriebliche Faktoren den Wegfall eines oder mehrerer Arbeitsplätze zur Folge haben und keine anderweitige Beschäftigungsmöglichkeit in demselben Betrieb oder einem anderen Betrieb desselben Unternehmens bestehen.

Es unterliegt der freien unternehmerischen Entscheidung des Betriebsinhabers, den Betrieb seinen Vorstellungen von Rentabilität entsprechend zu organisieren und in diesem Zusammenhang einen unrentablen Arbeitsplatz wegfallen zu lassen und verbleibende auf den Inhaber des Arbeitsplatzes entfallende Aufgaben anderen übernahmefähigen Arbeitnehmern zu übertragen;

Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urt. v. 23. Januar 1992 - 13 A 297/91 -, BR 1992, 113.

Der Arbeitsplatz, den der Beigeladene vormals bei der Klägerin ausgefüllt hat, ist spätestens nach der Ausgliederung des Bereiches der Wirtschaftsförderung und des Wegfalles eines großen Teiles der der Klägerin zuvor übertragenen Planungsaufgaben nicht mehr existent. Ausgehend von der von der Klägerin im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Arbeitsplatzbeschreibung machten die von dem Beigeladenen entsprechend seiner Qualifikation als Raumplaner wahrgenommenen Tätigkeit den wesentlichen Teil seiner Aufgaben aus. Die von dem Beigeladenen darüber hinaus im Zusammenhang mit diesen Aufgaben verrichteten weiteren Tätigkeiten werden seit seiner Freistellung, soweit sie noch in geringem Umfang anfallen, von anderen Beschäftigten der Klägerin miterledigt.

In Ansehung dessen war es dem Beklagten untersagt, in den Freiraum der unternehmerischen Entscheidung hinsichtlich Organisation und Struktur des Betriebes einzudringen.

Das Integrationsamt ist grundsätzlich verpflichtet zu prüfen, ob ein anderer Arbeitsplatz für den Schwerbehinderten zur Verfügung steht. Eine Zustimmung zur Kündigung ist regelmäßig ermessensfehlerhaft, wenn ein anderer Arbeitsplatz in demselben oder einem anderen Betrieb desselben Arbeitgebers zur Verfügung steht, der Schwerbehinderte mit der Umsetzung einverstanden und diese dem Arbeitgeber zumutbar ist. Aufgrund der Stellungnahme der Klägerin im gerichtlichen Verfahren ist indes nicht ersichtlich, dass sie in der Lage wäre, dem Beigeladenen in ihrem Betrieb einen gleichwertigen oder schlechteren Ersatzarbeitsplatz zur Verfügung zu stellen. Die Prüfung von Umsetzungsmöglichkeiten beschränkt sich auf den konkreten Arbeitgeber, vorliegend mithin auf das Unternehmen der Klägerin, mit der das streitgegenständliche Arbeitsverhältnis zustande gekommen ist, nicht jedoch - wie im Rahmen des Widerspruchsbescheides dargetan - auf die Stadt X in ihrer Eigenschaft als Alleingesellschafterin der Klägerin.
Dies folgt aus § 89 Abs. 1 S. 3 SGB IX, wonach die in § 89 Abs. 1 S. 1 und 2 SGB IX geregelten Einschränkungen der Ermessensentscheidung des Integrationsamtes nicht gelten, wenn eine Weiterbeschäftigung des schwerbehinderten Menschen auf einem anderen Arbeitsplatz desselben Betriebes oder einem freien Arbeitsplatz in einem anderen Betrieb desselben Arbeitgebers mit Einverständnis des Schwerbehinderten möglich und für den Arbeitgeber zumutbar ist. Der Gesetzgeber hat durch die Einführung dieser, § 1 Abs. 2 Nr. 1 b und 2 b KSchG nachgebildeten Vorschriften den Kreis der für eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit in Betracht zu ziehende Arbeitsplätze auf solche desselben Arbeitgebers beschränkt. Diese gesetzgeberische Vorgabe ist auch im Rahmen der Zustimmung nach § 85 SGB IX zu beachten, da bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 89 Abs. 1 S. 3 SGB XI das Integrationsamt seine Entscheidung nach § 85 SGB IX zu treffen hat. Nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des § 19 Abs. 1 S. 3 SGB IX kommt es daher auf den jeweiligen Arbeitgeber an. Arbeitgeberin des Beigeladenen ist vorliegend die Klägerin und nicht deren Alleingesellschafterin, die Stadt X. Auch arbeitsrechtlich ist in Ansehung des klaren Wortlautes des § 1 Abs. 2 KSchG und der Unvereinbarkeit eines konzernbezogenen Kündigungsschutzes mit dem Grundsatz der rechtlichen Selbstständigkeit der Konzernunternehmen an der Unternehmensbezogenheit des Kündigungsschutzes nach dem Kündigungsschutzgesetz festzuhalten. Eine in Ausnahmefällen anzunehmende Verpflichtung des Arbeitgebers, vor Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung die anderweitige Unterbringung des Arbeitnehmers in einem Konzernbetrieb zu versuchen, vermag sich auf den Kündigungsschutz nach dem Neunten Buch des Sozialgesetzbuches nicht auszuwirken. Denn dessen Schutzfunktion besteht darin sicherzustellen, dass der schwerbehinderte Mensch nicht auf Grund seiner Behinderung ins Hintertreffen gerät. Das Risiko, wegen konzernbedingter Organisationsänderung den Arbeitsplatz zu verlieren, trifft alle Arbeitnehmer gleichermaßen. Der Fürsorgecharakter des Schwerbehindertengesetzes gebietet es nicht, den Schwerbehindertenschutz in diese Richtung über den daneben bestehenden allgemeinen Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz auszuweiten. Ob vorliegend ausnahmsweise eine konzerndimensionale Betrachtung geboten wäre, wäre nach alledem allein in einem arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzverfahren zu klären;

Verwaltungsgericht Berlin, Urt. v. 28. Juli 1992 - 8 A 466/91 -; ebenso in Bezug auf das Ausgleichsabgabenrecht OVG NRW, Urt. v. 19. September 2000 - 22 A 3820/98 -.

Die Entscheidung der Klägerin, den verbliebenen Geschäftsbereich der Verwertung und Verwaltung des Immobilienbestandes durch angestellte Architekten betreuen zu lassen, begegnet keinen Bedenken. Vielmehr obliegt es ihr allein, das Anforderungsprofil der bestehenden Stellen festzulegen. Mit Blick auf die Sicherung der Qualität von ihren Angestellten verrichteten Tätigkeiten handelt es sich hierbei um eine von Seiten des Beklagten und des Gerichts nur eingeschränkt überprüfbare unternehmerische Entscheidung, die sich schon ob ihrer einheitlichen Anwendung nicht als offensichtlich fehlerhaft darstellt, zumal der Beigeladene über die Qualifikation "Diplom-Ingenieur Hochbau" nicht verfügt.

3. In Ansehung des Umstandes, dass die Klägerin außer dem Beigeladenen und den vorerwähnten Architektinnen keine weiteren technischen Angestellten beschäftigt und auch von dem Beigeladenen keine freien gleichwertigen oder schlechteren Arbeitsplätze aufgezeigt worden sind, war das die Erteilung der Zustimmung betreffende Entschließungsermessen der Beklagten auf Null reduziert.


II.

Die Kostenentscheidung ist nach Maßgabe der §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 2 S. 2 und Abs. 3, 188 S. 2 VwGO ergangen.

Referenznummer:

R/R2163


Informationsstand: 24.04.2006