Urteil
Zurruhesetzungsverfügung eines Polizeivollzugsbeamten

Gericht:

VG Bayreuth 5. Kammer


Aktenzeichen:

B 5 S 13.914 | 5 S 13.914


Urteil vom:

19.03.2014


Grundlage:

  • BPolBG § 4 Abs. 1 BBG § 44 Abs. 1 S. 1 BBG § 44 Abs. 2 BBG § 44 Abs. 3 BBG § 44 Abs. 4 BBG § 47 SGB IX § 84 Abs. 2 BPersVG § 78

Tenor:

I. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 28. Oktober 2013 gegen die Zurruhesetzungsverfügung der Antragsgegnerin vom 10. Oktober 2013 wird bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids wiederhergestellt.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 17.594,59 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der am ... geborene Antragsteller ist Polizeivollzugsbeamter (Polizeimeister, Statusamt A7) bei der Bundespolizei, Bundespolizeiabteilung .... Er begehrt die - bis zum Erlass eines Widerspruchsbescheids befristete - Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die mit Bescheid vom 10. Oktober 2013 ausgesprochene Versetzung in den Ruhestand zum 31. Oktober 2013.

Der Antragsteller leidet unter einer Körperstörung mit chronischem Schmerzsyndrom im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates; aufgrund der körperlichen Beschwerden ist auch eine psychische Störung hinzugetreten. Zuletzt war er im Bereich Einsatz/ Unterstützung/ Standortservice sowie Polizeitechnik/ Versorgung tätig und nahm dort die Tätigkeit als Wart für die Schießanlage der Abteilung war. Seine krankheitsbedingten Fehlzeiten betrugen im Jahr 2011 68 Arbeitstage, im Jahr 2012 110 Arbeitstage und im Jahr 2013 35 Arbeitstage.

Dem sozialmedizinischen Gutachten vom 28. Juli 2005 ist zu entnehmen, der Antragsteller genüge in seiner Funktion als Polizeivollzugsbeamter nicht mehr den gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst. Es lägen Einschränkungen hinsichtlich folgender Tätigkeitsmerkmale vor: Einsätze, Selbstverteidigung, Anwendung unmittelbaren Zwangs, Führen von Dienstfahrzeugen unter Einsatzbedingungen, dienstlicher Leistungssport. Schweres Heben und Tragen sei zu vermeiden. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen sei der Antragsteller aber gesundheitlich geeignet für den allgemeinen Verwaltungsdienst bzw. für eine Innendienstfunktion des mittleren Polizeivollzugsdienstes.

Mit Erlass vom 26. Juni 2007 wurde der Antragsteller für den Laufbahnwechsel in den allgemeinen Verwaltungsdienst des Bundes zugelassen. Da es ihm aufgrund von Unfällen und Erkrankungen nicht möglich war, im Rahmen der Umschulung an den theoretischen Unterweisungen beim Bundesverwaltungsamt in Köln (BVA) teilzunehmen, wurde die Verfügung zum Laufbahnwechsel wieder zurückgenommen.

Beim Antragsteller wurde am 5. Mai 2010 eine weitere Untersuchung auf gesundheitliche Eignung für den Polizeivollzugsdienst durchgeführt. Als Gesamtergebnis der Untersuchung wurde von Medizinalrat ... unter dem 10. Mai 2010 festgestellt, dass der Antragsteller für den allgemeinen Verwaltungsdienst nur eingeschränkt gesundheitlich geeignet sei. Es sei nach ärztlich-wissenschaftlicher Erfahrung nicht zu erwarten, dass die uneingeschränkte gesundheitliche Eignung für den Polizeivollzugsdienst innerhalb zweier Jahre wiedererlangt werde. Nach wie vor bestünden die bereits im Gutachten vom 28. Juli 2005 festgestellten Verwendungseinschränkungen. Außerdem sei für den Antragsteller eine Tätigkeit mit der Möglichkeit, die Körperposition nach eigenem Dafürhalten zwischen Gehen, Stehen und Sitzen zu wechseln, notwendig. Es sei weiterhin unwahrscheinlich, dass der Antragsteller eine theoretische Einweisung beim BVA Köln durchhalten könne. Zur Besserung des Gesundheitszustands werde eine stationäre Schmerztherapie für sinnvoll gehalten. Aufgrund des bisherigen Krankheitsverlaufs sei mit einer grundlegenden Besserung des Gesundheitszustands ohne stationäre Therapie nicht zu rechnen.

Eine Schmerztherapie trat der Antragsteller nicht an, weil der für ihn zuständige Leiter Polizeiärztlicher Dienst diese aus kurativmedizinischer Sicht nicht für sinnvoll gehalten hat.

Mit Erlass vom 17. Dezember 2010 hatte das Bundesministerium des Innern (BMI) das für eine Zurruhesetzung erforderliche Einvernehmen nicht hergestellt. Zur Begründung führte das BMI aus, dass der Antragsteller nach einer gelungenen Wiedereingliederung wieder vollschichtig gearbeitet habe. Mit Erlass vom 28. Februar 2011 versagte das BMI erneut die Erteilung seines Einvernehmens zur beabsichtigten Zurruhesetzung des Antragstellers.

