I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Kläger einen Anspruch auf Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen gegen die Beklagte hat.
Der 1956 geborene Kläger hat zunächst eine Ausbildung zum Maler gemacht. Danach war er seit 1974 bei der Firma K. als Kranfahrer beschäftigt und wechselte dann bei demselben Arbeitgeber nach Bremen, der heute als
S. firmiert.
Mit Datum vom 19.08.2003 stellte er einen Antrag auf Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen bei der Beklagten. Zur Begründung führte er an, dass sein Arbeitsverhältnis wegen seiner Behinderung gefährdet sei. Darüber hinaus sei sein Arbeitsverhältnis auch durch Rationalisierungsmaßnahmen seines Arbeitgebers (FIT-Prozess) bedroht. Bei ihm sei ein Grad der Behinderung (
GdB) von 40 festgestellt worden. Zur Begründung reichte er einen Bescheid der Nordwestlichen Eisen- und Stahl- Berufsgenossenschaft, Bezirksverwaltung Bremen, mit Datum vom 27.01.1999 ein, aus dem hervorgeht, dass bei ihm aufgrund eines Arbeitsunfalls am 26.04.1976 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (
MdE) von 20 festgestellt worden sei. Als Folge des Arbeitsunfalls sei der Verlust des linken Daumens einschließlich des ersten Mittelhandknochens und eines Teiles des Vieleckbeines anerkannt worden. Außerdem seien Narben im Absetzungsbereich und der Verlust des normalen Spitzgriffes feststellbar. Er reichte ferner einen Neufeststellungsbescheid des Versorgungsamtes Bremen vom 22.04.1994 ein, aus dem hervorgeht, dass als Behinderung zuerst das
BG-leiden und 2. ein rezidivierendes Lendenwirbelsäulensyndrom bei Bandscheibenschaden und Operation im Mai 1991 anerkannt sei. Insgesamt werde der
GdB mit 40 festgestellt.
Aus der beigefügten Stellungnahme der Schwerbehindertenvertretung der
S. ergibt sich, dass aufgrund des Daumenverlustes einschließlich des ersten Mittelhandknochens der linken Hand starke Funktionseinschränkungen der Hand und der Greiffähigkeit der Finger festzustellen seien. Ein Arbeitsversuch, in dem er die frühere Tätigkeit als Kranfahrer verrichten sollte, sei fehlgeschlagen, da er aufgrund der Funktionseinschränkungen, an der linken Hand die erforderlichen Tätigkeiten nicht mehr ausführen konnte. Eine Bandscheibenoperation habe keine nennenswerten Verbesserungen gebracht. Von einer erneuten Operation sei von ärztlicher Seite abgeraten worden. Der Kläger sei daher auf die ständige Einnahme von Medikamenten angewiesen, die ihn in seiner Leistungsfähigkeit stark beeinträchtigen würden. Langes Stehen, Gehen, Laufen, Sitzen, Überkopfarbeiten und schweres Heben soll er vermeiden. Auch würde das Treppensteigen, sowie das Heben und Tragen von Lasten bei ihm Schmerzen verursachen. Er gehöre mit diesen Einschränkungen zu dem Personal, dass aufgrund eines Rationalisierungsprozess mit einem Gesamt-Personalabbau von 1700 Mitarbeitern freigesetzt werden solle. Die Gleichstellung sei erforderlich, damit er in den Genuss des Kündigungsschutzes für Schwerbehinderte komme sowie auch begleitende Hilfe in Anspruch nehmen könne. Der Kläger arbeite wegen seiner gesundheitlichen Beeinträchtigungen zzt. als Wasseraufbereitungsmaschinist.
