Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin hatte in der Sache keinen Erfolg.
A. Das Arbeitsgericht hat zu Recht den Rechtsstreit wegen des Verfahrens über die Wirksamkeit der Zustimmung des Integrationsamtes nicht ausgesetzt. Dieses wird von der Klägerin auch nicht angegriffen. Insoweit wird auf die entsprechenden Ausführungen auf Seite 4 und 5 des erstinstanzlichen Urteils Bezug genommen.
B. Die Kündigungsschutzklage ist unbegründet. Dass der Klägerin Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz nicht zusteht, weil der Beklagte einen Kleinbetrieb im Sinne des
§ 23 Abs. 1 KSchG führt, ist zwischen den Parteien unstreitig.
I. Für den Kündigungsschutz im Kleinbetrieb gilt nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (
vgl. insbesondere
BAG 21.02.2001 - 2 AZR 15/00) Folgendes:
Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zur Kleinbetriebsklausel des § 23
Abs. 1
S. 2
KSchG (Entscheidung vom 27. Januar 1998 - 1 BvL 15/87) ausgeführt, dass den Arbeitnehmern in Kleinbetrieben das größere rechtliche Risiko eines Arbeitsplatzverlustes angesichts der schwerwiegenden und grundrechtlich geschützten Belange der Arbeitgeber zuzumuten sei, gleichzeitig aber betont, sie seien durch ihre Herausnahme aus dem Kündigungsschutzgesetz nicht völlig schutzlos gestellt. Wo die Bestimmungen des Kündigungsschutzgesetzes nicht griffen, seien die Arbeitnehmer durch die zivilrechtlichen Generalklauseln der §§ 138 und 242
BGB vor einer sitten- oder treuwidrigen Ausübung des Kündigungsrechts des Arbeitgebers geschützt. Im Rahmen dieser Generalklauseln sei auch der objektive Gehalt der Grundrechte, hier vor allem Artikel 12
Abs. 1
GG, zu beachten. Der verfassungsrechtlich gebotene Mindestschutz des Arbeitsplatzes vor Verlust durch private Dispositionen sei damit in jedem Fall gewährleistet. Wie weit dieser Schutz im Einzelnen reiche, sei von den Arbeitsgerichten zu entscheiden. Ausgangspunkt einer solchen Würdigung sei der Respekt vor der gesetzgeberischen Eingrenzung des gesetzlichen Kündigungsschutzes des § 23
Abs. 1
KSchG. Der durch die Generalklauseln vermittelte Schutz dürfe nicht dazu führen, dass dem Kleinunternehmer praktisch die im Kündigungsschutzgesetz vorgegebenen Maßstäbe der Sozialwidrigkeit auferlegt würden. Darüber hinaus wirke er umso schwächer, je stärker die mit der Kleinbetriebsklausel geschützte Grundrechtsposition des Arbeitgebers im Einzelnen betroffen sei. In sachlicher Hinsicht gehe es darum, Arbeitnehmer vor willkürlichen oder auf sachfremden Motiven beruhenden Kündigungen zu schützen,
z. B. vor Diskriminierungen im Sinne von
Art. 3
Abs. 3
GG.
Nach diesen verfassungsrechtlichen Maßstäben hat das Bundesarbeitsgericht (a.a.O.) die Prüfung einer Kündigung im Kleinbetrieb an den Maßstäben des § 138
Abs. 1
BGB (Sittenwidrigkeit) wie folgt präzisiert: Bei der Prüfung der Sittenwidrigkeit ist ein strenger Maßstab anzulegen. Die Sittenwidrigkeit einer Kündigung kann nicht auf Gründe gestützt werden, die in den Schutzbereich des Kündigungsschutzgesetzes fallen. Nicht jede Kündigung, die im Falle der Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes als sozialwidrig beurteilt werden müsste, ist deshalb schon sittenwidrig. § 138
BGB verlangt die Einhaltung eines "ethischen Minimums". Der schwere Vorwurf der Sittenwidrigkeit kann daher nur in besonders krassen Fällen erhoben werden. Das ist
z. B. anzunehmen, wenn die Kündigung auf einem verwerflichen Motiv des Kündigenden, wie
z. B. Rachsucht, beruht oder wenn sie aus anderen Gründen dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht.
