Urteil
Altersteilzeit - Übergangsregelung zur Altersteilzeit - Schulorganisatorische Gründe

Gericht:

VGH München


Aktenzeichen:

3 ZB 11.1032 | 3 ZB 11/1032


Urteil vom:

28.11.2013


Tenor:

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.

III. Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 5.000 EUR festgesetzt.

Rechtsweg:

Es liegen keine Informationen zum Rechtsweg vor.

Quelle:

BAYERN.RECHT

Gründe:

Der auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Ernstliche Zweifel im Sinne dieser Vorschrift, die die Zulassung der Berufung rechtfertigen, sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird (z. B. BVerfG, B. v. 20.12.2010 - 1 BvR 2011/10 - NVwZ 2011, 546/547) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (vgl. BVerwG, B. v. 10.3.2010 - 7 AV 4/03 - DVBl 2004, 838/839). Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Ersturteils, mit dem eine erneute Verbescheidung des Antrags vom 20. November 2009 in der Fassung vom 25. Mai 2010 unter Rechtsauffassung des Gerichts abgewiesen wurde, bestehen nicht. Dem Kläger steht kein Anspruch auf Bewilligung von Altersteilzeit im Blockmodell vom 1. August 2010 bis 31. Dezember 2014 in Anwendung der bis zum 31. Dezember 2009 gültigen Rechtslage des Art. 91 BayBG zu. Ein solcher Anspruch ergibt sich auch nicht unter Berücksichtigung der Übergangsregelung des Art. 142a Satz 3 BayBG.

Die vorgebrachten Zulassungsgründe rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung:

1. Das personalvertretungsrechtliche Mitbestimmungsverfahren wurde durchgeführt. Der zuständige Bezirkspersonalrat stimmte der beabsichtigten Ablehnung der Altersteilzeit unter dem 24. Juli 2010 (Art. 75 Abs. 1 Nr. 12 in Verbindung mit Art. 80 Abs. 2 Satz 1 BayPVG), die Bezirksschwerbehindertenvertretung am 27. Juli 2010 (§ 97 Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 SGB IX) zu. Ob der Bezirkspersonalrat dem örtlichen Personalrat bzw. der örtlichen Schwerbehindertenvertretung entsprechend Art. 80 Abs. 2 Satz 2 BayPVG Gelegenheit zur Äußerung geben hätte müssen, kann dahingestellt bleiben. Die Gültigkeit des trotzdem gefassten Beschlusses wird dadurch nicht berührt, weil es sich nur um eine sanktionslose Ordnungsvorschrift handelt (vgl. OVG Lüneburg, B. v. 4.5.2010 - 5 ME 54/10 - juris Rn. 13 - zur gleichlautenden Vorschrift des § 79 Abs. 4 Satz 1 NPERSVG; Ballerstedt/Schleicher/Faber, Bayerisches Personalvertretungsgesetz, Stand: Oktober 2013, Art. 80 An. 29 mit weiteren Nachweisen).

2. Ein Verstoß gegen die Bestimmungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes sowie eine Verletzung der Fürsorgepflicht liegen ebenfalls nicht vor.

Das Verwaltungsgericht hat ausgeführt, dass "einem möglichen - aber nicht gestellten - Antrag auf Gewährung von Altersteilzeit ab dem 1. August 2009 nicht entgegengestanden hätte, dass dem Kläger erst mit Abhilfebescheid vom 3. August 2009 die Schwerbehinderteneigenschaft zugesprochen wurde" (vgl. Bl. 19 des UA). Ergänzend wird ausgeführt, dass es dem Kläger möglich und zumutbar gewesen wäre, seinen Dienstherrn über eine evtl. bestehende Absicht, Altersteilzeit im Blockmodell nach alter Rechtslage ab 1. August 2009 beanspruchen zu wollen, frühzeitig in Kenntnis zu setzen.

Hieraus lässt sich mit dem Kläger nicht folgern, dass er in Folge eines "Erst-Recht-Schlusses" die Möglichkeit haben müsse, mit dem streitgegenständlichen Antrag nach der Altregelung in die Altersteilzeit zu gehen.

a. Das Verwaltungsgericht hatte lediglich darauf hingewiesen, dass der Kläger einen Antrag nach altem Recht hätte stellen können (vgl. insoweit auch die Fürsorgerichtlinien vom 3.12.2005 - FMBl 2005, 193: Nach Ziff. II. 2.2 der Fürsorgerichtlinien sollen Beschäftigte frühzeitig die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft beim Zentrum für Familie und Soziales beantragen und die Dienststelle hiervon schriftlich unterrichten. Bis zur Entscheidung über den Antrag sollen sie, soweit rechtlich möglich und sachlich zweckmäßig, unter Vorbehalt als schwerbehinderte Beschäftigte behandelt werden). Von dieser Möglichkeit hat der bereits im Verwaltungsverfahren anwaltlich vertretene Kläger jedoch keinen Gebrauch gemacht. Seine Absicht war von Anfang an, erst ab dem 1. August 2010 mit der Altersteilzeit im Blockmodell zu beginnen. Die Voraussetzungen für die Gewährung der Altersteilzeit richteten sich deshalb nach Art. 91 BayBG in der am 1. Januar 2010 in Kraft getretenen Fassung, da auf die Rechtslage zum Zeitpunkt des Beginns der begehrten Altersteilzeit abzustellen ist (vgl. BVerwG, U. v. 29.4.2004 - 2 C 21.03 - BVerwGE 120, 382).

