Der Bescheid des Staatlichen Schulamtes für den Landkreis X. und die Stadt X. am Main vom 29.08.2003 und der Widerspruchsbescheid derselben Behörde vom 28.01.2004 werden aufgehoben. Der Beklagte wird verpflichtet, die Klägerin umgehend nach Eintritt der Rechtskraft dieser Entscheidung in ein Beamtenverhältnis auf Probe zu berufen.
Die Kosten des Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
TATBESTAND
Die 1968 geborene Klägerin war nach bestandener Zweiter Staatsprüfung für das Lehramt an Hauptschulen und Realschulen zunächst im Rahmen eines befristeten
BAT-Vertrages an der Z. in A-Stadt tätig. Parallel hierzu bewarb sie sich um eine Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe.
Mit Schreiben vom 01.07.2003 teilte das Staatliche Schulamt für den Landkreis X. und die Stadt X. am Main (im Folgenden: Schulamt) der Klägerin mit, es sei beabsichtigt, sie zum 27.08.2003 unter Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Probe in den hessischen Schuldienst einzustellen, sofern die allgemeinen Einstellungsvoraussetzungen erfüllt seien; um Vorlage eines aktuellen amtsärztlichen Gesundheitszeugnisses werde gebeten.
Die amtsärztliche Untersuchung der Klägerin fand am 13.08.2003 statt. In dem vom 19.08.2003 datierenden amtsärztlichen Gesundheitszeugnis wurde ausgeführt, bei der Klägerin bestehe eine familiäre Belastung durch eine Erberkrankung und somit eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass die Klägerin in den nächsten zehn Jahren an dieser Krankheit erkranke und es dann zu häufigen Dienstunfähigkeitszeiten komme. Nach jetzigem medizinischen Wissensstand sei die Erkrankung nicht behandelbar und führe nach längerem Siechtum zu verfrühtem Tod. Es bestünden daher medizinische Bedenken gegen eine Verbeamtung der Klägerin, da in der Zukunft langfristige
bzw. dauerhafte Dienstunfähigkeitszeiten nicht ausgeschlossen werden könnten. Aktuell sei die Klägerin für die beabsichtigte Tätigkeit geeignet.
Mit Bescheid vom 29.08.2003 lehnte das Schulamt die Einstellung der Klägerin in den hessischen Schuldienst unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe ab, da nach dem amtsärztlichen Gesundheitszeugnis davon auszugehen sei, dass die Klägerin voraussichtlich nicht bis zum 65. Lebensjahr werde Unterricht erteilen können, so dass die gesundheitliche Eignung für eine Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Probe nicht gegeben sei. Ersatzweise werde ihr eine Einstellung als Lehrkraft in einem unbefristeten Angestelltenverhältnis - rückwirkend zum 27.08.2003 - angeboten. Dieses Angebot nahm die Klägerin an.
Am 24.09.2003 erhob die Klägerin über ihren Bevollmächtigten Widerspruch gegen die Versagung der Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Probe. Im Verlaufe des Widerspruchsverfahrens legte sie ein vom 23.09.2003 datierendes "Überarbeitetes Zeugnis" des Gesundheitsamtes vor. Hierin heißt es, die Klägerin sei aktuell für die beabsichtigte Tätigkeit geeignet. In ihrer Familie bestehe allerdings eine Belastung durch eine vererbbare Erkrankung. Das die Krankheit verursachende Gen werde mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% ererbt. Werde das Gen geerbt, so erkranke der Betroffene mit über 90%iger Wahrscheinlichkeit. Die Erkrankung führe nach meist längerem Siechtum zum oft verfrühten Tod. Etwa die Hälfte der Betroffenen erkrankten vor dem 45. Lebensjahr, 15% der Betroffenen erkrankten erst nach dem 65. Lebensjahr. Prinzipiell bestehe die Möglichkeit eines Gentestes. Die Klägerin habe sich jedoch gegen die Testung entschieden, eine Durchführung sei ihr aus ethischen Gründen nicht zuzumuten. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass die Klägerin das krankmachende Gen mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% geerbt haben könnte. Sollte sie das Gen geerbt haben, könnten aus medizinischer Sicht längere oder gar dauerhafte Dienstunfähigkeitszeiten nicht ausgeschlossen werden, so dass Bedenken gegen eine Verbeamtung geäußert werden müssten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28.01.2004 wies das Schulamt den Widerspruch zurück, da unter den gegebenen Umständen die erforderliche uneingeschränkte gesundheitliche Eignung der Klägerin nicht gegeben sei. Dieser Widerspruchsbescheid ging bei den Bevollmächtigten der Klägerin am 02.02.2004 ein.
