Die Parteien streiten darüber, ob der Kläger einen Anspruch auf Versetzung in eine andere Niederlassung der Beklagten hat, um dort im Bereich der Briefzustellung beschäftigt zu werden, obwohl der Betriebsrat damit nicht einverstanden ist, sowie darüber, ob die Beklagte für die Zeit der unterbliebenen Beschäftigung Entgelt zu zahlen hat.
Der Kläger nahm im Juni 1995 eine Beschäftigung bei der Beklagten in deren Niederlassung D. auf. Zunächst war er als vollbeschäftigter Arbeiter tätig. Das Arbeitsverhältnis ist seit November 1995 unbefristet. In Anwendung der in Bezug genommenen Tarifverträge der Deutschen Bundespost ist der Kläger als Paketzusteller in die Lohngruppe 4 des TV Arb eingruppiert. Seit Januar 1996 leidet er unter einer Schuppenflechte. Im Mai 1999 erlitt er einen Herzinfarkt. Zunächst wurde ein Grad der Behinderung (
GdB) von 50, später von 70 festgestellt.
Nach vorangegangener Arbeitsunfähigkeit bezog der Kläger vom 9.11. bis 29.12.2000 Krankengeld. Nach der ärztlichen Bescheinigung vom 29.12.2000 ist ihm nur noch leichte körperliche Arbeit zumutbar. Der Betriebsarzt hielt den Kläger im Jahre 1999 weder als Fracht-, noch als Briefzusteller einsetzbar. Auf Bitte des Personalleiters begutachtete ein Arbeitsmediziner vom Werksarztzentrum die gesundheitliche Eignung des Klägers. Er kam nach Augenscheinseinnahme zu dem Ergebnis, der Kläger könne die als leicht bis mittelschwer eingestuften Tätigkeiten eines Briefzustellers ausführen. Die mit der sog. Verbundzustellung anfallende gleichzeitige Zustellung von Paketen belastete den Kläger zu sehr.
Nach der Durchführung einer Rehabilitationsmaßnahme erklärte sich der Kläger zur Arbeitsaufnahme am 18. Mai 2000 bereit. Die Beklagte prüfte die Einsatzmöglichkeiten und kam zu dem Ergebnis, ein Einsatz als Briefzusteller sei ausschließlich in der Niederlassung Produktion BRIEF in H. möglich. Der für diesen Betrieb zuständige Betriebsrat befürchtete, dass andere Arbeitnehmer umgesetzt werden müssten. Er lehnte mit Schreiben vom 24. Mai 2000 eine Beschäftigung insbesondere deswegen ab, weil "unsererseits erhebliche Besorgnis (besteht), dass ein Einsatz des ... bei der NL Produktion BRIEF H. zu einer Störung des Betriebsfriedens führen würde."
Die zuständige Vertrauensperson schloss sich dieser Einschätzung an. Später teilte sie dem Kläger mit, dass sie unter Druck gesetzt worden sei und einer Tätigkeit des Klägers in der Niederlassung zustimmen würde.
Mit der am 9.6.2000 erhobenen Klage verlangt der Kläger, in der Niederlassung Produktion BRIEF H. im Briefdienst, hilfsweise in der Verbundzustellung, beschäftigt zu werden. Ferner fordert er Arbeitsentgelt für die Zeit der Nichtbeschäftigung von Mai bis Dezember 2000. Er macht geltend, für die Tätigkeit im Briefdienst sei er arbeitsfähig. Die für eine Versetzung erforderliche Zustimmung des Betriebsrats müsse von der Beklagten notfalls gerichtlich erzwungen werden.
A. Die Revision der Beklagten ist unbegründet, soweit das Landesarbeitsgericht die Beklagte verurteilt hat, den Kläger vorbehaltlich der Zustimmung des Betriebsrats im Briefdienst/Fahrdienst in ihrer Niederlassung H. zu beschäftigen. Der Kläger hat nach
§ 81 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 SGB IX Anspruch auf behinderungsgerechte Beschäftigung. Im Übrigen ist die Revision der Beklagten begründet. Der Rechtsstreit ist insoweit an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Denn bei der Verurteilung der Beklagten zur Einholung der erforderlichen Zustimmung einschließlich der Durchführung des Zustimmungsersetzungsverfahrens hat das Landesarbeitsgericht notwendige Feststellungen unterlassen.
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Er hat keinen Anspruch auf Entgelt für die Zeit der unterbliebenen Beschäftigung von Mai bis Dezember 2000.