In seinem weiteren sozialmedizinischen Gutachten vom 10. August 2012 führte Medizinaloberrat ... aus, der Antragstellers sei auch weiterhin nicht uneingeschränkt gesundheitlich geeignet für den Polizeivollzugsdienst. Es sei nach ärztlich-wissenschaftlicher Erfahrung nicht zu erwarten, dass die uneingeschränkte gesundheitliche Eignung für den Polizeivollzugsdienst innerhalb zweier Jahre wiedererlangt werde. Der Gutachter wiederholte erneut die bereits festgestellten Verwendungseinschränkungen und führte weiter aus, der Antragsteller sei im Gegensatz zum sozialmedizinischen Gutachten vom 10. Mai 2010 nicht mehr gesundheitlich geeignet für den allgemeinen Verwaltungsdienst. Aufgrund einer deutlichen Verschlechterung des Krankheitsbildes sei eine für den Antragsteller entsprechende Tätigkeit nicht mehr abzuverlangen. Dies sei auch halbschichtig nicht mehr möglich. Eine erneute Verbesserung seines Gesundheitszustands sei durchaus möglich. Eine entsprechende Therapie werde bei dem chronifiziertem Krankheitsbild aller Voraussicht nach jedoch eine Dienstfähigkeit nicht vor Ablauf von zwei Jahren erbringen. Somit sei eine erneute Überprüfung der Dienstfähigkeit frühestens nach Ablauf von zwei Jahren sinnvoll. In einer separaten und für die Personalakte bestimmten ärztlichen Mitteilung vom 10. August 2012 stellte Medizinaloberrat ... abschließend fest, der Antragsteller sei weder für den Polizeivollzugsdienst noch für den allgemeinen Verwaltungsdienst gesundheitlich geeignet.

Mit Schreiben vom 27. August 2012 wurde die Dienstunfähigkeit des Antragstellers auf der Grundlage des § 44 Abs. 1 Satz 1 Bundesbeamtengesetz (BBG) festgestellt und dem Antragsteller mitgeteilt, dass seine Versetzung in den Ruhestand beabsichtigt sei. Im Rahmen des Anhörungsverfahrens äußerte sich der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schreiben vom 25. September 2012 dahingehend, dass beim Antragsteller durch einen Bescheid des Versorgungsamtes Region Oberfranken vom 5. Dezember 2011 ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 festgestellt worden sei. Bei der Bundesagentur für Arbeit sei darüber hinaus die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen nach § 2 Abs. 3 Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) beantragt worden. Der Antragsteller übe derzeit einschränkungslos eine Tätigkeit als Wart für die Schießanlagen aus. Folglich sei nicht erkennbar, dass das Organisationsermessen des Dienstherrn hinsichtlich der Weiterbeschäftigung von polizeidienstunfähigen Beamten ausreichend beachtet worden sei. Es sei unverständlich, dass die für sinnvoll gehaltene stationäre Schmerztherapie nicht durchgeführt werde, welche nach dem sozialmedizinischen Gutachten vom 10. August 2012 eine Verbesserung des Gesundheitszustands bewirken könne. Der Umstand, dass eine entsprechende Therapie erst nach gewisser Zeit eine Verbesserung bringen werde, könne dem Antragsteller nicht zum Nachteil gereichen.

Unter dem 17. Oktober 2012 führte die Schwerbehindertenvertretung bei der Direktion Bundesbereitschaftspolizei aus, dass der Antragsteller handicapgerecht als Wart der Schießanlage verwendet würde und er diese Tätigkeit zufriedenstellend erledige. Aufgrund des aktuellen sozialmedizinischen Gutachtens vom 10. August 2012 solle dem Antragsteller die Möglichkeit eingeräumt werden, an einer seinem Krankheitsbild angepassten Therapie teilzunehmen. Der Schwerbehindertenvertreter hat deshalb darum gebeten, die beabsichtigte Zurruhesetzung bis zur Vorlage eines aussagekräftigen Ergebnisses hinsichtlich des Erfolges/Misserfolges einer Therapiemaßnahme auszusetzen. Mit Schreiben der Direktion Bundesbereitschaftspolizei vom 28. Januar 2013 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass entsprechend der Empfehlung der Schwerbehindertenvertretung die beabsichtigte Zurruhesetzung vorläufig ausgesetzt werde. Die sozialmedizinisch vorgeschlagene Therapie müsse aber schnellstmöglich zum Abschluss gebracht werden. Der Antragsteller solle kurzfristig mitteilen, wann mit deren Abschluss gerechnet werden könne. Unter dem 6. Februar 2013 teilte der Bevollmächtigte des Antragstellers mit, dass der Antragsteller zwar eine stationäre Schmerztherapie beantragt habe, die Heilfürsorgestelle eine solche jedoch abgelehnt habe, da der Polizeiärztliche Dienst in ... diese Maßnahme nicht befürwortet habe.

Ergänzend zum sozialmedizinischen Gutachten vom 10. August 2012 erklärte das Bundespolizeipräsidium, Referat 83 (Leiter Ärztlicher- und Sicherheitstechnischer Dienst) mit Stellungnahme vom 7. Mai 2013 gegenüber der Direktion Bundesbereitschaftspolizei Fuldatal, dass eine stationäre Schmerztherapie zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit des Antragstellers nicht erforderlich sei. Denn aus sozialmedizinischer Sicht werde eine stationäre Schmerztherapie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zur Polizeidienstfähigkeit führen, sondern allenfalls zur Schmerzlinderung.

Mit Schreiben vom 6. August 2013 stellte das BMI unter Zurückstellung nach wie vor bestehender Bedenken hinsichtlich des Verfahrens das gem. § 47 Abs. 2 BBG erforderliche Einvernehmen mit der Zurruhesetzung des Antragstellers her. Nach Auffassung des BMI sollten aber auch zukünftig alle Möglichkeiten zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit - ggf. auch die angesprochene stationäre Schmerztherapie - ausgeschöpft werden.

