I. Die nach § 64
ArbGG statthafte Berufung des Klägers ist gemäß §§ 66
Abs. 1, 64
Abs. 6
ArbGG i.V.m. §§ 517, 519
ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung ist somit zulässig.
II. In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg. Die Befristungskontrollklage ist unbegründet. Das Arbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien aufgrund wirksam vereinbarter Befristung am 31.12.2009 geendet hat. Das Arbeitsgericht hat außerdem zutreffend angenommen, dass der Kläger keinen Anspruch auf Schadensersatz oder Entschädigung aufgrund Benachteiligung wegen Behinderung hat. Seine Klage auf Zahlung von
EUR 2.300,00 ist deshalb ebenfalls unbegründet.
1. Das Arbeitsgericht hat die Befristungskontrollklage zu Recht abgewiesen. Die am 23.09.2008 vereinbarte Befristung des Arbeitsverhältnisses zum 31.12.2009 ist wirksam.
1.1. Nach § 14
Abs. 2 Satz 1
TzBfG ist die höchstens dreimalige Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags bis zur Gesamtdauer von zwei Jahren zulässig. Eine Verlängerung
i.S.d. § 14
Abs. 2 Satz 1
TzBfG setzt voraus, dass sie noch während der Laufzeit des zu verlängernden Vertrags vereinbart und nur die Vertragsdauer geändert wird, nicht aber die übrigen Arbeitsbedingungen. Andernfalls liegt der Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrags vor, der nach § 14
Abs. 2 Satz 2
TzBfG ohne Sachgrund unzulässig ist, da zwischen den Parteien bereits ein Arbeitsverhältnis bestanden hat (st. Rspr.,
vgl. BAG Urteil vom 19.10.2005 - 7 AZR 31/04 - NZA 2006, 154;
BAG Urteil vom 18.01.2006 - 7 AZR 178/05 - NZA 2006, 605; jeweils
m.w.N.).
Vorliegend handelt es sich bei der Vereinbarung vom 23.09.2008 um die erste Verlängerung eines nach § 14
Abs. 2 Satz 1
TzBfG befristeten Arbeitsvertrags. Der Kläger wurde durch Arbeitsvertrag vom 25.09.2007 befristet für die Zeit vom 01.02.2008 bis zum 31.12.2008 als Mitarbeiter für den Bereich Verkauf und Lager eingestellt. Die Verlängerung ist vor Ablauf der Laufzeit vereinbart worden. Durch den Verlängerungsvertrag vom 23.09.2008 wurde nur die Vertragsdauer geändert, die übrigen Arbeitsbedingungen wurden beibehalten. Die nach § 14
Abs. 2 Satz 1
TzBfG zulässige Höchstbefristungsdauer von insgesamt zwei Jahren wurde nicht überschritten.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist am 10.12.2008 kein neuer Arbeitsvertrag zwischen den Parteien zu Stande gekommen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der auch die Berufungskammer folgt, unterliegt die Änderung von Arbeitsbedingungen im laufenden Arbeitsverhältnis nicht der Befristungskontrolle. Eine Befristungskontrolle findet nur statt, wenn die Laufzeit des bisherigen Vertrags verändert wird (
vgl. BAG Urteil vom 19.10.2005 - 7 AZR 31/05 und Urteil vom 18.01.2006 - 7 AZR 178/05; a.a.O.). Die einvernehmliche Änderung der Arbeitsbedingungen während der Laufzeit eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags ist befristungsrechtlich nicht von Bedeutung. Eine derartige Vereinbarung unterliegt nicht der Befristungskontrolle. Sie enthält keine erneute, die bereits bestehende Befristungsabrede ablösende Befristung, die ihrerseits auf ihre Wirksamkeit überprüft werden könnte. Bei der sachgrundlosen Befristung kommt eine derartige Auslegung grundsätzlich nicht in Betracht (
BAG Urteil vom 19.10.2005 - 7 AZR 31/05 und Urteil vom 18.01.2006 - 7 AZR 178/05, a.a.O.).
Hier haben die Parteien am 23.09.2008 zunächst eine Verlängerungsvereinbarung abgeschlossen und sich zweieinhalb Monate später am 10.12.2008 auf eine Reduzierung des Arbeitsentgelts verständigt. Das ist bei der sachgrundlosen Befristung zulässig.