Am 01.03.2004 hat die Klägerin über ihren Bevollmächtigten Klage vor dem erkennenden Gericht erhoben. Zur Begründung führt sie im wesentlichen aus, sie sei zur Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Probe geeignet, denn aktuell sei sie gesund, nämlich frei von Krankheiten. Alleine das Risiko, sie könne erkranken, schließe ihre gesundheitliche Eignung nicht aus, denn es gebe sehr viele Gene, die vererbt werden und daher Ursache einer Erkrankung sein könnten. Die Einbeziehung aller genetischen Risiken in die gesundheitliche Eignungsprüfung würde zur Versagung der Verbeamtung für jedermann führen, da jeder Mensch an einem ihm nicht bekannten oder noch nicht erforschten genetischen Risiko leide. Im übrigen bestehe hinsichtlich der Erbkrankheit ein Verwertungsverbot, da die entsprechenden Kenntnisse unter Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen erlangt worden seien, denn die Daten ihres Vaters hätten nur mit dessen Zustimmung erhoben werden können.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Staatlichen Schulamts für den Landkreis X. und die Stadt X. am Main vom 29.08.2003 und den Widerspruchsbescheid derselben Behörde vom 28.01.2004 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin umgehend nach Eintritt der Rechtskraft dieser Entscheidung in ein Beamtenverhältnis auf Probe zu berufen.
Das beklagte Land beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es nimmt Bezug auf den Inhalt der angefochtenen Bescheide und führt ergänzend aus, die erforderliche gesundheitliche Eignung eines Bewerbers um die Übernahme in ein Beamtenverhältnis liege nur dann vor, wenn der aktuelle Gesundheitszustand keinen Anlass biete, einen vorzeitigen Eintritt der Dienstunfähigkeit zu befürchten. Die gesundheitliche Eignung besitze nur derjenige, bei dem aufgrund seiner körperlichen Veranlagung die Möglichkeit häufiger Erkrankungen oder der Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne. Dabei stehe im Allgemeinen die zukunftsbezogene Prognose im Vordergrund, die sich letztlich nur auf vorhandene Symptome oder auf statistische Erfahrungswerte stützen könne. In Bezug auf die Klägerin sei deren erhebliches, erblich bedingtes Risiko einer späteren Erkrankung zu berücksichtigen mit der Folge der fehlenden gesundheitlichen Eignung. Ein Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen sei nicht erkennbar, denn Betroffene sei insoweit die Klägerin, deren Krankheitsrisiko ermittelt werden solle; einbezogen würden somit nur die Daten und statistischen Erfahrungen ihres eigenen, für die Gesundheitsprognose maßgeblichen Risikos. Angesichts der weitreichenden Bedeutung, die die Begründung eines Beamtenverhältnisses für den Dienstherrn und den Steuerzahler habe, sei ein entsprechendes amtsärztliches Fragerecht zu bejahen, weil insoweit von einem Überwiegen der Interessen des Dienstherrn auszugehen sei.
Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte nebst der die Klägerin betreffenden Personalakte sowie die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung verwiesen.
