Die Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist daher zulässig. Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Jedenfalls im Ergebnis zu Recht hat das Arbeitsgericht Brandenburg an der Havel der Klage stattgegeben. Insofern war die Berufung zurückzuweisen.
Es bestehen jedoch durchgreifende Bedenken an der Tatsachengrundlage hinsichtlich der vom Arbeitsgericht vorgenommenen Interessenabwägung. Zu Recht verweist die Beklagte darauf, dass auf Seite 109 des
BKK-Gesundheitsreports für die Altersgruppe des Klägers und das Land Brandenburg nicht 26,7, sondern 33,3 Arbeitsunfähigkeitstage angegeben werden. Darüber hinaus hat das Arbeitsgericht nicht berücksichtigt, dass in dem Gesundheitsreport von Arbeitsunfähigkeitstagen (also Kalendertagen) ausgegangen wird, während die Beklagte Arbeitstage zugrunde gelegt hat. Auch wird offensichtlich dem Unterschied keine Bedeutung beigemessen, dass die arbeitsgerichtliche Rechtsprechung bei der Prüfung der zweiten Stufe Tage ohne Entgeltzahlung nicht berücksichtigt, wenn es um die künftigen finanziellen Belastungen geht, während darauf der Gesundheitsreport nicht abstellt. Damit entsprechen die vom Arbeitsgericht herangezogenen 35 Arbeitstage (7 volle Wochen) 49 Arbeitsunfähigkeitstagen (ebenfalls 7 volle Wochen). Insofern liegen die vielen Erkrankungszeiten des Klägers ganz erheblich über den Daten, von denen das Arbeitsgericht meint, sie zu Gunsten des Klägers berücksichtigen zu können.
Zwischen den Parteien ist auch nach dem Berufungstermin streitig geblieben, inwiefern in der Vergangenheit aufgetretene Arbeitsunfähigkeitszeiten prognosefähig sind, weil die zugrunde liegenden Erkrankungen möglicherweise nicht ausgeheilt sind. Die Beklagte hat für ihre Behauptung zuletzt ein Sachverständigengutachten als Beweis angeboten. Dieser Beweis musste jedoch nicht erhoben werden, da sich die Unwirksamkeit der Kündigung schon deswegen ergibt, weil der Betriebsrat nicht ordnungsgemäß angehört worden war (
§ 102 Abs. 1 S. 1 BetrVG).
Nach dieser Norm ist eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung unwirksam. Der notwendige Inhalt der insofern erforderlichen Unterrichtung richtet sich nach Sinn und Zweck der Anhörung, die darin besteht, den Betriebsrat in die Lage zu versetzen, sachgerecht zu Gunsten des Arbeitnehmers auf den Arbeitgeber einwirken zu können. Insofern soll der Betriebsrat die Stichhaltigkeit und Gewichtigkeit der Kündigungsgründe überprüfen und sich über sie eine eigene Meinung bilden können (
BAG 16.07.2015 -
2 AZR 15/15 - juris Rn. 14). Eine hierbei zwar vermeidbare, aber unbewusst erfolgte, "bloß" objektive Fehlinformation führt zwar für sich genommen noch nicht zur Unwirksamkeit der Kündigung. Überdies ist unerheblich, ob der Arbeitgeber bei größerer Sorgfalt die richtige Sachlage hätte kennen können. Maßgeblich ist vielmehr, ob er subjektiv gutgläubig und ob trotz objektiv falscher Unterrichtung dem Sinn und Zweck der Betriebsratsanhörung genüge getan ist. Dies ist bei solchen Konstellationen dann der Fall, wenn sich der Inhalt der Unterrichtung mit dem tatsächlichen Kenntnisstand des Arbeitgebers deckt und der Betriebsrat damit auf derselben Tatsachenbasis wie dieser auf dessen Kündigungsabsicht einwirken kann (
BAG aaO Rn. 17).
Bei Anwendung dieser Grundsätze war die Anhörung des Betriebsrats fehlerhaft mit der Folge, dass die Kündigung unwirksam ist. In der Betriebsratsanhörung waren die Fehlzeiten für das Jahr 2017 mit insgesamt 71 Arbeitstagen angegeben worden. Hierbei war vergessen worden, 34 Fehltage ohne Entgeltfortzahlung aufzulisten (Bl. 56 der Akte). Gleiches gilt für die Zusammenfassung am Ende der Betriebsratsanhörung (Bl. 59 der Akte). Hierbei handelt es sich auch nicht um eine kleinere, möglicherweise zu vernachlässigende Abweichung. Für das Jahr 2016 hatte die Beklagte insgesamt 45 Arbeitstage als Fehltage angegeben, wobei 26 Arbeitstage korrekt als solche ohne Entgeltfortzahlung aufgelistet waren. Damit verblieben in diesem Kalenderjahr zulasten des Klägers nur 19 Arbeitstage, für die Entgeltfortzahlung zu leisten war. Im Jahr 2017 wären dies bei korrekter Darstellung "nur" 37 Arbeitstage mit Entgeltfortzahlung gewesen, was knapp über den 30 Arbeitstagen (6 Wochen) gelegen hätte, für die ein Arbeitgeber nach der Rechtsprechung aufzukommen hat. Damit wird gegenüber dem Betriebsrat jedenfalls für dieses Jahr ein stark abweichendes Bild gezeichnet.
Die Betriebsratsanhörung wird auch nicht deswegen ordnungsgemäß, weil in der Rubrik der aufgelisteten Kosten der Entgeltfortzahlung für das Jahr 2017 Beträge angegeben werden, die in der Höhe derjenigen entsprechen dürften, die bei Berücksichtigung der Fehltage ohne Entgeltfortzahlung angefallen sind. Es ist nicht ersichtlich, dass der Betriebsrat das Rechenwerk der Beklagten insofern auf Schlüssigkeit überprüft, den entsprechenden Fehler bei der Angabe der Fehltage für das Jahr 2017 erkannt und damit auf richtiger Tatsachenbasis die Kündigungsabsicht der Beklagten überprüft hätte.
Die Beklagte hat die Kosten des erfolglosen Rechtsmittels zu tragen (§ 97
ZPO).
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 72
Abs. 2
ArbGG) liegen nicht vor. Insofern ist gegen dieses Urteil ein Rechtsmittel nicht gegeben.