b. Der "Erst-Recht-Schluss" des Klägers überzeugt nicht. Der Kläger meint, wenn er einen Antrag rückwirkend zum 1. August 2009 hätte stellen können, müsse dies erst recht für den Fall gelten, dass er gesetzeskonform einen Antrag in die Zukunft stellt und damit im Ergebnis Kosten einspart. Damit kann er keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils darlegen. Zum einen hat das Verwaltungsgericht die Möglichkeit eines rückwirkenden Antrags nicht für zulässig erachtet (auch die Fürsorgerichtlinien sehen diese Möglichkeit nicht vor), zum anderen lässt sich die Meinung des Klägers nicht mit der Gesetzesgebundenheit der Verwaltung nach Art. 20 Abs. 3 GG vereinbaren. Mit seinem Antrag auf Bewilligung von Altersteilzeit im Blockmodell ab dem 1. August 2010 hat er sich der für ihn ungünstigeren Rechtslage unterworfen.

c. Es liegt kein Verstoß gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vor. Nach § 24 AGG gelten die Regelungen des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes auch für Beamtinnen und Beamte, wenn auch unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung. Nach § 3 Abs. 1 und 2 AGG liegt eine unmittelbare oder mittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes - hier: der einer Behinderung - eine weniger günstige Behandlung, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Der Kläger wird nicht wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt. Der Kläger hat seine Rechte auf das Blockmodell als Schwerbehinderter nach altem Recht nicht in Anspruch genommen. Dass der Kläger von der günstigeren Regelung nicht profitieren konnte, steht nicht im Zusammenhang mit seiner Schwerbehinderung, sondern mit seiner freiwilligen Entscheidung, erst ab dem 1. August 2010 in die Altersteilzeit zu treten.

3. Schließlich kann sich der Kläger auch nicht auf die Übergangsvorschrift des Art. 142a Satz 3, 2. Alt. BayBG berufen. Er war nicht aus schulorganisatorischen Gründen gehindert, Altersteilzeit vor dem 1. August 2010 anzutreten. Der Kläger hätte - wie bereits ausgeführt - zu Beginn des Schuljahres 2009/2010 die Altersteilzeit antreten können.

Die Übergangsregelung des Art. 142a BayBG hat ihre Ursache in der Änderung der Altersteilzeit, wonach der Arbeitszeitumfang ab 1. Januar 2010 auf 60 v. H. angehoben wurde. Nach Art. 142a Satz 3 BayBG gilt für Lehrkräfte, die die gesetzlichen Voraussetzungen des Art. 91 BayBG in der am 31. Dezember 2009 geltenden Fassung erfüllt haben, die aber aus schulorganisatorischen Gründen Altersteilzeit nicht vor dem 1. August 2010 antreten können, hinsichtlich des Arbeitszeitumfangs Art. 91 Abs. 1 Satz 1 in der bis zum 31. Dezember 2009 geltenden Fassung.

Die Übergangsvorschrift greift im Falle des Klägers nicht. Ihre Anwendung setzt voraus, dass ein Antrag auf Altersteilzeit ab dem 1. August 2009 unter Hinweis auf entgegenstehende schulorganisatorische Gründe abgelehnt und die betreffende Lehrkraft auf Altersteilzeit ab dem 1. August 2010 verwiesen worden ist. Der Kläger hat keinen entsprechenden Antrag gestellt, sondern stets darauf hingewiesen, dass er sich am Beginn bzw. Ende des Schuljahres orientiere und deshalb den 1. August 2010 gewählt habe. Letztlich könnte die Wahl des Zeitpunktes damit zusammenhängen, dass der Kläger seinen Schwerbehindertenausweis erst zu Beginn des Schuljahres 2009/2010 erhielt. Das rechtfertigt aber nicht die Annahme schulorganisatorischer Gründe. Der Kläger hat es schlicht versäumt, den Beklagten im Vorfeld auf sein Verfahren auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft hinzuweisen und mit einer frühzeitigen Antragstellung von der günstigeren Altersteilzeitregelung des Art. 91 BayBG in der Fassung bis zum 31. Dezember 2009 zu profitieren. Da er diese Möglichkeit - aus welchen Gründen auch immer - versäumt hat, ist er nicht in die Übergangsregelung mit einzubeziehen.

Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 2 GKG.

Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).

Referenznummer:

R/R7147


Informationsstand: 05.04.2017