I. Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 03.07.2012 - 3 Ca 1800/11 - in Ziffer 1. und 2. wie folgt neu gefasst:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.
II. Die Berufung der Klägerin wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Parteien streiten über die Zahl der der Klägerin auf Grund einer Schwerbehinderung zustehenden Anrechnungsstunden auf Grund einer Verwaltungsvorschrift. Dem liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:
Die 1953 geborene Klägerin arbeitet bei dem beklagten Land seit 1982 als Lehrerin. Seit dem Schuljahr 2011/2012 besteht ein vereinbartes Altersteilzeitarbeitsverhältnis mit einem Beschäftigungsumfang von 74,074 Prozent, das entspricht 20 von regulären 27 Wochenstunden. Seit 2008 ist die Klägerin mit einem Grad der Behinderung von 50 Prozent schwerbehindert. Sie erhielt deswegen bis einschließlich 20.09.2011 zwei Anrechnungsstunden. Für das Schuljahr 2011/2012 ist die Verwaltungsvorschrift des zuständigen Ministeriums des beklagten Landes vom 8. April 2011 (Blatt 6 ff d. A.) maßgeblich. Darin heißt es unter anderem wie folgt:
"4.2. Schwerbehinderte Lehrkräfte mit einem Grad der Behinderung von wenigstens 50 erhalten eine Anrechnung von zwei Unterrichtsstunden.
4.3. Lehrkräfte, die aufgrund von Anrechnungsstunden und/oder Ermäßigungsstunden weniger als die Hälfte des Regelstundenmaßes Unterricht erteilen, erhalten keine Schwerbehinderten-Anrechnungsstunden."
Die Klägerin erhält weiterhin folgende wöchentliche Freistellungsstunden: zwei Stunden auf Grund ihrer Eigenschaft als örtliche Schwerbehindertenvertrauensperson, sechs als Schwerbehindertenvertrauensperson beim Schulamt und einer als Schwerbehindertenvertrauensperson beim zuständigen Ministerium.
Die Klägerin hat vor dem Arbeitsgericht Schwerin in dem Verfahren 3 Ca 1800/11 beantragt, das beklagte Land zu verpflichten, ihr ab dem 21.09.2011 wöchentlich zwei Anrechnungsstunden wegen Schwerbehinderung zu gewähren.
Durch Urteil vom 3. Juli 2012 hat das Arbeitsgericht für Recht erkannt:
1. Das beklagte Land wird verpflichtet, der Klägerin beginnend ab 21.09.2011 bis 31.07.2012 wöchentlich eine Anrechnungsstunde wegen Schwerbehinderung zu gewähren.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
3. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 2.000,00 Euro festgesetzt.
In dem Grundsatz ist ausgeführt, die Regelung zu 4.3. sei diskriminierend wegen Verstoß gegen § 4 Teilzeitbefristungsgesetz. Im Übrigen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat das beklagte Land form- und fristgerecht Berufung eingelegt.
Die Erfüllung des Urteils des Arbeitsgerichts sei für das beklagte Land unmöglich. Zum Zeitpunkt der Zustellung der Entscheidung sei der größte Teil des fraglichen Zeitraums abgelaufen. Die Klägerin falle auch unter die fragliche Vorschrift. Sie habe weniger als die Hälfte der Unterrichtsstunden geleistet, die eine vollbeschäftigte Lehrkraft leisten würde. Der Erlass sei auch wirksam. Die sich aus der Schwerbehinderung ergebenden Beeinträchtigungen könnten bei geringeren Arbeitszeiten leichter kompensiert werden.
Das beklagte Land beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichtes Schwerin vom 03.07.2012, Aktenzeichen 3 Ca 1800/11, abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin tritt der angefochtenen Entscheidung bei.
