Urteil
Keine Versetzung eines Beamten in den vorzeitigen Ruhestand allein aufgrund ärztlicher Beurteilung

Gericht:

OVG Nordrhein-Westfalen 1. Senat


Aktenzeichen:

1 A 2211/07


Urteil vom:

22.01.2010


Tenor:

Die Berufung wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der am 11. Juli 1954 geborene Kläger ist als Beamter des mittleren Dienstes im Amt eines Technischen Fernmeldebetriebsinspektors Beschäftigter der Deutschen Telekom AG. Nachdem er zum 1. September 1970 als Fernmeldelehrling in den Dienst der ehemaligen Deutschen Bundespost eingetreten war, wurde er am 1. Januar 1980 als Technischer Fernmeldeassistent z. A. in das Beamtenanwärterverhältnis berufen und am 11. Juli 1981 zum Beamten auf Lebenszeit ernannt. Nach der Privatisierung der Deutschen Bundespost war er für die Deutsche Telekom AG bis zum 1. April 2002 zunächst als Multimediatrainer und im Anschluss als Personalsachbearbeiter in der Organisationseinheit Service Center Organisation Personal und Recht West tätig. Mit Wirkung vom 1. Dezember 2002 wurde er als sogenannter Transfermitarbeiter zu der Personalserviceagentur E. (jetzt: W. ) versetzt.

Nachdem bereits in den voraufgegangenen Jahren krankheitsbedingte Fehlzeiten aufgetreten waren, ohne dass mit Blick darauf - etwa im September 2002 - betriebsärztlich eine dauernde Dienstunfähigkeit festgestellt werden konnte, war der Kläger seit dem 8. November 2004 andauernd dienstunfähig erkrankt. Er wurde infolge dessen am 27. Januar 2005 vom ärztlichen Dienst der Deutschen Telekom AG durch die zuständige Betriebsärztin, die Fachärztin für Innere Medizin und Arbeitsmedizin Dr. L. , zum Zwecke der Prüfung des Vorliegens einer dauernden Dienstunfähigkeit untersucht.

Als für die dienstrechtliche Entscheidung relevante Diagnosen führte Frau Dr. L. in ihrer gutachterlichen Stellungnahme vom gleichen Tage folgende Befunde an: Bewegungseinschränkung und Gefühlsstörung in der rechten Hand bei Zustand nach zweimaligem Knochenbruch und verschiedenen Operationen; mittelgradige reaktive, depressive Episode; arterielle Hypertonie, medikamentös ungenügend eingestellt. Als Grundlage ihrer Begutachtung benannte sie eine ausführliche Erhebung der medizinischen Vorgeschichte, eine körperliche Untersuchung und einen Befundbericht des behandelnden Neurologen. Neben den im verwendeten Vordruck angekreuzten Antworten zum negativen wie positiven Leistungsbild des Klägers, insbesondere seiner körperlichen und (dort im mittleren Bereich eingestuften) geistig-seelischen Belastbarkeit, führte die Betriebsärztin im frei formulierten Teil ihrer Stellungnahme zum Leistungsbild des Klägers ergänzend (u.a.) aus, es bestehe eine mittelgradige Einschränkung der psychischen Belastbarkeit sowie psychomentaler Qualitäten wie Konzentrationsfähigkeit, Merkfähigkeit und Fähigkeit zur Informationsaufnahme und -verarbeitung. Die wesentlichen Leistungseinbußen lägen im psychomentalen und sozialen Bereich. Die Leistungsfähigkeit des Klägers sei aktuell unterhalbschichtig. (In der vorgedruckten Textpassage "halb- bis vollschichtig, tgl. bis Std." war zuvor eine "2" eingefügt worden, ohne allerdings die entsprechende Rubrik anzukreuzen.) In der Rubrik "Voraussichtlicher Verlauf der Leistungsfähigkeit" gab Frau Dr. L. an: Die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Zeitraums erscheine möglich, falls eine erneute berufliche Perspektive geschaffen werden könne. Unter den gegebenen Einsatzbedingungen (wechselnde Tätigkeiten, keine längerfristige berufliche Perspektive) sei es allerdings unwahrscheinlich, dass der Kläger innerhalb des gesetzlich vorgeschriebenen Zeitraumes (von sechs Monaten) eine regelmäßige und anhaltende Arbeitsleistung erbringen könne.

Im Rahmen einer in den Verwaltungsvorgängen der Beklagten vermerkten Prüfung der anderweitigen Verwendung des Klägers gemäß § 42 Abs. 3 BBG, welche dem Kopf des Schreibens zufolge vom 9. November 2004 datiert, inhaltlich aber - etwa hinsichtlich der Beschreibung der körperlichen Leistungsminderung - offenbar auf die ärztliche Untersuchung vom 27. Januar 2005 Bezug nimmt und auch (erst) auf den ebenfalls aktenkundigen Prüfungsauftrag vom 17. Februar 2005 zurückgehen dürfte, ging die Beklagte entsprechend der gutachterlichen Stellungnahme der Betriebsärztin davon aus, dass der Kläger bedingt durch eingeschränkte Beweglichkeit keine Arbeiten mit schwerem Heben und Tragen von Lasten ausüben könne. Arbeiten mit einseitiger Körperhaltung könnten ebenfalls nicht verrichtet werden. Die Arbeitshaltung solle gelegentlich zwischen Stehen, Gehen und Sitzen wechseln. Bezogen auf das verbleibende Leistungsvermögen wurde des Weiteren (und insoweit in Abweichung von dem Gutachten des Ärztlichen Dienstes) ausgeführt, dass unter den genannten Einschränkungen eine vollschichtige Tätigkeit möglich sei. Handschriftlich wurde in dem Vermerk mit Datum vom 1. März 2005 unter dem Eintrag "Betrieb W. " als Antwort auf die Formulierung "Unterbringung ist möglich" die Antwortmöglichkeit "Nein" angekreuzt.

Mit Verfügung vom 8. März 2005 teilte der Dienstvorgesetzte dem Kläger mit, dass er ihn auf Grund der gutachterlichen Stellungnahme der Betriebsärztin vom 27. Januar 2005 nach § 42 Abs. 1 BBG für dienstunfähig halte und infolge dessen beabsichtigt sei, ihn in den Ruhestand zu versetzen. Hiergegen wandte der Kläger ein, er sei zwar zurzeit noch arbeitsunfähig erkrankt, halte sich aber nicht für (dauernd) dienstunfähig. Es seien Rehabilitationsmaßnahmen geplant, durch welche die Dienstfähigkeit ohne weiteres wiederhergestellt werden könne. Auf die schriftliche Bitte der Beklagten, diese Maßnahmen näher zu spezifizieren, ging der Kläger nicht ein.

Am 26. Juli 2005 wurde der Kläger erneut Frau Dr. L. vorgestellt. Die Ärztin stellte in ihrer weiteren gutachterlichen Stellungnahme vom selben Tag in dem hier dienstrechtlich relevanten Zusammenhang folgende Diagnosen: Bewegungseinschränkung und sich zurückbildende Gefühlsstörung in der rechten Hand bei Zustand nach zweimaligem Knochenbruch und verschiedenen Operationen; leicht bis mittelgradige reaktive depressive Episode; arterielle Hypertonie. In dem ergänzenden, frei formulierten Textteil zum Leistungsbild gelangte die Betriebsärztin zu den Feststellungen, dass bei dem Kläger nach wie vor eine mittelgradige Einschränkung der psychischen Belastbarkeit sowie psychomentaler Qualitäten wie Konzentrationsfähigkeit, Merkfähigkeit und Fähigkeit zur Informationsaufnahme und -verarbeitung bestehe, die wesentlichen Leistungseinbußen nach wie vor im psychomentalen und sozialen Bereich lägen und die Leistungsfähigkeit des Klägers aktuell noch unterhalbschichtig sei. In der vorgedruckten Textpassage "halb- bis vollschichtig, tgl. bis Std." war unter Ankreuzen der entsprechenden Rubrik eine "3" eingefügt. Im Freitext zu "unterstützenden Maßnahmen" attestierte die Ärztin dem Kläger zudem eine bessere Einstellung des Bluthochdrucks. Zur Prognose der weiteren Entwicklung der (Rest)Leistungsfähigkeit führte sie aus, dass es im zeitlichen Zusammenhang mit der Versetzung zu W. im Rahmen eines Kränkungsgeschehens zu ausgeprägten psychischen und psychosomatischen Beschwerden gekommen sei. Diese hätten sich mittlerweile leicht, aber noch nicht wesentlich gebessert. Ein regelmäßig, arbeitstäglich abrufbares Leistungsvermögen von mehr als der Hälfte der tariflichen Arbeitszeit sei derzeit noch nicht erkennbar. Auf Grund des schon längeren Verlaufs und der Art der Erkrankung sei mit einer längeren Behandlungsbedürftigkeit von mehr als sechs Monaten zu rechnen. Sollte eine neue berufliche Perspektive geschaffen werden, halte sie eine erneute Einsatzfähigkeit in den nächsten ein bis zwei Jahren für möglich. Unter den gegebenen Bedingungen (Wegfall des gewohnten Arbeitsplatzes, notwendige Neuorientierung, Einarbeitung in neue Sachgebiete und Arbeitsinhalte sowie voraussichtlich wechselnde Tätigkeiten) sei allerdings im Zusammenhang mit der psychischen Erkrankung in absehbarer Zeit eher nicht mit einer regelmäßigen und nennenswerten beruflichen Arbeitsleistung zu rechnen.