Für die Prüfung am Maßstab von Treu und Glauben (§ 242
BGB) hat das Bundesarbeitsgericht (a.a.O.) Folgendes ausgeführt: Die Vorschrift des § 242
BGB ist auf Kündigungen neben
§ 1 KSchG nur in beschränktem Umfang anwendbar. Das Kündigungsschutzgesetz hat die Voraussetzungen und Wirkungen des Grundsatzes von Treu und Glauben konkretisiert und, soweit es um den Bestandsschutz und das Interesse des Arbeitnehmers an der Erhaltung des Arbeitsplatzes geht, abschließend geregelt. Umstände, die im Rahmen des § 1
KSchG zu würdigen sind und die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt erscheinen lassen, kommen als Verstöße gegen Treu und Glauben grundsätzlich nicht in Betracht. Eine Kündigung verstößt dann gegen § 242
BGB und ist nichtig, wenn sie aus Gründen, die von § 1
KSchG nicht erfasst sind, Treu und Glauben verletzt. Typische Tatbestände der treuwidrigen Kündigung sind insbesondere ein widersprüchliches Verhalten des Arbeitgebers, der Ausspruch einer Kündigung zur Unzeit oder in ehrverletzender Form oder eine Kündigung, die den Arbeitnehmer diskriminiert.
Für die betriebsbedingte Kündigung im Kleinbetrieb, bei der wegen Wegfalls einer bestimmten Arbeitsmenge unter mehreren vergleichbaren Arbeitnehmern eine soziale Auswahl zu treffen ist, hat das Bundesarbeitsgericht allerdings unter dem Gesichtspunkt des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes die Verpflichtung des Arbeitgebers erkannt, ein gewisses Maß an sozialer Rücksichtnahme einzuhalten. Wegen der Einzelheiten wird auf die genannte Entscheidung (21.02.2001 - 2 AZR 15/00) verwiesen.
II. Danach gilt im vorliegenden Fall Folgendes:
1. Für eine Sittenwidrigkeit der Kündigung liegen keine Anhaltspunkte vor.
Die Klägerin hat keine Umstände vorgetragen, die den Vorwurf der Sittenwidrigkeit im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts rechtfertigen könnten. Der Beklagten hat im Wesentlichen folgende Gründe für die Kündigung genannt:
In erster Linie die von ihm gesehene Unzumutbarkeit, einen bestimmten Patientenkreis über Monate hinaus zu verpflichten, nachfolgende Behandlungen nur in einem engen Zeitfenster eines wöchentlichen Blockes von
ca. 3 Stunden wahrzunehmen, und Unvereinbarkeit einer solchen durch einen "Minijob" der Klägerin vorgegebenen Einschränkung der Flexibilität bei der Terminvergabe mit dem Konzept des Beklagten, die Sehschule möglichst während der gesamten Praxisöffnungszeit zu betreiben und damit den Flexibilitätsanforderungen der Patienten entgegenzukommen.
In zweiter Linie den vom Beklagten auch unter Zugrundelegung des Vortrags der Klägerin gesehenen Vertrauensverlust dadurch, dass die Klägerin auch nach ihrem eigenen Vortrag die Mitarbeiterin P -M gebeten hat, darüber genau nachzudenken, "ob sie es aus ihrer Sicht für möglich halte, dass die Klägerin auch mit einem Arbeitszeitblock von 3 Stunden wöchentlich vertragsgerecht beschäftigt werden könne", und damit aus Sicht des Beklagten die Kollegin mit dem Ziel Dergleichen bei den Entscheidungsgremien (Integrationsamt, Arbeitsgericht) vorzutragen, in den Streit zwischen ihr und dem Beklagten hineingezogen hat.
Es ist auch nach dem Vortrag der Klägerin nichts dafür ersichtlich, dass diese Gründe nur vorgeschoben sind und die Kündigung in Wahrheit auf einem anderen, verwerflichen Motiv im Sinne der oben zitierten Rechtsprechung beruht.
