Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 22. September 2011 wird aufgehoben. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 24. Februar 2011 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungs- und des Revisionsverfahrens.
I.
Der Kläger begehrt die Auswechselung des Grundes für seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand.
Der am 1. Mai 1947 geborene Kläger beantragte im Februar 2002 die Gewährung von Altersteilzeit im Blockmodell. Die Freistellungsphase sollte mit Vollendung des 63. Lebensjahres enden. Ergänzend teilte er mit, er habe einen Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft gestellt, über den noch nicht abschließend entschieden sei. Der Beklagte bewilligte die Altersteilzeit antragsgemäß.
Im Jahr 2004 wurde beim Kläger ein Grad der Behinderung von 40 festgestellt. Aufgrund einer Verschlechterung seiner Gesundheit beantragte er im Jahr 2008 erneut die Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft und erhob im Jahre 2009 eine entsprechende Klage beim Sozialgericht.
Im März 2010 bat der Beklagte den Kläger, den Nachweis der Schwerbehinderung bis spätestens Ende April 2010 vorzulegen; andernfalls werde er antragsgemäß aufgrund des Erreichens der Antragsaltersgrenze in den Ruhestand versetzt. Der Kläger verwies auf das noch laufende sozialgerichtliche Verfahren.
Da der Kläger deren Nachweis nicht vorlegte, versetzte ihn der Beklagte mit Bescheid vom 30. April 2010 mit Ablauf dieses Tages wegen Erreichens der Antragsaltersgrenze in den Ruhestand. Die Versorgungsbezüge des Klägers wurden um den gesetzlich vorgesehenen Versorgungsabschlag in Höhe von 7,2 % gekürzt.
Widerspruch und Klage gegen die Zurruhesetzungsverfügung, die sich nicht gegen die Zurruhesetzung als solche, sondern wegen der damit verbundenen Abzüge bei den Versorgungsbezügen ausschließlich gegen den Grund für die Zurruhesetzung richtete, blieben erfolglos.
Während des Berufungsverfahrens stellte die hierfür zuständige Behörde rückwirkend ab Dezember 2009 beim Kläger einen Grad der Behinderung von 50 fest.
Auf die Berufung des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht den Beklagten verpflichtet, den Kläger mit Ablauf des 30. April 2010 wegen seiner Schwerbehinderung in den Ruhestand zu versetzen. Das Oberverwaltungsgericht hat darauf abgestellt, der für den Grund der Zurruhesetzung maßgebliche Antrag des Klägers sei auf eine Zurruhesetzung vorrangig wegen Schwerbehinderung und nur hilfsweise wegen Erreichens des 63. Lebensjahres gerichtet gewesen. Die Zurruhesetzung wegen Schwerbehinderung setze nicht die förmliche Feststellung, sondern lediglich das Vorliegen einer Schwerbehinderung voraus. Vor Eintritt der Bestandskraft der Zurruhesetzungsverfügung sei eine nachträgliche, aber rückwirkende Feststellung der Schwerbehinderung ebenso zu berücksichtigen wie eine bereits bei Ruhestandseintritt vorliegende Feststellung.
Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Revision.
Er beantragt,
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 22. September 2011 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 24. Februar 2011 zurückzuweisen.
Der Kläger verteidigt das angegriffene Urteil und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision des Beklagten ist begründet. Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt revisibles Landesbeamtenrecht (§ 191
Abs. 2
VwGO, § 127
Nr. 2 BRRG, § 63
Abs. 3 Satz 2 BeamtStG) und erweist sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144
Abs. 4
VwGO).
§ 59 des rheinland-pfälzischen Landesbeamtengesetzes -
LBG RP - vom 14. Juli 1970 (GVBl
S. 241) in der Fassung vom 7. Juli 2009 (GVBl
S. 279) als im Zeitpunkt der Versetzung des Klägers in den Ruhestand mit Ablauf des 30. April 2010 geltendes und damit maßgebliches Recht regelt die Versetzung in den Ruhestand vor Erreichen der allgemeinen gesetzlichen Altersgrenze. Danach konnte ein Beamter auf seinen Antrag auch ohne den Nachweis der Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden, wenn er entweder das 63. Lebensjahr vollendet hatte (§ 59
Nr. 1
LBG RP) oder schwerbehindert im Sinne des
§ 2 Abs. 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IX) war und das 60. Lebensjahr vollendet hatte (§ 59
Nr. 2
LBG RP).