Die Beklagte holte mit Schriftsatz vom 22.08.2003 Stellungnahmen von der Schwerbehindertenvertretung, dem Betriebsrat und der Personalabteilung ein und hörte den Kläger zu dem Antrag an. Die Schwerbehindertenvertretung gab in ihrer Stellungnahme vom 03.09.2003 an, dass der Kläger aus Gesundheitsgründen nicht mehr als Kranfahrer arbeite, sondern als Wasseraufbereitungsmaschinist eingesetzt sei. Wegen der Behinderung würden häufige Fehlzeiten auftreten, der Arbeitseinsatz sei gesundheitsbedingt eingeschränkt und die betrieblichen Einsatzmöglichkeiten seien gering. Der jetzige Arbeitsplatz sei im Rahmen von Umstrukturierungsmaßnahmen gefährdet. Daher werde eine Arbeitsplatzanpassung beantragt. Weder sei eine Kündigung ausgesprochen worden noch habe man einen Aufhebungsvertrag vereinbart. Der Arbeitsplatz sei sowohl aus behinderungsbedingten Gründen als auch wegen der Rationalisierungsmaßnahmen gefährdet. Der Betriebsrat schloss sich dieser Stellungnahme mit Schriftsatz vom 03.09.2003 an. Die Personalabteilung nahm nicht Stellung. Der Kläger führte in seiner Stellungnahme vom 06.11.2003 aus, dass er als Wasseraufbereitungsmaschinist derzeit beschäftigt sei. Durch die gesundheitlichen Einschränkungen sei er bei den Rationalisierungsmaßnahmen besonders gefährdet. Sollte ihm die Gleichstellung verwehrt werden, würde er seinen jetzigen Arbeitsplatz verlieren und kaum eine Möglichkeit bestehen, einen anderen Arbeitsplatz ohne damit verbundene Nachteile wiederzuerlangen. Die jetzige Tätigkeit könne er mit seinen behinderungsbedingten Einschränkungen weiter ausführen.
Mit Bescheid vom 19.02.2004 lehnte die Beklagte die Gleichstellung des Klägers mit schwerbehinderten Menschen ab.
Dagegen legte der Kläger mit Datum vom 16.03.2004 Widerspruch ein. Wegen des Arbeitsunfalls habe er die Tätigkeit als Kranfahrer aufgeben müssen. Den neuen Arbeitsplatz habe er im Zusammenwirken mit der Schwerbehindertenvertretung erlangt. Das sog. PE-Vor-Ort-Team, das die Rationalisierung im Betrieb durchführe, habe ihm mitgeteilt, dass er zur Mitte des Jahres freigesetzt werden solle. Nur mit Hilfe der Gleichstellung könne er seinen jetzigen geeigneten Arbeitsplatz behalten. In gleicher Weise nahm die Schwerbehindertenvertretung am 13.05.2004 noch einmal Stellung. Der Arbeitsplatz würde in Zukunft entfallen. Der Kläger solle in das sog. Entwicklungs- und Einsatzzentrum (EEC) versetzt werden. Dort solle er auf einen neuen Arbeitsplatz innerhalb oder außerhalb der Hütte orientiert werden. Auch ein Personalverleih sei nicht ausgeschlossen. Ein konkreter zukünftiger Arbeitsplatz sei noch nicht bekannt. Die Gleichstellung sei für die Unterstützung des Integrationsamtes bei der Suche und Ausstattung eines geeigneten Arbeitsplatzes erforderlich. Nur so könne auch die Hilfe des Integrationsberaters erfolgen. Zumindest sei für diesen Prozess eine Gleichstellung bis zum 01.01.2007 erforderlich, die dann
ggf. verlängert werden könne.
Mit dem Widerspruchsbescheid vom 23.12.2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie an, dass das Rechtsinstitut der Gleichstellung vor allem der Erlangung und Erhaltung von Arbeitsplätzen diene. Es habe daher nur arbeitsrechtliche Bedeutung und schließe keine weiteren Rechte ein. Die Gleichstellung setze voraus, dass ein geeigneter Arbeitsplatz ohne die Hilfe des Gesetzes nicht gesichert sei. Diese Sicherung müsse von der Gleichstellung abhängen. Mit ihr müssten auch die besonderen behinderungsbedingten Schwierigkeiten behoben werden können.
