II.
Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet. Sie führt zur Änderung der angefochtenen Entscheidung der Fachkammer des Verwaltungsgerichts in dem tenorierten Umfang. Zur Klarstellung weist der Fachsenat darauf hin, dass sich die Änderung nur auf den ersten Absatz des Beschlusses der Fachkammer vom 1. Juli 2009 bezieht. Mangels Beschwerde dagegen bleibt die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Verpflichtung des Beteiligten, dem Antragsteller in regelmäßigen Abständen, mindestens halbjährlich, in anonymisierter Form Listen über die Zahl der BEM-pflichtigen Verfahren, die Zahl der angebotenen Gespräche, die Zahl der abgelehnten Gespräche und die Zahl der durchgeführten Gespräche mit Handlungsbedarf/ohne Handlungsbedarf zur Verfügung zu stellen, von der Änderung des Beschlusstenors durch den Fachsenat unberührt.
Die in der mündlichen Anhörung vor dem Senat gestellten drei Hauptanträge sind jeweils unbegründet. Insoweit war die Beschwerde zurückzuweisen. In Ansehung erfolgloser Hauptanträge war dem übereinstimmenden Begehren von Antragsteller und Beteiligtem zu entsprechen, mittels Beschluss das Anerkenntnis des Beteiligten in Bezug auf die drei in der mündlichen Anhörung gestellten Hilfsanträge zu bestätigen (§ 79
Abs. 2 Satz 1 LPVG NRW, §§ 87, 80
Abs. 2, 46
Abs. 2
ArbGG, § 307
Abs. 1
ZPO).
Die mit den Hauptanträgen verfolgten, über das Anerkenntnis des Beteiligten hinausgehenden Auskunfts- und Einsichtsrechte stehen dem Antragsteller nicht zu.
Rechtsgrundlage für die mit den Hauptanträgen verfolgten Auskunfts- und Einsichtsrechte ist jeweils § 65
Abs. 1 LPVG NRW
i.V.m. § 84 Abs. 2 Satz 7 SGB IX. Nach § 65
Abs. 1 LPVG NRW ist der Antragsteller zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten; ihm sind sämtliche dafür erforderliche Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Die Pflicht des Beteiligten zur Vorlage von Unterlagen ist Bestandteil seiner Informationspflicht gegenüber dem Antragsteller. Sie besteht in dem Umfang, in dem der Antragsteller zur Durchführung seiner Aufgaben die Kenntnis der Unterlagen benötigt. Als Aufgabe, aus der die geltend gemachten Ansprüche herzuleiten sind, kommt die Befugnis des Antragstellers aus § 84
Abs. 2 Satz 7
SGB IX in Betracht. Danach wacht der Personalrat darüber, dass der Beteiligte die ihm nach § 84
SGB IX obliegenden Verpflichtungen erfüllt. Dem Beteiligten obliegt nach § 84
Abs. 2 Satz 3
SGB IX die Verpflichtung, jeden Beschäftigten, der innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig war, oder dessen gesetzlichen Vertreter auf die Ziele des betrieblichen Eingliederungsmanagements im Sinne des § 84
Abs. 2 Satz 1
SGB IX sowie auf Art und Umfang der hierfür erhobenen oder verwendeten Daten hinzuweisen. Stimmt der Betroffene oder sein gesetzlicher Vertreter der Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements zu, ist der Beteiligte nach Maßgabe des § 84
Abs. 2 Satz 1
SGB IX verpflichtet, die Möglichkeiten zu klären, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden und mit welchen Leistungen und Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Soweit es für die Überwachung, ob der Beteiligte diese Verpflichtungen erfüllt, erforderlich ist, hat der Antragsteller einen Informationsanspruch nach § 65
Abs. 1 LPVG NRW.
Vgl. hierzu, zur Anwendung des personalvertretungsrechtlichen Auskunftsanspruchs auf die Aufgaben des Personalrats nach § 84
Abs. 2
SGB IX sowie zur Gesetzgebungskompetenz des Bundesgesetzgebers, den nach Länderrecht gebildeten Personalvertretungen Aufgaben zuzuweisen