Das Oberverwaltungsgericht ist zwar rechtsfehlerfrei von einem Antrag des Klägers ausgegangen, als Schwerbehinderter in den Ruhestand versetzt zu werden (1.). Allerdings verletzt es § 59
Nr. 2
LBG RP
i.V.m. § 69 Abs. 1 und 5 SGB IX sowie § 62
Abs. 1 Satz 3
LBG RP, dass das Oberverwaltungsgericht angenommen hat, eine Versetzung in den Ruhestand wegen Schwerbehinderung setze nicht die förmliche Feststellung, sondern lediglich das Vorliegen einer Schwerbehinderung voraus (2.) und der in der Zurruhesetzungsverfügung festgesetzte Grund für die Zurruhesetzung könne auch nach dem Beginn des Ruhestands noch ausgewechselt werden (3.).
Der Kläger hat das erforderliche Rechtsschutzinteresse für seine Klage. Bei einer Versetzung in den Ruhestand nach § 59
Nr. 2
LBG RP statt nach § 59
Nr. 1
LBG RP müsste er keinen Versorgungsabschlag hinnehmen. Das ergibt sich aus § 14
Abs. 3
Nr. 1 BeamtVG in der am 31. August 2006 geltenden Fassung vom 20. Dezember 2001 (BGBl I
S. 3926), der bei Beginn des Ruhestands des Klägers nach
Art. 125a
Abs. 1 Satz 1
GG, § 108
Abs. 1 BeamtVG fortgalt. Danach konnten Schwerbehinderte ab Vollendung des 63. Lebensjahres ohne Versorgungsabschläge vorzeitig in den Ruhestand gehen.
1. Das Oberverwaltungsgericht hat festgestellt, dass der Antrag des Klägers auf Zurruhesetzung gerichtet war, vorrangig wegen Schwerbehinderung, hilfsweise wegen Erreichens der Antragsaltersgrenze. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
Die Ermittlung des Inhalts einer Erklärung im Wege der Auslegung ist revisionsrechtlich Tatsachenfeststellung im Sinne von § 137
Abs. 2
VwGO. Daher ist das Bundesverwaltungsgericht an den vom Tatsachengericht festgestellten Erklärungsinhalt gebunden, wenn dieses Gericht sein Ergebnis rechtsfehlerfrei begründet hat. Die Bindung tritt nicht ein, wenn die Auslegung auf einer unvollständigen Würdigung der festgestellten Tatsachen, einem Rechtsirrtum, einem Verstoß gegen eine Auslegungsregel oder einem Verstoß gegen einen allgemeinen Erfahrungssatz oder ein Denkgesetz beruht. Nur in diesen Fällen kann das Bundesverwaltungsgericht die Erklärung selbst auslegen (stRspr; zuletzt Urteil vom 30. Oktober 2013 -
BVerwG 2 C 23.12 - ZBR 2014, 126 Rn. 14).
Das Oberverwaltungsgericht hat ausgeführt, der um den Hinweis auf ein laufendes Verfahren auf Anerkennung als Schwerbehinderter ergänzte Antrag des Klägers aus dem Jahre 2002, mit Vollendung des 63. Lebensjahres in den Ruhestand versetzt zu werden, könne nur so verstanden werden, dass der Kläger zu diesem Zeitpunkt auf jeden Fall in den Ruhestand treten wollte, allerdings zur Vermeidung eines Versorgungsabschlags möglichst wegen Schwerbehinderung nach § 59
Nr. 2
LBG RP und hilfsweise wegen Erreichens der Antragsaltersgrenze nach § 59
Nr. 1
LBG RP. Diese Auslegung verstößt nicht gegen einen allgemeinen Auslegungsgrundsatz (
vgl. § 133
BGB), sodass sie das Revisionsgericht seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen hat.
2. Allerdings verletzt die Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dass es im Rahmen des § 59
Nr. 2
LBG RP nicht auf die förmliche Feststellung der Schwerbehinderung ankomme, sondern ihr tatsächliches Vorliegen genüge, § 59
Nr. 2
LBG RP
i.V.m. § 69
Abs. 1 und 5
SGB IX als revisibles Recht.