Die Klage, hinsichtlich deren Zulässigkeit Bedenken nicht bestehen, ist begründet, denn der Klägerin steht ein Anspruch auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe zu, so dass die ablehnenden Bescheide aufzuheben und das beklagte Land - da die Sache spruchreif ist - zu verpflichten ist, die Klägerin umgehend in das Beamtenverhältnis auf Probe zu berufen (§ 113
Abs. 5 Satz 1
VwGO).
Grundsätzlich allerdings hat ein Bewerber keinen Anspruch auf Begründung eines Beamtenverhältnisses. Er kann lediglich verlangen, dass der Dienstherr unter Beachtung der verfassungsrechtlichen (
Art. 33
Abs. 2
GG,
Art. 134 HV) und einfachgesetzlichen (§ 8 HBG) Vorgaben das ihm bei Personalauswahlentscheidungen zustehende Ermessen sachgerecht, also unter Wahrung des Leistungsprinzips, ausübt. Vorliegend verhält es sich jedoch so, dass seitens des beklagten Landes bereits abschließend und mit Zustimmung des Personalrates entschieden worden war, die Klägerin in eine Beamtenverhältnis auf Probe zu berufen, sofern keine gesundheitlichen Bedenken bestehen. Da - wie nachfolgend auszuführen sein wird - die gesundheitliche Eignung der Klägerin für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Probe zu bejahen ist und auch die sonstigen allgemeinen Voraussetzungen erfüllt sind, besteht hier unter Berücksichtigung des Schreibens des Schulamtes vom 01.07.2003 ein entsprechender Anspruch der Klägerin.
Nach der Vorschrift des § 8
Abs. 1 Satz 1 HBG ist Voraussetzung für die Begründung eines Beamtenverhältnisses unter anderem die Eignung des Bewerbers, wozu auch die gesundheitliche Eignung für das angestrebte Amt zählt (
BVerwG, Urteil vom 15.06. 1989 - 2 A 3/86 -, abgedruckt bei Buchholz 232.1 § 7 BLV
Nr. 4). Dabei ist es ohne Belang, ob es um die Begründung eines Probebeamtenverhältnisses oder die Umwandlung eines solchen in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit geht, denn das Probebeamtenverhältnis dient gerade der Beantwortung der Frage, ob ein Bewerber auch unter gesundheitlichen Aspekten den Anforderungen des grundsätzlich auf Lebenszeit angelegten Beamtenverhältnisses gewachsen ist. Liegen daher bereits vor Begründung eines Probebeamtenverhältnisses gesundheitliche Mängel vor, die erkennbar nicht Ausdruck einer nur vorübergehenden Gesundheitsstörung sind, kann der Dienstherr rechtsfehlerfrei von der Berufung des Bewerbers in ein Beamtenverhältnis Abstand nehmen, weil das Fehlen der gesundheitlichen Eignung einen gesetzlichen Entlassungstatbestand darstellt (§ 42
Abs. 1
Nr. 2 HBG).
Vorliegend hat das beklagte Land seine ablehnende Entscheidung damit begründet, nach dem amtsärztlichen Gesundheitszeugnis fehle es der Klägerin an der erforderlichen gesundheitlichen Eignung. Diese Beurteilung hält der gerichtlichen Überprüfung nicht stand.
