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Urteil
Versetzung in den vorzeitigen Ruhestand - Betriebliche Wiedereingliederung - Beteiligungsrechte

Gericht:

OVG Sachsen 2. Senat


Aktenzeichen:

2 A 208/17


Urteil vom:

12.03.2018


Grundlage:

  • BG SN § 138 |
  • BeamtStG § 26 |
  • PersVG SN § 80 Abs. 1 S. 1 Nr. 14 |
  • PersVG SN § 79 Abs. 4 |
  • PersVG SN § 79 Abs. 3

Tenor:

1. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Leipzig vom 26. Januar 2017 - 3 K 1802/15 - wird abgelehnt.

2. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

3. Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 35.365,32 Euro festgesetzt.

Entscheidungsgründe:

Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 VwGO) liegen nicht vor.

1.
Die Klägerin wendet sich als Erbin ihres Ehemanns gegen dessen vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Der am 27. Februar 1953 geborene und am 8. November 2014 verstorbene Beamte war zuletzt als Polizeihauptmeister (Besoldungsgruppe A 9) im Dienst des Beklagten tätig. Mit Bescheid vom 29. Oktober 2012 wurde er wegen Dienstunfähigkeit mit Ablauf des 30. November 2012 in den vorzeitigen Ruhestand versetzt. Sein Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 2013 zurückgewiesen. Die hiergegen erhobene Klage, die nach dem Tod des Beamten von dessen Erbinnen, darunter die Klägerin, weitergeführt wurde, wies das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 26. Januar 2017 - 3 K 1802/15 - als unbegründet ab. Die Versetzung in den Ruhestand sei formell und materiell rechtmäßig erfolgt. Der Personalrat sei ordnungsgemäß beteiligt worden. Auch der Schwerbehindertenvertretung sei ausreichend Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden. Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) sei keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Diese sei materiell rechtmäßig auf der Grundlage des polizeiärztlichen Gutachtens des Polizeiarztes Dr. med. M. vom 21. Dezember 2011 erfolgt. Das Gutachten sei hinreichend aktuell, erfülle die inhaltlichen Voraussetzungen und sei nachvollziehbar begründet. Der Gutachter habe aufgrund der festgestellten Diagnosen die dauerhafte und andauernde Polizeidienstunfähigkeit des Beamten festgestellt. Eine interne Verwendung gemäß § 150 Abs. 1 letzter Halbsatz SächsBG a. F. habe der Beklagte geprüft und mangels geeigneter freier bzw. frei zu machender Dienstposten abgelehnt. Der Beklagte habe auch die Möglichkeit einer anderweitigen Verwendung i. S. v. § 26 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 und Abs. 3 BeamtStG geprüft; er sei seiner Suchpflicht nachgekommen.

Die Klägerin macht mit ihrem Zulassungsantrag ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils geltend (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Das Verwaltungsgericht habe verkannt, dass das Mitbestimmungsverfahren nach dem Sächsischen Personalvertretungsgesetz fehlerhaft durchgeführt worden sei. Die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung sei ebenfalls fehlerhaft erfolgt. Die Versetzung in den Ruhestand sei mangels ordnungsgemäßer Untersuchungsanordnung ausgeschlossen gewesen. Das Verwaltungsgericht stütze sich auf das (letzte) Gutachten vom 21. Dezember 2011, stelle jedoch gleichzeitig auf die Feststellung der Polizeidienstunfähigkeit zum 25. April 2009 ab. Das Gutachten vom 21. November 2011 weise Mängel auf. Der Beklagte habe nicht ordnungsgemäß geprüft, ob geeignete Dienstposten für den Beamten vorhanden gewesen wären; ggfs. hätte ein Dienstposten frei gemacht werden müssen. Auch im Hinblick auf die anderweitige Verwendungsmöglichkeit des Beamten nach § 26 Abs. 2 und 3 BeamtStG sei keine ermessensfehlerfreie Entscheidung des Beklagten erfolgt. Zudem lägen die weiteren Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 VwGO vor.