Auf Grund der erneuten gutachterlichen ärztlichen Stellungnahme hielt die Beklagte an ihrer Absicht, den Kläger wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen, fest. Der Vorstand der Telekom erklärte sein Einvernehmen mit der beabsichtigten Personalmaßnahme und sah eine Nachuntersuchung des Klägers in 18 Monaten vor. Auch die im Verfahren beteiligte Bundesanstalt für Post und Telekommunikation erhob gegen die geplante Versetzung des Klägers in den Ruhestand keine Einwendungen.

Mit Bescheid vom 1. September 2005 versetzte der Vorstand der Deutschen Telekom AG den Kläger wegen dauernder Dienstunfähigkeit mit Wirkung zum 1. Oktober 2005 in den Ruhestand.

Hiergegen legte der Kläger am 15. September 2005 Widerspruch mit der Begründung ein, er sei nicht dienstunfähig und namentlich mehr als halbschichtig einsetzbar. Die Gutachterin des Ärztlichen Dienstes Telekom habe ihn anlässlich der Begutachtung am 26. Juli 2005 nicht untersucht, sondern lediglich ein Gespräch mit ihm geführt. Die Feststellungen der Ärztin entbehrten insofern der tatsächlichen Grundlage. Wie diese zu ihren schwerwiegenden Feststellungen gekommen sei, bleibe im Dunkeln. Ergänzend legte der Kläger einen Kurzbericht der Ärztin für Innere Medizin - Kardiologie - Dr. T. vom 26. April 2005, ein privatärztliches Attest seines Hausarztes Dr. S. , Facharzt für Allgemeinmedizin, vom 9. September 2005 sowie eine fachärztliche Bescheinigung des Facharztes für Nervenheilkunde - Psychotherapie - und für Psychotherapeutische Medizin Prof. Dr. T1. vom 18. Oktober 2005 vor. Der Hausarzt des Klägers führt im letzten Absatz des vorgelegten ärztlichen Attestes aus, dass aus seiner Sicht der Kläger von Seiten des arteriellen Hypertonus sicher über 50 % seines Leistungsvermögens bei seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit einsetzbar sei. Der behandelnde ärztliche Neurologe/Psychotherapeut bescheinigte, dass es unter der (wie später mitgeteilt, seit März 2001 andauernden) Behandlung wegen einer Depression zu einer Besserung gekommen sei. Zudem stellte er fest, dass zwar noch eine Minderbelastbarkeit bestehe, der Kläger aber mehr als halbschichtig einsetzbar sei und keine Dienstunfähigkeit bestehe.

Am 26. Oktober 2005 fand ein weiteres persönliches Gespräch zwischen der Betriebsärztin der Deutschen Telekom AG und dem Kläger statt, auf Grund dessen Frau Dr. L. unter dem 27. Oktober 2005 weiterhin zu der Einschätzung gelangte, dass ein regelmäßig arbeitstäglich abrufbares Leistungsvermögen des Klägers mit mehr als der Hälfte der wöchentlichen Arbeitszeit nicht erkennbar sei.

Mit Widerspruchsbescheid vom 14. November 2005, zugegangen am 17. November 2005, wies der Vorstand der Deutschen Telekom AG den Widerspruch des Klägers mit der Begründung zurück, dass die begutachtende Ärztin eindeutig festgestellt habe, dass aus medizinischer Sicht die Voraussetzungen für eine Zurruhesetzung vorlägen, da das Leistungsvermögen des Klägers unterhalbschichtig und eine erneute Einsatzfähigkeit erst in ein bis zwei Jahren möglich sei. Ferner könne ein Beamter als dienstunfähig angesehen werden, wenn er infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan habe und keine Aussicht bestehe, dass er innerhalb weiterer sechs Monate wieder voll dienstfähig werde. Danach seien nicht nur der Gesundheitszustand des Betroffenen, sondern auch die Bedürfnisse des Dienstherrn zu würdigen. Bei "Subsumtion" der Krankenfehlzeiten sowie der Stellungnahme des ärztlichen Dienstes bestehe eindeutig Dienstunfähigkeit.

Am Montag, dem 19. Dezember 2005, hat der Kläger unter Bezugnahme auf sein Vorbringen im Widerspruchsverfahren Klage erhoben.

Der Kläger hat beantragt,

den (Zurruhesetzungs-)Bescheid vom 1. September 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2005 aufzuheben.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat diese unter Bezugnahme auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid ergänzend ausgeführt, dass der Kläger in seinen letzten Dienstjahren erhebliche Fehlzeiten aufzuweisen habe und er nach der gutachterlichen Stellungnahme vom 26. Juli 2005 nach wie vor durch ausgeprägte psychische und psychosomatische Beschwerden belastet sei, die sich nur leicht, aber nicht wesentlich gebessert hätten. Die vom Kläger vorgelegten privatärztlichen Atteste seien insofern letztlich ohne Relevanz. Im Übrigen sei ein Arbeitsplatz, welcher dem verbleibenden Leistungsvermögen des Klägers entspreche, nicht vorhanden und könne in der Form auch nicht geschaffen werden.

In der mündlichen Verhandlung vom 31. Mai 2007 hat das Verwaltungsgericht Frau Dr. L. als sachverständige Zeugin zu den von ihr durchgeführten Untersuchungen und abgegebenen Gutachten zur Frage der Dienstfähigkeit des Klägers gehört. Insofern wird auf das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.

Durch das angefochtene Urteil, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben. Es hat ausgeführt, dass der Vorstand der Deutschen Telekom AG zu Unrecht von der Dienstunfähigkeit des Klägers ausgegangen sei. Denn die gutachterlichen ärztlichen Stellungnahmen vom 27. Januar 2005 und vom 26. Juli 2005 seien nicht überzeugend. Die sachverständige Zeugin, Frau Dr. L. , habe ihre in den Stellungnahmen geäußerten Annahmen auf Nachfragen nicht plausibilisieren können. Ihre Antworten seien teilweise ausweichend gewesen und erschienen "gegriffen". Eine weitere Aufklärung, etwa durch Einholung eines weiteren gerichtlichen Gutachtens über den Gesundheitszustand des Klägers im maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides erscheine nicht möglich. Im Übrigen bestünden schon auf der Grundlage der vorliegenden Feststellungen Zweifel an der dauernden Dienstunfähigkeit des Klägers, da nach den gutachterlichen medizinischen Stellungnahmen des Ärztlichen Dienstes Telekom die Ursache der im Vordergrund gesehenen psychomentalen Leistungseinschränkungen in der mangelnden beruflichen Perspektive liege, die die Deutsche Telekom AG dem Kläger geboten habe. Unabhängig davon habe die Beklagte keine ausreichenden Anstrengungen unternommen, einen amtsangemessenen und leidensgerechten Arbeitsplatz für den Kläger zu finden. Entsprechende hinreichende Anstrengungen seien jedenfalls nicht erkennbar.

Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Senat zugelassene Berufung der Beklagten. Zur Begründung führt diese im Wesentlichen ergänzend aus: Es sei unerheblich, ob die Begründung der von Frau Dr. L. getroffenen Diagnosen auf Umstände im Leben des Klägers zurückzuführen oder im Zusammenhang mit der Versetzung zu W. zu sehen seien. Es könne auch nicht beurteilt werden, inwiefern sich der von Frau Dr. L. erwähnte Bluthochdruck insgesamt auf die Erkrankung des Klägers und auf eine damit einhergehende eventuelle Einschränkung im Dienst ausgewirkt habe bzw. hätte, wenngleich die wesentliche Leistungseinbuße bei dem Kläger im psychomentalen und sozialen Bereich zu verorten bleibe. Informationen zu der in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts erwähnten psychischen Labilität des Klägers, welche sich durchgehend in dessen Lebensdienstzeit wiederfände, ergäben sich aus der beim Ärztlichen Dienst Telekom geführten Gesundheitsakte. Die Hüfterkrankung des Klägers sowie die daran anschließenden Rehabilitationsmaßnahmen in den Jahren 1999 bis 2002 seien nicht ursächlich für die Erkrankungszeiten des Klägers ab dem Jahr 2004 gewesen und hätten insofern im Rahmen der gutachterlichen Stellungnahmen aus dem Jahre 2005 auch nicht berücksichtigt werden dürfen. Auch das weitere Vorbringen des Klägers, er habe nie eine Hüftoperation gehabt, sondern sich bei einem Sportunfall im Jahre 1968 die Beckenpfanne gebrochen, sei in diesem Zusammenhang völlig unerheblich. Ferner sei nicht nachvollziehbar, dass Frau Dr. L. statt des mit dem Kläger länger geführten Gesprächs Tests zur Feststellung von Einschränkungen der Konzentrations- und Merkfähigkeit des Klägers sowie seiner Fähigkeit zur Informationsaufnahme und -verarbeitung habe durchführen müssen. Alternative Methoden zur Schätzung der täglichen Dauer der Arbeitsfähigkeit des Klägers seien ebenfalls nicht aufgezeigt worden. Weiterhin habe eine ausreichende Prüfung der anderweitigen Verwendung des Klägers gemäß § 42 Abs. 3 BBG a.F. stattgefunden. Die Suche sei nicht auf eine Beschäftigung bei W. eingeschränkt gewesen, sondern konzernweit erfolgt. W. habe zum Zeitpunkt der Suche indes als einzige Organisationseinheit der Beklagten einen Überblick über sämtliche Stellen im Konzern gehabt. Wäre eine Beschäftigung des Klägers auf einem leidensgerechten Dauerarbeitsplatz innerhalb der Deutschen Telekom AG möglich gewesen, würde der Kläger nicht mehr zum Vermittlungskreis der W. gehört haben, sondern wäre auf einem geeigneten Arbeitsplatz eingesetzt worden. Auch habe in Übereinstimmung mit den Ausführungen von Frau Dr. L. kein Anlass bestanden, einen Arbeitsversuch des Klägers auf einem amts- und ausbildungsangemessenen Dienstposten durchzuführen, zumal ein solcher Arbeitsversuch mit einer Neuorientierung, der Einarbeitung in neue Sachgebiete und Arbeitsinhalte sowie voraussichtlich auch wechselnden Tätigkeiten verbunden gewesen wäre, welchen der Kläger nach den gutachterlichen ärztlichen Stellungnahmen gerade nicht mehr gewachsen gewesen wäre. Letztlich hätte das Verwaltungsgericht bei Zweifeln an der Aussagefähigkeit der gutachterlichen ärztlichen Stellungnahmen ein weiteres Gutachten zur Klärung der Frage der Dienstfähigkeit des Klägers im maßgeblichen Zeitpunkt einholen müssen. Die vom Verwaltungsgericht vertretene Auffassung, die maßgebliche Frage lasse sich infolge Zeitablaufs nicht mehr aufklären, sei rechtsfehlerhaft, weil das betreffende Gericht bereits nicht über den hierzu erforderlichen medizinischen Sachverstand verfüge.

Die Beklagte beantragt,

das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zur Begründung führt er im Wesentlichen ergänzend aus: Die Fachkunde von Frau Dr. L. zu der von ihr getroffenen Diagnose "Einschränkung der psychomentalen Qualitäten" werde trotz der Einlassung der Ärztin im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht, sie habe diese Qualifikation auf Grund ihrer längeren Tätigkeit erworben, ausdrücklich in Zweifel gezogen. Dass Frau Dr. L. im Rahmen der mündlichen Verhandlung selbst eingeräumt habe, die Diagnose einer eingeschränkten Konzentrations- und Merkfähigkeit sowie einer eingeschränkten Informationsaufnahme und -verarbeitung angesichts seiner Wahrnehmung (der des Klägers) im Termin nicht mehr zu stellen, zeige, dass eine psychomentale Beeinträchtigung bei ihm, dem Kläger, zu keinem Zeitpunkt vorgelegen habe. Denn eine dann anzunehmende "Genesung" sei mit den weiteren Ausführungen der Ärztin, wonach sich die psychomentalen Beeinträchtigungen wie ein roter Faden durch sein Berufsleben gezogen hätten, nicht zu vereinbaren. Auch das Verwaltungsgericht sei insofern davon ausgegangen, dass psychomentale Einschränkungen nicht vorlägen und habe folglich auch keine Veranlassung zu einer erneuten Begutachtung gesehen. Die häufigen Fehlzeiten und die psychischen Belastungen hätten ihre Ursache allein in der Versetzung zu W. gehabt. Die Beklagte habe zudem keine ausreichenden Anstrengungen unternommen, einen amtsangemessenen und leistungsgerechten Arbeitsplatz für ihn, den Kläger, zu finden, wie sich aus dem hierzu gefertigten Vermerk der Beklagten ergebe. Hinsichtlich der nunmehr von der Beklagten vorgetragenen konzernweiten Arbeitsplatzsuche fehle es bereits an einer hinreichenden Substanziierung. Für den Umstand, dass eine Suche nach einem geeigneten Arbeitsplatz für ihn (den Kläger) nicht stattgefunden habe, spreche im Übrigen die Aussage von Frau Dr. L. in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts, wonach sie letztlich nicht einschätzen könne, ob er (der Kläger) zu einem regulären Dienst in einem anderen Tätigkeitsbereich in der Lage gewesen wäre.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (5 Hefte) Bezug genommen.

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

Justizportal des Landes NRW

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg.

Die zulässige Anfechtungsklage des Klägers gegen seine Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit ist begründet. Der diesbezügliche Bescheid des Vorstandes der Deutschen Telekom AG vom 1. September 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2005 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die - allein in materiell-rechtlicher Hinsicht ernstlich in Frage stehende - Rechtmäßigkeit der Versetzung des Klägers in den vorzeitigen Ruhestand richtet sich vorliegend nach § 42 Abs. 1 und 3 BBG in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. März 1999 (BGBl I S. 675) - im Folgenden: BBG a.F.

Der Anwendung des § 42 Abs. 1 und 3 BBG a.F. steht nicht entgegen, dass der Kläger zuletzt bei der Deutschen Telekom AG und nicht in der Bundesverwaltung tätig war. Gemäß § 2 Abs. 3 Satz 2 des Gesetzes zum Personalrecht der Beschäftigten der früheren Deutschen Bundespost - PostPersRG - vom 14. September 1994 (BGBl I S. 2325, 2353, zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Februar 2009, BGBl I S. 160) finden auf die bei den Aktiengesellschaften tätigen Bundesbeamten die für Bundesbeamte allgemein geltenden Vorschriften Anwendung, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Das PostPersRG enthält aber bezogen auf die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit keine speziellen von § 42 Abs. 1 und 3 BBG a.F. abweichenden Regelungen für die bei der Deutschen Telekom AG beschäftigten Bundesbeamten.

Der mithin mangels einer solchen speziellen Regelung vorliegend anwendbare § 42 Abs. 1 und 3 BBG a.F. ist zwar während des Berufungsverfahrens durch § 44 des neuen Bundesbeamtengesetzes abgelöst worden (Art. 1 des Dienstrechtsneuordnungsgesetzes vom 5. Februar 2009, BGBl I S. 160, 170). Für die Rechtmäßigkeit der Zurruhesetzung kommt es aber auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, hier also des Widerspruchsbescheides vom 14. November 2005, an.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 16. Oktober 1997 - 2 C 7.97 -, BVerwGE 105, 267, und vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = ZBR 2009, 415 - 418 = juris, Rn. 12 ff.

Nach § 42 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. ist ein Beamter auf Lebenszeit - wie der Kläger - vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze in den Ruhestand zu versetzen, wenn er dienstunfähig ist. Nach § 42 Abs. 3 BBG a.F. soll allerdings von der Versetzung in den Ruhestand abgesehen werden, wenn der Beamte nach Maßgabe der Sätze 1 bis 4 dieses Absatzes weiter im aktiven Dienst verwendet werden kann. Die vorzeitige Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit ist danach regelmäßig nur zulässig, wenn die Voraussetzungen des § 42 Abs. 1 und 3 BBG a.F. kumulativ erfüllt sind. Zumindest das lässt sich hier aber nicht feststellen.

Dass die materielle Rechtmäßigkeit der Versetzung des Beamten in den Ruhestand regelmäßig von den Erkenntnissen abhängt, die der zuständigen Behörde im maßgeblichen Zeitpunkt zur Frage der Dienstunfähigkeit zur Verfügung stehen, vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Oktober 1997 - 2 C 7.97 -, a.a.O., bedeutet nicht, dass der Behörde etwa ein gerichtsfreier Beurteilungsspielraum zukäme. Denn einen solchen Spielraum räumt ihr das Gesetz nicht ein. So unterliegt nicht nur der vollen gerichtlichen Kontrolle, ob der Sachverhalt hinreichend sorgfältig ermittelt wurde, sondern im Rahmen der tatrichterlichen Würdigung auch die Frage, ob der ermittelte Sachverhalt die Feststellung der dauernden Dienstunfähigkeit rechtfertigt. Das schließt etwaige Feststellungen oder Schlussfolgerungen in ärztlichen Gutachten grundsätzlich mit ein. Auch diese sind vom Gericht - in den Grenzen der erforderlichen Sachkenntnis - nicht ungeprüft zu übernehmen, sondern selbstverantwortlich zu überprüfen und nachzuvollziehen.