I. Soweit der Kläger die Beschäftigung in der Niederlassung BRIEF H. im Briefdienst/Fahrdienst vorbehaltlich der Zustimmung des Betriebsrats verlangt, ist seine Klage sowohl zulässig als auch begründet. Der Hilfsantrag auf Beschäftigung in der Verbundzustellung fällt somit nicht mehr zur Entscheidung an.
1. Gegen die Zulässigkeit der Klage bestehen keine Bedenken. Insbesondere ist es zulässig, dass der Kläger die Beschäftigung von der Zustimmung des Betriebsrats abhängig macht.
Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht darauf hingewiesen, dass der Bundesgerichtshof (7.10.1977 - V ZR 131/75 - NJW 1978, 1262) eine Verurteilung unter dem Vorbehalt der behördlichen Genehmigung dann für zulässig gehalten hat, wenn die Voraussetzungen zur Verurteilung auf eine künftige Leistung nach § 259
ZPO vorliegen. Diese Voraussetzung ist bereits dann erfüllt, wenn der Beklagte seine Leistungspflicht leugnet. Entsprechendes gilt für die Zustimmung des Betriebsrats. Der Arbeitgeber, der für eine Maßnahme der Zustimmung des Betriebsrats bedarf, ist davon genauso abhängig wie eine Prozesspartei, die für eine Handlung einer behördlichen Genehmigung bedarf. Da die Beklagte ihre Pflicht zur Einholung der Zustimmung leugnet, liegen auch die Voraussetzungen des § 259
ZPO vor.
2. Die Klage ist auch begründet. Die Beklagte hat zu Unrecht die Beschäftigung des Klägers als Briefzusteller in der Niederlassung H. auch für den Fall abgelehnt, dass der Betriebsrat des aufnehmenden Betriebs der Versetzung zustimmen sollte.
a) Sowohl nach § 81
Abs. 4 Satz 1
Nr. 1
SGB IX, der seit dem 1.7.2001 in Kraft getreten ist (
vgl. Art. 68
Abs. 1 des
SGB IX vom 19.6.2001 (BGBl. I
S. 1046)), als auch nach der vor dem geltenden gleichlautenden Gesetzesfassung in § 14
Abs. 3 Satz 1
Nr. 1
SchwbG, haben schwerbehinderte Menschen gegenüber ihren Arbeitgebern einen Anspruch auf behinderungsgerechte Beschäftigung, damit sie ihre Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln können. Nach § 81
Abs. 4 Satz 3
SGB IX steht, wie bereits nach dem alten Recht, auch dieser besonders kodifizierte Beschäftigungsanspruch unter dem Vorbehalt, dass seine Erfüllung für den Arbeitgeber zumutbar und nicht mit unverhältnismäßig hohen Aufwendungen verbunden ist.
b) Das Schwerbehindertenrecht gewährt keinen Anspruch auf einen bestimmten Arbeitsplatz und auch kein Recht, nach seinen Neigungen und Wünschen beschäftigt zu werden. Es räumt im bestehenden Arbeitsverhältnis einen klagbaren Anspruch darauf ein, im Rahmen der betrieblichen Möglichkeiten so beschäftigt zu werden, dass der schwerbehinderte Mensch entsprechend seiner Vorbildung und seinem Gesundheitszustand seine Fähigkeiten und Kenntnisse möglichst voll verwerten und weiterentwickeln kann (zum alten Recht:
BAG 10.7.1991 - 5 AZR 383/90 -BAGE 68, 141
m.w.N.). Der Anspruch entsteht unmittelbar bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen. Entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts bedarf es dazu keiner besonderen, der Beschäftigung vorangehenden "Zuweisung" des Arbeitsplatzes durch den Arbeitgeber.
Auf Grund der mit seiner Schwerbehinderung verbundenen gesundheitlichen Einschränkung des Klägers kommt ein Einsatz allein als Briefzusteller im Fahrdienst in Betracht, der sofort ohne Wiedereingliederung möglich ist. Das hat das Landesarbeitsgericht auf Grund einer schriftlichen ärztlichen Auskunft festgestellt. An diese Feststellung ist der Senat, da sie nicht mit Revisionsrügen angegriffen wurde, gebunden (§ 559
Abs. 2
ZPO n.F. ). Da nach den Feststellungen der Beklagten ein solcher Einsatz allein in der Niederlassung Produktion BRIEF H. möglich ist, konkretisiert sich der Anspruch des Klägers auf einen Einsatz dort.
