Die Beschwerde des Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 01.06.2010 - 13 BVGa 31/10 wird zurückgewiesen.
Mit seinen Anträgen im vorliegenden einstweiligen Verfügungsverfahren begehrt der Antragsteller, dem Antragsgegner aufzugeben, ihm zur Ausübung seines Amtes als Vertrauensmann der Schwerbehinderten, den Zutritt zum Betrieb zu gestatten, Zugang zum Dienstcomputer zu gewähren und ein Diensthandy zur Verfügung zu stellen.
Der Antragsteller ist am 11.04.1968 geboren, verheiratet und Vater von zwei Kindern. Er ist bei dem Antragsgegner seit dem 01.04.1998 als Gärtner beschäftigt. Hier war er zunächst in Brauweiler und seit 2006 im rheinischen Freilichtmuseum in Mechernich Kommern tätig. Er hat eine anerkannte Schwerbehinderung von 70
GdB.
Seit dem 05.03.2004 ist der Antragsteller die für das Dezernat 9 - Kultur und Umwelt - gewählte Vertrauensperson für schwerbehinderte Menschen. Erster Stellvertreter ist Herr H, zweiter Stellvertreter ist Herr P.
Aufgrund von Informationen, die der Antragsgegner und der Staatsanwaltschaft anlässlich eines anderweitigen Ermittlungsverfahrens gegen andere Personen erhielt, wirft der Antragsgegner dem Antragsteller vor, er habe heimlich vertrauliche Gespräche mittels eines Tonaufnahmegeräts aufgezeichnet. Hierbei habe es sich um Personalgespräche gehandelt, die die Versetzung des Antragstellers zum Gegenstand gehabt hätten. Ferner habe er Kenntnis von heimlichen Aufzeichnungen dienstlicher Gespräche durch einen Kollegen gehabt und dies weder den betroffenen Personen noch den Vorgesetzten mitgeteilt. Der Antragsgegner wirft dem Antragsteller strafbares Verhalten vor, zumindest bestehe der dringende Verdacht eines strafbaren Verhaltens.
Aufgrund dieses Vorwurfs hat der Antragsgegner nach Zustimmung des Integrationsamtes, das beim Antragsgegner angesiedelt ist, sowie nach Zustimmung des Personalrats mit Schreiben vom 19.04.2010 die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses erklärt.
Die gegen diese außerordentliche Kündigung erhobene Kündigungsschutzklage hat das Arbeitsgericht Bonn durch Urteil vom 30.06.2010 (Az.: 2 Ca 957/10
EU) abgewiesen; dass diesbezügliche Berufungsverfahren ist vor dem Landesarbeitsgericht anhängig.
Der Antragsteller vertritt die Ansicht, die ausgesprochene Kündigung sei rechtsunwirksam. Insbesondere fehle es an der notwendigen Zustimmung der Schwerbehindertenvertretung zur Kündigung. Auch sei die Zustimmung des Integrationsamtes zur Kündigung zu beanstanden, da der Antragsgegner aufgrund des Umstandes, dass er selbst die Funktion des Integrationsamtes ausübe, sich selbst die Zustimmung zur Kündigung des Antragstellers erteilt habe.
Mit dem vorliegenden Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung, bei Gericht eingegangen am 29.04.2010, begehrt der Antragsteller den Zutritt zum Betrieb in seiner Eigenschaft als Vertrauensperson der Schwerbehinderten, die Duldung entsprechender Betriebsbegehungen, den Zugang zu Dienstcomputer und Computersystem sowie die zur Verfügungsstellung eines Diensthandys.
Erstinstanzlich hat der Antragsteller hierzu vorgebracht, zur Wahrnehmung seines Amtes müsse ihm ungeachtet des Ausspruchs der Kündigung Zutritt zum Betrieb gewährt und die dafür erforderliche Ausrüstung zur Verfügung gestellt werden. Andernfalls sei die ordentliche Wahrnehmung der Interessen der Schwerbehinderten durch die Stellvertreter des Antragstellers nicht gewährleistet. Der erste Stellvertreter sei erkrankt, der zweite Stellvertreter häufig abwesend.
Durch Beschluss vom 01.06.2010 hat das Arbeitsgericht die Anträge des Antragstellers zurückgewiesen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht darauf abgestellt, das Amt des Antragstellers als Vertrauensperson der Schwerbehinderten habe mit dem Ausspruch der außerordentlichen Kündigung sein Ende gefunden. Gründe, die zu einer offensichtlichen Unwirksamkeit der Kündigung führen könnten, lägen nicht vor, sodass kein Verfügungsanspruch gegeben sei. Auch mangele es an einem Verfügungsgrund, wobei auch zu berücksichtigen sei, dass die Kündigungsvorwürfe vom Antragsteller im Kern inhaltlich eingeräumt würden und die Rechte der Schwerbehinderten im Betrieb des Antragsgegners durch einen Stellvertreter des Antragstellers wahrgenommen werden könnten.
Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller fristgerecht Beschwerde einlegen begründen lassen.
Zur Begründung bringt der Antragsteller vor, die ausgesprochene Kündigung sei aus mehreren unabhängig voneinander bestehenden Gründen offensichtlich rechtsunwirksam. Dies ergebe sich bereits daraus, dass der Antragsgegner nicht klargestellt habe, welche Art der Kündigung er zugrunde lege, insbesondere ob eine Tatkündigung oder eine Verdachtskündigung gewollt gewesen sei. Zudem sei die Kündigung verfristet, denn der Antragsgegner habe bereits am 18.03.2010 Kenntnis von den Tonbandaufnahmen gehabt. Ferner sei die Beteiligung des Integrationsamtes rechtlich zu beanstanden. Denn das Integrationsamt sei dem Antragsgegner untergeordnet und in die Organisation des Antragsgegners integriert, sodass der Antragsgegner als Arbeitgeber nicht gleichzeitig über die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung nach
§ 91 SGB IX entscheiden könne. Bei der Zustimmungsentscheidung hätte berücksichtigt werden müssen, dass die dem Antragsteller vorgeworfenen Verstöße im Zusammenhang mit seiner Behinderung stünden.
Auch ein Verfügungsgrund liege vor. Denn Herr P als dritter stellvertretende Vertrauensmann sei offenkundig schon aus zeitlichen Gründen nicht in der Lage, die umfangreiche Tätigkeit als Vertrauensperson und damit die Interessen der Schwerbehinderten im Dezernat 9 wahrzunehmen. Zudem werde der Antragsteller regelmäßig von schwerbehinderten Menschen aus dem Dezernat 9 privat Zuhause angerufen, die sich mit Fragen und Anregungen betreffend die Tätigkeit als Vertrauensperson an ihn wenden würden.
Der Antragsteller beantragt,
unter Abänderung des Beschlusses des Arbeitsgerichts Köln vom 01.06.2010 - 13 BVGA 31/10 - dem Antragsgegner aufzugeben, Betriebsbegehungen zu dulden, die von Herrn K in seiner Eigenschaft als Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung allein und ohne von der Antragsgegnerin beigestellte Begleitpersonen dazu durchgeführt werden, um von der Belegschaft für die Schwerbehindertentätigkeit erforderliche Informationen zu erhalten.
dem Antragsgegner aufzugeben, dem Antragsteller für die Wahrnehmung der Tätigkeiten als Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung Zutritt zum Betrieb zu gewähren.
dem Antragsgegner aufzugeben, dem Antragsteller zur Wahrnehmung seiner Tätigkeiten als Vertrauensperson der der Schwerbehindertenvertretung des Dezernates 9 des Landschaftsverbandes Rheinland Zugang zu dem Dienstcomputer zu gewähren.
dem Antragsgegner aufzugeben, die von ihm vorgenommene Sperrung zum
LVR-Computersystem aufzuheben und dem Antragsteller in seiner Eigenschaft als Vertrauensperson der Schwerbehindertenvertretung insoweit die Computernutzung zu gestatten.
dem Antragsgegner aufzugeben, dass dem Antragsteller zur Ausübung seines Amtes überlassene Diensthandy zur Verfügung zu stellen.
Der Antragsgegner beantragt,
die Beschwerde des Antragstellers zurückzuweisen.
Der Antragsgegner verteidigt die erstinstanzliche Entscheidung. Das Amt des Schwerbehindertenvertrauensmannes sei durch die außerordentliche Kündigung beendet worden. Diese sei auch nicht offenkundig unwirksam. Ferner liege kein Verfügungsgrund vor, da der Stellvertreter Herr P für die Aufgaben als Vertrauensperson der Schwerbehinderten in jeder Weise geeignet sei. Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Die zulässige, insbesondere statthafte und form- und fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde hatte in der Sache keinen Erfolg. Zu Recht und mit zutreffenden Gründen hat das Arbeitsgericht den Erlass einer einstweiligen Verfügung abgelehnt. Auf die diesbezüglichen Ausführungen des Arbeitsgerichts wird in vollem Umfang Bezug genommen. Die seit der erstinstanzlichen Entscheidung des Arbeitsgerichts hinzugekommenen Umstände unterstreichen die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung.
Ein Verfügungsanspruch ist nicht gegeben.
