Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung eines Betrages in Höhe der sich aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss ergebenden Kostenschuld abwenden, falls nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand:
Der 1956 geborene Kläger, Polizeikommissar a.D., wendet sich gegen seine zum 31.12.2010 wegen Dienstunfähigkeit erfolgte vorzeitige Versetzung in den Ruhestand.
Nach zahlreichen Krankentagen in den Vorjahren hielt der Polizeiarzt den Kläger, dem privatärztlich (Gemeinschaftspraxis Dr. S.) verschiedene Grunderkrankungen (u.a. ausgeprägte arterielle Hypertonie, fortgeschrittener Gelenk- und WS-Prozess, psychophysischer Erschöpfungszustand) attestiert worden waren, in einer Dienstfähigkeitsbeurteilung vom 16.10.2003 gesundheitlich auf Dauer für den Polizeivollzugsdienst mit tätigkeitsbezogener Einschränkung (Anheben, Transportieren von Lasten )10 kg; Verharren in Zwangshaltung; Aufenthalt in feucht-kalter Witterung; SEE) für geeignet. Ausgeführt ist weiter, dass der Kläger bei der Chronizität der sich als komplex darstellenden Krankheitsbilder im ausschließlichen Tagesdienst eingesetzt werden sollte. Entsprechend wurde der Kläger bei dem Polizeibezirk S. als Sachbearbeiter im Bereich der Querschnittsdienste verwendet.
Aus den Sachakten ergeben sich folgende Krankentage:
- 1991 bis 2002 : 994
- 2003: 148
- 2004: 124
- 2005: 101
- 2006: 107
- 2007: 155
- 2008: 97
Nachdem sich der Kläger im Dezember 2008 bei dem Polizeiärztlichen Dienst (Dr. P.) vorgestellt hatte, führte dieser mit Vermerk vom 06.01.2009 aus:
"Als Konsequenz bleibt festzuhalten, dass aufgrund der sich immer wieder darstellenden Labilität des Gesundheitszustandes weitere Einschränkungen zu berücksichtigen sind. Tätigkeiten mit dem durchschnittlichen "Stresslevel", den ein Polizeibeamter zu ertragen hat, können nicht abverlangt werden. Damit ist auch Publikumsverkehr und Kontakt zu polizeilichem Gegenüber signifikant eingeschränkt und kann nur noch im Einzelfall zugemutet werden. Aufgrund orthopädischer Probleme ist ein häufiger Positionswechsel in Eigenregie (zwischen Sitzen, Gehen und Stehen) zu gewährleisten. Anhaltendes Stehen oder Sitzen am Stück und länger als 30 Minuten sind nicht mehr möglich."
Mit Schreiben vom 20.01.2009 wandte sich der Kläger gegen diese Feststellungen und machte geltend, die ihm 2003 attestierte Dienst- und Verwendungsfähigkeit habe sich bisher in keinem Punkt dauerhaft verschlechtert. Zusätzlich legte der Kläger zwei fachärztliche Atteste vom 30.01.2009 (Dr. B., Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie) und vom 05.02.2009 (Dr. R., Arzt für Orthopädie/Sportmedizin) vor.
In einem Schreiben des Leiters der damaligen Landespolizeidirektion an den Leiter des Polizeibezirks S. vom 19.02.2009 heißt es, durch die von dem Polizeiarzt festgestellten weitergehenden Einschränkungen des Klägers sei eine Dienstfähigkeit nicht mehr gegeben. Aus Fürsorgegründen sei es deshalb erforderlich, bis auf weiteres keine Dienstleistungen des Klägers mehr anzunehmen. Mit Schreiben vom 24.02.2009 teilte der Leiter des Polizeibezirks S. dem Kläger mit, ab sofort werde aus Fürsorgegründen auf seine Dienstleistung verzichtet.
In einem weiteren Vermerk des Polizeiärztlichen Dienstes vom 25.02.2009 heißt es:
"Aus den zahlreichen Konsultationen und den in der Gesundheitsakte vorliegenden Befundberichten ergibt sich folgendes Bild an Gesundheitsstörungen: Seelische Minderbelastbarkeit, Bluthochdruck mit Kopfschmerzattacken, Wirbelsäulen- und Gelenkverschleiß. Aufgrund dieses "bunten Straußes" an Gesundheitsstörungen auf verschiedenen Gebieten, die sich in ihrer Wirkung teilweise überlappen, kann allgemein von einer verminderten körperlichen und seelischen Leistungsfähigkeit gesprochen werden."