Die Klägerin hat ferner mit Schriftsatz vom 15.11.2012 Anschlussberufung eingelegt und beantragt, das Urteil des Arbeitsgerichts Schwerin vom 03.07.2012 wie folgt abzuändern:
Das beklagte Land wird verpflichtet,
der Klägerin beginnend ab 21.09.2011 bis 31.07.2012 wöchentlich zwei Anrechnungsstunden wegen Schwerbehinderung zu gewähren.
Das beklagte Land beantragt,
die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Hinsichtlich jedes weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Die zulässige Berufung des beklagten Landes ist begründet, die Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
1. Die Regelung in Ziffer 4.2. und 4.3. des Erlasses zur Festsetzung der Unterrichtsverpflichtung der Lehrkräfte für das Schuljahr 2011/2012 ist entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichtes Schwerin nicht zu beanstanden und insbesondere mit dem Diskriminierungsverbot in § 4 Teilzeitbefristungsgesetz vereinbar.
Zusammengefasst wird in der fraglichen Regelung zum Ausdruck gebracht, das Lehrkräfte, die bis zur Hälfte des Regelstundenmaßes tatsächlich Unterricht erteilen, zwei Schwerbehindertenanrechnungsstunden erhalten sollen, erteilen sie weniger Unterricht, sollen sie keine Schwerbehindertenanrechnungsstunden erhalten. Es ist in diesem Zusammenhang nicht zu beanstanden, dass Unterrichtsstunden und sonstige Tätigkeiten unterschiedlich behandelt werden. Es ist gerichtsbekannt, dass schwerbehinderte Arbeitnehmer im Bereich der Landesverwaltung grundsätzlich keine Ermäßigungen hinsichtlich der Arbeitszeit erhalten. Mit der besonderen Behandlung von Unterrichtsstunden soll ausgedrückt werden, dass es sich dabei regelmäßig um eine besonders belastende Tätigkeit handelt.
Ein objektiver, die Ungleichbehandlung rechtfertigender Grund liegt insbesondere dann vor, wenn eine Gleichbehandlung, also die Gewährung der Vergünstigung auch an Lehrer mit geringerer Unterrichtsverpflichtung zu einer Veränderung des Leistungszwecks,
d. h. der Art der Leistung führen würde (
BAG vom 25.07.1996 - 6 AZR 138/94 - m. w. N.). So verhält es sich hier. Würde jedem schwerbehinderten Lehrer anteilig zu der Zahl der Unterrichtsstunden eine Ermäßigung zustehen, würde der Wille des beklagten Landes, nur die Lehrer mit höherer Unterrichtsverpflichtung zu begünstigen, verfehlt. Die Arbeitnehmer erhielten eine Ermäßigung nicht mehr dafür, dass sie mit einer bestimmten Zahl von Unterrichtsstunden besonders belastet sind, sondern dass sie mit Unterrichtsstunden überhaupt belastet sind. Dies war jedoch nicht der Zweck der Regelung, wobei von besonderer Bedeutung ist, dass das beklagte Land zu einer derartigen Vergünstigung ohnehin nicht verpflichtet gewesen wäre.
Gleichheitswidrig könnte die angegriffene Regelung lediglich in den Fällen sein, in denen die Lehrkraft genau eine Stunde unter der Regelstundenzahl Unterricht erteilt. Sie müssten nämlich dann eine Stunde mehr arbeiten, als die Lehrkraft, die genau die Hälfte des Regelstundenmaßes unterrichtet und dann die Vergünstigung von zwei Stunden erhält. Dieser Fall stand jedoch vorliegend nicht zur Entscheidung an. Die Klägerin erteilt tatsächlich lediglich 11 Unterrichtsstunden.
2. Aus den vorgenannten Ausführungen ergibt sich, dass die Anschlussberufung der Klägerin ebenfalls unbegründet ist.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 64
Abs. 5
ArbGG in Verbindung mit § 91
ZPO.
Zur Zulassung der Revision gemäß § 72
Abs. 2
ArbGG bestand kein Anlass.
Der fragliche Erlass wird für jedes Schuljahr neu gefasst und erfährt regelmäßig Überarbeitungen.