Es kann dahingestellt bleiben, ob der schwerbehinderte Mensch für den Fall einer für seinen Einsatz notwendigen Vertragsänderung zunächst auf Änderung eines Arbeitsvertrags klagen muss oder ob er auch - wie es der Kläger tut - unmittelbar eine Beschäftigung in der angestrebten Stelle gerichtlich geltend machen kann (
vgl. Senat 28. April 1998 -
9 AZR 348/97 - br 1999
S. 30 = AP
SchwbG 1986 § 14
Nr. 2 = EzA
SchwbG 1986 § 14
Nr. 5;
BAG 19. September 1979 -
4 AZR 887/77 - BAGE 32, 105 = br 1980 s. 88) . Der Kläger könnte hier ohne Vertragsänderung in der Niederlassung Produktion BRIEF H. eingesetzt werden. Nach § 20
Abs. 1 des zwischen den Parteien arbeitsvertraglich in Bezug genommenen MTV Arb kann der Arbeiter aus dienstlichen Gründen versetzt werden. Dass die von ihm angestrebte Tätigkeit etwa mit der Zuweisung einer höherwertigen Tätigkeit verbunden wäre, ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich (zur Rechtslage bei Beförderungsstellen
BAG 19.9. 1979 - 4 AZR 887/77 - a.a.O.).
c) Die Beklagte hat keine Gründe
i.S.v. § 81
Abs. 4 Satz 3
SGB IX vorgebracht, die ihr die Erfüllung des Anspruchs des Klägers unzumutbar machen würden.
aa) Die aus dem Schreiben des Betriebsrats vom 24.5.2000 ersichtliche Möglichkeit, dass andere Arbeitnehmer umgesetzt werden müssten, ist kein entgegenstehender Grund. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht ausgeführt, dass schon zur Vermeidung einer krankheitsbedingten Kündigung eines nicht schwerbehinderten Menschen derartige Maßnahmen erforderlich sein können (dazu
BAG 29.1.1997 -
2 AZR 9/96 - BAGE 85, 107). Die Beklagte hat nicht behauptet, andere Arbeitnehmer entlassen zu müssen, um den Kläger beschäftigen zu können. Darauf, ob das von ihr verlangt werden könnte (dazu Senat 28.4.1998 - 9 AZR 348/97 - a.a.O.), kommt es deshalb nicht an.
bb) Ob der Beklagten eine Beschäftigung vorbehaltlich der Zustimmung des Betriebsrates zumutbar ist, hängt nicht von dessen derzeitiger Ablehnung der Beschäftigung des Klägers in der Niederlassung Produktion BRIEF H. ab. Zur tatsächlichen Beschäftigung des Klägers ist die Beklagte erst verpflichtet, sobald der Betriebsrat entweder zugestimmt hat oder die Zustimmung gerichtlich rechtskräftig ersetzt ist.
Da die vom Kläger begehrte Zuweisung eines anderen Arbeitsbereichs in einem anderen Betrieb des Unternehmens als Versetzung
i.S.v. § 95
Abs. 3 Satz 1
BetrVG anzusehen ist, kann die Beklagte den Beschäftigungsanspruch des Klägers nicht erfüllen, ohne die Mitbestimmungsrechte der Betriebsverfassung zu beachten. Nach § 99
Abs. 1 Satz 1
BetrVG stellt sich für den Betriebsrat der Niederlassung H die vom Kläger begehrte Versetzung wie die Einstellung in diesen Betrieb dar (
vgl. BAG 26.1. 1993 - 1 AZR 303/92 - AP
BetrVG 1972 § 99
Nr. 102 = EzA
BetrVG 1972 § 99
Nr. 109
m.w.N.).
Anders als es für die sozialen Mitbestimmungsrechte nach § 87
Abs. 1
BetrVG geregelt ist, enthält § 99
Abs. 1
BetrVG keinen die Mitbestimmung ausschließenden Gesetzesvorrang. Zwar wird der schwerbehindertenrechtliche Beschäftigungsanspruch nach § 81
Abs. 4 Satz 3
SGB IX ausgeschlossen u.a. soweit Arbeitsschutzvorschriften oder beamtenrechtliche Regelungen entgegenstehen. Damit wollte der Gesetzgeber aber keine Aussage zum Verhältnis zwischen dem schwerbehindertenrechtlichen Beschäftigungsanspruch und dem betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmungsrecht treffen. Ein Umkehrschluss dahingehend, nur in den dort geregelten Fällen gingen andere Rechtsnormen dem Anspruch vor, ist unzulässig. Dem Arbeitgeber ist danach auch dann die Erfüllung eines schwerbehindertenrechtlichen Beschäftigungsanspruchs verwehrt, solange eine nach dem Betriebsverfassungsgesetz erforderliche Zustimmung fehlt (
vgl. Weber
SchwbG Stand Mai 2000 § 14
Anm. 17).