So schon BVerwG, Urteil vom 21. Oktober 1966 - VI C 46.63 -, Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 8; vgl. ferner Senatsurteile vom 28. Mai 2003 - 1 A 2150/00 -, juris, Rn. 95, und vom 29. Oktober 2009 - 1 A 3598/07 -, juris, Rn. 52.

Diesen Prüfungsrahmen zugrundelegend steht vorliegend zur Überzeugung des Senats fest, dass für den maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung die Annahme der Beklagten, der Kläger sei im Sinne des § 42 Abs. 1 BBG a.F. dauernd dienstunfähig gewesen, nicht auf einem tragfähig in diese Richtung zu würdigenden Sachverhalt beruht und daher nicht gerechtfertigt gewesen ist. Darüber hinaus liegen die Voraussetzungen des Absatzes 3 der Norm nicht vor.

Namentlich die Annahme der Beklagten, der Kläger sei bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung bereits in Würdigung der gutachterlichen Stellungnahmen des Ärztlichen Dienstes Telekom vom 27. Januar 2005 und vom 26. Juli 2005 als dauernd dienstunfähig im Sinne von § 42 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. einzustufen, ist sachlich nicht begründet.

Nach § 42 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. ist der Beamte auf Lebenszeit dienstunfähig, wenn er wegen seines körperlichen Zustandes oder aus gesundheitlichen Gründen zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist. Nach Satz 2 der Vorschrift kann der Beamte als dienstunfähig auch dann angesehen werden, wenn er infolge Erkrankung innerhalb eines Zeitraumes von sechs Monaten mehr als drei Monate keinen Dienst getan hat und keine Aussicht besteht, dass er innerhalb weiterer sechs Monate wieder voll dienstfähig wird. Letzteres stellt eine die Grundregel des Satzes 1 ergänzende Zusatzregelung dar, mit deren Hilfe die Feststellung der Dienstunfähigkeit im Einzelfall erleichtert werden kann.

Vgl. Senatsurteile vom 27. September 2001 - 1 A 2265/99 -, vom 28. Mai 2003 - 1 A 2150/00 -, juris, Rn. 102, und vom 29. Oktober 2009 - 1 A 3598/07 -, juris, Rn. 55.

Der hier in Rede stehende Begriff der (dauernden) Dienstunfähigkeit ist spezifisch beamtenrechtlicher (dienstrechtlicher) Art. Er stellt dabei nicht allein auf die Person des Beamten bzw. auf Art und Ausmaß seiner gesundheitlichen Beeinträchtigung ab. Vielmehr sind letztlich die Auswirkungen der jeweiligen Erkrankung auf die Fähigkeit, die Dienstpflichten weiter zu erfüllen, und damit auch die Auswirkungen auf den Dienstbetrieb entscheidend. Das bedeutet zugleich, dass es jedenfalls nicht in allen Fällen auf die Erhebung exakter und zutreffender medizinischer Befunde ankommt, sondern vielmehr darauf, ob der Beamte nach seiner gesamten Konstitution zur Erfüllung seiner Dienstpflichten dauernd unfähig ist, weil auf absehbare Zeit eine Behebung im Sinne einer nachhaltigen Besserung seines Zustandes nicht zu erwarten ist. Aus diesem Grund stellt die ärztliche Begutachtung nicht das einzige und stets ausschlaggebende Beweismittel für die Klärung der Dienstunfähigkeit dar; namentlich ist es nicht Sache des begutachtenden Arztes, die Dienstpflichten des jeweiligen Beamten zu bestimmen.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 17. Oktober 1966 - VI C 56.63 -, ZBR 1967, 148, und vom 16. Oktober 1997 - 2 C 7.97 -, a.a.O.; ferner OVG NRW, Urteil vom 11. März 2009 - 6 A 2615/05 -, juris, Rn. 44 ff., sowie Senatsurteile vom 28. Mai 2003 - 1 A 2150/00 -, juris, Rn 98, vom 17. September 2003 - 1 A 1069/01 -, ZBR 2005, 101, und vom 29. Oktober 2009 - 1 A 3598/07 -, juris, Rn. 57; allgemein auch Lemhöfer, in: Plog/Wiedow, Kommentar zum Bundesbeamtengesetz (Stand: Oktober 2009), § 42 BBG (alt) Rn. 2 ff., 6.

Maßstab für die Beurteilung ist in diesem Zusammenhang nicht das auf einem bestimmten Dienstposten wahrgenommene Amt im konkret-funktionellen Sinne, sondern das dem Beamten zuletzt übertragene Amt im abstrakt-funktionellen Sinne. Dieses umfasst alle bei der Beschäftigungsbehörde dauerhaft eingerichteten Dienstposten, auf denen er amtsangemessen - d. h. gemessen an der Wertigkeit der übertragenen Aufgaben seinem Amt im statusrechtlichen Sinne entsprechend - beschäftigt werden kann. Daher setzt die Dienstunfähigkeit voraus, dass bei der Beschäftigungsbehörde kein Dienstposten zur Verfügung steht, der seinem statusrechtlichen Amt zugeordnet und gesundheitlich für ihn geeignet ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, a.a.O. sowie juris, Rn. 14; im gleichen Sinne die Parallelentscheidung vom gleichen Tage - 2 C 46.08 -, juris, Rn. 15; ferner etwa Senatsbeschluss vom 29. September 2009 - 1 A 2538/07 -.

Das statusrechtliche Amt wird grundsätzlich durch die Zugehörigkeit zu einer Laufbahn und Laufbahngruppe, durch das Endgrundgehalt der Besoldungsgruppe und durch die dem Beamten verliehene Amtsbezeichnung gekennzeichnet. In abstrakter Weise wird dadurch seine Wertigkeit in Relation zu anderen Ämtern zum Ausdruck gebracht. Das abstrakt-funktionelle Amt bezieht sich demgegenüber auf die dienstlichen Aufgaben des Beamten und knüpft insofern an dessen Beschäftigung an. Gemeint ist damit der einem statusrechtlichen Amt entsprechende Aufgabenkreis, der einem Inhaber dieses Statusamtes bei einer bestimmten Behörde auf Dauer zugewiesen ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2006 - 2 C 26.05 - BVerwGE 126, 182 = juris, Rn. 11.

Reicht die Leistungsfähigkeit des Beamten für einen Teil der amtsangemessenen Dienstposten aus, sind diese aber besetzt, so hängt die Dienstunfähigkeit von den personellen und organisatorischen Gegebenheiten bei der Beschäftigungsbehörde ab. Der Beamte ist weiterhin dienstfähig, wenn ein geeigneter Dienstposten entweder für ihn freigemacht oder durch organisatorische Änderungen eingerichtet werden kann. Daran fehlt es, wenn derartige Maßnahmen die sachgemäße und reibungslose Erfüllung der dienstlichen Aufgaben beeinträchtigen würden. Störungen des Betriebsablaufs dürfen nicht über das Maß hinausgehen, das mit Änderungen vorübergehend zwangsläufig verbunden ist.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, a.a.O. sowie juris, Rn. 15; zum Ganzen auch Lemhöfer, in: Plog/Wiedow, Kommentar zum Bundesbeamtengesetz (Stand: Oktober 2009), § 42 BBG (alt) Rn. 4.

Der in Abhängigkeit von der jeweiligen Leistungsfähigkeit bestehende Anspruch des Beamten - hier des Klägers - auf die Übertragung eines seinem Statusamt entsprechenden Funktionsamtes wird für den Bereich der Deutschen Telekom AG als Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost weder durch höherrangiges noch durch einfaches Bundesrecht verdrängt oder verändert.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2006 - 2 C 26.05 -, a.a.O. und juris, Rn. 13 ff.

Bei dem privatrechtlich organisierten Unternehmen der Deutschen Telekom AG gibt es zwar keine Ämterstruktur, wie sie § 18 Bundesbesoldungsgesetz - BBesG - für Behörden vorsieht. Die in § 18 BBesG verwendeten Begriffe der Ämter und ihrer Wertigkeit können und müssen daher an die organisatorischen Gegebenheiten der Telekom angepasst werden. Demzufolge findet § 18 BBesG gemäß § 8 PostPersRG ausdrücklich auch für die Nachfolgeunternehmen der Deutschen Bundespost mit der Maßgabe Anwendung, dass gleichwertige Tätigkeiten bei den Aktiengesellschaften als amtsgemäße Funktionen gelten. Dies ermöglicht die Anwendung des Grundsatzes der funktionsgerechten Ämterbewertung auch für die bei den Aktiengesellschaften beschäftigten Beamten.