Allerdings ergibt sich die Rechtswidrigkeit der behördlichen Entscheidung nicht bereits daraus, dass der Dienstherr nicht berechtigt gewesen wäre, von der Klägerin die Vorlage eines amtsärztlichen Zeugnisses zu verlangen. Nach den bereits zitierten normativen Vorgaben ist der Dienstherr verpflichtet, vor der Begründung eines Beamtenverhältnisses die gesundheitliche Eignung des Bewerbers zu überprüfen, denn es besteht - nicht nur im Hinblick auf mögliche Versorgungsansprüche - ein erhebliches öffentliches Interesse daran, dass nur derjenige in ein Beamtenverhältnis berufen wird, der hierzu auch gesundheitlich befähigt ist. Da der für den Dienstherrn handelnden Verwaltungsbehörde regelmäßig der erforderliche medizinische Sachverstand fehlen dürfte, begegnet es keinen Bedenken, wenn sich die Behörde insoweit des Amtsarztes bedient und von jedem Beamtenbewerber die Vorlage eines entsprechenden Gesundheitszeugnisses verlangt (im Ergebnis ebenso Plog / Wiedow / Beck, Bundesbeamtengesetz, Kommentar, Randnummer 17 zu § 8 BBG; Zängl in: Fürst, Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht, Teil 2 a, Randnummer 43
ff.). Der gegenteiligen Auffassung von v. Roetteken ( Hessisches Bedienstetenrecht, Teilausgabe
IV, Band 1, Randnummer 57 zu § 8 HBG) folgt die Kammer nicht. Einer (weiteren) ausdrücklichen normativen Grundlage für die Aufforderung, ein amtsärztliches Gesundheitszeugnis vorzulegen, bedarf es deshalb nicht, weil die oben angesprochene Verpflichtung des Dienstherrn, nur gesundheitlich geeignete Bewerber in ein Beamtenverhältnis zu berufen, inzident die Ermächtigung enthält, sich die notwendigen Kenntnisse zu verschaffen. Insoweit ist gegen die vom beklagten Land offensichtlich in ständiger Praxis erfolgende Aufforderung, im Zusammenhang mit der Entscheidung über die Begründung eines Beamtenverhältnisse ein amtsärztliches Untersuchungszeugnis vorzulegen, seitens des Gerichts nichts zu erinnern, da schützenswerte Rechte des betroffenen Bewerbers alleine mit dem Verlangen nach einem amtsärztlichen Zeugnis nicht verletzt werden.
Allerdings bedarf die inhaltliche Bewertung einer amtsärztlichen Untersuchung einer differenzierten Betrachtungsweise.
In grundsätzlicher Hinsicht geht das erkennende Gericht davon aus, dass sich Art und Umfang der amtsärztlichen Untersuchung am Zweck der Ermächtigung zu orientieren haben. Geboten ist demzufolge eine Ermittlung des aktuellen Gesundheitszustandes des Bewerbers; darüber hinaus ist aber auch eine Prognose in Bezug auf die künftige Entwicklung des Gesundheitszustandes zu erstellen. Die bereits im Vorfeld der Begründung eines Beamtenverhältnisses bestehende vorwirkende Treuepflicht gebietet es, dass der Bewerber an der Ermittlung des für das in Aussicht genommene Dienstverhältnis maßgeblichen Sachverhaltes mitwirkt (
vgl. in diesem Zusammenhang
OVG Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 23.04.1998 - 2 M 168/97 -, abgedruckt in DÖD 1999,
S. 43). Ihre Grenze findet diese Mitwirkungspflicht - allgemein gesprochen - in dem auch vom künftigen Dienstherrn zu wahrenden Persönlichkeitsrecht des Bewerbers. Dies bedeutet, dass allgemeine Untersuchungen des Amtsarztes, die für die Ermittlung des aktuellen Gesundheitszustandes des Bewerbers sowie für die Erstellung einer tragfähigen Zukunftsprognose nach den Regeln der ärztlichen Kunst notwendig sind, generell zulässig sind; gleiches gilt auch für ergänzende (auch fachärztliche) Untersuchungen, sofern sich hierfür im Rahmen der allgemeinen Untersuchung ein konkreter Anlass ergibt. Erst dann, wenn die Intimsphäre oder die körperliche Integrität des Bewerbers in nachhaltiger Weise betroffen sind, bedarf es einer besonderen Rechtfertigung für die Durchführung einer entsprechenden Untersuchung, wobei an die Beachtung des Verhältnismäßigkeitsmaßstabes strenge Anforderungen zu richten sind. Das Persönlichkeitsrecht des Bewerbers, namentlich dessen Recht auf informationelle Selbstbestimmung, steht entsprechenden Untersuchungen grundsätzlich nicht entgegen. Ausreichender Schutz ist insoweit gewährleistet, als die Weitergabe der bei der Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse an Dritte, also auch an den künftigen Dienstherrn, von der Zustimmung des Bewerbers abhängig ist, denn auch der Amtsarzt unterliegt der ärztlichen Schweigepflicht (