Rechtsweg:

VG Leipzig, Urteil vom 26.01.2017 - 3 K 1802/15

Quelle:

Justiz Sachsen

2.
Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.

Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel dient der Verwirklichung von Einzelfallgerechtigkeit. Er soll eine berufungsgerichtliche Nachprüfung des Urteils des Verwaltungsgerichts ermöglichen, wenn sich aus der Begründung des Zulassungsantrags ergibt, dass hierzu wegen des vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnisses Veranlassung besteht. Gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 VwGO ist der Zulassungsgrund in der gebotenen Weise darzulegen. Ernstliche Zweifel in dem genannten Sinne sind anzunehmen, wenn der Antragsteller des Zulassungsverfahrens tragende Rechtssätze oder erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten so infrage stellt, dass der Ausgang des Berufungsverfahrens zumindest als ungewiss erscheint (vgl. BVerfG, Kammerbeschl. v. 23. Juni 2000, NVwZ 2000, 1164; Kammerbeschl. v. 26. März 2007 - 1 BvR 228/02 -, juris).

Daran fehlt es hier. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die vorzeitige Versetzung des Ehemanns der Klägerin in den Ruhestand formell und materiell rechtmäßig erfolgt ist. Der Senat verweist hierzu zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (UA S. 8 bis 14) und macht sie sich zu eigen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend wird zu den geltend gemachten Einwänden im Einzelnen wie folgt ausgeführt:

a) Die Durchführung des Mitbestimmungsverfahrens nach dem Sächsischen Personalvertretungsgesetz begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Soweit die Klägerin ihre Auffassung wiederholt und vertieft, der örtliche Personalrat habe nach seiner ablehnenden Entscheidung und der Einschaltung der Einigungsstelle in späteren Verfahrensabschnitten erneut befasst werden müssen, trifft dies nicht zu. Die Mitwirkung der Personalvertretung nach § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14, Satz 2 SächsPersVG bezog sich auf die Versetzung des Ehemanns der Klägerin in den vorzeitigen Ruhestand. Ausgehend hiervon stellt der gesamte Vorgang ab der Beteiligung des örtlichen Personalrats durch Schreiben vom 30. Juli 2009 bis zum Beschluss der Einigungsstelle vom 2. Juli 2012 eine einheitliche personalvertretungsrechtliche Angelegenheit dar. Es war deshalb nicht geboten, bei den mehrfachen Sachstandsänderungen, die durch das wechselnde gesundheitliche Befinden des Beamten und hierdurch notwendige gutachterliche Aktualisierungen bedingt waren, jeweils von neuem den örtlichen Personalrat nach § 80 Abs. 1 Satz 1 Nr. 14 sowie Satz 2 SächsPersVG zu beteiligen. Denn das Verfahren, das nach Anrufung des Hauptpersonalrats nach § 79 Abs. 3 SächsPersVG nachfolgend gemäß § 79 Abs. 4 SächsPersVG der Einigungsstelle vorgelegt wurde, blieb in der Folgezeit dort anhängig und fand erst mit der endgültigen Entscheidung der Einigungsstelle vom 2. Juli 2012 seinen Abschluss. Dass es sich bei dem vorangegangenen Beschluss vom 18. März 2011 gerade nicht um eine verfahrensbeendende Entscheidung handelte, folgt unmittelbar aus dessen Wortlaut. Anhaltspunkte für eine unzulässige Besetzung der Einigungsstelle liegen nicht vor; für die von der Klägerin - ohne nähere Begründung - geforderte personelle Kontinuität findet sich im Sächsischen Personalvertretungsgesetz keine Stütze. Hinzukommt, dass der örtliche Personalrat laut unwidersprochenem Vorbringen des Beklagten fortlaufend über die sich ändernden Sachstände informiert wurde, ohne sich erneut einzuschalten. Schließlich legt die Klägerin selbst nicht dar, wie sich eine erneute Beteiligung des örtlichen Personalrats auf die Versetzungsentscheidung hätten auswirken sollen: Bei erneuter Verweigerung der Zustimmung wäre wiederum über den Hauptpersonalrat die Einigungsstelle angerufen worden, mit dem Ergebnis, dass die Empfehlung der Versetzung in den Ruhestand - wie geschehen - erteilt worden wäre.