Die von dem Kläger mandatierten Verfahrensbevollmächtigten (Rechtsanwälte S.) teilten mit Schreiben vom 25.02.2009 mit, die Voraussetzungen für eine dem Kläger in Aussicht gestellte Zurruhesetzung lägen nicht vor.
Mit Schreiben der Bundesagentur für Arbeit - Agentur für Arbeit S. - vom 02.03.2009 wurde der Kläger, der einen Grad der Behinderung von 30 hat, antragsgemäß einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt.
Mit Schreiben vom 13.03.2009 nahm der Polizeiarzt zu den von dem Kläger vorgelegten fachärztlichen Attesten Stellung. Er führt aus, die Atteste seien zum einen nicht in der polizeiärztlichen Gesamtschau erfolgt, zum anderen sei zu berücksichtigen, dass die Äußerungen im Rahmen der emphatischen Identifikation mit dem eigenen Patienten zu sehen und somit zu relativieren seien. Wesentlich bleibe das Faktum großer Fehlzeiten trotz der polizeiärztlicherseits beschriebenen und seitens des Dienstherrn umgesetzten Verwendungseinschränkungen. Wenn ein Beamter trotz realisierter Schonungen weiterhin so hohe Fehlzeiten aufweise, könne dies als Beleg dafür angesehen werden, dass die bisherigen Schonungen nicht ausreichend gewesen seien. Den Privatärzten sei offenbar nicht bekannt, dass das Faktum einer Einschränkung an sich schon Polizeidienstunfähigkeit bedinge.
Mit an die Verfahrensbevollmächtigten des Klägers gerichtetem Schreiben vom 26.03.2009 teilte ihm der Beklagte mit, durch die polizeiärztlichen Gutachten vom 06.01. und 25.02.2009 habe er davon Kenntnis, dass der Kläger den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr genüge. Als die Dienstfähigkeit beeinträchtigende Erkrankung sei bei ihm eine verminderte körperliche und seelische Leistungsfähigkeit festgestellt. Da nicht zu erwarten sei, dass der Kläger seine volle Verwendungsfähigkeit innerhalb der nächsten zwei Jahre wiedererlangen werde, sei der Beklagte gehalten, seine dauernde Dienstunfähigkeit festzustellen und seine Versetzung in den Ruhestand von Amts wegen einzuleiten.
Mit Anwaltsschreiben vom 20.04.2009 machte der Kläger Einwendungen gegen die beabsichtigte Ruhestandsversetzung geltend. Insbesondere verwies er darauf, dass ein betriebliches Eingliederungsmanagement in seinem Fall nicht durchgeführt worden sei.
Sowohl der Hauptvertrauensmann der schwerbehinderten Menschen bei dem Beklagten (Schreiben vom 31.03.2009) als auch der Polizeihauptpersonalrat bei dem Beklagten (Schreiben vom 25.05.2009) stimmten der beabsichtigten Ruhestandsversetzung nicht zu. Der Personalrat rügte u.a. ebenfalls das Fehlen eines Wiedereingliederungsmanagements insbesondere in den Jahren seit 2003 und bat, die Ruhestandsversetzung, soweit sie überhaupt erforderlich sei, durch ein ordnungsgemäßes, insbesondere faires Verfahren zu gestalten.
Der von dem Beklagten daraufhin zu der Frage einer Überführung des Klägers in die Laufbahn des allgemeinen Verwaltungsdienstes um ärztliche Einschätzung ersuchte Polizeiärztliche Dienst führte hierzu mit Schreiben vom 25.06.2009 aus:
"Auf Ihre mündliche gestellte Frage teile ich Ihnen mit, dass trotz Multimorbidität mit resultierender Leistungsminderung zumindest der Versuch einer Aufqualifizierung für den allgemeinen Verwaltungsdienst der Beamten gerechtfertigt erscheint, wenn auch eben wegen genannter Multimorbidität und in Kenntnis der daraus resultierenden Fehlzeiten in der letzten Dekade ein solcher Erfolg nicht verbürgt werden kann."