Die Amtstätigkeit der Vertrauensperson der Schwerbehinderten endet grundsätzlich mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses. Der Schutz der Vertrauensperson der Schwerbehinderten ist gemäß
§ 96 Abs. 3 SGB IX parallel zum Status des Betriebsrates geschützt. Bei Betriebsratsmitgliedern ist grundsätzlich anerkannt, dass sie nach einer außerordentlichen Kündigung nicht in der Lage sind, ihr Amt auszuüben. Zumindest ist von einer zeitweiligen Verhinderung im Sinne des
§ 25 Abs. 1 S. 2 BetrVG auszugehen. Das gewählte Ersatzmitglied tritt insoweit an die Stelle des Gekündigten (s. Fitting
u. a., Kommentar zum Betriebsverfassungsgesetz 24. Auflage,
§ 24 BetrVG Randziffer 16 f. mit umfangreichen Nachweisen aus Rechtsprechung und Literatur; Buschmann in: Däubler/Kittner/Klebe, Betriebsverfassungsgesetz § 24 Rn. 12 ff).
Lediglich dann, wenn die ausgesprochene Kündigung offensichtlich rechtsunwirksam ist, etwa dann, wenn die Kündigung ohne Zustimmung der Personalvertretung oder ohne eine ersetzende arbeitsgerichtliche Entscheidung nach
§ 103 Abs. 2 BetrVG ausgesprochen worden ist, kann eine einstweilige Verfügung zur Sicherung der Amtstätigkeit in Betracht kommen (s. Fitting
a. a. O. § 24
BetrVG Randziffer 17 mit weiteren Nachweisen; Buschmann in: Däubler/Kittner/Klebe, Betriebsverfassungsgesetz § 24 Rn. 15).
Im vorliegenden Fall kann von einer offensichtlichen Unwirksamkeit der ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung nicht ausgegangen werden. Dies gilt schon deshalb, weil nach Verkündung der angegriffenen erstinstanzlichen Entscheidung im einstweiligen Verfügungsverfahren am 30.06.2010 das klageabweisende erstinstanzliche Urteil - 2 Ca 957/10 - im Hauptsacheverfahren verkündet worden ist. Mit diesem den Beteiligten bekannten Urteil, auf das verwiesen wird, hat das Arbeitsgericht die Kündigungsschutzklage des Klägers abgewiesen (2 Ca 957/10). Dabei hat das Arbeitsgericht im Hauptsacheverfahren alle vom Kläger geltend gemachten Unwirksamkeitsgründe geprüft und ist zu dem Ergebnis gelangt, dass die ausgesprochene Kündigung als rechtswirksam anzusehen ist.
Selbst wenn man, wie die Antragstellerseite, hinsichtlich verschiedener Unwirksamkeitsgründe anderer Auffassung sein mag, ist doch festzuhalten, dass das Arbeitsgericht mit in jeder Hinsicht vertretbarer und nachvollziehbarer Argumentation die ausgesprochene fristlose Kündigung für rechtswirksam erachtet hat. Vor diesem Hintergrund kann jedenfalls nicht mehr davon gesprochen werden, dass die ausgesprochene Kündigung offensichtlich für rechtsunwirksam sein könnte.
Auch ein Verfügungsgrund liegt nicht vor. Zusätzlich zu den bereits vom Arbeitsgericht zutreffend angeführten Gründen ist im Laufe des Beschwerdeverfahrens hinzugekommen, dass der erste Stellvertreter des Antragstellers als Vertrauensperson der Schwerbehinderten, Herr H, wieder genesen ist und seinen Dienst wieder aufgenommen hat. Aus den in der mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht am 06.09.2010 überreichten und mit den Beteiligten erörterten Unterlagen ist zudem ersichtlich, dass Herr H die zur Ausübung seines Amtes als Vertrauensperson der Schwerbehinderten erforderliche Ausrüstung gefordert und erhalten hat. Die Funktion der Amtstätigkeit der Vertrauensperson der Schwerbehinderten im Dezernat 9 ist daher gesichert. Nicht zu ersetzende Nachteile dadurch, dass der Antragsteller seine Amtstätigkeit nicht ausüben kann, sind angesichts dieses Umstandes nicht ersichtlich.
Es fehlt daher auch an einem Verfügungsanspruch.
Aus den vorgenannten Gründen hatte der Antragsteller keinen Anspruch darauf, Ausübung seiner Amtstätigkeit Zugang zum Betrieb, zu den betrieblichen Einrichtungen, insbesondere dem Computersystem zu erhalten und Computer und Handy zur Ausübung der Amtstätigkeit zur Verfügung gestellt zu bekommen. Zu Recht hat das Arbeitsgericht die entsprechenden Anträge des Antragstellers zurückgewiesen. Die Beschwerde musste erfolglos bleiben.