BVerwG, Beschluss vom 23. Oktober 2010 -
6 P 8.09 -, juris Rdn. 12 - 36 (= NZA-RR 2010, 554).
Danach kann der Antragsteller über die von dem Beteiligten zugestandenen Auskunfts- und Einsichtsrechte hinaus nicht verlangen, einem seiner Mitglieder mitzuteilen, welche Beschäftigten der Dienststelle innerhalb eines Jahres ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig waren, diesem Mitglied Einsicht in das Anschreiben zu gewähren, mit dem der Betroffene oder sein Vertreter über die Möglichkeiten eines betrieblichen Eingliederungsmanagements, das dabei einzuleitende Verfahren und seine Rechte informiert wird, und dieses Mitglied über die daraufhin ergehende Antwort des Beschäftigten, mit dem dieser das Angebot annimmt oder ablehnt, zu unterrichten. Anders als in dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Verfahren sind namensbezogene Auskunft und Einsicht im vorliegenden Verfahren nicht erforderlich, um zu überwachen, ob der Beteiligte seine Aufgaben erfüllt. Die Umstände des Einzelfalles verbieten den mit namensbezogener Auskunft und Einsicht verbundenen Eingriff in das Grundrecht des Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung.
Der Fachsenat geht im Folgenden davon aus, dass das Bundesverwaltungsgericht den in Rede stehenden Erstanschreiben im Rahmen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements nicht nur die Personalakteneigenschaft, sondern auch deren Eigenschaft als Sammlung von Personaldaten
i.S.v. § 65
Abs. 1 Satz 1, 1. Halbs. LPVG NRW abspricht. Dann ergibt sich insoweit weder aus dem einfachen Recht noch aus Verfassungsvorschriften, dass das Unterrichtungsschreiben des Dienststellenleiters gemäß § 84
Abs. 2 Satz 3
SGB IX generell nur mit Zustimmung der betroffenen Person einem Personalratsmitglied zur Kenntnis gebracht werden darf. Das folgt daraus, dass die Unterrichtung schon erfolgen muss, bevor § 84
Abs. 2 Satz 1
SGB IX dem Betroffenen das Recht zugesteht, den eigentlichen Klärungsprozess des betrieblichen Eingliederungsmanagements zu verweigern
bzw. die Mitwirkung des Personalrats daran abzulehnen. Der Erfolg des auf gedeihliche Zusammenarbeit angewiesenen betrieblichen Eingliederungsmanagements ist nicht ausgeschlossen, wenn ein Personalratsmitglied vor dem Beginn des Klärungsprozesses Einsicht in das Erstanschreiben erhält. Da auch das Erstanschreiben zumindest darüber berichtet, dass der Betroffene sechs Wochen im Jahr arbeitsunfähig war, greift der Dienststellenleiter zwar gewichtig in dessen Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Das Überwachungsrecht aus § 84
Abs. 2 Satz 7
SGB IX kann diesen Eingriff jedoch rechtfertigen. Denn es dient letztlich dazu, dem zeitweise arbeitsunfähigen Beschäftigten den Arbeitsplatz und damit die wirtschaftliche Existenz zu erhalten. Der Personalrat kann nur wirkungsvoll überprüfen, ob der jeweils Betroffene entsprechend den gesetzlichen Vorgaben unterrichtet worden ist, wenn er Einblick in jedes Anschreiben erhält. Das Persönlichkeitsrecht des betroffenen Beschäftigten, insbesondere sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung, steuert die Auslegung und Anwendung des Erforderlichkeitsmerkmals im konkreten Einzelfall.
Vgl.
BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 6 P 8.09 -, a.a.O., Rdn. 39 - 47.
In dem vom Bundesverwaltungsgericht entschiedenen Verfahren kannte der Personalrat die Namen der Betroffenen. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts, der den dortigen Dienststellenleiter zur Offenlegung verpflichtete, war bereits in Rechtskraft erwachsen. Im Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht wurde nur noch gestritten, ob dem Personalrat darüber hinaus Einblick in die allgemein abgefassten Erstanschreiben nach § 84
Abs. 2 Satz 3
SGB IX zu gewähren war. Diese enthielten als zusätzliche Angaben lediglich die genaue Zahl der Krankheitsfälle, die Gesamtzahl der krankheitsbedingten Fehltage und die Tatsache, dass der Betroffene derzeit erneut arbeitsunfähig ist.
Vgl. zum Wortlaut des dortigen Erstanschreibens
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 20. November 2008 -
60 PV 9.07 -, juris Rdn. 3 (= PersR 2009, 170).
Anders liegt der Fall hier.