Entgegen der Ansicht des Klägers setzt eine nach § 14
Abs. 2
TzBfG zulässige Vertragsverlängerung nicht voraus, dass die Bedingungen des Ausgangsvertrags während der gesamten Vertragslaufzeit unverändert beibehalten werden. Der Begriff der Verlängerung in § 14
Abs. 2 Satz 1
TzBfG bezieht sich zwar ausschließlich auf die Laufzeit des Vertrags. Eine bloße Verlängerung lässt die übrigen Vertragsbestandteile unberührt. Das bedeutet aber nur, dass der im Zeitpunkt des Abschlusses der Verlängerungsvereinbarung bestehende Vertragsinhalt -abgesehen von der Vertragsdauer- nicht geändert werden darf. Diese am Gesetzeswortlaut orientierte Auslegung steht sowohl mit Sinn und Zweck der Regelung in § 14
Abs. 2 Satz 1
TzBfG als auch mit der Systematik der Befristungskontrolle in Einklang. Der Schutz des Befristungskontrollrechts greift im Zeitpunkt der Vereinbarung der Befristung ein. Während der Vertragslaufzeit eintretende Umstände sind für die Wirksamkeit der Befristung nicht von Bedeutung. Dies gilt auch für Vertragsverlängerungen. Durch die Beschränkung mehrfacher sachgrundloser Befristungen auf Vertragsverlängerungen in § 14
Abs. 2 Satz 1
TzBfG soll der Arbeitnehmer davor geschützt werden, dass der Arbeitgeber die zeitlich begrenzte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nach § 14
Abs. 2 Satz 1
TzBfG davon abhängig macht, dass der Arbeitnehmer geänderte Arbeitsbedingungen akzeptiert oder dass der Arbeitnehmer durch das Angebot anderer -
ggf. für ihn günstigerer - Arbeitsbedingungen zum Abschluss eines weiteren sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags veranlasst wird. Dieser Schutzzweck des § 14
Abs. 2 Satz 1
TzBfG greift nur bei Abschluss des Verlängerungsvertrags ein. Vereinbarungen über die Änderung von Arbeitsbedingungen während der Laufzeit eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags werden davon nicht erfasst. Dadurch werden die Vertragsbedingungen nur für die restliche Laufzeit des Vertrags und nicht in Verbindung mit einem weiteren befristeten Anschlussvertrag geändert. Allein die möglicherweise bei dem Arbeitnehmer bestehende Erwartung, dass das Arbeitsverhältnis möglicherweise später verlängert werden könnte, wenn er sich mit der vom Arbeitgeber erstrebten Änderung der Arbeitsbedingungen einverstanden erklärt, wird durch die Befristungskontrolle nicht geschützt (so ausdrücklich:
BAG Urteil vom 19.10.2005 - 7 AZR 31/05 und Urteil vom 18.01.2006 - 7 AZR 178/05, a.a.O.).
1.2. Die Berufung der Beklagten auf den Ablauf der kalendermäßigen Befristung ist auch nicht deshalb rechtsmissbräuchlich, weil sie bei ihrer Entscheidung, den Kläger nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis zu übernehmen, gegen das Benachteiligungsverbot des
§ 7 AGG verstoßen hätte. Ob die Nichtbeachtung von Diskriminierungsverboten nach
§ 1 AGG bei der Entscheidung über die Verlängerung eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags zu berücksichtigen ist, hat das Bundesarbeitsgericht bisher offen gelassen (
BAG Urteil vom 13.08.2008 - 7 AZR 513/07- EzA § 14
TzBfG Nr. 52). Ebenso ist höchstrichterlich noch nicht geklärt, ob ein eventueller Verstoß zur Unwirksamkeit der Befristung, zu einem Anspruch auf Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrags oder nur zu einem Anspruch auf Schadensersatz (so etwa Strecker RdA 2009, 381, 385) führt. Dies bedarf vorliegend keiner Entscheidung, weil ein Verstoß der Beklagten gegen das Benachteiligungsverbot des § 7
AGG nicht feststellbar ist, worauf im Rahmen der Begründung der Berufungszurückweisung hinsichtlich des Zahlungsantrags (unter 2.) eingegangen wird.
1.3. Der Umstand, dass die Beklagte im Jahr 2009 eine Kassiererin und zum 01.12.2009 einen Verkäufer (vorläufig als Halbtagskraft) neu eingestellt hat, führt nicht zur Unwirksamkeit der vereinbarten Befristung. Die Wirksamkeit einer Befristung ist nicht davon abhängig, ob bei Ablauf der Vertragslaufzeit eine Beschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer besteht. Maßgeblich ist vielmehr, ob bei Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags für die Befristung eine Rechtfertigung vorlag. Dies war hier der Fall. Die sachgrundlose Befristung ist - wie ausgeführt - nach § 14
Abs. 2
TzBfG gerechtfertigt.
Nach alledem hat das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien mit Ablauf des 31.12.2009 geendet.
2. Der Kläger hat aus
§ 15 Abs. 2 Satz 1 AGG keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung einer Entschädigung in Höhe von
EUR 2.300,00. Auch dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.
Tatbestandsvoraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach § 15
Abs. 2 Satz 1
AGG ist ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot gemäß § 7
Abs. 1
i.V.m. § 1
AGG. Der Kläger ist nicht wegen seiner Behinderung benachteiligt worden.
