Die zulässige Klage ist bis auf den Weiterbeschäftigungsantrag begründet.
1. Die von der Beklagten mit Schreiben vom 22.08.2016 ausgesprochene Kündigung ist wegen des Fehlens eines wichtigen Grundes nach § 626
Abs. 1
BGB unwirksam und beendet das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht mit Ablauf der sozialen Auslauffrist zum 31.03.2017.
a) Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit kann ein wichtiger Grund im Sinne des § 626
Abs. 1
BGB sein. Grundsätzlich ist dem Arbeitgeber aber die Einhaltung der Kündigungsfrist zuzumuten. Schon an eine ordentliche Kündigung wegen Arbeitsunfähigkeit ist ein strenger Maßstab anzulegen. Eine außerordentliche Kündigung kommt daher nur in eng begrenzten Fällen in Betracht, etwa wenn die ordentliche Kündigung aufgrund tarifvertraglicher oder einzelvertraglicher Vereinbarungen ausgeschlossen ist. Dabei ist zunächst der allgemeine dreistufige Prüfungsmaßstab (1. Stufe: Negative Prognose; 2. Stufe: Erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen; 3. Stufe: Interessenabwägung) anzulegen. Bei einer außerordentlichen Kündigung ist dieser Prüfungsmaßstab auf allen drei Stufen erheblich strenger. Er muss den hohen Anforderungen Rechnung tragen, die an eine außerordentliche Kündigung zu stellen sind. Die prognostizierten Fehlzeiten und die sich aus ihnen ergebende Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen müssen deutlich über das Maß hinausgehen, welches eine ordentliche Kündigung sozial zu rechtfertigen vermöchte. Es bedarf eines gravierenden Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung. Ein solches ist gegeben, wenn zu erwarten ist, dass der Arbeitgeber bei Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses - gegebenenfalls über Jahre hinweg - erhebliche Entgeltzahlung zu erbringen hätte, ohne dass dem eine nennenswerte Arbeitsleistung gegenüber stände. Auch können Häufigkeit und Dauer der krankheitsbedingten Fehlzeiten im Einzelfall dazu führen, dass ein Einsatz des Arbeitnehmers nicht mehr sinnvoll und verlässlich geplant werden kann und dieser damit zur Förderung des Betriebszwecks faktisch nicht mehr beiträgt. Die Aufrechterhaltung eines solchermaßen "sinnentleerten" Arbeitsverhältnisses kann dem Arbeitgeber auch im Falle eines ordentlich nicht kündbaren Arbeitnehmers unzumutbar sein (
vgl. BAG, 23.01.2014, 2 AZR 532/13; Juris).
Ein solches sinnentleertes Arbeitsverhältnis besteht unter Berücksichtigung der weiteren Besonderheiten des Einzelfalles nicht bereits bei einer negativen Prognose für Arbeitsunfähigkeitszeiten in einem Umfang von jährlich 18,1 Wochen
bzw. im Rahmen der Interessenabwägung bei einer Betriebszugehörigkeit von mehr als drei Jahrzehnten und einem Alter des Arbeitnehmers von 52 Jahren (
vgl. BAG aaO.).
b) Nach diesen Grundsätzen kann sich die Beklagten nicht auf einen wichtigen krankheitsbedingten Grund nach § 626
Abs. 1
BGB berufen.
aa) Zwar geht das Gericht in Übereinstimmung mit der Beklagten von einer negativen Gesundheitsprognose aus. Der Kläger war in den der Klage vorangehenden Jahren in erheblichen Maße arbeitsunfähig erkrankt. In den für die negative Prognose maßgeblichen Jahren 2014, 2015 und 2016 war der Kläger insgesamt an 273 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt, mithin durchschnittlich pro Jahr an 106 Arbeitstagen oder 21,2 Wochen.