Daher müssten für die Gleichstellung besondere Tatsachen vorliegen, die einen besonderen Schutz des schwerbehinderten Menschen erfordern. Voraussetzung für die Gleichstellung sei neben einer behinderungsbedingten Beeinträchtigung bei der Ausübung der beruflichen Tätigkeit eine Gefährdung des Arbeitsplatzes, die in ursächlichem Zusammenhang mit den anerkannten Behinderungen stehe. In den Behinderungen selbst, also in ihrer Art und Schwere, müsse die Schwierigkeit der Erhaltung eines dauerhaften Arbeitsplatzes liegen. Daher bedürfte es konkreter Feststellungen, dass der Betroffene wegen seiner Behinderung seinen Arbeitsplatz nicht behalten könne. Der Kläger habe dargelegt, aufgrund seiner anerkannten Behinderung in seiner beruflichen Tätigkeit eingeschränkt zu sein. Eine konkrete behinderungsbedingte Gefährdung des Arbeitsplatzes habe er aber nicht nachweisen können. Vielmehr sei ein eventueller künftiger Wegfall des derzeitigen Arbeitsplatzes auf betriebliche Umstrukturierungsmaßnahmen zurückzuführen, die alle Arbeitnehmer, unabhängig von gesundheitlichen Einschränkungen, gleichermaßen betreffen würden. Auch wenn der Kläger nicht mehr an seinen jetzigen Arbeitsplatz verbleiben könne, sei nicht erkennbar, dass ohne die Gleichstellung die Weiterbeschäftigung im Unternehmen oder auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf einem behinderungsgerechten Arbeitsplatz nicht mehr möglich sei. Um das Unternehmen neu auszurichten, sei dass EEC eingerichtet worden. Dieses steuere und begleite die Mitarbeiter bis zum Verbleib auf einem neuen Arbeitsplatz innerhalb und außerhalb der
S. Z.Z. sei nicht ersichtlich, dass aufgrund einer solchen Umsetzung besondere Hilfen nötig seien. Darüber hinaus habe der Arbeitgeber gegenüber Arbeitnehmern mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen eine erhöhte Fürsorgepflicht. Es sei nicht ersichtlich, dass dieser seiner Fürsorgepflicht nicht nachkomme oder künftig nicht nachkommen werde. Ggf. könne der Kläger einen erneuten Antrag auf Gleichstellung stellen, wenn der Bedarf an besonderen Hilfen erkennbar werde. Die Voraussetzungen für eine Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen sei daher aus den o.g. Gründen nicht gegeben.
Mit der am 06.01.2005 erhobenen Klage verfolgt der Kläger seinen Anspruch weiter.
II. Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, sie ist auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch, von der Beklagten schwerbehinderten Menschen gleichgestellt zu werden.
Der Kläger kann ohne die Gleichstellung keinen geeigneten Arbeitsplatz erlangen oder nicht behalten. Nach
§ 2 Abs. 3 SGB IX sollen behinderte Menschen mit einem
GdB von weniger als 50, aber wenigstens 30, bei denen die übrigen Voraussetzungen des § 2
Abs. 2
SGB IX vorliegen, schwerbehinderten Menschen gleichgestellt werden, wenn sie infolge ihrer Behinderung ohne die Gleichstellung einen geeigneten Arbeitsplatz im Sinne des
§ 73 SGB IX nicht erlangen oder nicht behalten können ( gleichgestellte behinderte Menschen). Voraussetzung für die Gleichstellung ist daher zunächst das Vorliegen einer Behinderung. Nach § 2
Abs. 1
SGB IX sind Menschen behindert, deren körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist.
Mit dem
SGB IX hat der Gesetzgeber einen Paradigmenwechsel beim Verständnis von Behinderung vorgenommen. Behinderung wird danach nicht mehr als Auswirkung einer nicht nur vorübergehenden Einschränkung der Funktionsfähigkeit sondern als beeinträchtigte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft angesehen. Damit wird Behinderung nicht mehr als individuelle Eigenschaft oder funktionale Einschränkung, sondern als Teilhabestörung begriffen. Durch diesen Paradigmenwechsel wird Behinderung nicht mehr als individuelle Eigenschaft, sondern als soziales Verhältnis beschrieben. Hintergrund für dieses neue Verständnis ist die Definition der Weltgesundheitsorganisation (
WHO), die in ihrer Vollversammlung im Mai 2001 ein neues Konzept zur "Internationalen Klassifikation der Funktionsfähigkeit (Functioning), Behinderung (Disability) und Gesundheit (Health) (
ICF)" beschlossen hat. Mit der
ICF sollen mögliche Beeinträchtigungen in den Bereichen der Funktionen und Strukturen des menschlichen Organismus, der Aktivitäten einer Person und der Teilhabe am gesellschaftlichen Leben vor dem Hintergrund einer vorhandenen sozialen und physischen Umwelt abgebildet werden, um die funktionale Gesundheit einer Person zu beschreiben. Behinderung ist danach die negative Wechselwirkung auf die Möglichkeit an der Teilhabe an der Gesellschaft zwischen einer Person mit Gesundheitsproblemen und den Kontextfaktoren. Die Kontextfaktoren können sowohl in Bedingungen und Einstellungen der Umwelt als auch in den individuellen Voraussetzungen wie Bildung und Motivation bestehen. Damit beinhaltet Behinderung im Arbeitsleben auch die soziale Stellung behinderter Arbeitnehmer im Betrieb und die Reaktionsweisen des Arbeitgebers auf Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen. Wie aus dem Bescheid der Beklagten unzweifelhaft hervorgeht, ist dieses Verständnis des Gesetzgebers der Entscheidung nicht zugrunde gelegt worden, sondern ein verkürzter, auf Schädigung und Funktionsbeeinträchtigung reduzierter Behinderungsbegriff.