II) Dem Teilurteil des Landesarbeitsgerichts kann nicht entnommen werden, dass es die notwendigen Feststellungen zur Verurteilung der Beklagten, "beim Betriebsrat ... die ... erforderliche Zustimmung... einzuholen, einschließlich Durchführung des Zustimmungsersetzungsverfahrens" getroffen hat. Das Landesarbeitsgericht hat in seinen Gründen ausdrücklich offen gelassen, ob die Beklagte bei dem Betriebsrat des aufnehmenden Betriebes nur unverbindlich die Meinung des Betriebsrats für eine später noch einzuholende konkrete Versetzungsabsicht erkundet hat, sodass die Einholung der Zustimmung noch erforderlich sein könnte. Anders als das Landesarbeitsgericht angenommen hat, kann nicht "abstrakt" über die Rechtslage entschieden werden, ob ein Arbeitgeber zur Durchführung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens verpflichtet ist. Welcher Anspruch dem Kläger zur Seite steht, hängt vielmehr vom Stand des Mitbestimmungsverfahrens nach § 99
BetrVG ab.
1. Der Kläger hat nach
§ 81 Abs. 4 Nr. 1 SGB IX (nach altem Recht: § 14
Abs. 3
Nr. 1
SchwbG), einen Anspruch gegen die Beklagte, die betriebsverfassungsrechtlichen Voraussetzungen für einen seinen Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechende Beschäftigung zu schaffen. Der schwerbehindertenrechtliche Beschäftigungsanspruch liefe sonst ins Leere. Seine Grenze findet dies allein in § 81
Abs. 4 Satz 3
SGB IX (inhaltsgleich mit § 14
Abs. 3 Satz 3
SchwbG). Danach darf die Erfüllung des Beschäftigungsanspruchs nicht unzumutbar oder mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden sein.
Dies wird durch
§ 99 Abs. 1 SGB IX bestätigt. Danach ist die Beklagte verpflichtet, eng mit dem Betriebsrat zusammenzuarbeiten, um die Teilhabe des Klägers am Arbeitsleben in ihren Betrieben sicherzustellen. Aus dieser den Betriebsparteien gesetzlich zugewiesenen gemeinsamen Verantwortung wird ein Arbeitgeber nicht schon dann entlassen, wenn der Betriebsrat eines aufnehmenden Betriebes Vorbehalte gegen die Versetzung eines schwerbehinderten Menschen äußert.
2. Die Einleitung eines Zustimmungsverfahrens nach § 99
BetrVG ist einem Arbeitgeber stets zumutbar. Insbesondere kann ein Arbeitgeber sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass im Interesse einer guten Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat in anderen Fragen ihm die Einholung einer förmlichen Zustimmung zur Versetzung eines schwerbehinderten Menschen unzumutbar sei. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, gehört die Einholung der Zustimmung in dem in
§ 99 Abs. 1 bis 3 BetrVG geregelten Verfahren zu der Pflicht der Beklagten im Rahmen des ihr Zumutbaren. Damit ist kein unverhältnismäßiger Aufwand verbunden.
3. Erst wenn der um seine Zustimmung zur konkreten Versetzung gebetene Betriebsrat seine Zustimmung wirksam verweigert hat, kann ein Anspruch des schwerbehinderten Menschen bestehen, das seiner Beschäftigung entgegenstehende Erfüllungshindernis vom Arbeitgeber im Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99
Abs. 4
BetrVG beseitigen zu lassen.
a) Die Durchführung eines Zustimmungsersetzungsverfahren ist einem Arbeitgeber nicht von vornherein unzumutbar. Aus der gemeinsamen Verantwortung für die Teilhabe schwerbehinderter Menschen am Arbeitsleben folgt, dass der Arbeitgeber die vom Betriebsrat ordnungsgemäß und fristgerecht geltend gemachten Zustimmungsverweigerungsgründe überprüfen muss. Erkennt er, dass die geltend gemachten Zustimmungsverweigerungsgründe tatsächlich nicht vorliegen, hat er alles zu tun, um das Teilhabehindernis zu beseitigen. Das ist auch nicht mit unverhältnismäßigem Aufwand verbunden. Das Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99
Abs. 4
BetrVG ist das vom Gesetzgeber festgelegte Mittel, um eine unberechtigte Zustimmungsverweigerung des Betriebsrates aus der Welt zu schaffen.
