Im Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht gemäß § 101
Abs. 2
VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheiden.
Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat, war das Verfahren gemäß § 92
Abs. 3
VwGO einzustellen.
Im Übrigen ist die Klage zwar zulässig, aber unbegründet.
Die Klage ist insgesamt zulässig. Insbesondere ist auch für das mit dem Klageantrag zu 1. formulierte Rechtsschutzziel des Klägers gemäß § 40
Abs. 1
VwGO der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Gegenstand des Klagebegehrens ist insoweit eine Änderung der Verordnung über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten im Lande Nordrhein-Westfalen (Arbeitszeitverordnung - AZVO) vom 4. Juli 2006, also von Rechtsnormen im Rang unterhalb eines förmlichen Gesetzes. Die gerichtliche Kontrolle der Verwaltung, auch soweit diese - wie beim Erlass einer
Rechtsverordnung - Recht setzend tätig wird, obliegt den Verwaltungsgerichten. Diese dürfen untergesetzliche Rechtsnormen, auf deren Gültigkeit es für die Entscheidung über ein Klagebegehren ankommt, als ungültig verwerfen. Der Streit um die Verpflichtung der Exekutive zum Erlass oder zur Änderung solcher Rechtsnormen ist nicht verfassungsrechtlicher, sondern lediglich verwaltungsrechtlicher
Art. Ferner schließt der Umstand, dass untergesetzliche Rechtsnormen als abstrakt-generelle Regelungen im Interesse der Allgemeinheit erlassen werden, es nicht im Sinne des § 42
Abs. 2
VwGO von vornherein aus, dass der einzelne Bürger einen Anspruch auf ihren Erlass oder ihre Änderung haben kann. Ein solcher Anspruch kann sich aus höherrangigem Recht ergeben. Besteht ein Anspruch auf Erlass oder Änderung einer Verordnung, kann er auch gerichtlich durchgesetzt werden.
Art. 19
Abs. 4
GG gewährleistet Rechtsschutz nicht nur gegen höherrangiges Recht verletzende Rechtsetzungsakte, sondern auch gegen ein mit höherrangigem Recht unvereinbares Unterlassen des Verordnungsgebers.
Vgl.
BVerwG, Urteil vom 4. Juli 2002 - 2 C 13/01 -, juris, Rz. 13.
Jedoch ist die Klage unbegründet.
Dies gilt zunächst für den Klageantrag zu 1. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die nordrhein-westfälische Arbeitszeitverordnung in der von ihm verlangten Weise geändert wird.
Zwar ist dem Kläger ausweislich der Klagebegründung ein nachvollziehbares Anliegen nicht abzusprechen. Dem von ihm geltend gemachten Anspruch steht jedoch entgegen, dass es in der Gestaltungsfreiheit des Verordnungsgebers liegt, wie er dem gesetzlichen Auftrag, abstrakt-generelle Regelungen über die Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten im Land Nordrhein-Westfalen zu erlassen (
vgl. § 60
Abs. 3
LBG NRW), nachzukommen gedenkt. Mit dieser Gestaltungsfreiheit ist es nicht zu vereinbaren, wertende und gestaltende Abwägungen des Verordnungsgebers einer vollen gerichtlichen Kontrolle zu unterwerfen. Der Verordnungsgeber ist lediglich an die Verfassung und die Gesetze, insbesondere an das ermächtigende Gesetz, gebunden. Eine inhaltliche Prüfung dahingehend, ob die erlassenen Vorschriften in jeder Hinsicht "optimal" sind oder eine andere Regelung der zu lösenden Problemlage vielleicht besser gerecht geworden wäre, ist den Gerichten schon im Hinblick auf die vielfach bestehenden Wertungsfragen und divergierenden Interessenlagen, die im Normsetzungsprozess zu berücksichtigen sind, entzogen. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich daher auf die Frage, ob sich die Entscheidung des Verordnungsgebers als rechtswidrig darstellt, weil sie gegen Verfassungsrecht oder sonstiges höherrangiges Recht verstößt, insbesondere nicht mit der Zielsetzung der gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage zu vereinbaren ist, oder auf einer unzutreffenden Tatsachenermittlung, sachfremden Erwägungen oder einem evident fehlerhaften Abwägungsvorgang beruht.