Mit Schreiben vom 19. September 2013 erklärte der Gesamtpersonalrat der Direktion Bundesbereitschaftspolizei Fuldatal, dass er gegen die beabsichtigte Zurruhesetzung keine Einwendungen geltend mache.

Durch Zurruhesetzungsverfügung vom 10. Oktober 2013 wurde der Antragsteller wegen Dienstunfähigkeit mit Ablauf des 31. Oktobers 2013 in den Ruhestand versetzt. Das sozialmedizinische Gutachten vom 10. Mai 2010 komme zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller nicht mehr uneingeschränkt gesundheitlich geeignet für den Polizeivollzugsdienst sei und nach ärztlich-wissenschaftlicher Erfahrung nicht zu erwarten sei, dass die gesundheitliche Eignung innerhalb zweier Jahre wiedererlangt werde. Gemäß sozialmedizinischem Gutachten vom 10. August 2012 sei auch die allgemeine Dienstfähigkeit (§ 44 Abs. 2 BBG) des Antragstellers nicht mehr gegeben. Auch die Durchführung einer Schmerztherapie sei gemäß sozialmedizinischer Stellungnahme vom 7. Mai 2013 nicht geeignet, die Dienstfähigkeit des Antragstellers wiederherzustellen.

Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2013, bei der Antragsgegnerin am 29. Oktober 2013 eingegangen, legte der Bevollmächtigte des Antragstellers gegen die Zurruhesetzungsverfügung vom 10. Oktober 2013 Widerspruch ein, über den bisher noch nicht entschieden ist.

Mit Verfügung vom 31. Oktober 2013 wurde die sofortige Vollziehung der Zurruhesetzungsverfügung vom 10. Oktober 2013 angeordnet. Aufgrund der fachliche Stellungnahme des Referats 83 des Bundespolizeipräsidiums vom 7. Mai 2013, wonach auch eine stationäre Schmerztherapie allenfalls zur Schmerzlinderung führen werde, sei nunmehr klargestellt, dass hinsichtlich der Frage der Notwendigkeit einer stationären Schmerztherapie die bisherige Auffassung des Sozialmedizinischen Dienstes keinen Bestand mehr habe, weswegen insgesamt die Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit des Antragstellers auszuschließen sei. Da der Sozialmedizinische Dienst in seinem Gutachten vom 10. August 2012 nun auch die gesundheitliche Nichteignung des Antragstellers für den allgemeinen Verwaltungsdienst festgestellt habe, bestehe beim Antragsteller nicht nur Polizeidienstunfähigkeit, sondern darüber hinaus allgemeine Dienstunfähigkeit. Die sofortige Vollziehung der Zurruhesetzung liege im besonderen öffentlichen Interesse, da beim Antragsteller eindeutig feststehe, dass er den Polizeiberuf, für welchen er ursprünglich ausgebildet wurde, auf Dauer nicht mehr ausüben könne. Dies gelte nach aktueller sozialmedizinischer Feststellung gleichermaßen für eine Tätigkeit im allgemeinen Verwaltungsdienst, weswegen der Antragsteller auch in diesem Bereich nicht mehr dauerhaft verwendet werden könne. Es würde in der Öffentlichkeit auf Unverständnis stoßen und wäre im Übrigen auch für die Vorgesetzten und Kollegen unzumutbar, wenn der Antragsteller trotz festgestellter Dienstunfähigkeit bis zum Abschluss eines Widerspruchs- bzw. Klageverfahrens weiterhin beschäftigt werden würde. Unbeschadet dessen gebiete sich die Anordnung des Sofortvollzugs auch aus Fürsorgegründen dem Antragsteller gegenüber, da die von ihm zuletzt ausgeübte Tätigkeit nur für einen begrenzten Zeitraum zur zeitlichen Überbrückung bis zum Abschluss des Zurruhesetzungsverfahrens verantwortet werden konnte und jede darüber hinausgehende weitere Dienstleistung den sozialmedizinischen Feststellungen zuwiderlaufen würde. Bei diesen Tätigkeiten handele es sich um reine Hilfstätigkeiten, welche auch nicht annähernd dem derzeitigen Statusamt des Antragstellers - nämlich der Besoldungsgruppe A 7 - zugeordnet werden könnten, sondern bestenfalls der Entgeltgruppe 3 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst unterfielen.

Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 13. Dezember 2013, bei Gericht am 16. Dezember 2013 eingegangen, begehrte der Antragsteller,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 28.10.2013 gegen die Zurruhesetzungsverfügung der Direktion Bundesbereitschaftspolizei vom 10.10.2013 bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids wiederherzustellen.