Vgl. BT-Drucks. 12/6718, S. 94.

In § 6 PostPersRG ist dementsprechend auch die vorübergehende unterwertige Beschäftigung eines Beamten nur als eine - der Sache nach befristete - Ausnahme vom Grundsatz der amtsangemessenen Beschäftigung vorgesehen.

Hieran anknüpfend hat grundsätzlich auch ein dem Personalüberhang zugewiesener Beamter - wie der Kläger - einen sich unmittelbar aus Art. 33 Abs. 5 GG ergebenden Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung. Macht er diesen geltend, so muss ihm zeitnah eine auf Dauer angelegte amtsangemessene Tätigkeit übertragen werden.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, a.a.O. sowie juris, Rn. 40, für die Deutsche Bahn, bei welcher auf Grund von Umstrukturierungs- und Rationalisierungsmaßnahmen ein Personalüberhang besteht.

Stellt sich wie hier die Frage, ob ein Beamter aus gesundheitlichen Gründen noch hinreichend in der Lage ist, einen seinem Statusamt entsprechenden Dienstposten bei seiner Beschäftigungsbehörde auszuüben, kann es deswegen nicht zum Nachteil des Betroffenen gereichen, wenn ihm in dem für die Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt die Beschäftigung auf einem amtsangemessenen Dienstposten pflichtwidrig vorenthalten wurde. Auch und gerade in einem solchen Falle hat vielmehr die Prüfung, ob dauernde Dienstunfähigkeit im Sinne von § 42 Abs. 1 BBG a.F. eingetreten ist, nicht (allein) bei dem zuletzt tatsächlich (zeitweise) wahrgenommenen Aufgabenkreis anzusetzen, sondern es ist die Gesamtheit der bei der Beschäftigungsbehörde vorhandenen Dienstposten - einschließlich der im Wege zumutbarer organisatorischer Änderungen einrichtbaren Posten - in den Blick zu nehmen. Fehlt es hingegen, wie für die Organisationseinheit "W. " (früher: PSA) der Deutschen Telekom AG anzunehmen ist,

vgl. etwa BVerwG, Urteil vom 22. Juni 2006 - 2 C 26.05 -, a.a.O. sowie juris, Rn. 24,

überhaupt schon daran, dass die dort als sog. Transfermitarbeiter geführten Beamten eigene, der Wertigkeit ihres Statusamtes entsprechende Aufgaben dieser Organisationseinheit zu erledigen haben, so ist die betreffende rein organisatorische Zuordnung darüber hinaus nicht einmal geeignet, den im vorliegenden rechtlichen Zusammenhang der Subsumtion bedürftigen Maßstabsbegriff der "Beschäftigungsbehörde" auszufüllen.

Weil es somit für den Kläger im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung über seine Zurruhesetzung keine Beschäftigungsbehörde bzw. an deren Stelle tretende Organisationseinheit bei der Deutschen Telekom AG mehr gegeben hat, lässt sich als Maßstab der Prüfung der dauernden Dienstunfähigkeit entweder an die letzte vorhanden gewesene Beschäftigungsbehörde - hier: die Organisationseinheit Service Center Organisation Personal und Recht West - anknüpfen oder aber es ist (ausnahmsweise) schon auf der Stufe der Prüfung des § 42 Abs. 1 BBG a.F. der Blick über die Verhältnisse bei einer bestimmten Beschäftigungsbehörde bzw. mit dieser vergleichbaren Einrichtung hinaus (und insofern dem § 42 Abs. 3 BBG a.F. angenähert) auf die Gesamtheit der bei der Deutschen Telekom AG zur Verfügung stehenden amtsangemessenen Arbeitsplätze seiner Laufbahn zu richten, wobei das Verwaltungsgericht offenbar Letzteres seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat (siehe Seite 8 oben des amtl. Urteilsabdrucks). Welche der angesprochenen Alternativen vorzuziehen ist, braucht der Senat hier am Ende nicht zu entscheiden. Denn eine Auswertung der vorliegenden medizinischen Stellungnahmen lässt jedenfalls nicht die Feststellung gerechtfertigt erscheinen, der Kläger habe zu dem fraglichen Zeitpunkt schon wegen seiner gesundheitsbedingten Leistungseinschränkungen amtsangemessene Beschäftigungen seiner Laufbahn - sei es bei seiner früheren Beschäftigungsstelle oder überhaupt - auf absehbare Dauer in Gänze nicht mehr bzw. zumindest nicht halbschichtig ausfüllen können. Allenfalls ergibt sich hier als Ergebnis der Prognose der weiteren Entwicklung der Leistungsfähigkeit des Klägers eine in gewissem Umfang noch "offene" Einschätzung, welche aber unter bestimmten - dem Dienstherrn zumutbar abzuverlangenden - Umständen einer Änderung der seinerzeit aktuell bestehenden Beschäftigungsbedingungen auch nach der Bewertung der Betriebsärztin die hinreichend zeitnahe Wiedererlangung auch aktueller (Teil-)Dienstfähigkeit keinesfalls sicher ausgeschlossen oder auch nur als unwahrscheinlich dargestellt hat. Denn die damit konkret angesprochene Frage, ob der Kläger eine zumindest "halbschichtige" Leistungsfähigkeit in dem Sechs-Monats-Zeitraum nach § 42 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. erreicht hätte, wenn ihm eine echte "berufliche Perspektive" in Gestalt einer (Dauer-)Beschäftigung auf einem amtsangemessenen Dienstposten gegeben worden wäre, ist prinzipiell zu bejahen. Darauf führt nicht allein die fachärztliche Bescheinigung des behandelnden Neurologen/Psychotherapeuten Prof. Dr. T1. vom 18. Oktober 2005, in welcher dieser im Ergebnis eine mehr als halbschichtige Einsatzfähigkeit und damit eine nicht nur prognostisch, sondern seinerzeit aktuell bestehende Dienstfähigkeit des Klägers bejaht hat. Darüber hinaus weist vielmehr im Kern auch bereits eine nähere Auswertung der in dem Verfahren vorgenommenen und vom Senat nach Maßgabe der grundsätzlichen Bedeutung der Äußerungen von Amts- bzw. Betriebsärzten zu berücksichtigenden - dabei aber auch ggfls. kritisch zu hinterfragenden - Feststellungen und Einschätzungen der Betriebsärztin des Ärztlichen Dienstes der Deutschen Telekom AG, Frau Dr. L. , in eine solche Richtung.

Die Betriebsärztin hat als Ergebnis des Untersuchungstermins vom 27. Januar 2005 wie auch in ihrer weiteren Stellungnahme vom 26. Juli 2005 festgehalten, dass die Leistungsfähigkeit des Klägers (jeweils) aktuell unterhalbschichtig sei, eine mittelgradige Einschränkung der psychischen Belastbarkeit des Klägers sowie dessen psychomentalen Qualitäten wie Konzentrationsfähigkeit, Merkfähigkeit und Fähigkeit zur Informationsaufnahme und -verarbeitung bestehe und die wesentlichen Leistungseinbußen gerade im psychomentalen und sozialen Bereich lägen. Zur weiteren Entwicklung des Leistungsvermögens des Klägers hat sie allerdings in ihrer ersten Stellungnahme vom 27. Januar 2005 die Prognose gestellt, dass die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Zeitraums (von sechs Monaten) möglich erscheine, falls eine erneute berufliche Perspektive geschaffen werden könne (Hervorhebung durch den Senat). Zwar hat die Betriebsärztin in dieser Stellungnahme unmittelbar anschließend ausgeführt, dass es unter den gegebenen Einsatzbedingungen (wechselnde Tätigkeiten, keine längerfristige berufliche Perspektive) unwahrscheinlich sei, dass der Kläger innerhalb des gesetzlich vorgeschriebenen Zeitraumes (von sechs Monaten) eine regelmäßige und anhaltende Arbeitsleistung erbringen könne. Diese nur scheinbare Einschränkung der vorherigen Aussage zielt aber mit den "gegebenen Einsatzbedingungen" ersichtlich auf eine Prognose (nur) für den Fall einer Fortsetzung der damaligen Situation, also der Zugehörigkeit des Klägers zu "W. " unter den dortigen Einsatzbedingungen. Sie kann daher für die Beantwortung der Frage der dauernden Dienstunfähigkeit des Klägers letztlich nicht ausschlagend sein. Denn mit Blick auf den Anspruch des Beamten auf amtsangemessene Beschäftigung war die Beklagte bzw. die Deutsche Telekom AG ja gerade in der Pflicht, den Zustand der weitgehenden Beschäftigungslosigkeit des Klägers mit sporadischen, wechselnden Einsätzen, wie er - dem Senat (auch) aus anderen Verfahren bekannt - für die der Organisationseinheit "W. " zugeordneten Beamten typisch (gewesen) ist, zu beenden. Es ging also vordringlich darum, im Rahmen der Suche nach einer anderweitigen Verwendungsmöglichkeit die sogenannten Einsatzbedingungen zu verbessern, d.h. insbesondere eine längerfristige berufliche Perspektive zu schaffen. Daran, dass dies (wie vom Recht gefordert) auch tatsächlich geschehen würde, hatte die Betriebsärztin ihre Prognose der weiteren Entwicklung des (Rest-)Leistungsvermögens des Klägers jedenfalls in erster Linie auszurichten.