2. Auch der Grundsatz von Treu und Glauben ist im vorliegenden Fall nach den Maßgaben des Bundesarbeitsgerichts nicht verletzt.
a. Die Klägerin beruft sich zunächst auf widersprüchliches Verhalten. Sie behauptet - wie oben im Tatbestand dargestellt - dass der Beklagte zuvor ihr selbst einen 400,--
EUR Job angeboten habe und ein solcher trotz der Ablehnung des Beklagten im Juli 2008 aufgrund des nachfolgenden Verhaltens konkludent als vertragliche Vereinbarung zustande gekommen sei. Die Klägerin sieht die im Februar ausgesprochene Kündigung als widersprüchliches Verhalten dazu und darin einen Verstoß gegen Treu und Glauben.
Sähe man - den Vortrag der Klägerin als richtig unterstellt - in diesem Verhalten des Beklagten ein zur Unwirksamkeit der Kündigung führendes widersprüchliches Verhalten, dann ginge der durch § 242
BGB gegebene Kündigungsschutz jedenfalls in einem Teilbereich noch weiter als der des Kündigungsschutzgesetzes. In aller Regel ist es nämlich so, dass die Begründung eines Arbeitsverhältnisses auf die Initiative des Arbeitgebers zurückgeht, der einen freien Arbeitsplatz hat oder einen solchen einrichtet und darüber einen Arbeitsvertrag schließt. Würde man die Entscheidung des Arbeitgebers, der sich aus seiner Interessenlage eines Besseren besonnen hat und die Arbeitsmöglichkeit nunmehr doch nicht als nach seinen betrieblichen Maßgaben sinnvoll ansieht, nicht respektieren und ihm die Kündigung versagen, dann wäre über § 242
BGB außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes die im Rahmen der betriebsbedingten Kündigung nach
§ 1 KSchG zu respektierende freie Unternehmerentscheidung erheblich eingeschränkt. Dieses verstieße gegen den vom Bundesarbeitsgericht hervorgehobenen Grundsatz, dass die Vorschrift des § 242
BGB auf Kündigungen neben § 1
KSchG nur in beschränktem Umfang anwendbar ist, und die auch nach Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts grundsätzlich zu respektierende Entscheidung des Gesetzgebers, dem, der einen Kleinbetrieb führt, grundsätzliche Kündigungsfreiheit zu gewährleisten.
Nichts anderes kann gelten, wenn - wie hier nach dem Vortrag der Klägerin - der Arbeitgeber den Vertrag zunächst unter veränderten Bedingungen fortsetzt, die einer rechtlichen oder tatsächlichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit eines Arbeitnehmers entsprechen, und zu einem späteren Zeitpunkt dann doch kündigt.
b. Die Kündigung durch den Beklagten ist auch nicht deshalb widersprüchlich, weil der Beklagte bei Frau P -M , die zwischen 18 und 21 Stunden arbeitet, bei der Festlegung der Arbeitszeiten auf den Schichtdienst des Ehemannes Rücksicht nimmt. Denn die dadurch gegebene Beschränkung für die Flexibilitätsinteressen der Patienten ist nur geringfügig. Denn die Arbeitszeit von Frau P -M muss ohnehin auf bestimmte Wochentage verteilt werden. Eine Festlegung auf bestimmte Wochentage mit Rücksicht auf die Schichtzeiten des Ehemannes bewirkt nichts anderes für die Patienten als die Festlegung auf bestimmte Wochentage ohne Rücksicht auf die Schichtzeiten des Ehemannes.
c. Auch die Hinnahme nur kurzer Arbeitszeitblöcke durch den Beklagten in Vertretungsfällen widerspricht der Kündigung nach den oben genannten Grundsätzen nicht, denn dabei handelt es sich um vorübergehende Situationen durch Ausfall der Stammkräfte. Die Klägerin wünscht aber eine dauerhafte Festlegung ihrer Arbeitszeit auf nur 16 Stunden im Monat in 3,5 Stundenblöcken je Woche. Die Hinnahme eines "notwenigen Übels" bei Ausfall der Stammkräfte ist damit nicht vergleichbar.
3. Die Klägerin beruft sich desweiteren auf eine "Diskriminierung" wegen ihrer Schwerbehinderteneigenschaft. Die Kündigung beinhaltet indes keine nach der Verfassung oder dem
AGG verbotene Benachteiligung. Die Kündigung erfolgt nämlich aus arbeitsvertragsbezogenen Gründen (
vgl. dazu
BAG 22.05.2003 - 2 AZR 426/02, insbesondere Rn. 35
ff.).