Mit Schreiben vom 23.09.2009 teilte der Beklagte dem Kläger mit, es sei beabsichtigt, ihn in ein Amt mit demselben Endgrundgehalt einer anderen Laufbahn, nämlich der des gehobenen Dienstes in der allgemeinen Verwaltung, zu versetzen. Zum Befähigungserwerb sei eine mindestens sechsmonatige Unterweisung erforderlich. Deshalb werde er vom 28.09. bis 31.12.2009 dem Landesverwaltungsamt (Ausländerbehörde), vom 04.01. bis 14.02.2010 der Abteilung A des Beklagten und vom 15.02. bis 31.03.2010 der Abteilung D des Beklagten zugewiesen.
Unter dem 27.09.2009 bat der Kläger um Feststellung einer MdE und ggf. Zahlung eines Unfallausgleichs. Dabei bezog er sich auf anerkannte Dienstunfälle in den Jahren 1988, 1995 und 2002.
Der von dem Polizeiarzt mit der Erstellung eines unfallchirurgischen Gutachtens beauftragte Facharzt für Unfallchirurgie Dr. H. kam in seinem 17seitigen Gutachten vom 16.12.2009 zu dem Ergebnis, dass die bei dem Kläger vorhandenen Beschwerden degenerativen Prozessen zuzuordnen und nicht auf die Dienstunfälle zurückzuführen seien, so dass eine unfallbedingte MdE nicht festgestellt werden könne.
Mit Schreiben vom 01.10.2009 bestellten sich die jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers.
Während der Unterweisungszeit war der Kläger vom 26.10. bis 14.11.2009 sowie vom 09.03. bis 19.03.2010 dienstunfähig erkrankt.
In der Folge war der Kläger vom 22.04. bis 15.09.2010 erneut dienstunfähig krankgeschrieben.
Mit Schreiben vom 20.04.2010 machte der Kläger unter Vorlage eines Attestes des Facharztes Dr. R. vom 30.03.2010 sowie einer ärztlichen Bescheinigung der Gemeinschaftspraxis S. vom 05.11.2009 geltend, seine Beschwerden (Schwindelzustände, Schmerzen im Bereich der HWS und im rechten Ellenbogen) seien auf Dienstunfälle in den Jahren 1995 und 2002 zurückzuführen, weshalb er um Überprüfung nach § 36 BeamtVG bei einer Versetzung in den Ruhestand bitte.
Der Kläger wiederholte diese Bitte mit Schreiben vom 18.05.2010 und teilte weiter mit, er stelle einen Antrag auf Versetzung in den Ruhestand. Die Antragstellung erfolge zum gegenwärtigen Zeitpunkt, da er durch die ärztlichen Untersuchungen auf den Kausalzusammenhang hingewiesen worden sei und die Symptome aus eigener Sicht nicht in den Kontext habe einordnen können.
Mit weiterem Schreiben vom 16.06.2010 zog der Kläger seinen Antrag zurück. Zur Begründung führte er aus, nach erfolgter Rücksprache mit den behandelnden Ärzten und einer gesundheitlichen Verbesserung bitte er um Wiedereinsetzung in sein früheres Amt bei der Landespolizeidirektion. Mit einer Versetzung in die allgemeine Verwaltung sei er nicht einverstanden.
Unter dem 22.06.2010 bat der Beklagte den Polizeiärztlichen Dienst den Gesundheitszustand des Klägers gutachterlich daraufhin zu prüfen, ob der Kläger polizeidienstunfähig sei, ob er dies aufgrund eines Dienstunfalls geworden sei und ob aus medizinischer Sicht Dienstunfähigkeit auch hinsichtlich der allgemeinen Verwaltung bestehe.
Aufgrund einer ärztlichen Untersuchung am 22.07.2010 erstellte der Polizeiärztliche Dienst (Dr. P.) ein 13seitiges ärztliches Gutachten über den Kläger. Mit Schreiben vom 23.07.2010 teilte Dr. P. mit, als Ergebnis des Gutachtens bleibe festzuhalten, dass ab sofort und auf Dauer bei dem Kläger Polizeidienstunfähigkeit gemäß § 127 SBG bestehe. Auch eine Verwendung im allgemeinen Verwaltungsdienst sei ausgeschlossen (Diagnose: Wirbelsäulenleiden mit fehlender Belastbarkeit).