Im Anschluss an die hier richtungsweisende prognostische Einschätzung der Betriebsärztin aus Januar 2005, im Falle des Aufzeigens/Gebens einer erneuten beruflichen Perspektive erscheine eine Wiedererlangung der Dienstfähigkeit des Klägers innerhalb des gesetzlichen Zeitraums möglich, ist es zu keiner schlüssigen und tragfähigen Änderung dieser Beurteilung gekommen. Zwar hat Frau Dr. L. im Rahmen ihrer weiteren Stellungnahme vom 26. Juli 2005 (u.a.) ausgeführt, sie halte für den Fall der Schaffung einer neuen beruflichen Perspektive eine erneute Einsatzfähigkeit (des Klägers) in den nächsten 1-2 Jahren für möglich. Sie hat diese etwaig zu Lasten des Klägers gehende "verschärfende" Änderung ihrer Beurteilung aber nicht plausibel begründet. Soweit sie ausgeführt hat, dass auf Grund des schon längeren Verlaufs und der Art der Erkrankung mit einer längeren Behandlungsbedürftigkeit (von mehr als 6 Monaten) zu rechnen sei, sagt die Dauer der Behandlungsbedürftigkeit der diagnostizierten Beschwerden als solche noch nichts Zwingendes darüber aus, ob der Betroffene nicht doch bereits während der Behandlung ein solches Maß an Leistungsvermögen wiedererlangen kann, dass er noch vor Abschluss der Behandlung wieder dienstfähig wird. Immerhin stellt Frau Dr. L. in ihrer Stellungnahme aus Juli 2005 - neben einer besseren Einstellung des Blutdrucks - auch eine "leichte" Besserung der psychischen und psychosomatischen Beschwerden fest. Warum gleichwohl die längerfristige Prognose ungünstiger ausfallen soll als noch im Beurteilungszeitpunkt Januar 2005, erschließt sich hiervon ausgehend nicht, zumal die Betriebsärztin in ihrer Stellungnahme von Juli 2005 ein im zeitlichen Zusammenhang mit der Versetzung des Klägers zu "W. " liegendes Kränkungsgeschehen als Auslöser der psychischen/psychosomatischen Probleme ausdrücklich benennt. Eine ungünstigere Entwicklungsprognose lässt sich auch nicht damit tragfähig begründen, dass - wie es in der Begutachtung weiter heißt - unter den gegebenen Bedingungen (Wegfall des gewohnten Arbeitsplatzes, notwendige Neuorientierung, Einarbeitung in neue Sachgebiete und Arbeitsinhalte sowie voraussichtlich wechselnde Tätigkeiten) in absehbarer Zeit eher nicht mit einer regelmäßigen und nennenswerten beruflichen Arbeitsleistung zu rechnen sei. Denn diese (Alternativ-)Prognose knüpft - wie im Kern schon diejenige im Rahmen der Stellungnahme aus Januar 2005 - zum Teil an solche Beschäftigungsbedingungen an, die es zu Gunsten der weiteren Einsatzfähigkeit des Klägers gerade zu verbessern galt, und bezieht sich im Übrigen auf Umstände, welche mit jeder beruflichen Neuausrichtung zwangsläufig verbunden sind und daher der Bewertung von Januar 2005 ebenfalls mit zugrunde gelegen haben müssen. Zudem würdigt die Betriebsärztin den Umstand, dass der Kläger auch noch im Juli 2005 aktuell dienstunfähig erkrankt gewesen ist, woraus sie möglicherweise auf eine gewisse weitere Verfestigung der Erkrankung geschlossen haben mag, nicht - wie geboten - unter dem Gesichtspunkt, dass dem Kläger auch in der Zwischenzeit eine neue berufliche Perspektive nicht aufgezeigt worden war.

Mit einer weiteren kurzen Stellungnahme vom 27. Oktober 2005 hat die Betriebsärztin während des Widerspruchsverfahrens lediglich zusammenfassend dahin Stellung genommen, dass sich an ihrem Gutachten aus Juli 2005 "keine wesentlichen Änderungen" ergeben würden; die aufgezeigten Mängel jenes Gutachtens werden hierdurch nicht kompensiert.

Auch in der mündlichen Verhandlung erster Instanz vom 31. Mai 2007, in welcher die Betriebsärztin, Frau Dr. L. , als sachverständige Zeugin eingehend gehört wurde und insofern Gelegenheit hatte, etwaige Unklarheiten der Aussagen in ihren schriftlichen Gutachten auszuräumen, hat es letztlich keine Klärung in einem von den vorstehenden Ausführungen des Senats abweichendem Sinne gegeben. Vielmehr hat die Zeugin, auf die Frage, ob der Kläger einsatzfähig gewesen wäre, wenn man ihm eine reguläre berufliche Tätigkeit gegeben hätte, unter anderem ausgeführt, dass sie letztlich nicht einschätzen könne, ob der Kläger zu einem regulären Dienst in einem anderen Tätigkeitsbereich in der Lage gewesen wäre, zumal es aus ihrer Sicht schwierig sei, einen Arbeitsplatz zu finden, wo der Kläger "zufrieden" sei. Mit dieser Aussage hat die Betriebsärztin die in Rede stehende Prognose (sinngemäß) aber lediglich als (unter den hier gegebenen vielschichtigen Umständen) schwierig zu treffen bzw. als in der Sache letztlich eher "offen" dargestellt, ohne ihrer in der Stellungnahme von Januar 2005 getroffenen Einschätzung deutlich entgegenzutreten. Die anscheinend an einzelne (in der Aussage mit erwähnte) und dabei zum Teil länger zurückliegende Vorkommnisse in der beruflichen Karriere des Klägers anknüpfende Aussage der Ärztin, psychische Beschwerden hätten sich "wie ein roter Faden" durch das Leben des Klägers gezogen, lässt sich - wie schon das Verwaltungsgericht kritisiert hat - in dieser Allgemeinheit nicht verifizieren. Namentlich wird damit nicht konkret in Frage gestellt, dass die im hier maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt noch vorliegenden psychischen und psychosomatischen Beschwerden (zumindest in erster Linie) mit der Versetzung zu "W. " und der dort fehlenden Perspektive einer amtsangemessenen Dauerbeschäftigung zusammenhängen dürften.

Für den Senat hat keine Veranlassung bestanden, zur Klärung der Frage der Dienstfähigkeit des Klägers im maßgeblichen Zeitpunkt des Widerspruchsbescheides ein gerichtliches Sachverständigengutachten einzuholen. Ob das Verwaltungsgericht rechtfehlerfrei davon ausgehen durfte, die maßgebliche Frage der Dienstfähigkeit des Klägers zum damaligen Zeitpunkt lasse sich infolge Zeitablaufs nicht mehr aufklären, oder - wie die Beklagte meint - über den hierzu erforderlichen medizinischen Sachverstand nicht verfügte, kann dahinstehen. Denn es fehlt vorliegend - wie ausgeführt - bereits erkennbar an einem greifbaren Anhalt dafür, dass zu dem entscheidungserheblichen Zeitpunkt noch mit der gebotenen Sicherheit ("keine Aussicht", arg. § 42 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F.) die Prognose hätte sachlich gerechtfertigt sein können, der Kläger werde in absehbarer Zeit - hier nach § 42 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. also in einem Zeitraum von jedenfalls nicht unter sechs (weiteren) Monaten - seine Fähigkeit zur Dienstleistung nicht in ausreichendem Umfang wiedererlangen. Die Betriebsärztin hat nämlich neben den aufgezeigten damaligen Leistungseinschränkungen des Klägers als ärztliche Prognose im Rahmen ihrer gutachterlichen Stellungnahme vom 27. Januar 2005 festgehalten, dass die Wiedererlangung der Dienstfähigkeit innerhalb des gesetzlich vorgegebenen Zeitraums (von sechs Monaten) möglich erscheine, falls eine erneute berufliche Perspektive geschaffen werden könne. Wie im Einzelnen aufgezeigt wurde, haben nachträgliche schriftliche Stellungnahmen wie auch die Aussage der Betriebsärztin in der mündlichen Verhandlung erster Instanz zu keiner schlüssigen bzw. durchgreifenden Änderung des Kerns dieser prognostischen Einschätzung geführt. Dies hängt nicht zuletzt auch damit zusammen, dass eine von der Betriebsärztin durchgängig angenommene wesentliche Grundvoraussetzung für die Wiedererlangung der (aktuellen) Dienstfähigkeit des Klägers, nämlich die - im Sinne amtsangemessener Beschäftigung im Übrigen auch rechtlich gebotene - Schaffung einer erneuten beruflichen Perspektive nicht tatsächlich umgesetzt oder zumindest erkennbar eingeleitet worden ist. So hätte in diesem Zusammenhang etwa ein (hier nicht unternommener) Arbeitsversuch auf einem dem Amt eines Technischen Fernmeldebetriebsinspektors angemessenen - Dauerarbeitsplatz eine geeignete Maßnahme sein können, sowohl die psychische Befindlichkeit des Klägers zu verbessern als auch sein verbliebenes/wiedergewonnenes (Gesamt-)Leistungsvermögen näher auszutesten.