Entsprechend dem Anerkenntnis des Beteiligten erhält der Antragsteller lediglich eine anonymisierte Kopie jedes Erstanschreibens und der zugehörigen Antwort. Über die ebenfalls zur Verfügung stehende, PersFM-basierte, durchnummerierte Gesamtliste kann der Antragsteller sodann kontrollieren, ob ihm zu jedem Fall eines betrieblichen Eingliederungsmanagements, den der Beteiligte festgestellt hat, Erstanschreiben und Antwort vorliegen. Zusätzlich ist dem Antragsteller ein die Fallzahlen kontrollierender Abgleich möglich, dadurch dass ihm der Beteiligte auch seine statistische Aufbereitung der Verfahren des betrieblichen Eingliederungsmanagements zur Verfügung stellt, in der halbjährlich die Zahl der angebotenen, abgelehnten und der durchgeführten Gespräche (mit und ohne festgestellten Handlungsbedarf) sowie die Gesamtzahl der Eingliederungsverfahren erfasst ist. Aus diesen Unterlagen erfährt der Antragsteller schließlich mittels der Nummerierungen einzelfallbezogen, wenn auch anonymisiert die Zahl der Krankheitsfälle, die Zahl der krankheitsbedingten Fehltage und ob ein Betroffener erneut arbeitsunfähig ist.
Das darüber hinausgehende Begehren des Antragstellers zielt darauf, in Bezug auf die Gesamtliste, die Erstanschreiben und die zugehörigen Antworten zusätzlich Namen (und Adressen) der Betroffenen zu erfahren, ohne dass sie zuvor nach ihrer Zustimmung gefragt werden.
Selbst wenn dem Personalrat sämtliche Hinweisschreiben nach § 84
Abs. 2 Satz 3
SGB IX und die Listen mit den Betroffenen in nicht anonymisierter Form zur Kenntnis gegeben werden, kann er die Einhaltung der Pflicht praktisch nicht wirkungsvoller überprüfen, als wenn ihm nur die vom Beteiligten zugestandenen anonymisierten Unterlagen sowie die statistischen Informationen zugänglich sind. Jedenfalls kann der minimale Zuwachs an Nutzen den "gewichtigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, (den) die Weitergabe des (personalisierten) Schreibens an den Personalrat darstellt",
vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 6 P 8.09 -, a.a.O., Rdn. 42,
nicht rechtfertigen.
Mit dem um Name (und Anschrift) erweiterten Wissen erfährt der Personalrat zusätzlich nur, dass der Arbeitgeber annimmt, genau dieser Adressat erfülle die Voraussetzungen des § 84
Abs. 2
SGB IX. Ob das tatsächlich der Fall ist, kann der Antragsteller mangels weiterer Sachkenntnisse nicht prüfen. Die zusätzliche Information über Name (und Adresse) setzt den Antragsteller auch nicht in den Stand, spürbar besser zu erkennen, ob weitere Beschäftigte die Voraussetzungen des § 84
Abs. 2
SGB IX erfüllen, aber pflichtwidrig nicht von dem Beteiligten angeschrieben worden sind. Die positive Kenntnis, dass ein Dienststellenangehöriger die Voraussetzungen für ein betriebliches Eingliederungsmanagement erfüllt, gleichwohl aber nicht vom Beteiligten angeschrieben worden ist, ist bei mehr als 400 Beschäftigten entweder purer Zufall oder gezielt anderweitig erlangt.
Um die Einhaltung der mit dem betrieblichen Eingliederungsmanagement zusammenhängenden Arbeitgeberpflichten spürbar wirkungsvoller überwachen zu können, müsste ein Personalrat für jeden Beschäftigten Zugriff auf sämtliche Arbeitgeberunterlagen erhalten, die Abwesenheiten zum Gegenstand haben
(z. B. Urlaubsanträge, Anordnung von Dienstreisen, Krankmeldungen, ärztliche Atteste
usw.). Nur so könnte er feststellen, ob der Arbeitgeber zu Recht oder Unrecht angenommen hat, dass einem Beschäftigten ein betriebliches Eingliederungsmanagement anzubieten ist oder nicht. Diese Unterlagen allerdings stellen - anders als oben zu den Erst- und Einzelanschreiben angenommen - offensichtlich eine Sammlung von Personaldaten dar, in die der Personalrat
bzw. eines seiner Mitglieder nach § 65
Abs. 3 Satz 1 LPVG NRW nur mit Zustimmung des Betroffenen Einsicht erhalten darf.
Eine Kostenentscheidung entfällt im personalvertretungsrechtlichen Beschlussverfahren.
Die Rechtsbeschwerde war nach § 79
Abs. 2 LPVG NRW
i.V.m. §§ 92, 72
Abs. 2
Nr. 1
ArbGG zuzulassen wegen grundsätzlicher Bedeutung der Frage, unter welchen Voraussetzungen der Dienststellenleiter dem Personalrat Namen und Anschriften der Betroffenen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements zur Kenntnis bringen darf.