Zwar verlangt § 59
Nr. 2
LBG RP nicht ausdrücklich die Feststellung der Schwerbehinderung. Die Norm nimmt Bezug auf die Schwerbehinderung im Sinne des § 2
Abs. 2
SGB IX. Damit wird aber nicht nur der materiell-rechtliche Bedeutungsgehalt der nach § 59
Nr. 2
LBG RP erforderlichen Schwerbehinderung geklärt, sondern zugleich auch die Zuständigkeit zur Feststellung der Schwerbehinderung nach dem Sozialgesetzbuch IX in Bezug genommen. Auf Antrag des behinderten Menschen stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den Grad der Behinderung fest (§ 69
Abs. 1
SGB IX) und stellen einen Ausweis hierüber aus, der dem Nachweis für die Inanspruchnahme von Leistungen und sonstigen Hilfen dient, die schwerbehinderten Menschen nach Teil 2 des Sozialgesetzbuch IX oder nach anderen Vorschriften zustehen (§ 69
Abs. 5
SGB IX). Dies zeigt, dass nur die mit dem Vollzug des Sozialgesetzbuches IX beauftragten Behörden für die Feststellung der Schwerbehinderung zuständig sein sollen. Andere Behörden können und dürfen keine eigenständige Prüfung einer Schwerbehinderteneigenschaft vornehmen, sondern sind an das - positive oder negative - Ergebnis der Prüfung dieser Behörde gebunden. Ohne eine von der zuständigen Behörde ausgesprochene Feststellung einer Schwerbehinderung dürfen sie keine Schwerbehinderung annehmen. Eine eigenständige Prüfung der Schwerbehinderteneigenschaft eines Beamten durch den Dienstherrn im Rahmen des § 59
Nr. 2
LBG RP ist damit ausgeschlossen.
Die in dieser Gesetzeslage zum Ausdruck kommende Feststellungswirkung und Zuständigkeitskonzentration entspricht der ständigen Rechtsprechung von Bundessozialgericht und Bundesverwaltungsgericht (
BSG, Urteil vom 6. Oktober 1981 -
9 RVs 3/81 - BSGE 52, 168 Rn. 26
ff.;
BVerwG, Urteil vom 27. Februar 1992 -
BVerwG 5 C 48.88 - BVerwGE 90, 65 (69 f.);
vgl. auch Urteile vom 17. Dezember 1982 -
BVerwG 7 C 11.81 - BVerwGE 66, 315 (316
ff.) und vom 11. Juli 1985 -
BVerwG 7 C 44.83 - BVerwGE 72, 8 (9
ff.)).
Damit darf eine Versetzung in den Ruhestand als Schwerbehinderter nach § 59
Nr. 2
LBG RP nur vorgenommen werden, wenn die zuständige Behörde im Zeitpunkt des vom Beamten beantragten Ruhestandsbeginns einen entsprechenden Feststellungsbescheid erlassen hat. Ist das nicht der Fall, ist nur die Versetzung des Beamten in den Ruhestand nach § 59
Nr. 1
LBG RP (Antragsaltersgrenze) möglich. Es kommt hierbei nicht darauf an, ob das Verfahren auf Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft noch in der Schwebe oder negativ abgeschlossen ist.
Hieran ändert auch nichts, dass die Feststellung der Schwerbehinderung lediglich deklaratorisch wirkt (
BSG, Urteile vom 30. April 1979 -
8b RK 1/78 - BSGE 48, 167 Rn. 15 und vom 22. September 1988 -
12 RK 44/87 - SozR 2200 § 176c
Nr. 9 Rn. 12). Die Konzentration der Zuständigkeit für diese Feststellung bei den Versorgungsbehörden ist unabhängig davon, ob die Feststellung konstitutiv oder deklaratorisch wirkt; auch ein feststellender Verwaltungsakt kann Bindungswirkung haben (Urteil vom 11. Juli 1985 -
BVerwG 7 C 44.83 - BVerwGE 72, 8 (9 f.)). Dem Umstand, dass die Feststellung der Schwerbehinderung nur deklaratorische Bedeutung und zugleich Bindungswirkung hat, wird dadurch Rechnung getragen, dass die Feststellung auch rückwirkend erfolgen kann. Sie bedeutet aber nicht, dass auch andere Behörden zur eigenständigen Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft berechtigt und verpflichtet wären.