b) Die Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung begegnet ebenfalls keinen Einwänden. Die Unterrichtung und Anhörung erfolgte gemäß den Vorgaben des § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX in der bis zum 29. Dezember 2016 geltenden Fassung. Der örtliche Schwerbehindertenvertreter wurde mit Schreiben vom 20. Mai 2009 von der beabsichtigten Versetzung in den Ruhestand unterrichtet und äußerte sich hierzu mit Schreiben vom 17. Juni 2009. Ebenso wurde er im Rahmen der kurzzeitig avisierten Wiedereingliederung beteiligt (vgl. Gesprächsvermerk vom 10. Mai 2011, Bl. 274 der Verwaltungsakte sowie das im Bescheid vom 29. Oktober 2012 erwähnte Personalgespräch vom 6. September 2011). Mit Schreiben vom 4. Juli 2012 wurde die Hauptschwerbehindertenvertrauensperson zur beabsichtigten Ruhestandsversetzung angehört und äußerte sich mit Schreiben vom 16. Juli 2012. Mängel des Beteiligungsverfahrens nach § 95 Abs. 2 Satz 1 SGB IX sind hiernach nicht ersichtlich. Nichts anderes gilt im Hinblick auf die von der Klägerin gerügte Nichtdurchführung des BEM-Verfahrens.

c) Soweit die Klägerin beanstandet, die herangezogenen Gutachten beruhten auf einer fehlerhaften Untersuchungsanordnung, begründet dieser Einwand ebenfalls keine ernstlichen Zweifel an dem verwaltungsgerichtlichen Urteil. Es kann dahinstehen, ob die Untersuchungsanordnung, die den vom Beklagten eingeholten Gutachten jeweils zugrunde lag, im Einzelfall fehlerhaft war oder nicht. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kann sich der Beamte auf eine fehlende Rechtmäßigkeit der Untersuchungsanordnung nicht mehr berufen, wenn er sich der angeordneten Untersuchung unterzogen hat; die Rechtmäßigkeit der Anordnung ist nach Erstellung und Bekanntgabe des Gutachtens ohne Bedeutung (vgl. BVerwG, Urt. v. 26. April 2012 - 2 C 17.10; Beschl. v. 6. November 2014 - 2 B 97.13 -, beide juris).

d) Das Verwaltungsgericht hat zutreffend aufgrund der Feststellungen des aktuellsten Gutachtens vom 21. Dezember 2011 die Polizeidienstunfähigkeit des Ehemanns der Klägerin angenommen (vgl. UA S. 11). Dieselbe Feststellung findet sich in den Bescheiden des Beklagten, ebenfalls bezogen auf das Gutachten vom 21. Dezember 2011. Es erhellt nicht, weshalb die Klägerin meint, die entsprechenden Feststellungen würden fehlen. Dasselbe gilt für das - nicht näher begründete - Vorbringen, das herangezogene Gutachten sei mangelhaft. Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, welchen inhaltlichen Maßstäben das polizeiärztliche Gutachten zu genügen hat (vgl. UA S. 11/12), und hat auf dieser Grundlage keine Mängel festgestellt. Solche Mängel sind auch für den Senat nicht ersichtlich.