vgl. hierzu
LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 05.12.2001 - 2 Sa 63/01 -, zitiert nach juris). Verweigert demnach ein Bewerber grundlos die Teilnahme an einer amtsärztlichen Untersuchung, kann der Dienstherr ohne weiteres vom Fehlen des Nachweises der erforderlichen gesundheitlichen Eignung ausgehen. Lehnt der Bewerber die Durchführung der Untersuchung deshalb ab, weil er hierin einen Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sieht, hat der künftige Dienstherr zu begründen, weshalb er unter den gegebenen Umständen die Durchführung gerade jener Untersuchung für zwingend geboten hält, denn regelmäßig obliegt es ihm, diejenigen Umstände darzulegen, die seiner Ansicht nach das Fehlen der erforderlichen gesundheitlichen Eignung des Bewerbers begründen. Ist allerdings im Einzelfall die erforderliche weitere Sachverhaltsaufklärung nur dadurch möglich, dass zustimmungspflichtige Untersuchungen - wie etwa ein Gentest - durchgeführt werden, führt die Verweigerung der Zustimmung nicht zu einer Umkehr der Darlegungslast. Zwar besteht - wie ausgeführt - ein erhebliches öffentliches Interesse daran, das nur derjenige in ein Beamtenverhältnis berufen wird, der hierzu uneingeschränkt gesundheitlich geeignet ist. Dies kann indes nicht dazu führen, den Bewerber - so er denn seine Chance auf Berufung in ein Beamtenverhältnis wahren will - zur Duldung solcher Untersuchungen zu veranlassen, die mit massiven Eingriffen in das Persönlichkeitsrecht verbunden sind, sofern hierfür keine ausdrückliche gesetzliche Legitimation besteht.
Die Übertragung dieser grundsätzlichen Erwägungen auf den vorliegenden Fall ergibt zunächst folgendes:
Die Entscheidung des beklagten Landes, die Klägerin im Zusammenhang mit der Begründung eines Beamtenverhältnisses zur Vorlage eines amtsärztlichen Gesundheitszeugnisses aufzufordern, gibt zu Beanstandungen durch das Gericht keine Veranlassung. Anhaltspunkte dafür, dass bei den durchgeführten Untersuchungen der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verletzt worden sein könnte, sind nicht erkennbar. Eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts der Klägerin liegt nicht vor; insbesondere erfolgte die Bekanntgabe der vom Amtsarzt getroffenen Feststellungen an das Schulamt ersichtlich mit dem ausdrücklichen Einverständnis der Klägerin, was schon dadurch belegt wird, dass es die Klägerin selbst war, die das maßgebliche, vom 23.09.2003 datierende Gesundheitszeugnis dem Schulamt übersandt hat. In Bezug auf die Klägerin liegt eine Persönlichkeitsrechtsverletzung aber auch nicht deshalb vor, weil seitens des Amtsarztes nach familiären Belastungen hinsichtlich des Vorliegens einer Erberkrankung gefragt worden ist. Dass hiermit in weitreichender Art und Weise in die Intimsphäre der Klägerin eingegriffen worden ist, steht auch für das Gericht außer Frage. Andererseits ist zur Überzeugung des Gerichts aber auch davon auszugehen, dass die erforderliche Prognose über die voraussichtliche künftige Entwicklung des Gesundheitszustandes eines Bewerbers nach den Regeln der ärztlichen Kunst nur dann sachgerecht erstellt werden kann, wenn hierbei auch entsprechende familiäre Vorbelastungen Berücksichtigung finden, denn unbestreitbar gibt es eine Vielzahl schwerwiegender Erkrankungen, die vererbt werden und daher zum Eintritt der frühzeitigen Dienstunfähigkeit des Nachkömmlings führen können. Der Hinweis des Klägerbevollmächtigten, eine derartige Befragung durch den Amtsarzt führe im Rahmen einer Gesamtschau nicht zu verlässlichen Ergebnissen, sei es, weil derartige Vorbelastungen verschwiegen werden könnten oder einfach nicht bekannt seien, betrifft die im Einzelfall durchaus schwierige Würdigung, ändert aber nichts an der grundsätzlichen Berechtigung des Dienstherrn, sich ein vollständiges Bild von der gesundheitlichen Eignung des Bewerbers im Rahmen der bekannten Erkrankungen und Vorbelastungen zu verschaffen.