Unabhängig davon, ob in Bezug auf den Kläger das Vorliegen dauernder Dienstunfähigkeit im Sinne des § 42 Abs. 1 BBG a.F. zu Recht verneint worden ist, hat die Beklagte, vertreten durch die Deutsche Telekom AG, den Anforderungen des § 42 Abs. 3 BBG a.F. nicht genügt. Denn die Beklagte hat nicht hinreichend substanziiert und zugleich nachvollziehbar dargelegt, nach einer für den Kläger geeigneten anderweitigen Verwendung im Sinne der Norm gesucht zu haben. (Auch) Das führt zur Rechtswidrigkeit der die vorzeitige Zurruhesetzung aussprechenden Verfügung. Schon deswegen ist hier die durch das Gericht erster Instanz erfolgte Aufhebung der angefochtenen Bescheide im Berufungsverfahren zu bestätigen und bedarf es einer Beweisaufnahme in Richtung auf eine etwaige noch weitergehende Prüfung der Frage dauernder Dienstunfähigkeit nicht.

Nach § 42 Abs. 3 Satz 1 BBG a.F. soll von der Versetzung eines Beamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit abgesehen werden, wenn ihm ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. Nach dem Satz 2 der Vorschrift ist die Übertragung eines anderen Amtes in den Fällen des Satzes 1 ohne Zustimmung des Beamten zulässig, wenn das neue Amt zum Bereich desselben Dienstherrn gehört, es mindestens mit demselben Endgrundgehalt verbunden ist wie das bisherige Amt und zu erwarten ist, dass der Beamte den gesundheitlichen Anforderungen des neuen Amtes genügt. Nach Satz 3 hat der Beamte an Maßnahmen für den Erwerb der neuen Befähigung teilzunehmen, wenn er nicht die Befähigung für die andere Laufbahn besitzt. Nach Satz 4 kann dem Beamten ohne seine Zustimmung eine geringerwertige Tätigkeit innerhalb seiner Laufbahngruppe übertragen werden, wenn eine anderweitige Verwendung nicht möglich ist und ihm die Wahrnehmung der neuen Aufgabe unter Berücksichtigung seiner bisherigen Tätigkeit zuzumuten ist.

§ 42 Abs. 3 BBG a.F. ist Ausdruck des Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung". Ein dienstunfähiger Beamter soll nur dann aus dem aktiven Dienst ausscheiden, wenn er dort nicht mehr eingesetzt werden kann.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, a.a.O. sowie juris, Rn. 20, unter Hinweis auf BT-Drucks. 11/5372, S. 34 und 13/3994, S. 33.

Die Vorschrift ist Teil der vielfältigen Bemühungen des Bundesgesetzgebers, Pensionierungen vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze soweit wie möglich zu vermeiden. Hierzu gehören auch die Weiterverwendung begrenzt dienstfähiger Beamter nach § 42a BBG a.F. (heute inhaltlich geregelt in § 45 BBG) und die Reaktivierung von Ruhestandsbeamten nach § 45 BBG a.F. (heute inhaltlich geregelt in § 46 BBG).

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, a.a.O. sowie juris, Rn. 20.

Da § 42 Abs. 3 BBG a.F. an die Dienstunfähigkeit nach Absatz 1 anknüpft, kann eine anderweitige Verwendung im Sinne der Vorschrift nur die Übertragung eines Amtes im abstrakt-funktionellen bzw. im konkret-funktionellen Sinne bedeuten, welches nicht dem bisherigen statusrechtlichen Amt des dienstunfähigen Beamten zugeordnet ist. Demzufolge ist eine anderweitige Verwendung im Sinne von § 42 Abs. 3 BBG a.F. bei der bisherigen Beschäftigungsbehörde möglich, wenn dem Beamten dort gleichwertige Funktionsämter einer anderen Laufbahn übertragen werden können. Steht ein dem bisherigen Statusamt entsprechender anderer Dienstposten bei der Beschäftigungsbehörde zur Verfügung, fehlt es dagegen - wie ausgeführt - bereits an der Dienstunfähigkeit im Sinne von § 42 Abs. 1 BBG a.F. Der Anwendungsbereich des § 42 Abs. 3 BBG a.F. hat im Übrigen nicht nur einen Einsatz bei der bisherigen Beschäftigungsbehörde im Blick. Er betrifft vielmehr auch gerade solche anderweitigen Verwendungen, die mit der Versetzung zu einer anderen Behörde verbunden sind. Bei dieser muss dem Beamten ein neues statusrechtliches Amt gleicher Wertigkeit verliehen werden, wenn er nicht auf einem Dienstposten eingesetzt wird, der dem bisherigen statusrechtlichen Amt zugeordnet ist. Neue Funktionsämter, die nicht dem bisherigen Amt im statusrechtlichen Sinne zugeordnet sind, können nur unter Verleihung des entsprechenden Amtes im statusrechtlichen Sinn übertragen werden.

Vgl. zum Ganzen etwa BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, a.a.O. sowie juris, Rn. 21 bis 24.

§ 42 Abs. 3 BBG a.F. begründet zugleich die Pflicht des Dienstherrn, nach einer anderweitigen Verwendung zu suchen. Nur dieses Verständnis entspricht dem Ziel der Vorschrift, dienstunfähige Beamte nach Möglichkeit im aktiven Dienst zu halten. Ohne gesetzliche Suchpflicht könnte die Verwaltung über die Geltung des Grundsatzes "Weiterverwendung vor Versorgung" nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit entscheiden und autonom festlegen, unter welchen Voraussetzungen und nach welchen Kriterien sie sich um eine anderweitige Verwendung bemüht. Das wäre mit Wortlaut und Zweck des Gesetzes nicht vereinbar.

Vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, a.a.O. sowie juris, Rn. 25.

Der gesetzliche Vorrang der weiteren Dienstleistung vor der Frühpensionierung wird durch den Wortlaut des Satzes 1 des § 42 Abs. 3 BBG a.F. verdeutlicht, wonach von der Versetzung in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit abgesehen werden "soll". Soll-Vorschriften gestatten Abweichungen von der gesetzlichen Regel nur in atypischen Fällen, in denen das Festhalten an dieser Regel auch unter Berücksichtigung des Willens des Gesetzgebers nicht gerechtfertigt ist. Anhaltspunkte für einen solchen atypischen Fall sind vorliegend nicht ersichtlich.

Die Suche nach einer § 42 Abs. 3 BBG a.F. entsprechenden anderweitigen Verwendung ist regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn zu erstrecken. Dies folgt aus dem Wortlaut des Satzes 2 des § 42 Abs. 3 BBG a.F., wonach die Übertragung eines anderen Amtes zulässig ist, wenn es zum Bereich desselben Dienstherrn gehört. Für diesen Umfang der Suchpflicht spricht auch, dass den Beamten zur Vermeidung der Frühpensionierung auch der Erwerb einer anderen Laufbahnbefähigung zur Pflicht gemacht werden kann. Inhaltliche Vorgaben für eine Beschränkung der Suche auf bestimmte Bereiche der Verwaltungsorganisation des Dienstherrn lassen sich aus § 42 Abs. 3 BBG a.F. nicht herleiten. Auch die amtlichen Gesetzesbegründungen enthalten keinen Hinweis, dass eine Beschränkung gewollt ist.

Vgl. BT-Drucks. 11/5372, S. 34 und 13/3994, S. 33, sowie BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, a.a.O. sowie juris, Rn. 27.