Der Beklagte kündigte dem Kläger daraufhin unter Angabe der Diagnose an, dass aufgrund des polizeiärztlichen Gutachtens beabsichtigt sei, ihn wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen.
Der Polizeihauptpersonalrat bei dem Beklagten (Schreiben vom 07.12.2010) und die Hauptschwerbehindertenvertretung bei dem Beklagten (Schreiben vom 16.08.2010) stimmten der beabsichtigten Ruhestandsversetzung des Klägers zu.
Mit Schreiben vom 15.09.2010 machte der Kläger Einwände gegen die beabsichtigte Ruhestandsversetzung geltend. Er führte aus, weder ihm noch seinem behandelnden Hausarzt seien Gründe bekannt, die einer Dienstverrichtung widersprechen könnten. "Wirbelsäulenleiden mit fehlender Belastbarkeit" seien weder attestiert noch orthopädisch diagnostiziert worden. Seine Einsatzfähigkeit sei altersgemäß und entspreche der PDV 300. Das Gutachten des Dr. P. zweifele er an und beantrage ein Obergutachten.
Mit Bescheid vom 20.12.2010 wurde der Kläger wegen dauernder Dienstunfähigkeit mit Ablauf des 31.12.2010 in den Ruhestand versetzt. Zur Begründung heißt es, das Gutachten des Polizeiärztlichen Dienstes vom 23.07.2010 führe eindeutig ein Wirbelsäulenleiden mit fehlender Belastbarkeit als Diagnose an. Weiter werde dort ausdrücklich mitgeteilt, dass der Kläger polizeidienstunfähig sei und auch eine Verwendung in der allgemeinen Verwaltung ausgeschlossen sei. Dieses Gutachten könne sehr wohl für die Ruhestandsversetzung herangezogen werden. Ein Obergutachten sei nicht erforderlich, da der Polizeiarzt zu einem eindeutigen Ergebnis gekommen sei. Es sei nicht zu erwarten, dass der Kläger seine volle Verwendungsfähigkeit innerhalb zweier Jahre wiedererlangen werde, sodass seine dauernde Dienstunfähigkeit gemäß § 127 SBG festzustellen sei.
Hiergegen legte der Kläger mit am 05.01.2011 bei dem Beklagten eingegangenen Schreiben Widerspruch ein. Diesen begründete er mit Anwaltsschreiben vom 17.05.2011 damit, Dr. P. habe die Krankenakte des Klägers unvollkommen ausgewertet und ärztliche Unterlagen falsch interpretiert. 1997 sei der Kläger nach Einschätzung des damaligen Polizeiarztes Dr. L. dienstfähig gewesen. Es sei reichlich abenteuerlich, wenn Dr. P. in seinem Gutachten auf "ein Schreiben eines Nervenarztes" verweise, der "bereits 2005 eine Anpassungsstörung mit somatischen Beschwerden" diagnostiziert habe. Das Schreiben des Nervenarztes Dr. G. lasse eine solche Einschätzung nicht zu. Eine "Anpassungsstörung mit somatischen Beschwerden" habe dieser Nervenarzt nicht diagnostiziert; die Diagnose sei völlig aus der Luft gegriffen. Es sei dann im Weiteren eine Unterstellung des Polizeiarztes, dass diese "Anpassungsstörung" durch den Verlauf in den folgenden fünf Jahren ausreichend belegt sei. Die fachpsychiatrische Stellungnahme der Frau Dr. B. vom 30.01.2009 stehe dem klar entgegen. Dienstherr und Polizeiarzt hätten im Übrigen unter Verletzung der Fürsorgepflicht versäumt, für eine Wiedereingliederung des dienstunfähigen Klägers in den Polizeidienstbetrieb Sorge zu tragen. Es entstehe der Eindruck, dass man den Kläger "loswerden" wolle.