Vgl. zu alledem Nierhaus, in: Bonner Kommentar zum Grundgesetz, Stand Juni 2015,
Art. 80 Rz. 330
ff.; ferner Möstl, in: Erichsen/Ehlers, Allgemeines Verwaltungsrecht, 13. Aufl. 2006, § 18 Rz. 25
ff. und Hill/Martini, in: Hoffmann-Riem/Schmidt-Aßmann/Voßkuhle, Grundlagen des Verwaltungsrechts,
Bd. II, 2. Aufl. 2012, § 34 Rz. 22.
Von einer derartigen Verfehlung des gesetzlichen Regelungsauftrags kann zur Überzeugung des Gerichts im Fall der nordrhein-westfälischen Arbeitszeitverordnung, soweit es um die Länge der Arbeitszeit geht, nicht die Rede sein.
Gemäß § 60
Abs. 1 Satz 1 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen vom 21. April 2009 (Landesbeamtengesetz -
LBG NRW) darf die regelmäßige Arbeitszeit im Jahresdurchschnitt 41 Stunden in der Woche nicht überschreiten. § 60
Abs. 3
LBG NRW ermächtigt die Landesregierung, das Nähere durch
Rechtsverordnung zu regeln; dies gilt insbesondere (u.a.) für Regelungen über die Dauer, die Verlängerung und die Verkürzung der regelmäßigen Arbeitszeit (§ 60
Abs. 3 Satz 2
Nr. 1
LBG NRW).
In Erfüllung dieses Regelungsauftrags des Gesetzes sieht § 2
Abs. 1 Satz 1 AZVO vor, dass die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit der Beamtinnen und Beamten durchschnittlich 41 Stunden beträgt, sofern in dieser Verordnung nichts anderes bestimmt oder zugelassen ist. Eine derartige andere Bestimmung ist § 2
Abs. 1 Satz 2 AZVO; danach verringert sich die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit mit Ablauf des Tages der Vollendung des 55. Lebensjahres auf 40 Stunden und des 60 Lebensjahres auf 39 Stunden. Eine weitere abweichende Regelung ergibt sich aus § 2
Abs. 1 Satz 3 AZVO für schwerbehinderte Beamtinnen und Beamte; deren regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 39 Stunden und 50 Minuten ab einem
GdB von mindestens 50 und 39 Stunden ab einem
GdB von mindestens 80.
Anhaltspunkte dafür, dass dieses abgestufte, die typischerweise geringere Leistungsfähigkeit sowohl älterer als auch schwerbehinderter Beamtinnen und Beamten berücksichtigende Regelungssystem mit der Zielsetzung der gesetzlichen Verordnungsermächtigung nicht zu vereinbaren oder aus sonstigen Gründen, etwa wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht, rechtswidrig ist, sind weder vom Kläger dargelegt noch sonst erkennbar.
Insbesondere liegt kein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (
AGG) vor. Gemäß
§ 1 AGG ist es Ziel dieses Gesetzes, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen. Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde (
§ 3 Abs. 1 Satz 1 AGG). Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich (§ 3
Abs. 2
AGG). Hiervon ausgehend scheidet ein Verstoß der oben wiedergegebenen Arbeitszeitregelungen des § 2
Abs. 1 AZVO gegen das Benachteiligungsverbot schon deshalb aus, weil schwerbehinderte Beamtinnen und Beamte durch diese Regelungen nicht benachteiligt werden. Die Wochenarbeitszeit des derzeit 58 Jahre alten Klägers von 39 Stunden und 50 Minuten liegt - wegen seiner Schwerbehinderung - unter der Wochenarbeitszeit, die für nicht schwerbehinderte Beamtinnen und Beamte gilt, die das 55. Lebensjahr vollendet haben. Der Kläger ist also wegen seiner Schwerbehinderung nicht benachteiligt, sondern im Gegenteil privilegiert. Eine Benachteiligung wird selbst dann nicht vorliegen, wenn der Kläger das 60. Lebensjahr vollendet haben wird; denn die dann altersbedingt eintretende weitere Reduzierung der Arbeitszeit auf 39 Stunden pro Woche wird ihm ebenso zugute kommen wie allen anderen Beamtinnen und Beamten, die das 60. Lebensjahr vollendet haben.