Die Beklagte hat daher zu Unrecht nicht geprüft, welche Auswirkungen die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers insgesamt auf seine berufliche Teilhabe haben, sondern eine monokausale Beziehung zwischen schädigungs- und funktionsbezogenen Auswirkungen der gesundheitlichen Einschränkungen auf die Gefährdung des Arbeitsplatzes zur Vorraussetzung der Gleichstellung gemacht. Das falsche Verständnis von Behinderung führt dazu, dass sie den bereits erfolgten Verlust des vorher geeigneten Arbeitsplatzes als Wasseraufbereitungsmaschinist nicht als Teilhabeeinschränkung wegen der Behinderung begreift, sondern darin lediglich die Folge rationalisierungsbedingter Versetzungsmaßnahmen erkennen kann.
Ebenso fehl geht die Beklagte mit ihrem Verständnis von der Funktion der Gleichstellung. Es liegt ihrer Entscheidung eine durch das Gesetz nicht gedeckte Verengung der Funktion der Gleichstellung auf die reine arbeitsrechtliche Bedeutung des Kündigungsschutzes vor. Entgegen der Auffassung der Beklagten schließt die Gleichstellung weit reichende Rechte ein, die weit über das Zustimmungserfordernis des Integrationsamtes im Kündigungsverfahren (
§ 85 SGB IX) hinausgehen. Mit der Gleichstellung haben Schwerbehinderten gleichgestellte Menschen mit Ausnahme des Anspruches auf Zusatzurlaub im Rahmen des
§ 125 SGB IX und der unentgeltlichen Beförderung im öffentlichen Verkehr
gem. Kapitel 13
SGB IX sämtliche Rechte, die auch schwerbehinderten Menschen zustehen. Dazu gehört insbesondere nach
§ 81 Abs. 4 SGB IX der Anspruch auf eine Beschäftigung auf einem Arbeitsplatz, der den Fähigkeiten und Kenntnissen entspricht, auf die bevorzugte Berücksichtigung bei innerbetrieblichen Fortbildungsmaßnahmen, auf die behindertengerechte Einrichtung und Erhaltung der Arbeitsstätte und die Ausstattung des Arbeitsplatzes mit erforderlichen technischen Arbeitshilfen. Nach
§ 83 SGB IX können gleichgestellte behinderte Arbeitnehmer ebenso die Integrationsvereinbarung in Anspruch nehmen wie schwerbehinderte Arbeitnehmer und sind nach
§ 84 SGB IX in den Bereich präventiver Unterstützung einbezogen. Die Beklagte verkennt daher vollständig die Funktion der Gleichstellung, die gesundheitlich eingeschränkte Mitarbeiter mit dem Instrumentarium des Teil 2 des
SGB IX in Beschäftigung halten soll und ihnen einen behindertengerechten Arbeitsplatz im Betrieb sichern soll, sodass sie ihr Recht auf Teilhabe am Arbeitsleben möglichst voll und ohne Benachteiligungen verwirklichen können. Bereits die drohende Versetzung in das EEC, stellt eine Gefährdung des vorhandenen Arbeitsplatzes dar, durch den die Teilhabe am Arbeitsleben gefährdet wird und einen Anspruch auf Gleichstellung begründet. Zweck der Gleichstellung ist es daher, Wettbewerbsnachteile, die behinderte Menschen mit einem
GdB von 30 bis unter 50 erleiden, wenn möglich zu vermeiden, auszugleichen oder zumindest zu reduzieren.
