Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.
I.
Die Kündigung ist nicht gemäß
§ 1 Abs. 1, 2 KSchG sozial ungerechtfertigt und damit rechtsunwirksam. Sie ist durch Gründe bedingt, die in der Person des Klägers liegen.
Nach den vom 2. Senat des Bundesarbeitsgerichts zur Kündigung wegen häufiger (Kurz-) Erkrankungen entwickelten Grundsätzen (
vgl. nur
BAG, Urteil vom 10.11.2005 -
2 AZR 44/05 - NZA 2006, 655, 656 unter B.I.2.a; vom 07.11.2002 -
2 AZR 599/01 - AP
KSchG 1969 § 1 Krankheit
Nr. 40 unter B.I.2.b; vom 20.01.2000 -
2 AZR 378/99 - NZA 2000, 768 unter B.III.2, jeweils m. w. N.) ist die Wirksamkeit einer Kündigung wegen häufiger (Kurz-)Erkrankungen in drei Stufen zu prüfen:
Danach ist zunächst - erste Stufe - eine negative Gesundheitsprognose erforderlich. Es müssen, und zwar abgestellt auf den Kündigungszeitpunkt, objektive Tatsachen vorliegen, die die Besorgnis weiterer Erkrankungen im bisherigen Umfang befürchten lassen. Häufige Kurzerkrankungen in der Vergangenheit können indiziell für eine entsprechende künftige Entwicklung des Krankheitsbildes sprechen. Dies gilt allerdings nicht, wenn die Krankheiten ausgeheilt sind. Bei einer negativen Indizwirkung hat der Arbeitnehmer gemäß § 138
Abs. 2
ZPO darzulegen, weshalb mit einer baldigen Genesung zu rechnen ist, wobei er seiner prozessualen Mitwirkungspflicht schon dann genügt, wenn er die Behauptungen des Arbeitgebers nicht nur bestreitet, sondern seinerseits vorträgt, die ihn behandelnden Ärzte hätten die gesundheitliche Entwicklung positiv beurteilt, und wenn er die behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht entbindet. Alsdann ist es Sache des Arbeitgebers, den Beweis für das Vorliegen einer negativen Gesundheitsprognose zu führen.
Die prognostizierten Fehlzeiten sind nur dann geeignet, eine krankheitsbedingte Kündigung sozial zu rechtfertigen, wenn sie auch zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen, was als Teil des Kündigungsgrundes - zweite Stufe - festzustellen ist. Dabei können neben Betriebsablaufstörungen auch wirtschaftliche Belastungen des Arbeitgebers, etwa durch zu erwartende, einen Zeitraum von mehr als sechs Wochen im Jahr übersteigende Entgeltfortzahlungskosten, zu einer derartigen Beeinträchtigung betrieblicher Interessen führen.
Liegt eine solche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen vor, so ist in einem dritten Prüfungsschritt im Rahmen der nach § 1
Abs. 2
S. 1
KSchG gebotenen Interessenabwägung zu prüfen, ob diese Beeinträchtigungen vom Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hingenommen werden müssen. Dabei ist unter anderem zu berücksichtigen, ob die Erkrankungen auf betriebliche Ursachen zurückzuführen sind, ob und wie lange das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien zunächst ungestört verlaufen ist, ob der Arbeitgeber eine Personalreserve vorhält und etwa neben Betriebsablaufstörungen auch noch hohe Entgeltfortzahlungskosten aufzuwenden hatte. Ferner sind das Alter, der Familienstand und die Unterhaltspflichten sowie ggfs. eine Schwerbehinderung des Arbeitnehmers zu berücksichtigen (
vgl. insbesondere
BAG, Urteil vom 10.11.2005 -
2 AZR 44/05 - NZA 2006, 655, 656 unter B.I.2.a m. w. N.).
Nach diesen Grundsätzen gilt folgendes:
1.
Im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung war damit zu rechnen, dass der Kläger auch zukünftig jährlich in erheblichem Umfang krank als bedingt fehlen würde. Treten während der letzten Jahre jährlich mehrere (Kurz-) Erkrankungen auf, sprechen diese für ein entsprechendes Erscheinungsbild auch in der Zukunft. Der Arbeitgeber darf sich in solchen Fällen zunächst darauf beschränken, die Fehlzeiten in der Vergangenheit darzustellen und zu behaupten, in Zukunft seien Krankheitszeiten in entsprechendem Umfang zu erwarten (
BAG, Urteil vom 10.11.2005 - 2 AZR 44/05 - NZA 2006, 655, 657 unter B.I.2.b) aa) (2) m. w. N.). Indem die Beklagte die Krankheitszeiten des Klägers präzisiert nach Zahl, Dauer sowie zeitlicher Folge vorgetragen und die negative Zukunftsprognose dargestellt hat, ist sie im vorliegenden Rechtsstreit ihrer Darlegungslast nachgekommen.