Bereits die Begründung des Sofortvollzugs sei fehlerhaft. Die von der Antragsgegnerin in der Verfügung vom 31. Oktober 2013 dargestellten Gründe könnten für die Anordnung des Sofortvollzugs der Zurruhesetzungsverfügung gerade nicht angeführt werden. Die Frage der Dienstfähigkeit für den allgemeinen Verwaltungsdienst erscheine aufgrund der Feststellung im sozialmedizinischen Gutachten vom 10. August 2012 gerade fraglich. Die erforderliche Wahrscheinlichkeitsprognose sei hier seitens des Amtsarztes gerade nicht ausgesprochen worden. Mangels einer gesetzlichen Regelung, wonach die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen die Zurruhesetzungsverfügung nicht ausgeschlossen werde, sei es für Vorgesetzte und Kollegen gerade nicht unzumutbar, wenn der Beamte bis zum rechtskräftigen Abschluss des Widerspruchsverfahrens weiterbeschäftigt werde. Darüber hinaus gebe es keine amtsärztlichen Feststellungen dazu, dass die zuletzt durch den Antragsteller ausgeübte Tätigkeit den sozialmedizinischen Feststellungen zuwiderlaufe. Die vorgebrachten Fürsorgegesichtspunkte seien daher nicht durch entsprechende fachärztliche Sachkenntnis untermauert. Auch könne der Umstand, dass die zuletzt ausgeübte Tätigkeit dem Statusamt des Antragstellers nicht entspreche, eine sofortige Vollziehung der Zurruhesetzungsverfügung nicht rechtfertigen. Denn dies stehe zu der gesetzlichen Wertung des § 44 Abs. 3 BBG in Widerspruch. Im Ergebnis lasse sich daher festhalten, dass innerhalb der Begründung der sofortigen Vollziehung nicht die notwendige Abwägung dahingehend stattgefunden habe, ob das öffentliche Interesse an der wirksamen Erledigung öffentlicher Aufgaben das Individualinteresse des Antragstellers auf Weiterbeschäftigung überwiege. Die Befürchtung einer nicht ordnungsgemäßen und fehlerhaften Dienstleistung des Antragstellers werde darüber hinaus weder vorgetragen noch sei diese ersichtlich; aus diesem Grunde erscheine seine Weiterbeschäftigung zumindest bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens zumutbar.

Im Übrigen seien nicht alle Voraussetzungen für eine Ruhestandsversetzung festgestellt. Die Feststellungen im sozialmedizinischen Gutachten vom 10. August 2012 ließen darauf schließen, dass der Amtsarzt die Durchführung einer entsprechenden Therapie als entscheidend angesehen habe, um im Rahmen der Prognoseentscheidung feststellen zu können, ob der Antragsteller dauerhaft dienstunfähig sei. Es erscheine höchst fraglich, ob die Antragsgegnerin vor der ausgesprochenen Ruhestandsversetzung in angemessenen Umfang geprüft habe, inwieweit eine anderweitige Verwendung bzw. eine eingeschränkte Verwendung möglich sei. Außerdem stelle sich aufgrund der Tatsache, dass der Antragsteller bis zuletzt eine Tätigkeit bei der Bundespolizeiabteilung ausgeübt habe, die Frage, ob die Antragsgegnerin rechtsfehlerfrei geprüft habe, inwieweit die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Halbs. 2 Bundespolizeibeamtengesetz (BPolBG) vorlägen.

Mit Schriftsatz vom 27. Januar 2014 beantragt die Antragsgegnerin,

den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO als unbegründet zurückzuweisen.

Die Zurruhesetzungsverfügung sei rechtmäßig. Durch die Gutachten des Sozialmedizinischen Dienstes vom 28. Juli 2005 und vom 10. Mai 2010 sei bereits festgestellt worden, dass der Antragsteller nicht mehr die uneingeschränkte gesundheitliche Eignung für den Polizeivollzugsdienst besitze. Da der Antragsteller seinerzeit noch als eingeschränkt gesundheitlich geeignet für den allgemeinen Verwaltungsdienst beurteilt worden sei, habe er unter Verbleib im Status eines Polizeivollzugsbeamten keinerlei operative Polizeivollzugsaufgaben, sondern nur noch administrative handicapgerechte Unterstützungstätigkeiten wahrgenommen. Aufgrund des Gutachtens des Sozialmedizinischen Dienstes vom 10. August 2012 sei dann auch die gesundheitliche Nichteignung des Antragstellers für den allgemeinen Verwaltungsdienst festgestellt worden, sodass die Voraussetzungen für seine Zurruhesetzung vorgelegen hätten. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei aufgrund der sozialmedizinischen Feststellungen hinsichtlich der festgestellten Dienstunfähigkeit erforderlich gewesen, um einen Dienstantritt des Antragstellers im November 2013 aus Fürsorgegründen zu verhindern. Der Sozialmedizinische Dienst habe in seinem Gutachten vom 10. August 2012 sehr wohl eine Prognose für die Zukunft abgegeben, indem er dargelegt habe, dass eine erneute Verbesserung des Gesundheitszustands zwar durchaus möglich sei, doch selbst eine entsprechende Therapie werde aller Voraussicht nach eine erneute Dienstfähigkeit nicht vor Ablauf von zwei Jahren erbringen. Deutlicher könne eine prognostische Einschätzung nicht zum Ausdruck gebracht werden. Hiernach sei eine Weiterbeschäftigung des Antragstellers - auch aus Fürsorgegründen - ausgeschlossen. Die Frage, ob der Antragsteller anderweitig verwendet werden könne, stelle sich in keiner Weise, weil seine vollständige Dienstunfähigkeit eindeutig festgestellt sei.

Ergänzend ließ der Antragsteller vortragen, aus dem sozialmedizinischen Gutachten vom 10. Mai 2010 ergebe sich, dass bereits zu diesem Zeitpunkt eine stationäre Schmerztherapie empfohlen worden sei. In der Stellungnahme des Bundespolizeipräsidiums vom 7. Mai 2013 sei nur die Feststellung getroffen worden, dass aus sozialmedizinischer Sicht die stationäre Schmerztherapie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zur Polizeidienstfähigkeit führen könne. Aus der Mitteilung des BMI vom 6. August 2013 ergebe sich schließlich, dass das Einvernehmen nach wie vor nur unter Bedenken hinsichtlich des Verfahrens und hinsichtlich der bislang nicht durchgeführten Schmerztherapie hergestellt worden sei. Folglich habe die Antragsgegnerin selbst Bedenken, ob die Voraussetzungen für eine Ruhestandsversetzung vorlägen.