Die Suche nach einer anderweitigen Verwendung muss sich auf Dienstposten erstrecken, die in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sind. Eine Beschränkung auf aktuell freie Stellen ließe außer Acht, dass § 42 Abs. 3 BBG a.F. zur Vermeidung von Frühpensionierungen auch die Weiterverwendung in Ämtern einer anderen Laufbahn vorsieht und die dazu erforderliche Laufbahnbefähigung erst nach einer - ggf. längeren - Unterweisungszeit erworben werden kann.

Bezogen auf all dies ist es (auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren) Sache des Dienstherrn, schlüssig darzulegen, dass er bei der Suche nach einer anderweitigen Verwendung für den Beamten die Vorgaben des § 42 Abs. 3 BBG a.F. beachtet hat. Denn es geht um Vorgänge aus dem Verantwortungsbereich des Dienstherrn, die dem Einblick des betroffenen Beamten in aller Regel entzogen sind. Daher geht es zulasten des Dienstherrn, wenn nicht aufgeklärt werden kann, ob die erforderliche Suche den gesetzlichen Anforderungen entsprochen hat.

Vgl. BVerwG, Urteile vom 17. August 2005 - 2 C 37.04 -, BVerwGE 124, 99, 108 f. = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 S. 33, und vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 -, a.a.O. sowie juris, Rn. 30; ebenso OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 2009 - 6 A 3712/06 -, DÖD 2009, 312, 314 = juris, Rn. 66.

Dabei dürfen die Anforderungen, welche § 42 Abs. 3 BBG a.F. an den Dienstherrn stellt, für die der Deutschen Telekom AG zugewiesenen Beamten auch nicht deshalb herabgesetzt werden, weil dort in der Folge von Umstrukturierungs- und Rationalisierungsmaßnahmen ein Personalüberhang besteht (bestanden hat). Denn dieser Zustand beseitigt oder relativiert nicht die Pflicht des Dienstherrn bzw. des für diesen verantwortlich Handelnden, nach Maßgabe des § 42 Abs. 3 BBG a.F. nach einer anderweitigen Verwendung zu suchen. Auch ein dem Personalüberhang zugewiesener Beamter - wie der Kläger - behält (in den Grenzen seines Leistungsvermögens) den sich unmittelbar aus Art. 33 Abs. 5 GG ergebenden Anspruch auf amtsangemessene Beschäftigung. Macht er diesen geltend, so muss ihm zeitnah eine auf Dauer angelegte amtsangemessene Tätigkeit übertragen werden, und zwar im Regelfall auch dann noch, wenn es (nur) um die Frage einer anderweitigen Verwendung im Fall etwaiger Dienstunfähigkeit geht.

Vgl. hierzu auch BVerwG, Urteil vom 26. März 2009 - 2 C 73.08 - , a.a.O. sowie juris, Rn. 40 - dort bei vergleichbaren Ausgangspunkten bezogen auf die Verhältnisse bei der Deutschen Bahn.

Auf der Grundlage der nach dem Vorstehenden maßgeblichen Darlegungen der Beklagten in ihrem vorprozessualen und prozessualen Vorbringen vermag der Senat nicht festzustellen, dass die angesprochene Suchpflicht gemessen an den zuvor dargestellten Anforderungen des § 42 Abs. 3 BBG a.F. hier ausreichend erfüllt worden ist. Es fehlt insoweit schon an einem hinreichend substanziierten und zugleich nachvollziehbaren Vortrag. Erst recht gibt es in den Verwaltungsvorgängen/Personalakten keine Unterlagen, welche zu einer - in Fällen der vorliegenden Art zumindest sinnvollen - Dokumentation der im Einzelnen unternommenen Bemühungen (auch hinsichtlich deren Umfang und räumlicher Ausdehnung) zur Suche einer anderweitigen Verwendung für den Kläger geeignet wären.

In den Verwaltungsvorgängen (Blatt 9 der Beiakte Heft 4) findet sich lediglich ein knapper Vermerk über eine "Prüfung der anderweitigen Verwendung gemäß § 42 Abs. 3 BBG" mit den im Tatbestand dieses Urteils wiedergegebenen Angaben. In dem hier interessierenden Zusammenhang von Bedeutung ist namentlich die vom 1. März 2003 datierende handschriftliche Notiz in der Rubrik "Unterbringung ist möglich - ja/nein". Eingetragen ist dort "Betrieb W. ", angekreuzt worden ist "nein". Nach dem objektiven Empfängerhorizont ist eine derartige Erklärung/Eintragung dahin zu verstehen, dass allenfalls bezogen auf den "Betrieb W. " eine weitere Einsatzmöglichkeit des Klägers gemessen an seinem Leistungsvermögen bzw. dessen Einschränkungen geprüft worden ist. Denn in die Spalte "Unterbringung ist möglich" konnte sinnvoller Weise nur diejenige Organisationseinheit eingetragen werden, in Bezug auf die der sich hier stellende Prüfauftrag (sei es mit dem Ergebnis "ja" oder "nein") auch erfüllt worden ist, nicht hingegen diejenige Stelle, welche die Prüfung gegebenenfalls vorgenommen hat.

Dies mit zugrunde gelegt, vermögen auch die nachträglichen Erläuterungen der Beklagten im gerichtlichen Verfahren - und namentlich im Berufungsrechtszug - keinen klaren und in der Sache hinreichenden Aufschluss darüber zu geben, dass sie die Anforderungen des § 42 Abs. 3 BBG a.F. (wie im Ergebnis geltend gemacht) tatsächlich in dem rechtlich gebotenen Maße erfüllt habe. Sie hat nämlich lediglich die aus sich heraus nicht nachvollziehbare Behauptung aufgestellt, es sei nicht lediglich bezogen auf den "Betrieb W. ", sondern "konzernweit" nach einer Einsatzmöglichkeit gesucht worden. Was sie hierzu als Begründung anführt, vermag in der Sache nicht zu überzeugen. Vor allem aber fehlt es nach wie vor an einer substanziierten Angabe der einzelnen Prüfungsschritte, namentlich in Richtung auf eine nähere Eingrenzung der für eine mögliche Verwendung des Klägers in Betracht gezogenen anderen Beschäftigungsbehörden (Organisationseinheiten), und auch der konkreten Gründe, warum dort jeweils eine dem Amt entsprechende bzw. vergleichbare Beschäftigung des Klägers im Ergebnis nicht in Betracht kommen soll. Zwar mag W. - wie vorgetragen - zum Zeitpunkt der Suche tatsächlich als einzige Organisationseinheit der Beklagten einen Überblick über sämtliche Stellen im Konzern gehabt haben. Das lässt aber nicht ohne Weiteres darauf schließen, dass W. im Falle des Klägers auch tatsächlich konzernweit eine amtsangemessene Beschäftigung gesucht hat, solange nicht näher dargelegt wird, in welcher Weise diese Suche im Einzelnen durchgeführt worden ist. Über die insoweit offenbar mangelnde Dokumentation der Suche hilft auch nicht die Erwägung der Beklagten hinweg, der Kläger hätte nicht mehr zum Vermittlungskreis der W. gehört, sondern wäre auf einem geeigneten Arbeitsplatz eingesetzt worden, falls seine Beschäftigung auf einem leidensgerechten Dauerarbeitsplatz innerhalb der Deutschen Telekom AG möglich gewesen wäre. Denn auch der damit anscheinend beabsichtigte Hinweis auf das Fehlen eines geeigneten Arbeitsplatzes bleibt pauschal und vermag Art und Umfang der Suche nach einem solchen mangels inhaltlicher Substanz nicht zu plausibilisieren. Darüber hinaus verfängt die gezogene Schlussfolgerung auch schon deshalb nicht, weil sie den bei der Deutschen Telekom AG seinerzeit bestehenden Personalüberhang nicht ersichtlich mit in Rechnung stellt. Wie schon an anderer Stelle ausgeführt, kann dieser Personalüberhang aber auch im vorliegenden Zusammenhang nicht zu einer Erleichterung der gesetzlichen Anforderungen führen. Namentlich könnte die Deutsche Telekom AG nicht durchgreifend ins Feld führen, sie sei wegen des Personalüberhangs schlicht nicht in der Lage (gewesen), alle bei ihr tätigen aktiven Beamten amtsangemessen zu beschäftigen. Denn dies ist die Folge einer Personalplanung, die den Bestand an Beamten und deren verfassungsrechtlich geschützten Rechtsstatus nicht hinreichend berücksichtigt hat und mithin unter beamtenrechtlichen Gesichtspunkten nicht beachtlich ist.

Vgl. auch BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2009 - 2 C 68.08 - ZBR 2010, 45, sowie juris, Rn. 22, dort im Zusammenhang mit einer Reaktivierung.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen der §§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG nicht gegeben sind.

Referenznummer:

R/R5111


Informationsstand: 14.09.2011