Damit setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zur Entscheidung des Zweiten Senats vom 29.1.1997 (- 2 AZR 9/96 - BAGE 85, 107). Dort hat der Zweite Senat die Ansicht vertreten, der Arbeitgeber müsse an sich als mildere Mittel vor einer Kündigung wegen Krankheit zu Verfügung stehende Umorganisationen dann nicht durchführen, wenn er dazu ein Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 99
Abs. 4
BetrVG durchführen müsse. Dies sei dem Arbeitgeber in der Regel wegen des damit verbundenen erheblichen Prozessrisikos nicht zumutbar. Diese Entscheidung ist auf die vorliegende Fallgestaltung nicht übertragbar. Hier geht es um einen gesetzlich ausdrücklich geregelten Anspruch im bestehenden Arbeitsverhältnis und nicht um richterrechtlich aufgestellte Anforderungen, welche Obliegenheiten der Arbeitgeber erfüllen muss, um wirksam von dem ihm zustehenden Kündigungsrecht Gebrauch machen zu können.
b) Der Arbeitgeber ist gegenüber dem schwerbehinderten Menschen dann nicht verpflichtet, das Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen, wenn feststeht, dass die vom Betriebsrat geltend gemachten Zustimmungsverweigerungsgründe objektiv vorliegen und die Zustimmungsverweigerung rechtlich tragen. Denn es ist dem Arbeitgeber unzumutbar, ein gerichtliches Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen, wenn dieses keine Aussicht auf Erfolg hat. Ob dem so ist, kann im Klageverfahren, mit dem der schwerbehinderte Mensch die Durchführung des Zustimmungsersetzungsverfahren - oder seine Beschäftigung - durchsetzen will, geprüft werden.
c) Dieses Ergebnis wird auch den unterschiedlichen Interessen des Arbeitgebers, des Betriebsrats und der schwerbehinderten Menschen gerecht.
Dadurch, dass nur objektiv feststehende Zustimmungsverweigerungsgründe nach § 99
Abs. 2
BetrVG den Anspruch des Arbeitnehmers auf Durchführung des Zustimmungsersetzungsverfahrens - und auch den schwerbehindertenrechtlichen Beschäftigungsanspruch ohne den Vorbehalt der Zustimmung des Betriebsrats - ausschließen, wird verhindert, dass der Arbeitgeber im Klageverfahren des schwerbehinderten Menschen zu den Zustimmungsverweigerungsgründen unzureichend vorträgt. Damit kommt den rechtlich begründeten Bedenken des Betriebsrats das erforderliche Gewicht zu Beantragt der Arbeitgeber die gerichtliche Zustimmungsersetzung nach § 99
Abs. 4
BetrVG, so hat der Betriebsrat die Möglichkeit, seinen Standpunkt effektiv in das gerichtliche Verfahren einzubringen.
Das entspricht auch den berechtigten Interessen des schwerbehinderten Menschen. Zwar ist er nicht Beteiligter im Beschlussverfahren (
BAG 27.5.1982 - 6 ABR 105/79 - BAGE 39, 102). Außerdem muss er sich auf die bestandskräftige Entscheidung eines Beschlussverfahrens verweisen lassen. Es wäre dem Arbeitgeber nämlich unzumutbar, eine Maßnahme durchzuführen, von der gegenüber dem Betriebsrat feststeht, dass sie unzulässig ist.