Tatsächlich geht es dem Kläger nicht um die Beseitigung einer an die Schwerbehinderteneigenschaft anknüpfenden Ungleichbehandlung bei der Wochenarbeitszeit. Vielmehr rügt er in der Sache, dass seine behinderungsbedingte Privilegierung gegenüber gleichaltrigen nichtbehinderten Kolleginnen und Kollegen mit Vollendung des 55. Lebensjahres durch die dann eintretende altersbedingte Privilegierung, von der alle Beamtinnen und Beamten in dem betreffenden Alter unabhängig von einer Schwerbehinderung profitieren, "aufgezehrt" wird. Mit diesem auf die Verletzung eines vermeintlichen "Abstandsgebots" zielenden Vorbringen verkennt der Kläger jedoch, dass dem Verordnungsgeber ein weitgespannter Gestaltungsspielraum eingeräumt ist, mit welchen Maßnahmen er schwerbehinderte Beamtinnen und Beamte vor beruflicher Überforderung schützt. Dass dieser Spielraum hier überschritten wäre, ist nicht ersichtlich. Es spricht schon nichts für die Annahme, dass der Beklagte überhaupt durch höherrangiges Recht verpflichtet war, die aufgrund einer Schwerbehinderung typischerweise gegebene Minderung der Leistungsfähigkeit in der Weise zu berücksichtigen, dass er die Wochenarbeitszeit, wie geschehen, auf weniger als 40 Stunden reduziert. Aus der vom Beklagten zur Gerichtsakte gereichten Übersicht ergibt sich, dass Nordrhein-Westfalen im Bund-Länder-Vergleich das einzige Bundesland ist, das der Situation schwerbehinderter Beamtinnen und Beamten ab einem
GdB von 50 in dieser Weise Rechnung trägt. Um so weniger lässt sich aus höherrangigem Recht eine Verpflichtung des Beklagten ableiten, die Wochenarbeitszeit schwerbehinderter Beamtinnen und Beamten ab einem bestimmten Alter noch weiter abzusenken, nur um Abstand zu konkurrierenden Privilegierungstatbeständen zu wahren. In Übereinstimmung mit der Zielsetzung der Verordnungsermächtigung des § 60
Abs. 3
LBG NRW bezwecken die Regelungen des § 2
Abs. 1 Satz 2 und 3 AZVO den pauschalen Ausgleich einer nicht zwingend, aber typischerweise gegebenen Einschränkung der Leistungsfähigkeit schwerbehinderter und älterer Beamtinnen und Beamten durch eine stufenweise Reduzierung der wöchentlichen Arbeitszeit. Ob die Minderung der Leistungsfähigkeit auf der Schwerbehinderung oder auf dem fortgeschrittenen Alter oder auf beidem beruht, ist ebenso unerheblich wie die Frage, ob sie im konkreten Fall überhaupt gegeben ist und wenn ja, in welchem Umfang. Maßgeblich ist allein die abstrakte Minderung der Leistungsfähigkeit, wobei schon deren bloße Möglichkeit genügt. Es liegt in der Konsequenz dieser generalisierenden, aus Gründen der Praktikabilität auf konkrete Feststellungen zu Art, Umfang und (anteiliger) Ursache der Leistungsminderung verzichtenden Betrachtungsweise, einen Beamten, der zugleich schwerbehindert und älter ist, arbeitszeitmäßig nur einmal, nicht doppelt zu privilegieren.
Aus den genannten Gründen muss auch dem Klageantrag zu 2. der Erfolg versagt bleiben. Für die begehrte Feststellung, dass die wöchentliche Arbeitszeit des Klägers 38 Stunden und 50 Minuten beträgt, fehlt nach obigen Ausführungen die rechtliche Grundlage.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 155
Abs. 2, 154
Abs. 1
VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167
Abs. 1 Satz 1
VwGO i.V.m. §§ 708
Nr. 11, 709 Satz 2, 711
ZPO.