Auch bei der Frage, ob der Arbeitsplatz infolge der Behinderung gefährdet ist oder nur durch allgemeine Rationalisierungsmaßnahmen gefährdet wird, hat die Beklagte das Recht falsch ausgelegt. Es kommt eben nicht auf eine monokausale Beziehung zwischen einer Schädigung und der Absicht des Arbeitgebers an, einen behinderten Arbeitnehmer auf einen anderen Arbeitsplatz zu versetzen. Unstreitig war Ausgangspunkt der sog. FIT-Prozess in dem Unternehmen, mit dem die wirtschaftliche Ertragsfähigkeit des Betriebes gesteigert werden soll. Wie der Zeuge P. der Personalabteilung des Arbeitgebers in der mündlichen Verhandlung vom 01.07.2005 anschaulich darstellte, geht es darum, die gleichen Produktionsergebnisse mit 1700 Planstellen weniger zu erreichen. Daher wurde jeder Arbeitsplatz auf seine Notwendigkeit, seine Arbeitsplatzanforderungen und den möglichen Wegfall hin überprüft. War ein Arbeitnehmer in der Lage, auch die künftigen Arbeitsplatzanforderungen uneingeschränkt zu erfüllen und war der Arbeitsplatz weiterhin für den Betriebsablauf erforderlich, wurde er nicht in das EEC übernommen, sondern verblieb auf seinem bisherigen Arbeitsplatz. Alle anderen Arbeitnehmer, deren Arbeitsplatz entweder nicht mehr benötigt wurde oder die aufgrund ihrer gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht mehr in der Lage waren, die künftigen Arbeitsplatzanforderungen zu erfüllen, wurden in das EEC versetzt. Davon waren vorzugsweise Mitarbeiter mit gesundheitlichen Einschränkungen betroffen, wie an dem Anteil gesundheitlich beeinträchtigter Arbeitnehmer von 20 % an der Gesamtzahl der 400 Mitarbeiter des EEC leicht erkennbar ist.
Mit der Versetzung des Klägers in das EEC hat er daher einen für ihn geeigneten und auf seine Behinderung abgestellten Arbeitsplatz verloren. Dieses war u.a. Folge der nicht rechtzeitig erfolgten Gleichstellung durch die Beklagte. Es steht daher außer Frage, dass die Versetzung des Klägers und damit der Verlust des vorherigen Arbeitsplatzes auch aus behinderungsbedingten Gründen erfolgt. Dabei ist es völlig unerheblich, dass der Kläger noch zu gleichem Lohn in dem Unternehmen weiterbeschäftigt wird. Durch den Verlust des Arbeitsplatzes und seinen wechselnden Einsatz im Rahmen der Beschäftigung im EEC ist belegt, dass der Kläger - zumindest im Rahmen der wesentlich mitwirkenden Ursache - wegen seiner Behinderung seinen Arbeitsplatz nicht behalten konnte. Eine Gleichstellung hätte ihn möglicherweise davor bewahrt, da eine Versetzung ohne Einverständnis des Klägers nur im Rahmen einer Änderungskündigung möglich gewesen wäre, die der Zustimmung des Integrationsamtes bedarf. Damit hätte der Kläger bei rechtzeitiger Gleichstellung auf seinem alten, auf die Behinderung zugeschnittenen Arbeitsplatz möglicherweise weiterbeschäftigt werden können.
Er benötigt die Gleichstellung aber auch, um einen anderen geeigneten Arbeitsplatz zu erlangen. Durch den massiven Arbeitsplatzabbau von 1700 Planstellen wird es für den Kläger aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen und seiner eingeschränkten Einsatzfähigkeit erheblich schwieriger als bei einem nicht behinderten Mitarbeiter der Fall ist, einen geeigneten Arbeitsplatz zu erlangen. Wie das
BSG bereits im Urteil vom 02.03.2000 - (Az.
B 7 AL 46/99 R) festgestellt hat, hat die Gleichsetzung mit schwerbehinderten Menschen zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes bereits zu erfolgen, wenn noch kein konkreter Arbeitsplatz benannt werden kann. Entgegen der Darstellung der Beklagten kommt es nicht darauf an, dass der Kläger schon einen konkreten Arbeitsplatz benennen und die konkret erforderliche Hilfe beschreiben können muss. Es kommt vielmehr darauf an, in dem Suchprozess im Rahmen der Beschäftigung des Klägers im EEC Wettbewerbsnachteile auszugleichen. Das kann in geeigneter Weise durch die Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen geschehen. Er kommt dadurch in den Genuss der Beratung und Unterstützung durch das Integrationsamt. Insbesondere die Hilfen nach
§ 102 Abs. 1 Nr. 3 SGB IX im Rahmen der begleitenden Hilfe im Arbeitsleben können für den Kläger eine wesentliche Hilfe sein, einen geeigneten Arbeitsplatz zu finden. Diese Ansprüche kommen ausschließlich schwerbehinderten und gleichgestellten Menschen zu Gute.