Ergänzend wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

BAYERN.RECHT

Tenor:

I. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 28. Oktober 2013 gegen die Zurruhesetzungsverfügung der Antragsgegnerin vom 10. Oktober 2013 wird bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids wiederhergestellt.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 17.594,59 EUR festgesetzt.


Gründe:

I.

Der am ... geborene Antragsteller ist Polizeivollzugsbeamter (Polizeimeister, Statusamt A7) bei der Bundespolizei, Bundespolizeiabteilung .... Er begehrt die - bis zum Erlass eines Widerspruchsbescheids befristete - Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die mit Bescheid vom 10. Oktober 2013 ausgesprochene Versetzung in den Ruhestand zum 31. Oktober 2013.

Der Antragsteller leidet unter einer Körperstörung mit chronischem Schmerzsyndrom im Bereich des Stütz- und Bewegungsapparates; aufgrund der körperlichen Beschwerden ist auch eine psychische Störung hinzugetreten. Zuletzt war er im Bereich Einsatz/ Unterstützung/ Standortservice sowie Polizeitechnik/ Versorgung tätig und nahm dort die Tätigkeit als Wart für die Schießanlage der Abteilung war. Seine krankheitsbedingten Fehlzeiten betrugen im Jahr 2011 68 Arbeitstage, im Jahr 2012 110 Arbeitstage und im Jahr 2013 35 Arbeitstage.

Dem sozialmedizinischen Gutachten vom 28. Juli 2005 ist zu entnehmen, der Antragsteller genüge in seiner Funktion als Polizeivollzugsbeamter nicht mehr den gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst. Es lägen Einschränkungen hinsichtlich folgender Tätigkeitsmerkmale vor: Einsätze, Selbstverteidigung, Anwendung unmittelbaren Zwangs, Führen von Dienstfahrzeugen unter Einsatzbedingungen, dienstlicher Leistungssport. Schweres Heben und Tragen sei zu vermeiden. Unter Berücksichtigung dieser Einschränkungen sei der Antragsteller aber gesundheitlich geeignet für den allgemeinen Verwaltungsdienst bzw. für eine Innendienstfunktion des mittleren Polizeivollzugsdienstes.

Mit Erlass vom 26. Juni 2007 wurde der Antragsteller für den Laufbahnwechsel in den allgemeinen Verwaltungsdienst des Bundes zugelassen. Da es ihm aufgrund von Unfällen und Erkrankungen nicht möglich war, im Rahmen der Umschulung an den theoretischen Unterweisungen beim Bundesverwaltungsamt in Köln (BVA) teilzunehmen, wurde die Verfügung zum Laufbahnwechsel wieder zurückgenommen.

Beim Antragsteller wurde am 5. Mai 2010 eine weitere Untersuchung auf gesundheitliche Eignung für den Polizeivollzugsdienst durchgeführt. Als Gesamtergebnis der Untersuchung wurde von Medizinalrat ... unter dem 10. Mai 2010 festgestellt, dass der Antragsteller für den allgemeinen Verwaltungsdienst nur eingeschränkt gesundheitlich geeignet sei. Es sei nach ärztlich-wissenschaftlicher Erfahrung nicht zu erwarten, dass die uneingeschränkte gesundheitliche Eignung für den Polizeivollzugsdienst innerhalb zweier Jahre wiedererlangt werde. Nach wie vor bestünden die bereits im Gutachten vom 28. Juli 2005 festgestellten Verwendungseinschränkungen. Außerdem sei für den Antragsteller eine Tätigkeit mit der Möglichkeit, die Körperposition nach eigenem Dafürhalten zwischen Gehen, Stehen und Sitzen zu wechseln, notwendig. Es sei weiterhin unwahrscheinlich, dass der Antragsteller eine theoretische Einweisung beim BVA Köln durchhalten könne. Zur Besserung des Gesundheitszustands werde eine stationäre Schmerztherapie für sinnvoll gehalten. Aufgrund des bisherigen Krankheitsverlaufs sei mit einer grundlegenden Besserung des Gesundheitszustands ohne stationäre Therapie nicht zu rechnen.

Eine Schmerztherapie trat der Antragsteller nicht an, weil der für ihn zuständige Leiter Polizeiärztlicher Dienst diese aus kurativmedizinischer Sicht nicht für sinnvoll gehalten hat.

Mit Erlass vom 17. Dezember 2010 hatte das Bundesministerium des Innern (BMI) das für eine Zurruhesetzung erforderliche Einvernehmen nicht hergestellt. Zur Begründung führte das BMI aus, dass der Antragsteller nach einer gelungenen Wiedereingliederung wieder vollschichtig gearbeitet habe. Mit Erlass vom 28. Februar 2011 versagte das BMI erneut die Erteilung seines Einvernehmens zur beabsichtigten Zurruhesetzung des Antragstellers.