Der insoweit zu bejahenden Verwertbarkeit des amtsärztlichen Gesundheitszeugnisses steht auch nicht entgegen, dass hierbei auf die vererbbare Erkrankung in der Familie der Klägerin abgehoben wurde, denn entgegen der Ansicht des Klägerbevollmächtigten unterliegt diese Feststellung nicht einem Verwertungsverbot wegen Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen in Bezug auf den erkrankten Familienangehörigen.
Nach Auffassung des erkennenden Gerichts liegt bereits kein Fall des Erhebens personenbezogener Daten ohne Kenntnis des Betroffenen vor. Wie dargestellt, ist eine Prognose in Bezug auf die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung der Klägerin zu stellen. Dies erfordert zum einen die Berücksichtigung ihres aktuellen Gesundheitszustandes; unzweifelhaft wird die zu beurteilende Entwicklung aber auch durch bei der Klägerin vorhandene genetische Dispositionen bedingt. Kenntnis von derartigen Dispositionen kann der untersuchende Amtsarzt verlässlich nur durch entsprechende Gentests erlangen. Die hiermit verbundene Problematik insbesondere unter ethischen Aspekten, aber auch im Hinblick auf die Notwendigkeit einer verfassungsrechtlichen Anforderungen genügenden Rechtsgrundlage, bedarf anlässlich dieses Falles keiner weiteren Erörterung, denn auch seitens des beklagten Landes ist zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens die Forderung erhoben worden, die Klägerin solle sich einem derartigen Test unterziehen. Folglich ist der Amtsarzt darauf beschränkt, nach familiären Vorbelastungen des Bewerbers zu fragen, um dann aufgrund seiner medizinischen Sachkompetenz eine Aussage über möglicherweise vorhandene Risiken wegen des Vorliegens vererbbarer Erkrankungen treffen zu können. Somit findet hier keine Erhebung personenbezogener Daten Dritter, nämlich bestimmter Familienangehöriger, statt, ohne dass diese davon Kenntnis hätten; vielmehr geht es ausschließlich um die Frage der gesundheitlichen Disposition der Klägerin, zu deren Beantwortung die Kenntnis bestimmter Erkrankungen ihrer Vorfahren hilfreich sein kann, ohne dass es um die Individualisierung jener Vorfahren ginge.