Wie bereits aus dem Entwicklungsplan vom 20.04.2005 hervorgeht, steht der Kläger in Gefahr, einen wesentlichen beruflichen Abstieg zu erleiden und möglicherweise auf Tätigkeiten verwiesen zu werden, die er aufgrund seiner gesundheitlichen Einschränkungen nur teilweise ausführen kann. Der Kläger hat vor seiner Versetzung ins EEC vor allem eine Facharbeitertätigkeit als Wasseraufbereitungsmaschinist ausgeübt. Entsprechend wurde er auch entlohnt. Als Zieltätigkeiten werden dagegen angegeben: Tätigkeiten als Fahrer, Malerarbeiter, nicht weiter konkretisierte Tätigkeiten im Umweltschutz und als Kauenwärter. Obgleich die Tätigkeit eines Kauenwärters bereits möglicherweise wegen der Rückenprobleme des Klägers ausscheidet, stellt sie auch eine erhebliche Dequalifizierung auf das Niveau einer Reinigungskraft für Waschräume dar. Lediglich die Steuertätigkeiten an maschinellen Anlagen würden in etwa seinem Fähigkeitsprofil und den Anforderungen auf dem vorherigen Arbeitsplatz entsprechen. Dabei käme es aber darauf an, die Bedienung der Anlage an die Einschränkungen durch die begrenzte Einsatzfähigkeit seiner linken Hand und der Wirbelsäulenprobleme anzupassen. Zur Verbesserung seiner Wettbewerbsfähigkeit mit anderen, nicht behinderter Arbeitnehmer, die auf den künftigen Arbeitsplätzen nach Abschluss der Rationalisierungsmaßnahmen eingesetzt werden sollen, ist eine Gleichstellung für die Erlangung eines solchen Arbeitsplatzes zwingend erforderlich.
In diesem Zusammenhang ist die Stellungnahme der Beklagten vom 26.11.2004 völlig unverständlich, in der der Kläger auf Tätigkeiten außerhalb des Unternehmens als Hausmeister, Concierge und für leichte Lager- und Magazinertätigkeiten "verwiesen" wird. Nach
§ 89 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB IX soll das Integrationsamt die Zustimmung zu Kündigung eines schwerbehinderten Arbeitnehmers in Betrieben und Dienststellen nur erteilen, die nicht nur vorübergehend wesentlich eingeschränkt werden, wenn die Gesamtzahl der weiterhin beschäftigten schwerbehinderten Menschen zur Erfüllung der Beschäftigungspflicht ausreicht. Dieses gilt nicht, wenn eine Weiterbeschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz desselben Betriebes oder derselben Dienststelle oder auf einem freien Arbeitsplatz in einem anderen Betrieb oder einer anderen Dienststelle desselben Arbeitgebers mit Einverständnis des schwerbehinderten Menschen möglich und für den Arbeitgeber zumutbar ist. Der Verweis der Beklagten auf andere Tätigkeiten außerhalb des Betriebes käme nur in Frage, wenn im Falle der Gleichstellung keine Beschäftigung auf einem anderen Arbeitsplatz desselben Betriebes oder derselben Dienststelle oder auf einem freien Arbeitsplatz in einem anderen Betrieb oder einer Dienststelle desselben Arbeitgebers möglich wäre. Das soll aber gerade vorrangig im EEC geprüft werden. So lange dieses möglich erscheint, wäre eine Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung unzulässig. Diese Verweisung auf Arbeitsplätze außerhalb des Unternehmens als Grund für die Ablehnung der Gleichstellung anzuführen, verkehrt denn Sinn der Gleichstellung in sein Gegenteil, da gerade die Umsetzung auf einen Arbeitsplatz in dem Betrieb und die Vermeidung der Kündigung mit der Gleichstellung erreicht werden soll. Mit dieser Begründung wird die präventive Funktion der Gleichstellung zur Vermeidung von Kündigungen völlig verkannt.
Die Entscheidung konnte auch in der Form der Verurteilung zur Gleichstellung ergehen, da das Ermessen der Beklagten auf null reduziert ist. § 2
Abs. 3
SGB IX gibt der Beklagten grundsätzlich ein gebundenes Ermessen, im Falle besonderer Konstellationen auch bei Vorliegen der Voraussetzungen von einer Gleichstellung abzusehen. Solche besonderen Bedingungen sind hier nicht erkennbar. Da die Voraussetzungen der Gleichstellung vorliegen, war dem Klageanspruch auf Gleichstellung mit schwerbehinderten Menschen im Rahmen der verbundenen Anfechtungs- und Leistungsklage stattzugeben.