3. Auch eine - hinter den Zeitpunkt des Ruhestandseintritts des Beamten zurückreichende - rückwirkende Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft ermöglicht keine Auswechselung des Grundes für die Zurruhesetzung.
Nach § 62
Abs. 1 Satz 3
LBG RP kann die Zurruhesetzungsverfügung - nur - bis zum Beginn des Ruhestandes zurückgenommen werden. Diese Bestimmung, die sich auch in den Beamtengesetzen anderer Länder und des Bundes findet, dient nicht nur dem Vertrauensschutz des in den Ruhestand versetzten Beamten, sondern auch dem allgemeinen Interesse der Rechtsbeständigkeit der Statusentscheidung und der Rechtsklarheit. Damit erweist sie sich als das Gegenstück der Ämterstabilität, die aus ähnlichen Gründen den Widerruf und die Rücknahme der Ernennung von den allgemeinen Vorschriften ausnimmt und an spezielle, im Beamtengesetz selbst geregelte Voraussetzungen knüpft (Urteil vom 25. Oktober 2007 -
BVerwG 2 C 22.06 - Buchholz 232 § 47 BBG
Nr. 3 Rn. 13 f.).
Die Versetzung in den Ruhestand ist - wie die Ernennung des Beamten - ein statusverändernder Verwaltungsakt. Sie ist nach dem Ruhestandsbeginn nicht mehr korrigierbar; die abschließenden Regelungen des Beamtenrechts stehen einem Rückgriff auf die Vorschriften des allgemeinen Verwaltungsverfahrensrechts über den Widerruf und die Rücknahme von Verwaltungsakten und ein Wiederaufgreifen des Verfahrens (§§ 48, 49, 51 VwVfG) entgegen. Das erfasst auch den Grund für die Zurruhesetzung. Eine Aufspaltung in die Zurruhesetzung "als solche" einerseits und den Grund für die Zurruhesetzung andererseits ist nicht möglich (Urteil vom 25. Oktober 2007 a.a.O. Rn. 9; Lemhöfer, in: Plog/Wiedow, BBG, § 47 a.F. Rn 7.0). Dementsprechend muss der Grund für die Zurruhesetzung bei Erlass der Zurruhesetzungsverfügung feststehen; er darf nicht offen oder in der Schwebe bleiben.
Kommt die Versetzung in den Ruhestand aus mehreren gesetzlichen Gründen in Betracht, so ist eine nachträgliche Änderung des Inhalts der Verfügung dahingehend, dass die Zurruhesetzung auf einen anderen der gesetzlichen Gründe gestützt wird, nicht möglich (Lemhöfer, in: Plog/Wiedow, BBG, § 47 a.F. Rn. 8). Das schließt gleichermaßen Änderungen zugunsten wie zu Lasten des Beamten aus. Anderenfalls wäre auch eine Änderung zu Lasten des Beamten etwa bei nachträglichem Wegfall der Schwerbehinderteneigenschaft möglich,
z.B. bei einer Krebserkrankung nach Entfallen des Rezidivrisikos.
Somit sind inhaltliche Änderungen - auch bezüglich des Grundes der Zurruhesetzungsverfügung - ab Beginn des Ruhestandes ausgeschlossen. Der Beamte hat deshalb bei von der zuständigen Behörde noch nicht festgestellter Schwerbehinderung vor dem von ihm ins Auge gefassten Ruhestandstermin nur die Wahl, entweder "pünktlich" wegen Erreichens der Antragsaltersgrenze in den Ruhestand zu treten oder aber zunächst im aktiven Dienst zu bleiben und erst später nach erfolgter Feststellung der Schwerbehinderung wegen der Schwerbehinderung - oder im Fall, dass der Antrag auf Feststellung der Schwerbehinderung erfolglos bleibt, wegen Erreichens der Antragsaltersgrenze - in den Ruhestand zu treten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154
Abs. 1
VwGO.