e) Das Verwaltungsgericht hat schließlich dargelegt, dass der Beklagte die Möglichkeit der Weiterverwendung des Beamten im Polizeidienst (§ 150 Abs. 2 SächsBG a. F.) geprüft, indessen festgestellt habe, dass keine geeigneten Dienstposten frei seien oder freigemacht werden könnten (vgl. UA S. 13). Entsprechendes gilt für die Verwendungsprüfung nach § 26 Abs. 1, 2 BeamtStG: Auch insoweit ist der Beklagte seiner Suchpflicht nachgekommen, wie das Verwaltungsgericht ausgeführt hat (vgl. UA S. 14). Diese nicht zu beanstandende Wertung beruht auf den vom Beklagten hierzu im Verfahren erfolgten Ausführungen, insbesondere der nachgewiesenen, im Januar 2012 durchgeführten Verwendungsabfrage im polizeiinternen sowie im ressortübergreifenden Bereich, die Bestandteil der Verwaltungsakte ist. Hiermit setzt sich die Klägerin nicht auseinander. Für die Annahme einer fehlerhaften Ermessensausübung ist vorliegend schon deshalb kein Raum, weil nach dem Ergebnis der Abfrage ein geeigneter Dienstposten nicht gefunden werden konnte. Nichts anderes folgt im Hinblick auf die gerügte Nichtdurchführung des BEM-Verfahrens: Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Durchführung des BEM keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die Versetzung eines Beamten in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit, sondern hat lediglich mittelbare Folgen für das hiervon unabhängige auf Erlass einer Ruhestandsversetzung gerichtete Verwaltungsverfahren (vgl. BVerwG, Urt. v. 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 -, juris Rn. 46 ff.).

3.
Die Berufung ist nicht wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO zuzulassen. Besondere rechtliche Schwierigkeiten weist eine Rechtssache dann auf, wenn sie voraussichtlich in rechtlicher Hinsicht größere, das heißt überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich überschreitende Schwierigkeiten verursacht (SächsOVG, Beschl. v. 16 April 2008, SächsVBl. 2008, 191,194; st. Rspr.). Solche Schwierigkeiten zeigt die Klägerin hier nicht auf. Vielmehr ergibt sich aus den vorstehenden Ausführungen, dass sich die im vorliegenden Fall aufgeworfenen Rechtsfragen ohne weiteres anhand der in Bezug genommenen höchstrichterlichen Rechtsprechung klären lassen. Es wird hierzu auf die Ausführungen unter 2. verwiesen.

4.
Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zu.

Eine Rechtssache besitzt grundsätzliche Bedeutung, wenn mit ihr eine grundsätzliche, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht entschiedene Rechtsfrage oder eine im Bereich der Tatsachenfeststellung bisher obergerichtlich nicht geklärte Frage von allgemeiner Bedeutung aufgeworfen wird, die sich im erstrebten Berufungsverfahren stellen würde und im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung und der Fortentwicklung des Rechts berufungsgerichtlicher Klärung bedarf. Die zulässige Geltendmachung der grundsätzlichen Bedeutung erfordert die Bezeichnung einer konkreten Frage, die Darlegung ihrer Entscheidungserheblichkeit sowie einen Hinweis auf deren über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung (vgl. SächsOVG, Beschl. v. 16. April 2008 a. a. O., 194; st. Rspr.).

Die von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen

a) Kann die Feststellung der Dienstunfähigkeit nach § 150 Abs. 2 und 1 SächsBG a. F. bzw. § 138 Abs. 2 und 1 SächsBG auf ein Gutachten gestützt werden, das auf einer fehlerhaften Untersuchungsanordnung beruht?

b) Führt die Nichtdurchführung des Verfahrens des BEM nach § 84 Abs. 1 SGB IX dazu, dass der Dienstherr darzulegen und ggfs. zu beweisen hat, dass auch bei Durchführung des Verfahrens keine Möglichkeit einer Verwendung i. S. des § 138 Abs. 1 2. Halbsatz bestanden hätte?

Erfüllen diese Voraussetzungen nicht. Sie sind zwar entscheidungserheblich, bedürfen indes keiner Klärung, weil sie bereits - soweit sie einer rechtssatzmäßigen Klärung zugänglich sind - höchstrichterlich geklärt sind. Der Senat verweist hierzu auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. April 2012 - 2 C 17.10 - juris Rn. 18 sowie den Beschluss vom 6. November 2014 - 2 B 97.13 -, juris Rn. 20 (vgl. hierzu die Ausführungen unter 2.c) und auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 -, juris Rn. 46 ff. (vgl. hierzu die Ausführungen unter 2.e).