In seinem weiteren sozialmedizinischen Gutachten vom 10. August 2012 führte Medizinaloberrat ... aus, der Antragstellers sei auch weiterhin nicht uneingeschränkt gesundheitlich geeignet für den Polizeivollzugsdienst. Es sei nach ärztlich-wissenschaftlicher Erfahrung nicht zu erwarten, dass die uneingeschränkte gesundheitliche Eignung für den Polizeivollzugsdienst innerhalb zweier Jahre wiedererlangt werde. Der Gutachter wiederholte erneut die bereits festgestellten Verwendungseinschränkungen und führte weiter aus, der Antragsteller sei im Gegensatz zum sozialmedizinischen Gutachten vom 10. Mai 2010 nicht mehr gesundheitlich geeignet für den allgemeinen Verwaltungsdienst. Aufgrund einer deutlichen Verschlechterung des Krankheitsbildes sei eine für den Antragsteller entsprechende Tätigkeit nicht mehr abzuverlangen. Dies sei auch halbschichtig nicht mehr möglich. Eine erneute Verbesserung seines Gesundheitszustands sei durchaus möglich. Eine entsprechende Therapie werde bei dem chronifiziertem Krankheitsbild aller Voraussicht nach jedoch eine Dienstfähigkeit nicht vor Ablauf von zwei Jahren erbringen. Somit sei eine erneute Überprüfung der Dienstfähigkeit frühestens nach Ablauf von zwei Jahren sinnvoll. In einer separaten und für die Personalakte bestimmten ärztlichen Mitteilung vom 10. August 2012 stellte Medizinaloberrat ... abschließend fest, der Antragsteller sei weder für den Polizeivollzugsdienst noch für den allgemeinen Verwaltungsdienst gesundheitlich geeignet.

Mit Schreiben vom 27. August 2012 wurde die Dienstunfähigkeit des Antragstellers auf der Grundlage des § 44 Abs. 1 Satz 1 Bundesbeamtengesetz (BBG) festgestellt und dem Antragsteller mitgeteilt, dass seine Versetzung in den Ruhestand beabsichtigt sei. Im Rahmen des Anhörungsverfahrens äußerte sich der Bevollmächtigte des Antragstellers mit Schreiben vom 25. September 2012 dahingehend, dass beim Antragsteller durch einen Bescheid des Versorgungsamtes Region Oberfranken vom 5. Dezember 2011 ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 festgestellt worden sei. Bei der Bundesagentur für Arbeit sei darüber hinaus die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen nach § 2 Abs. 3 Sozialgesetzbuch IX (SGB IX) beantragt worden. Der Antragsteller übe derzeit einschränkungslos eine Tätigkeit als Wart für die Schießanlagen aus. Folglich sei nicht erkennbar, dass das Organisationsermessen des Dienstherrn hinsichtlich der Weiterbeschäftigung von polizeidienstunfähigen Beamten ausreichend beachtet worden sei. Es sei unverständlich, dass die für sinnvoll gehaltene stationäre Schmerztherapie nicht durchgeführt werde, welche nach dem sozialmedizinischen Gutachten vom 10. August 2012 eine Verbesserung des Gesundheitszustands bewirken könne. Der Umstand, dass eine entsprechende Therapie erst nach gewisser Zeit eine Verbesserung bringen werde, könne dem Antragsteller nicht zum Nachteil gereichen.

Unter dem 17. Oktober 2012 führte die Schwerbehindertenvertretung bei der Direktion Bundesbereitschaftspolizei aus, dass der Antragsteller handicapgerecht als Wart der Schießanlage verwendet würde und er diese Tätigkeit zufriedenstellend erledige. Aufgrund des aktuellen sozialmedizinischen Gutachtens vom 10. August 2012 solle dem Antragsteller die Möglichkeit eingeräumt werden, an einer seinem Krankheitsbild angepassten Therapie teilzunehmen. Der Schwerbehindertenvertreter hat deshalb darum gebeten, die beabsichtigte Zurruhesetzung bis zur Vorlage eines aussagekräftigen Ergebnisses hinsichtlich des Erfolges/Misserfolges einer Therapiemaßnahme auszusetzen. Mit Schreiben der Direktion Bundesbereitschaftspolizei vom 28. Januar 2013 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass entsprechend der Empfehlung der Schwerbehindertenvertretung die beabsichtigte Zurruhesetzung vorläufig ausgesetzt werde. Die sozialmedizinisch vorgeschlagene Therapie müsse aber schnellstmöglich zum Abschluss gebracht werden. Der Antragsteller solle kurzfristig mitteilen, wann mit deren Abschluss gerechnet werden könne. Unter dem 6. Februar 2013 teilte der Bevollmächtigte des Antragstellers mit, dass der Antragsteller zwar eine stationäre Schmerztherapie beantragt habe, die Heilfürsorgestelle eine solche jedoch abgelehnt habe, da der Polizeiärztliche Dienst in ... diese Maßnahme nicht befürwortet habe.

Ergänzend zum sozialmedizinischen Gutachten vom 10. August 2012 erklärte das Bundespolizeipräsidium, Referat 83 (Leiter Ärztlicher- und Sicherheitstechnischer Dienst) mit Stellungnahme vom 7. Mai 2013 gegenüber der Direktion Bundesbereitschaftspolizei Fuldatal, dass eine stationäre Schmerztherapie zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit des Antragstellers nicht erforderlich sei. Denn aus sozialmedizinischer Sicht werde eine stationäre Schmerztherapie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zur Polizeidienstfähigkeit führen, sondern allenfalls zur Schmerzlinderung.

Mit Schreiben vom 6. August 2013 stellte das BMI unter Zurückstellung nach wie vor bestehender Bedenken hinsichtlich des Verfahrens das gem. § 47 Abs. 2 BBG erforderliche Einvernehmen mit der Zurruhesetzung des Antragstellers her. Nach Auffassung des BMI sollten aber auch zukünftig alle Möglichkeiten zur Wiederherstellung der Dienstfähigkeit - ggf. auch die angesprochene stationäre Schmerztherapie - ausgeschöpft werden.

Mit Schreiben vom 19. September 2013 erklärte der Gesamtpersonalrat der Direktion Bundesbereitschaftspolizei Fuldatal, dass er gegen die beabsichtigte Zurruhesetzung keine Einwendungen geltend mache.