Der um Stellungnahme gebetene Polizeiarzt (Dr. P.) führte mit Schreiben vom 06.07.2011 aus:
"Dass subjektives Erleben (hier von Wirbelsäulenbeschwerden) nicht an objektiv tatsächliche pathomorphologische Befunde gebunden ist, ist eine medizinische Erfahrungstatsache. Solche Wirbelsäulenbeschwerden wurden von Herrn A. immer wieder hier dargestellt und ärztliche Empathie gebietet insbesondere, das subjektive Erleben und damit das subjektive Krankheitsgefühl zu sehen, zu akzeptieren und auch als leistungsmindernd, wie in diesem Fall, anzuerkennen.
Die Diagnose einer Anpassungsstörung ist nicht aus der Luft gegriffen, ist nicht auf tönernen Füßen stehend, ist keine "Unterstellung", sondern ist, wie der Rechtsanwalt des Beamten ja implizit auch selber sagt, Aussage eines Psychiaters 2005, der genau diese Diagnose nicht vermutet, nicht in den Raum stellt, sondern explizit nennt. Was dieser Psychiater sonst noch abgerechnet hat, ändert daran nichts, hat mit dieser fachpsychiatrischen Feststellung von vor bereits 6 Jahren auch nichts zu tun.
Wenn Frau Dr. B. als dann vom Beamten aufgesuchte Nervenärztin in einer "fachpsychiatrischen Stellungnahme" (diese ist bekannter Bestandteil der hiesigen Akte) feststellt, dass "ihres Erachtens ... zum jetzigen Zeitpunkt ... kein Anhalt auf das Vorliegen einer psychischen Erkrankung gegeben ..." sei, so impliziert dies nicht, dass aus dem Erachten Anderer zu einem anderen Zeitpunkt dies nicht anders sein könne. Wenn sie ausführt, dass ihr pathologische Verhaltensmuster "nicht erkennbar ..." seien, impliziert das nicht, dass solche pathologischen Verhaltensmuster nicht vorlägen.
Der Terminus der "seelischen Minderbelastbarkeit" ist ein Terminus, der so formuliert wird, um allgemein verständlich sowohl für die beteiligten Verwaltungsstrukturen als auch für den Beamten zu sein. Eine ICD-Codierung wäre hier fehl am Platz, würde auch das im Gutachten beschriebene Bild nicht konterkarieren, schließlich ist dieses über viele Jahre auf immer wieder erhobenen Befunden gewachsene Bild Grundlage des Votums der Polizeidienstunfähigkeit, nicht irgendeine ICD-Codierung.
Wenn der Rechtsvertreter des Herrn A. Wiedereingliederungsmaßnahmen vermisst, so sei dem entgegengehalten, dass der Verlauf über Jahre mit immer wieder gigantisch hohen Fehlzeiten trotz zunehmender Schonung eigentlich ein jahrelang anhaltender Integrationsprozess bzw. ein schon krampfhafter Versuch die Arbeitskraft des Beamten sowohl für ihn wirtschaftlich verwertbar als auch für seinen Dienstherrn nutzbar zu erhalten war, und dass dieser Versuch immer wieder vergebens war."
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.09.2011 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung ist unter Darlegung im Einzelnen ausgeführt, der Kläger sei ausweislich des polizeiärztlichen Gutachtens vom 23.07.2010 gemäß § 127 SBG polizeidienstunfähig. Ebenso sei eine Verwendung im allgemeinen Verwaltungsdienst ausgeschlossen. Die Einwendungen des Klägers und seine Ausführungen in der Widerspruchsbegründung stünden dem nicht entgegen. Der Dienstherr habe über Jahre versucht, den Kläger entsprechend seinen Beeinträchtigungen leidensgerecht einzusetzen. Dies sei aufgrund der immer wieder auftretenden Erkrankungen des Klägers nicht möglich gewesen und habe letztlich zur Ruhestandsversetzung geführt. Der Versuch, den Kläger gemäß § 26 Abs. 2 BeamtStG anderweitig zu verwenden, sei gescheitert. Der Kläger sei dem Dienst auch insoweit krankheitsbedingt ferngeblieben; darüber hinaus habe der Polizeiarzt letztlich auch eine Verwendung im allgemeinen Verwaltungsdienst ausgeschlossen. Auch ein begrenzter Einsatz gemäß § 27 Abs. 1 BeamtStG sei nach ausführlicher Überprüfung aufgrund der Diagnose des Polizeiarztes weder im Polizeibereich noch im Bereich der allgemeinen Verwaltung möglich. Letztlich habe gemäß § 26 Abs. 1 BeamtStG die Verpflichtung bestanden, den Kläger in den Ruhestand zu versetzen. Dass er seine volle Verwendungsfähigkeit innerhalb zweier Jahre wiedererlangen würde, sei nicht zu erwarten.