5.
Die Berufung ist schließlich nicht wegen Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) zuzulassen.

Um eine Divergenzrüge ordnungsgemäß zu begründen, muss der Antragsteller des Zulassungsverfahrens darlegen, welcher abstrakte Rechtssatz in der herangezogenen Entscheidung enthalten ist und welcher im angegriffenen Urteil in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellte abstrakte Rechtssatz hierzu im Widerspruch steht. Zudem muss aufgezeigt werden, dass der Rechtssatz sowohl für die angegriffene als auch für die herangezogene Entscheidung entscheidungserheblich ist (vgl. Senatsbeschl. v. 31. Juli 2009 - 2 A 497/08 -, juris Rn. 10 und v. 28. April 2011 - 2 A 228/09 -).

Einen derartigen, sich widersprechenden abstrakten Rechtssatz des Verwaltungsgerichts und der "höchstrichterlichen Judikatur" bezeichnet die Klägerin nicht. Sie nimmt Bezug auf den Rechtssatz im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 20. Dezember 2012 - 2 B 39.10 -, juris Rn. 6:

Die Verletzung eines solchen Beteiligungsrechts zieht zwar regelmäßig die Rechtswidrigkeit von Ermessensentscheidungen nach sich (Beschluss vom 15. Februar 1990 - BVerwG 1 WB 36.88 - BVerwGE 86, 244 (252) und Urteil 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art 33 Abs 2 GG Nr. 35, Rn. 32). Nach dem Rechtsgedanken des § 46 VwVfG führt die fehlende Anhörung der Schwerbehindertenvertretung bei gebundenen Entscheidungen jedoch nicht zur Rechtswidrigkeit der getroffenen Maßnahme (vgl. für die gleichlautende Vorschrift des § 25 Abs. 2 SchwbG: Beschlüsse vom 17. August 1998 - BVerwG 2 B 61.98 - Juris Rn. 12 und vom 25. Oktober 1989 - BVerwG 2 B 115.89 - (Buchholz 237.8 § 58 Nr. 1) m.w.N.). Das gleiche gilt für die fehlende Anhörung der Gleichstellungsbeauftragten nach § 18 LGG.

Diesem stellt sie die Feststellung des Verwaltungsgerichts (UA S. 11) gegenüber:

Die Durchführung des betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) nach § 84 Abs. 2 SGB IX ist keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand.

Nach Auffassung der Klägerin gehe das Verwaltungsgericht damit vom folgenden Rechtssatz aus:

Die Verletzung des Beteiligungsrechts der Schwerbehindertenvertretung wirkt sich auf die Rechtmäßigkeit einer vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand nicht aus.

Diese Auffassung ist unzutreffend. Der vom Verwaltungsgericht in seiner Entscheidung tatsächlich aufgestellte Rechtssatz (UA S. 11) zitiert wörtlich das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 5. Juni 2014 - 2 C 22.13 -, juris Rn. 46. Ein Widerspruch zur höchstrichterlichen Judikatur scheidet schon aus diesem Grund aus. Der dem Verwaltungsgericht von der Klägerin unterlegte Rechtssatz weicht von der vom Verwaltungsgericht tatsächlich getroffenen Aussage inhaltlich in sinnentstellender Weise ab. Eine Divergenz ist hierdurch nicht dargelegt.

Zudem würde es an einer Entscheidungserheblichkeit mangeln, weil nach der zutreffenden Auffassung des Verwaltungsgerichts keine Verletzung von Beteiligungsrechten vorlag.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die die Beteiligten Einwände nicht erhoben haben.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Referenznummer:

R/R8485


Informationsstand: 15.10.2020