Die Beklagte hat mit dem Kläger - in positiver Kenntnis seiner Schwerbehinderteneigenschaft - mit Wirkung ab 01.02.2008 einen befristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen und diesen bis zum 31.12.2009 verlängert. Die sachgrundlose Befristungsmöglichkeit nach § 14
Abs. 2
TzBfG erstreckt sich auch auf schwerbehinderte Arbeitnehmer, die kündigungsrechtlich besonders geschützt sind. Das Auslaufen der kalendermäßigen Befristung ist an sich kein Umstand, der auch nur indiziell eine Benachteiligung wegen eines der in § 1
AGG genannten Merkmale vermuten lässt (so auch
LAG Rheinland-Pfalz Urteil vom 13.08.2010 - 9 Sa 193/10).
Wollte man der Argumentation des Klägers folgen, so hieße dies, dass der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrages mit einem schwerbehinderten Menschen für sich genommen gegen das Benachteiligungsverbot verstieße, weil bereits bei Vertragsschluss von vornherein feststeht, dass das befristete Arbeitsverhältnis mit Fristablauf endet. Dies würde Sinn und Zweck von § 14
Abs. 2
TzBfG zuwiderlaufen, der es dem Arbeitgeber ermöglicht, einen - auch schwerbehinderten - Arbeitnehmer bis zur Dauer von zwei Jahren befristet einzustellen, ohne dass es für die Wirksamkeit der Befristung eines sachlichen Grundes bedarf.
Der Kläger kann eine Benachteiligung wegen seiner Behinderung nicht auf das Argument stützen, die Beklagte habe die Durchführung eines Präventionsverfahrens nach
§ 84 Abs. 1 SGB IX versäumt. Nach dieser Vorschrift hat der Arbeitgeber bei Eintreten von personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Schwierigkeiten im Arbeitsverhältnis, die zur Gefährdung dieses Verhältnisses führen können, möglichst frühzeitig die Schwerbehindertenvertretung und die in
§ 93 genannten Vertretungen sowie das Integrationsamt einzuschalten, um mit ihnen alle Möglichkeiten und alle zur Verfügung stehenden Hilfen zur Beratung und mögliche finanzielle Leistungen zu erörtern, mit denen die Schwierigkeiten beseitigt werden können und das Arbeitsverhältnis möglichst dauerhaft fortgesetzt werden kann.
Die Durchführung des Präventionsverfahrens nach § 84
Abs. 1
SGB IX ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der die Berufungskammer folgt, keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für den Ausspruch einer Kündigung gegenüber einem behinderten Arbeitnehmer, sondern eine Konkretisierung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes (
BAG Urteil vom 28.06.2007 -
6 AZR 750/06 - NZA 2007, 1049 und Urteil vom 24.01.2008 -
6 AZR 96/07 - NZA-RR 2008, 405,
m.w.N.). Ein wirksam befristeter Arbeitsvertrag endet mit Ablauf der vereinbarten Zeit (§ 15
Abs. 1
TzBfG). Der kalendermäßige Fristablauf steht von vornherein fest; er stellt nicht den Eintritt von "personen-, verhaltens- oder betriebsbedingten Schwierigkeiten" im Sinne des § 84
Abs. 1
SGB IX dar, die zur "Gefährdung" des Arbeitsverhältnisses führen können. Ein wirksam befristetes Arbeitsverhältnis mit einem - schwerbehinderten - Arbeitnehmer ist nicht durch den Fristablauf "gefährdet", wie der Kläger meint, es endet vielmehr automatisch mit Fristablauf. Dies ist keine Benachteiligung wegen Behinderung im Sinne des § 7
AGG und auch mit europarechtlichen Grundsätzen vereinbar. Die automatische Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Fristablauf steht auch im Einklang mit der am 18.03.1999 geschlossene Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge im Anhang der Richtlinie 1999/70/
EG des Rates vom 28.06.1999 zu der EGB-UNICE-CEEP-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge.
Nach alledem scheiden Ansprüche des Klägers auf Schadensersatz und Entschädigung aus.
III. Die Berufung des Klägers ist daher mit der Kostenfolge aus § 97
Abs. 1
ZPO zurückzuweisen.
Ein Grund, der nach den hierfür maßgeblichen gesetzlichen Kriterien des § 72
Abs. 2
ArbGG die Zulassung der Revision rechtfertigen könnte, besteht nicht. Die Rechtssache ist insbesondere nicht von grundsätzlicher Bedeutung, wie der Kläger meint. Auch der Anregung des Klägers, die Rechtssache dem Gerichtshof der Europäischen Union zur Vorabentscheidung nach
Art. 267 AEUV (ex-Artikel 234 EGV) vorzulegen, ist nicht zu folgen.