Durch Zurruhesetzungsverfügung vom 10. Oktober 2013 wurde der Antragsteller wegen Dienstunfähigkeit mit Ablauf des 31. Oktobers 2013 in den Ruhestand versetzt. Das sozialmedizinische Gutachten vom 10. Mai 2010 komme zu dem Ergebnis, dass der Antragsteller nicht mehr uneingeschränkt gesundheitlich geeignet für den Polizeivollzugsdienst sei und nach ärztlich-wissenschaftlicher Erfahrung nicht zu erwarten sei, dass die gesundheitliche Eignung innerhalb zweier Jahre wiedererlangt werde. Gemäß sozialmedizinischem Gutachten vom 10. August 2012 sei auch die allgemeine Dienstfähigkeit (§ 44 Abs. 2 BBG) des Antragstellers nicht mehr gegeben. Auch die Durchführung einer Schmerztherapie sei gemäß sozialmedizinischer Stellungnahme vom 7. Mai 2013 nicht geeignet, die Dienstfähigkeit des Antragstellers wiederherzustellen.

Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2013, bei der Antragsgegnerin am 29. Oktober 2013 eingegangen, legte der Bevollmächtigte des Antragstellers gegen die Zurruhesetzungsverfügung vom 10. Oktober 2013 Widerspruch ein, über den bisher noch nicht entschieden ist.

Mit Verfügung vom 31. Oktober 2013 wurde die sofortige Vollziehung der Zurruhesetzungsverfügung vom 10. Oktober 2013 angeordnet. Aufgrund der fachliche Stellungnahme des Referats 83 des Bundespolizeipräsidiums vom 7. Mai 2013, wonach auch eine stationäre Schmerztherapie allenfalls zur Schmerzlinderung führen werde, sei nunmehr klargestellt, dass hinsichtlich der Frage der Notwendigkeit einer stationären Schmerztherapie die bisherige Auffassung des Sozialmedizinischen Dienstes keinen Bestand mehr habe, weswegen insgesamt die Wiederherstellung der Polizeidienstfähigkeit des Antragstellers auszuschließen sei. Da der Sozialmedizinische Dienst in seinem Gutachten vom 10. August 2012 nun auch die gesundheitliche Nichteignung des Antragstellers für den allgemeinen Verwaltungsdienst festgestellt habe, bestehe beim Antragsteller nicht nur Polizeidienstunfähigkeit, sondern darüber hinaus allgemeine Dienstunfähigkeit. Die sofortige Vollziehung der Zurruhesetzung liege im besonderen öffentlichen Interesse, da beim Antragsteller eindeutig feststehe, dass er den Polizeiberuf, für welchen er ursprünglich ausgebildet wurde, auf Dauer nicht mehr ausüben könne. Dies gelte nach aktueller sozialmedizinischer Feststellung gleichermaßen für eine Tätigkeit im allgemeinen Verwaltungsdienst, weswegen der Antragsteller auch in diesem Bereich nicht mehr dauerhaft verwendet werden könne. Es würde in der Öffentlichkeit auf Unverständnis stoßen und wäre im Übrigen auch für die Vorgesetzten und Kollegen unzumutbar, wenn der Antragsteller trotz festgestellter Dienstunfähigkeit bis zum Abschluss eines Widerspruchs- bzw. Klageverfahrens weiterhin beschäftigt werden würde. Unbeschadet dessen gebiete sich die Anordnung des Sofortvollzugs auch aus Fürsorgegründen dem Antragsteller gegenüber, da die von ihm zuletzt ausgeübte Tätigkeit nur für einen begrenzten Zeitraum zur zeitlichen Überbrückung bis zum Abschluss des Zurruhesetzungsverfahrens verantwortet werden konnte und jede darüber hinausgehende weitere Dienstleistung den sozialmedizinischen Feststellungen zuwiderlaufen würde. Bei diesen Tätigkeiten handele es sich um reine Hilfstätigkeiten, welche auch nicht annähernd dem derzeitigen Statusamt des Antragstellers - nämlich der Besoldungsgruppe A 7 - zugeordnet werden könnten, sondern bestenfalls der Entgeltgruppe 3 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst unterfielen.


Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 13. Dezember 2013, bei Gericht am 16. Dezember 2013 eingegangen, begehrte der Antragsteller,

die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 28.10.2013 gegen die Zurruhesetzungsverfügung der Direktion Bundesbereitschaftspolizei vom 10.10.2013 bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids wiederherzustellen.

Bereits die Begründung des Sofortvollzugs sei fehlerhaft. Die von der Antragsgegnerin in der Verfügung vom 31. Oktober 2013 dargestellten Gründe könnten für die Anordnung des Sofortvollzugs der Zurruhesetzungsverfügung gerade nicht angeführt werden. Die Frage der Dienstfähigkeit für den allgemeinen Verwaltungsdienst erscheine aufgrund der Feststellung im sozialmedizinischen Gutachten vom 10. August 2012 gerade fraglich. Die erforderliche Wahrscheinlichkeitsprognose sei hier seitens des Amtsarztes gerade nicht ausgesprochen worden. Mangels einer gesetzlichen Regelung, wonach die aufschiebende Wirkung eines Widerspruchs gegen die Zurruhesetzungsverfügung nicht ausgeschlossen werde, sei es für Vorgesetzte und Kollegen gerade nicht unzumutbar, wenn der Beamte bis zum rechtskräftigen Abschluss des Widerspruchsverfahrens weiterbeschäftigt werde. Darüber hinaus gebe es keine amtsärztlichen Feststellungen dazu, dass die zuletzt durch den Antragsteller ausgeübte Tätigkeit den sozialmedizinischen Feststellungen zuwiderlaufe. Die vorgebrachten Fürsorgegesichtspunkte seien daher nicht durch entsprechende fachärztliche Sachkenntnis untermauert. Auch könne der Umstand, dass die zuletzt ausgeübte Tätigkeit dem Statusamt des Antragstellers nicht entspreche, eine sofortige Vollziehung der Zurruhesetzungsverfügung nicht rechtfertigen. Denn dies stehe zu der gesetzlichen Wertung des § 44 Abs. 3 BBG in Widerspruch. Im Ergebnis lasse sich daher festhalten, dass innerhalb der Begründung der sofortigen Vollziehung nicht die notwendige Abwägung dahingehend stattgefunden habe, ob das öffentliche Interesse an der wirksamen Erledigung öffentlicher Aufgaben das Individualinteresse des Antragstellers auf Weiterbeschäftigung überwiege. Die Befürchtung einer nicht ordnungsgemäßen und fehlerhaften Dienstleistung des Antragstellers werde darüber hinaus weder vorgetragen noch sei diese ersichtlich; aus diesem Grunde erscheine seine Weiterbeschäftigung zumindest bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens zumutbar.