Einer negativen Prognose steht auch nicht entgegen, dass die Fehlzeiten des Klägers auf verschiedenen prognosefähigen Erkrankungen beruhen. Solche verschiedenen Erkrankungen können den Schluss auf eine gewisse Krankheitsanfälligkeit des Arbeitnehmers zulassen und damit eine negative Prognose begründen (
BAG, Urteil vom 10.11.2005 - 2 AZR 44/05 - NZA 2006, 655, 657 unter B.I.2.b) aa) (2)).
Der Gutachter hat in seinem Gutachten sowie der ergänzenden Stellungnahme vom 20.8.2018 ausgeführt, dass bei Zugang der Kündigung objektiv von einer negativen Gesundheitsprognose auszugehen gewesen sei mit einer weiteren Vielzahl von mehr als sechs Wochen pro Jahr. Aus damaliger Sicht seien Fehlzeiten von bis zu 100 Tagen jährlich zu erwarten gewesen.
Der Gutachter führte hierzu im Kammertermin vom 20.1.2019 aus, dass aufgrund der regelmäßig aufgetretenen Arbeitsunfähigkeitszeiträume seit 2014 mit zukünftigen Fehlzeiten von mehr als sechs Wochen jährlich zu rechnen gewesen sei.
Die Krankschreibungen erfolgten wegen Rücken- und Schulterbeschwerden. Diese Beschwerden seien aus Sicht des Gutachters der überwiegenden Grund für die Krankschreibungen gewesen. Es sei daher aus gutachterlicher Sicht zu erwarten gewesen, dass diese Beschwerden auch in den nächsten Jahren auftreten.
Zudem war der Kläger immer wieder aufgrund erschien Erkältungsbeschwerden krankgeschrieben worden, so dass auch diesbezüglich von einer wiederkehrenden Erkrankung in einem Umfang auszugehen gewesen sei. Der Gutachter führte auf Befragung aus, dass man unterstellen müsse, dass der Kläger diesbezüglich krankheitsanfällig sei und daher zu erwarten sei, dass auch zukünftig zu Ausfällen kommt (Bl. 275 R der Akte).
Der Gutachter führte zwar aus, dass bei der Untersuchung des Klägers zur Erstattung des Gutachtens kein auffälliger Befund im Schulter- und Rückenbereich vorgefunden wurde. Es sei aber, so der Gutachter, durchaus davon auszugehen, dass die Beschwerden des Klägers in der Vergangenheit auf arbeitsbedingte Belastungsreaktion zurückzuführen sein. Nach der nachvollziehbaren Darstellung des Gutachters sei die einzig nachvollziehbare Erklärung für die Krankschreibungen wegen der Rücken und Schulterbeschwerden eine arbeitsbedingte Belastungsreaktion beim Kläger. Die Belastung dürfte durch die Arbeit entstanden sein, da dem Gutachter keine anderen körperlichen Belastung bekannt geworden sind,
z.B. durch sportliche Aktivitäten
etc. Der Gutachter führt zudem aus, dass die von den behandelnden Ärzten codierten Diagnoseschlüssel allgemein gehalten und unspezifisch gewesen seien. Genaue Diagnoseziffern seien nicht verwendet worden, so dass eine weitere Eingrenzung der Beschwerden nicht möglich war.
Nach dem erstatteten Gutachten geht die Kammer davon aus, dass sowohl wegen der Schulter- und Rückenbeschwerden wie auch wegen der in der Vergangenheit wiederholt aufgetretenen Erkältungsbeschwerden zukünftig mit Fehlzeiten in erheblichem Umfang, mithin mehr als sechs Wochen pro Jahr, zu rechnen gewesen war.
Die erste Stufe der Prüfung einer wirksamen krankheitsbedingten Kündigung - negative Gesundheitsprognose - liegt daher vor.
2.
Durch die in erheblichem Umfang zu erwartenden Arbeitsunfähigkeitszeiten in der Zukunft sind auch erhebliche wirtschaftliche Belastungen der Beklagten durch Zahlung zu erwartender Entgeltfortzahlungen zu erwarten gewesen. Gerade dadurch bedingt, dass in der Vergangenheit immer wieder unterschiedliche Erkrankungen
bzw. Neuerkrankungen attestiert wurden, ist davon auszugehen, dass auch bei entsprechend zu erwartenden Fehlzeiten hohe Entgeltfortzahlungsleistungen zu erbringen seien.
3.
Auch in der dritten Stufe liegen die Voraussetzungen einer krankheitsbedingten Kündigung vor. Die vorzunehmende Interessenabwägung geht zulasten des Klägers aus. Zwar ist der Kläger nach seinem Vorbringen zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet. Allerdings ist er noch relativ jung und das Arbeitsverhältnis bestand bei Zugang der Kündigung erst rund fünf Jahre. Die Kammer schätzt zudem die Arbeitsmarktchancen des Klägers als allgemein gut ein. Demgegenüber wiegt das Beendigungsinteresse der Beklagten schwerer. Das Arbeitsverhältnis wurde jedenfalls seit 2014 durch erhebliche krankheitsbedingte Fehlzeiten des Klägers belastet, die Beklagte hat erhebliche Entgeltfortzahlungen erbracht und Gleiches ist nach Überzeugung der Kammer auch für die Zukunft zu erwarten gewesen.