Am 05.10.2011 ging die Klage bei Gericht ein. Zur Begründung ist vorgetragen, der gesamten Akte lasse sich nicht entnehmen, aufgrund welcher konkreten Umstände der Polizeiarzt zu dem Ergebnis gekommen sei, dass der Kläger polizeidienstunfähig sei. In seinem Gutachten vom 16.12.2009 sei der Gutachter Dr. H. zu dem Ergebnis gekommen, dass vorliegende Funktionseinschränkungen und Beschwerden degenerativen Altersprozessen zuzuschreiben seien. Zu fragen sei daher, welche neuen Erkenntnisse der Polizeiarzt zwischen dem 16.12.2009 und dem 23.07.2010 gewonnen habe. Es sei nicht ersichtlich, dass "ein Wirbelsäulenleiden" eine dauernde (Polizei-)Dienstunfähigkeit impliziere. Dass die von dem Polizeiarzt erwähnten angeblichen Erkrankungen "Anpassungsstörung" sowie "seelische Minderbelastbarkeit" eine Polizeidienstunfähigkeit implizierten, sei mehr als fern liegend, zumal eine ICD-Codierung nicht erfolgt sei. In keiner Weise berücksichtigt sei der Umstand, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Ruhestandsversetzung dienstfähig gewesen sei und seinen Dienst erfüllt habe. Der Verweis im Widerspruchsbescheid auf Fehlzeiten in den Jahren 2005 und 2006 könne eine Versetzung in den Ruhestand im Jahr 2010 schlechterdings nicht rechtfertigen. Dienstausfälle des Klägers im Jahre 2007 aufgrund eines Knochenbruchs und einer Reha-Maßnahme im Jahr 2008 (10 Wochen) habe der Beklagte einfach in die Krankheitstage eingerechnet. Derartiges rechtfertige aber keine negative Prognose für die Zukunft. Nicht ersichtlich sei, dass der Polizeiarzt geprüft habe, ob der Kläger seine volle Verwendungsfähigkeit innerhalb zweier Jahre wiedererlangen werde. Dies einfach zu behaupten, sei völlig unzureichend. Eine Beurteilung nach der PDV 300 habe der Polizeiarzt ebenfalls nicht vorgenommen. Nach der Rechtsprechung müsse das ärztliche Gutachten zur Frage der Dienstunfähigkeit eines Beamten hinreichend und nachvollziehbar begründet sein, wenn die Feststellung der Dienstunfähigkeit darauf gestützt werde. Der Verweis allein auf eine "dicke Krankenakte" sei völlig unzureichend.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 20.12.2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.09.2011 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung ist vorgetragen, eine ICD-Codierung sei im Rahmen der Überprüfung der Polizeidienstfähigkeit nicht erforderlich, sondern diene lediglich der Statistik bzw. der Krankenkasse. Eine Beurteilung nach der PDV 300 habe stattgefunden. Dies ergebe sich u.a. bereits aus der Mitteilung des Polizeiarztes an das zuständige Referat vom 23.07.2010 über die Polizeidienstunfähigkeit, welche eine Beurteilung nach der PDV 300 inkludiere. Das vollständige Gutachten des Polizeiarztes belege ebenfalls, dass eine Beurteilung nach der PDV 300 erfolgt sei. Das Votum der Polizeidienstunfähigkeit des Polizeiarztes fuße nicht auf einer, sondern auf zahlreichen Untersuchungen und Kontakten. Nicht zutreffend sei der Vortrag des Klägers, es sei völlig unklar, welche konkrete Erkrankung maßgeblich für die Dienstunfähigkeit des Klägers sei. Hierzu als auch hinsichtlich der Umstände, die zum Ergebnis der Polizeidienstunfähigkeit geführt hätten, werde auf das polizeiärztliche Gutachten verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsunterlagen einschließlich der Krankenakte und der Personalakte des Klägers. Er war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.