Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie ist statthaft und frist- und formgerecht eingelegt und begründet worden. In der Sache hat sie auch Erfolg. Denn sowohl der geltend gemachte Anspruch auf Entschädigung gemäß
§ 15 Abs. 2 AGG als auch der Schadenersatzanspruch gemäß 15
Abs. 1
AGG sind von der Klägerin nicht rechtzeitig gemäß § 15
Abs. 4 Satz 1
AGG geltend gemacht. Dazu im Einzelnen:
1. Gemäß § 15
Abs. 4 Satz 1
AGG muss ein Anspruch nach § 15
Abs. 1 und
Abs. 2
AGG innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden. Bei dieser Frist handelt es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist, deren Einhaltung - wie bei tarifvertraglichen Ausschlussfristen - von Amts wegen zu beachten ist. (
BAG, Urteil vom 21.06.2012 - 8 AZR 188/11 - zitiert nach jur.). Sie findet Anwendung sowohl auf Ansprüche des § 15
Abs. 1 als auch des § 15
Abs. 2
AGG. (Linck in Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 14. Auflage, § 36
Rdnr. 102; Erfk-Schlachter, 12. Auflage, § 16
Rdnr. 17).
2. Für den Beginn der Frist nach § 15
Abs. 4 Satz 1
AGG gilt § 187
Abs. 1
BGB. Ist für den Anfang einer Frist ein Ereignis oder ein in den Lauf eines Tages fallender Zeitpunkt maßgebend, so wird bei der Berechnung der Frist der Tag nicht mitgerechnet, in welchen das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt. Für das Fristende wiederum gilt § 188
Abs. 2
BGB. Danach endigt eine Frist, die nach Monaten bestimmt ist, im Falle des § 187
Abs. 1
BGB mit dem Ablauf desjenigen Tages des letzten Monats, welcher durch seine Zahl dem Tage entspricht, in den das Ereignis oder der Zeitpunkt fällt.
a. Der Klägerin wurde das Ablehnungsschreiben am 28. Dezember 2011 zugestellt. Die Klägerin hat in ihrem Schriftsatz vom 28. Mai 2013 klargestellt, dass der Brief vom 23. Dezember 2011 mit den Bewerbungsunterlagen bereits am 28. Dezember 2011 durch die Post zugestellt wurde.
Die Klägerin hatte auch mit Zugang des Ablehnungsschreibens am 28. Dezember 2011 Kenntnis von der vermeintlichen Benachteiligung. Die Frist des § 15
Abs. 4 Satz 2
AGG beginnt bei unionsrechtskonformer Auslegung im Falle der Bewerbung grundsätzlich zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte durch den Arbeit-geber von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Mit dem Schreiben vom 23. Dezember 2011 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, das Arbeitsangebot sei in Unkenntnis der Schwerbehinderung erfolgt und deshalb rechtlich unwirksam. Damit erlangte die Klägerin Kenntnis von der vermeintli-chen Benachteiligung, weshalb mit Zugang dieses Schreibens unter Berücksichtigung von § 187
Abs. 1
BGB die Frist begann.
b. Die Frist endete gemäß § 188
Abs. 2
BGB folglich am 28. Februar 2012. Die Klägerin hat vor Erhebung der Klage außergerichtlich ihre vermeintlichen Ansprüche nicht geltend gemacht. Vielmehr hat sie sofort Klage erhoben. Zwar wird die von § 15
Abs. 4 Satz 1
AGG geforderte Schriftform auch durch eine gerichtliche Klage gewahrt, allerdings setzt dies voraus, dass die Klage rechtzeitig zugestellt wird (
BAG, Urteil vom 21.06.2012 - 8 AZR 188/11 -, zitiert nach juris). Die Klage wurde der Beklagten nicht innerhalb der Frist des § 15
Abs. 4 Satz 1
AGG zugestellt, sondern erst am 29. Februar 2012, also einen Tag zu spät.
3. Entgegen der Auffassung der Klägerin findet § 167
ZPO auf die Frist des § 15
Abs. 4 Satz 1
AGG keine Anwendung. Dies hat der 8. Senat des Bundesarbeitsgerichts mit Urteil vom 21.06.2012 (8 AZR 188/11, zitiert nach juris) deutlich entschieden. In der dortigen Entscheidung heißt es unter I. 3. c., § 167
ZPO findet keine Anwendung.
Der 8. Senat des Bundesarbeitsgerichts geht daher unter Anknüpfung an die Entscheidung des 5. Senats vom 08.03.1976 (5 AZR 361/75) und in Übereinstimmung mit Linck in Schaub, a.a.O., (§ 36
Rdnr. 106) und Koch im Erfurter Kommentar, 12. Auflage, (§ 61 b.
ArbGG Rdnr. 3) unproblematisch von der Nichtanwendung des § 167
ZPO auf die gesetzlichen Ausschlussfrist des § 15
Abs. 4 Satz 1
AGG aus. Bedenken hinsichtlich der Nichtanwendung des § 167
ZPO scheint der 8. Senat des Bundesarbeitsgerichts daher ausweislich des Urteils vom 21.06.2012 auch trotz der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17. Juli 2008 (I. ZR 109/05) nicht zu haben.
4. Die Berufungskammer war bei der Urteilsverkündung noch davon ausgegangen, dass die Frage der Anwendbarkeit des § 167
ZPO auf § 15
Abs. 4 Satz 1
AGG im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte Diskussion in Literatur und Rechtsprechung noch offen sein könnte. Deshalb erfolgte die Zulassung der Revision. Im Hinblick auf das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 21.06.2012 kann diese Frage wohl nicht mehr als noch nicht geklärt angesehen werden. Dies mag die Klägerin berücksichtigen bei ihrer Entscheidung, ob sie dennoch Revision einlegt.