Der Beklagte kündigt nicht wegen der Schwerbehinderteneigenschaft, sondern deshalb, weil die Klägerin aufgrund ihrer krankheitsbedingten Erwerbsunfähigkeit nur noch in der Lage ist, im Durchschnitt 3,5 Stunden pro Woche zu arbeiten.
Dass der Beklagte nicht die Schwerbehinderung ohne Rücksicht auf die arbeitsbezogenen Auswirkungen der der Schwerbehinderung zugrundeliegenden Krankheiten zum Anlass der Kündigung genommen hat, wird schon dadurch injiziert, dass die Klägerin - wie es im Tatbestand des verwaltungsgerichtlichen Urteils (Bl. 180 d. A.) dargestellt ist -, fast während der gesamten seit 1974 dauernden Beschäftigungszeit schwerbehindert war und der Beklagte dieses nicht zum Anlass einer Kündigung genommen hat. Die Klägerin war vom 14. April 1976 bis zum 4. August 1981 mit einem
GdB von 50 schwerbehindert, bis Juli 1997 sodann mit einem
GdB von 80 und seither mit einem
GdB von 60. Die Schwerbehinderung bestand damit auch schon viele Jahre vor Eintritt ihrer Erwerbsunfähigkeit in gleichem und sogar noch in höherem Ausmaß. Es ist also offensichtlich nicht die Schwerbehinderung als solche, wegen derer der Beklagte die Klägerin kündigt, sondern die mit der Erwerbsunfähigkeit verbundene Unfähigkeit, mehr als 3,5 Stunden wöchentlich zu arbeiten, und der von der Klägerin insoweit geäußerte Wunsch, wegen der Hinzuverdienstgrenzen auch nicht mehr zu arbeiten.
4. Soweit die Klägerin sich schließlich allgemein auf den "Verhältnismäßigkeitsgrundsatz" beruft, und dazu erneut ihre Schwerbehinderung anführt, so ist darauf zu verweisen, dass wie oben dargestellt der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nur im Rahmen der sozialen Auswahl eine Rolle spielen kann. Im vorliegenden Fall aber kündigt der Beklagte nicht, weil er ein Arbeitskontingent von 3 oder 3,5 Stunden wöchentlich nicht mehr benötigt, sondern weil er dieses Arbeitskontingent nicht insoliert durch ein Arbeitsverhältnis abdecken will, in dem ausschließlich diese geringfügige Arbeitszeit geleistet wird.
Außerhalb des vom Bundesarbeitsgericht im Anschluss an das Bundesverfassungsgericht abgesteckten Rahmens der sozialen Auswahl auch im Kleinbetrieb ist der Schwerbehinderte vom Gesetzgeber dadurch geschützt, dass nach § 85
SGB IX die Kündigung der vorherigen Zustimmung des Integrationsamtes bedarf. Im vorliegenden Fall hat das Integrationsamt zugestimmt. Dagegen steht der Klägerin Rechtsschutz vor den Verwaltungsgerichten zu, den sie auch in Anspruch genommen hat.
5. Soweit die Klägerin schließlich in der Berufungsbegründung ausführt, die vom Beklagten angeführten Gründe für die Kündigung "griffen nicht durch", so obliegt es bei einem Kleinbetrieb außerhalb des Kündigungsschutzgesetzes den Arbeitsgerichten nicht, die für die Kündigung angeführten Gründe als solche auf ihre Berechtigung im Sinne des Kündigungsschutzgesetzes zu überprüfen. Es ist nur zu überprüfen, ob die Gründe im Sinne der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nur vorgeschoben sind und in Wirklichkeit andere, nach § 138
Abs. 1
BGB oder nach § 242
BGB zu missbilligende, verwerfliche oder den verfassungsrechtlichen Diskriminierungsverboten zuwiderlaufende Motive des Kündigenden vorliegen. Für solche liegen nach dem zuvor Gesagten keine Anhaltspunkte vor.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97
Abs. 1
ZPO.