Diese Fehlzeiten entsprechen aber nach Auffassung der Kammer, die sich damit an die oben zitierte Rechtsprechung des
BAG anlehnt, nicht dem strengen Prüfungsmaßstab einer krankheitsbedingten außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist. Den Entgeltzahlungen der Beklagten steht trotz dieser hohen Fehlzeiten noch eine nennenswerte Arbeitsleistung von mehr als 50 % gegenüber. Die Einsatzmöglichkeiten des immer wieder arbeitsunfähig erkrankten Klägers mögen zwar schwierig sein sind aber auch mangels weiteren Vortrags der Beklagten nicht so weit eingeschränkt, dass der Kläger nicht mehr sinnvoll und verlässlich eingeplant werden kann und damit zur Förderung des Betriebszweckes faktisch nicht mehr beitragen würde. Von einem sinnentleerten Arbeitsverhältnis als Maßstab für die krankheitsbedingte außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist kann daher im konkreten Fall nicht gesprochen werden.
bb) Auch bei der durchzuführenden Interessenabwägung erfüllen die Kündigungsgründe nicht den strengen Maßstab der krankheitsbedingten außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist. Der Kläger ist 49 Jahre alt und verheiratet und bei Ausspruch der Kündigung bei der Beklagten länger als 24 Jahre beschäftigt. Für ihn wird es bereits aufgrund seines Alters und seiner kontinuierlichen psychischen Erkrankung außerordentlich schwierig sein, einen neuen Arbeitsplatz zu finden. Diese Schwierigkeit aufgrund der persönlichen Daten des Klägers erhöht sich noch dadurch, dass der Kläger bei jeder Bewerbung mit der Frage konfrontiert wird, warum er als ordentlich unkündbarer Arbeitnehmer den Arbeitsplatz verloren hat.
cc) Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist auch nicht dadurch sinnentleert, dass der Kläger die ihm zugewiesenen Aufgaben im unqualifizierten Patientenbegleitservice krankheitsbedingt nicht mehr ausüben könnte. Für diese Behauptung der Beklagten liegen keinerlei Anhaltspunkte vor. Dagegen spricht bereits, dass der Kläger zwar in erheblichem Maße arbeitsunfähig erkrankt war zwischenzeitlich aber regelmäßig wieder seine vertraglichen Pflichten im unqualifizierten Patientenbegleitservice ausüben konnte. Soweit sich die Beklagte für ihre Behauptung auf das Attest vom 17.08.2016 stützt, so sind in diesem Attest nur allgemeine Feststellung zu dem Gesundheitszustand des Klägers und seiner Einsatzfähigkeit im Beruf zu entnehmen. Auch die Empfehlung, "den Patienten betriebsärztlich und mittels des BEM zu begleiten und eine leidensgerechte Tätigkeit zuzuweisen", enthält keine Auseinandersetzung mit dem konkreten Arbeitsplatz und dessen Anforderungen an den Kläger sondern stellt lediglich eine allgemeine Empfehlung dar.
Da sich die Beklagte nicht auf einen wichtigen Grund gemäß § 626
Abs. 1
BGB berufen kann, ist die Kündigung vom 22.08.2016 unwirksam und beendet das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht. Insoweit war der Klage stattzugeben.
2. Soweit der Kläger die Erteilung eines qualifizierten Zwischenzeugnisses begehrt, ist die Klage ebenfalls begründet.
Der Anspruch des Klägers ergibt sich aus § 35
Abs. 2 TV-L. Der triftige Grund ergibt sich aus der ausgesprochenen Kündigung.
Auch insoweit war der Klage stattzugeben.
3. Soweit der Kläger die Weiterbeschäftigung als Pflegehelfer begehrt, ist die Klage unbegründet.
Unstreitig war der Kläger seit 2012 im unqualifizierten Patientenbegleitservice und nicht mehr als Pflegehelfer beschäftigt. Da die Beklagte insoweit ihr Direktionsrecht gegenüber dem ursprünglichen Arbeitsvertrag ausgeübt hat, kann der Kläger nicht mehr die Beschäftigung als Pflegehelfer begehren.
Insoweit war die Klage abzuweisen.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 46
Abs. 2
ArbGG i.V.m. § 92
Abs. 1
S. 1
ZPO. Der Streitwert wurde festgesetzt gemäß § 61
Abs. 1
ArbGG i.V.m. §§ 3
ff. ZPO und § 42
Abs. 2
S. 1 GKG. Aufgrund der Besonderheiten des Einzelfalls kommt eine gesonderte Zulassung der Berufung gemäß § 64
Abs. 3
ArbGG nicht in Betracht.