Im Übrigen seien nicht alle Voraussetzungen für eine Ruhestandsversetzung festgestellt. Die Feststellungen im sozialmedizinischen Gutachten vom 10. August 2012 ließen darauf schließen, dass der Amtsarzt die Durchführung einer entsprechenden Therapie als entscheidend angesehen habe, um im Rahmen der Prognoseentscheidung feststellen zu können, ob der Antragsteller dauerhaft dienstunfähig sei. Es erscheine höchst fraglich, ob die Antragsgegnerin vor der ausgesprochenen Ruhestandsversetzung in angemessenen Umfang geprüft habe, inwieweit eine anderweitige Verwendung bzw. eine eingeschränkte Verwendung möglich sei. Außerdem stelle sich aufgrund der Tatsache, dass der Antragsteller bis zuletzt eine Tätigkeit bei der Bundespolizeiabteilung ausgeübt habe, die Frage, ob die Antragsgegnerin rechtsfehlerfrei geprüft habe, inwieweit die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Halbs. 2 Bundespolizeibeamtengesetz (BPolBG) vorlägen.


Mit Schriftsatz vom 27. Januar 2014 beantragt die Antragsgegnerin,

den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO als unbegründet zurückzuweisen.

Die Zurruhesetzungsverfügung sei rechtmäßig. Durch die Gutachten des Sozialmedizinischen Dienstes vom 28. Juli 2005 und vom 10. Mai 2010 sei bereits festgestellt worden, dass der Antragsteller nicht mehr die uneingeschränkte gesundheitliche Eignung für den Polizeivollzugsdienst besitze. Da der Antragsteller seinerzeit noch als eingeschränkt gesundheitlich geeignet für den allgemeinen Verwaltungsdienst beurteilt worden sei, habe er unter Verbleib im Status eines Polizeivollzugsbeamten keinerlei operative Polizeivollzugsaufgaben, sondern nur noch administrative handicapgerechte Unterstützungstätigkeiten wahrgenommen. Aufgrund des Gutachtens des Sozialmedizinischen Dienstes vom 10. August 2012 sei dann auch die gesundheitliche Nichteignung des Antragstellers für den allgemeinen Verwaltungsdienst festgestellt worden, sodass die Voraussetzungen für seine Zurruhesetzung vorgelegen hätten. Die Anordnung des Sofortvollzugs sei aufgrund der sozialmedizinischen Feststellungen hinsichtlich der festgestellten Dienstunfähigkeit erforderlich gewesen, um einen Dienstantritt des Antragstellers im November 2013 aus Fürsorgegründen zu verhindern. Der Sozialmedizinische Dienst habe in seinem Gutachten vom 10. August 2012 sehr wohl eine Prognose für die Zukunft abgegeben, indem er dargelegt habe, dass eine erneute Verbesserung des Gesundheitszustands zwar durchaus möglich sei, doch selbst eine entsprechende Therapie werde aller Voraussicht nach eine erneute Dienstfähigkeit nicht vor Ablauf von zwei Jahren erbringen. Deutlicher könne eine prognostische Einschätzung nicht zum Ausdruck gebracht werden. Hiernach sei eine Weiterbeschäftigung des Antragstellers - auch aus Fürsorgegründen - ausgeschlossen. Die Frage, ob der Antragsteller anderweitig verwendet werden könne, stelle sich in keiner Weise, weil seine vollständige Dienstunfähigkeit eindeutig festgestellt sei.

Ergänzend ließ der Antragsteller vortragen, aus dem sozialmedizinischen Gutachten vom 10. Mai 2010 ergebe sich, dass bereits zu diesem Zeitpunkt eine stationäre Schmerztherapie empfohlen worden sei. In der Stellungnahme des Bundespolizeipräsidiums vom 7. Mai 2013 sei nur die Feststellung getroffen worden, dass aus sozialmedizinischer Sicht die stationäre Schmerztherapie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht zur Polizeidienstfähigkeit führen könne. Aus der Mitteilung des BMI vom 6. August 2013 ergebe sich schließlich, dass das Einvernehmen nach wie vor nur unter Bedenken hinsichtlich des Verfahrens und hinsichtlich der bislang nicht durchgeführten Schmerztherapie hergestellt worden sei. Folglich habe die Antragsgegnerin selbst Bedenken, ob die Voraussetzungen für eine Ruhestandsversetzung vorlägen.

Ergänzend wird auf die Gerichtsakte und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.

Referenznummer:

R/R6340


Informationsstand: 18.11.2014