Ein milderes Mittel als die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ergibt sich nicht aus dem Vortrag des Klägers und ist auch nicht ersichtlich. Der Kläger hat auch in den entsprechenden BEM Verfahren keine Vorschläge gemacht, wie durch Maßnahmen am Arbeitsplatz die krankheitsbedingten Fehlzeiten zu reduzieren seien. Das gerichtliche Vorbringen des Klägers führt zu keinem anderen Ergebnis. Aus dem Vorbringen ergibt sich nicht, welche konkreten Maßnahmen die Beklagte hätte ergreifen können, die sich auf den Krankenstand des Klägers positiv hätten auswirken können.
4.
Die Kündigung ist auch nicht nach
§ 102 BetrVG unwirksam. Die Beklagte hat den bei ihr gebildeten Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß unterrichtet. Dies ist das Ergebnis der Beweisaufnahme durch die Kammer.
Wie die Betriebsratsvorsitzende der Beklagten, die Zeugin E, zur Überzeugung der Kammer glaubhaft bestätigt hat, sind die Unterlagen zur Anhörung des Betriebsrats am 14.7.2017 per E-Mail bei dem Betriebsrat eingegangen. Die Zeugin hat bestätigt, dass die E-Mail an den Betriebsrat durch Frau L am 14.7.2017 um 17:43 Uhr übersandt worden ist. Der Vorgang sei sodann durch den stellvertretenden Vorsitzenden des Betriebsrats in der Betriebsratssitzung am 20.7.2017 bearbeitet worden. Bei dem Betriebsrat der Beklagten sei die Kommunikation per E-Mail zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat üblich. Es gebe hierfür einen Vorsitzenden-Verteiler, auf den auch der stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden Herr D Zugriff habe, so dass er die E-Mail von Frau L auch am 14.7.2017 erhalten habe. Die Zeugin hat zudem bestätigt, dass ausweislich des von ihr noch zuvor in Augenschein genommenen Sitzungsprotokolls der Betriebsrat am 20.7.2017 die Maßnahme thematisiert habe und eine Stellungnahme des Betriebsrats nicht erfolgt ist.
Für die Kammer stand daher fest, dass der Betriebsrat die Anhörung zur beabsichtigten Kündigung des Klägers bereits am 14.7.2017 erhalten hat, da auf dem im Betrieb üblichen Weg der E-Mail Übersendung die E-Mail an die Vorsitzenden übergeben wurde. Eine Stellungnahme des Betriebsrats ist nicht innerhalb der Frist des § 102
BetrVG eingegangen. Bei Zugang des Kündigungsschreibens am 26.4.2017 war die Frist jedenfalls abgelaufen.
Hinsichtlich des Inhalts der Betriebsratsanhörung sind keine Unrichtigkeiten gegeben. Die Anhörung ist vielmehr ordnungsgemäß. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen des Klägers. Die Beklagte hat den Betriebsrat mit den üblichen Formularen vollumfänglich über die Hintergründe der beabsichtigten Kündigung informiert, so dass der Betriebsrat in der Lage war, sich ein eigenes Bild von den zur Kündigung führenden Umstände zu machen. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Hälfte der Mitglieder des BEM Teams unstreitig aus Betriebsratsmitgliedern bestand, die auch in dem BEM Verfahren des Klägers beteiligt waren. Zweifel an einer vollständigen Unterrichtung des Betriebsrats bestehen daher für die Kammer nicht.
Die streitgegenständliche Kündigung vom 26.7.2017 ist daher sozial gerechtfertigt und hat das Arbeitsverhältnis mit Ablauf der einschlägigen Kündigungsfrist zum 30.9.2017 beendet.
III.
Über den Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers war nicht zu entscheiden, da dieser als unechter Hilfsantrag nur für den Fall des Obsiegens des Klägers gestellt war.
IV.
Die geltend gemachten Zahlungsansprüche stehen dem Kläger nicht zu, da der Kläger nach Ablauf der Kündigungsfrist keine weiteren Zahlungen verlangen kann.
V.
Der Kläger trägt als unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits § 91
ZPO, § 6 40
Abs. 2 Arbeitsgerichtsgesetz.
Die Streitwertfestsetzung erfolgte im Urteil gemäß § 61
Abs. 1 Arbeitsgerichtsgesetz. Für den Bestandsschutzantrag sind drei Bruttomonatsgehälter berücksichtigt worden. Hinzuzusetzen war der Wert der Zahlungsanträge.