Selbst wenn man sich aber der vorstehend beschriebenen Auffassung nicht anschließen und von der Erhebung personenbezogener Daten Dritter ohne deren Kenntnis ausgehen wollte, ergäbe sich hieraus kein Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen, mithin auch kein entsprechendes Verwertungsverbot. Gemäß § 12
Abs. 2
Nr. 1 HDSG dürfen bei öffentlichen Stellen Daten im Einzelfall ohne Kenntnis des Betroffenen nur erhoben werden, wenn eine Rechtsvorschrift dies vorsieht, zwingend voraussetzt oder der Betroffene eingewilligt hat. Vorliegend ist eine Fallkonstellation gegeben, die das Erheben derartiger Daten zwingend voraussetzt. Wie ausgeführt, ist die Einstellungsbehörde verpflichtet, sich Kenntnis über die gesundheitliche Eignung eines Bewerbers um die Übernahme in eine Beamtenverhältnis zu verschaffen. In diesem Zusammenhang ist sie berechtigt, sich der fachkundigen Mitwirkung des Amtsarztes zu bedienen. Dieser wiederum ist gehalten, nicht nur den aktuellen Gesundheitszustand des Bewerbers zu beurteilen, sondern auch eine Prognose der oben beschriebenen Art zu erstellen. Eine den Regeln der ärztliche Kunst genügende Prognose kann aber nur dann gestellt werden, wenn familiäre Belastungen des Bewerbers erfragt werden, um sich hieraus möglicherweise ergebende besondere Risiken für den Bewerber beurteilen zu können. Unter diesen Umständen ist daher ein zwingendes Erfordernis der Erhebung personenbezogener Daten eines Dritten ohne dessen Kenntnis zu bejahen.
Nach alledem kommt es streitentscheidend darauf an, ob das beklagte Land in rechtsfehlerfreier Weise die gesundheitliche Eignung der Klägerin für die Berufung in ein Beamtenverhältnis auf Probe verneint hat. Nach der von dem erkennenden Gericht geteilten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Beschluss vom 16.09.1986 - 2 B 92/86 -, abgedruckt bei Buchholz 232 § 31 BBG
Nr. 39; Urteil vom 18.07.2001 - 2 A 5/00 -, abgedruckt in DÖD 2002,
S. 219) fehlt die gesundheitliche Eignung bei Vorliegen einer körperlichen oder physischen Veranlagung der Art, dass die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann. Diesbezüglich hat der Dienstherr eine prognostische Einschätzung vorzunehmen. Ihm steht hinsichtlich der Feststellung der gesundheitlichen Eignung ein Beurteilungsspielraum zu. Die gerichtliche Kontrolle hat sich darauf zu beschränken, ob der Dienstherr den Begriff der fehlenden gesundheitlichen Eignung und den Rahmen, innerhalb dessen er sich frei betätigen kann, verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Tatbestand ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet oder sachwidrige Erwägungen angestellt hat (so bereits
BVerwG, Urteil vom 29.09.1960 - II C 79. 59 -, BVerwGE 11, 139).
Vorliegend ist ein Beurteilungsfehler seitens des beklagten Landes deshalb gegeben, weil die Behörde von einem unzutreffenden Begriff der fehlenden gesundheitlichen Eignung ausgegangen ist. In dem insoweit maßgeblichen (
vgl. § 79
Abs. 1
Nr. 1
VwGO) Widerspruchsbescheid vom 28.01.2004 wird ausgeführt, ein Bewerber sei nur dann uneingeschränkt geeignet, wenn sein derzeitiger Gesundheitszustand keinen Anlass biete, einen vorzeitigen Eintritt der Dienstunfähigkeit zu befürchten; die gesundheitliche Eignung zum Beamten besitze u.a. nur, bei wem auf Grund seiner körperlichen Veranlagung die Möglichkeit häufiger Erkrankungen oder der Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne. Mit dieser Betrachtungsweise weicht die Behörde jedoch von der oben wiedergegebenen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ab, da der Maßstab für die Annahme uneingeschränkter Eignung zu Lasten der Klägerin reduziert wird. Eine im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Fehlen der gesundheitlichen Eignung führende körperliche oder physische Veranlagung der Art, dass die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, liegt jedenfalls dann vor, wenn der derzeitige Gesundheitszustand des Bewerbers Anlass bietet, einen vorzeitigen Eintritt der Dienstunfähigkeit zu befürchten. Geht es hingegen um Veranlagungen, die den künftigen Ausbruch entsprechender Erkrankungen möglich erscheinen lassen, bedarf es zur Annahme der fehlenden gesundheitlichen Eignung zunächst der Feststellung des Vorhandenseins der Veranlagung. Der vom Bundesverwaltungsgericht entwickelte Prognosemaßstab bezieht sich auf den zu erwartenden Verlauf einer Veranlagung, vermag jedoch die vorherige Feststellung des Vorhandenseins einer entsprechenden Veranlagung dann nicht zu ersetzen, wenn - wie vorliegend - die Wahrscheinlichkeit einer solchen Veranlagung ebenso hoch ist wie die Wahrscheinlichkeit, dass eine solche Veranlagung nicht vorliegt.