Der schwerbehinderte Mensch hat aber einen Schadensersatzanspruch, wenn der Arbeitgeber zu Lasten des schwerbehinderten Menschen das Beschlussverfahren schuldhaft unzureichend führt, weil er
z.B. die Einlegung eines aussichtsreichen Rechtsmittels unterlässt. Der Anspruch kann sich aus dem Gesichtspunkt der Schutz- oder positiven Forderungsverletzung nach der hier noch anwendbaren alten Fassung des
BGB (dazu Senat 23.1. 2001 -
9 AZR 287/99 - BAGE 97, 23 = br 2001
S. 170) - jetzt §§ 280, 241
Abs. 2
BGB n. F. - sowie aus § 823
Abs. 2
BGB i.V.m. § 81
Abs. 4 Satz 1
Nr. 1
SGB IX bzw. vorher § 14
Abs. 3 Satz 1
Nr. 1
SchwbG ( Dazu
BAG 12. 11.1980 -
4 AZR 779/78 - BAGE 34, 250) ergeben. Der Arbeitgeber hat folglich ein eigenes Interesse daran, die Belange des schwerbehinderten Menschen im Beschlussverfahren zur Geltung zu bringen.
4. Ob die Beklagte zur Einholung der Zustimmung beim Betriebsrat oder zur Durchführung des gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens verurteilt werden kann, hängt damit davon ab, ob das Zustimmungsverfahren von der Beklagten bereits im Mai 2000 eingeleitet und durch die Stellungnahme des Betriebsrats vom 19. Mai 2000 abgeschlossen worden ist. Diese Tatfrage kann entgegen der Ansicht des Landesarbeitsgerichts nicht offen gelassen werden. Eine vom Sachverhalt "abstrahierende" Entscheidung liefe auf die Erstattung eines unzulässigen Gutachtens hinaus (
vgl. BAG 15. April 1999 - 7 AZR 716/97 - AP
BGB § 611 Abmahnung
Nr. 22 = EzA
BGB § 611 Abmahnung
Nr. 41).
Eine Sachentscheidung ist daher dem Senat angesichts der fehlenden tatsächlichen Feststellungen nicht möglich. Der Rechtsstreit ist deshalb zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 563
Abs. 1 Satz 1,
Abs. 3
ZPO).
III. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Zahlungsklage abgewiesen. Dem Kläger steht unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Zahlungsanspruch zu.
1. Entgeltansprüche stehen dem Kläger bei unterbliebener Arbeitsleistung nicht bereits deswegen zu, weil er als schwerbehinderter Mensch in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis steht (
vgl. BAG 10.7.1991 -
5 AZR 383/90 - BAGE 68, 141; ebenso Senat 23. Januar 2001 --
9 AZR 287/99 -
a. a. O.).
2. Die Voraussetzungen des Annahmeverzuges (§§ 615, 293
ff. BGB) liegen nicht vor.
Annahmeverzug setzt voraus, dass der Gläubiger - hier also die Beklagte als Arbeitgeber - die ihm nach § 296 Satz 1
BGB obliegende Handlung nicht vornimmt. Diese besteht darin, die vom Arbeitnehmer geschuldete Leistung hinreichend zu bestimmen und ihn auf einem so bestimmten Arbeitsplatz zu beschäftigen (
vgl. Senat 23.1.2001 - 9 AZR 287/99 - a.a.O.). Der Kläger schuldete aber keine Leistung in der Niederlassung Produktion BRIEF H.. Dem stand entgegen, dass die nach § 99
BetrVG erforderliche Zustimmung des Betriebsrats der dortigen Niederlassung noch nicht vorliegt.
3. Dem Kläger steht auch kein Schadenersatzanspruch zur Seite.
Ein solcher setzt - wie dargelegt - Verschulden des Arbeitgebers voraus. Jedenfalls für die in der Klage geltend gemachten Zeiträume ist der Beklagten aber nicht als Verschulden vorzuwerfen, dass sie meinte, nicht gegen ihren Betriebsrat angehen zu müssen, dessen ablehnende Haltung ihr seit dem Schreiben vom 24.5.2000 bekannt war. Darin liegt ein unverschuldeter Rechtsirrtum. Ein solcher ist gegeben, wenn die Rechtslage ungeklärt ist, der Schuldner sie sorgfältig geprüft und gewichtige Anhaltspunkte für die Richtigkeit der von ihm vertretenen Rechtsmeinung gefunden hat. Es genügt nicht, dass er sich auf eine ihm günstige Ansicht im Schrifttum berufen kann, wohl aber die Berufung auf die höchstrichterliche Rechtsprechung (
vgl. BAG 12.11. 1992 - 8 AZR 503/91 - BAGE 71, 350). Hier lag es nahe, dass sich die Beklagte auf die einen ähnlichen, wenngleich im Ergebnis nicht gleichen Sachverhalt betreffende Entscheidung des Zweiten Senats vom 29.1.1997 (- 2 AZR 9/96 - a.a.O.) stützte.