Insoweit ist die behördliche Würdigung des amtsärztlichen Gesundheitszeugnisses nicht frei von Fehlern. In dem Widerspruchsbescheid heißt es hierzu, aktuell sei die Klägerin für die beabsichtigte Tätigkeit geeignet, aufgrund der Möglichkeit der Krankheitsvererbung von 50% und der im schlechten Fall zu erwartenden Wahrscheinlichkeit von über 90% des Krankheitsausbruchs bestehe ein recht hoher Grad an Wahrscheinlichkeit, dass es vor Erreichen der Altersgrenze zu häufigen Erkrankungen
bzw. zur dauernden Dienstunfähigkeit komme. Diese Bewertung ist durch das in Bezug genommene amtsärztliche Gesundheitszeugnis nicht gedeckt. Dort heißt es, aktuell sei die Klägerin für die beabsichtigte Tätigkeit geeignet. Hinsichtlich der weiterhin erforderlichen Zukunftsprognose wird dann ausgeführt, es bestehe eine Belastung durch eine vererbbare Erkrankung, das die Krankheit verursachende Gen werde mit einer Wahrscheinlichkeit von 50% ererbt. Mit den Beteiligten des Verfahrens geht das Gericht davon aus, dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht bekannt ist, ob die Klägerin Trägerin jenes Gens ist. Nach fachärztlichem Urteil besteht eine entsprechende Wahrscheinlichkeit von exakt 50%. Dies bedeutet indes nichts anderes, als dass es genauso wahrscheinlich ist, dass das Gen vererbt wurde, wie es wahrscheinlich ist, dass keine Vererbung stattgefunden hat. Trifft erstgenannte Möglichkeit zu, besteht allerdings eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit für den Ausbruch der Erkrankung vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze. Ist die Klägerin hingegen nicht Trägerin des Gens, liegen keinerlei Anhaltspunkte für ein Fehlen der gesundheitlichen Eignung vor. Bei diesen tatsächlichen Gegebenheiten kann daher nach Auffassung des Gerichts nicht gesagt werden, in der Person der Klägerin lägen Veranlagungen vor, aufgrund derer die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit schon vor Erreichen der Altersgrenze nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, denn das Bestehen einer dahingehenden Veranlagung ist - wie ausgeführt - gleichermaßen wahrscheinlich wie unwahrscheinlich.
Danach kann der Übernahme der Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe bei ansonsten unzweifelhaft festgestellter gesundheitlicher Eignung kein Eignungsmangel wegen einer körperlichen oder physischen Veranlagung entgegengehalten werden. Da das beklagte Land die beabsichtigte Übernahme der Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe allein wegen angenommener mangelnder Eignung aufgrund körperlicher oder physischer Veranlagung abgelehnt hat, ist Spruchreife gegeben und das beklagte Land unter Aufhebung der angegriffenen Bescheide zu verpflichten, die Klägerin umgehend nach Eintritt der Rechtskraft dieser Entscheidung in ein Beamtenverhältnis auf Probe zu berufen.
Als unterlegener Beteiligter hat das beklagte Land die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154
Abs. 1
VwGO).
Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit wegen der Kosten beruht auf § 167
VwGO in Verbindung mit §§ 708
Nr. 11, 711
ZPO.